Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückzahlung rechtsgrundlos erhobener Mehrwertsteuer
Leitsatz (amtlich)
Ansprüche des Leasingnehmers gegen den Leasinggeber auf Rückzahlung von Mehrwertsteuerbeträgen, die der Leasingnehmer ohne Rechtsgrund periodisch auf die Leasingraten gezahlt hat, sind Ansprüche auf regelmäßig wiederkehrende Leistungen, die nach § 197 BGB a.F. der vierjährigen Verjährung unterliegen. Sie verjähren auch dann nicht entsprechend § 196 BGB a.F. in zwei Jahren, wenn für Ansprüche des Leasinggebers die zweijährige Verjährung nach § 196 Abs. 1 Nr. 6 BGB a.F. gilt.
Normenkette
BGB § 196 Abs. 1 Nr. 6, § 197; UStG § 4 Nr. 12 Buchst. a, §§ 14c, 17
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des OLG Düsseldorf v. 18.12.2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 7. Kammer für Handelssachen des LG Düsseldorf v. 3.2.2003 in Höhe eines Betrages von mehr als 47.893,88 EUR nebst anteiligen Zinsen zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die weiter gehende Revision wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rückerstattung von Mehrwertsteuer auf Leasingraten, die die Beklagte der Klägerin nach deren Ansicht zu Unrecht in Rechnung gestellt hat.
Die Klägerin, ein Schweizer Unternehmen, schloss in den Jahren 1996 und 1997 mit der Beklagten, einer in Deutschland ansässigen Leasinggesellschaft, drei Leasingverträge über insgesamt 400 nach Spanien zu liefernde Wechselbrücken. Als monatlich zu zahlende Leasingraten wurden jeweils pro Einheit Bruttobeträge vereinbart, in denen die gesondert ausgewiesene Mehrwertsteuer von seinerzeit 15 % enthalten war. Die Beklagte stellte der Klägerin in der Zeit v. 1.4.1996 bis zum 1.11.1997 die Leasingraten monatlich in Rechnung und buchte die Rechnungsbeträge vereinbarungsgemäß vom Konto der Klägerin ab. Mit Wirkung v. 1.12.1997 übernahm ein anderes Unternehmen anstelle der Klägerin die Rechte und Pflichten aus den Leasingverträgen.
Mit Schreiben v. 18.12.1997 forderte die Klägerin von der Beklagten die auf die Leasingraten gezahlten Mehrwertsteuerbeträge, die sie für das Jahr 1996 mit 93.672,28 DM (47.893,88 EUR) und für das Jahr 1997 mit 180.813,39 DM (92.448,41 EUR) beziffert, in der Gesamthöhe von 274.485,67 DM (140.342,29 EUR) mit der Begründung zurück, die Leasingleistungen unterlägen in Deutschland nicht der Umsatzsteuer. Die Beklagte lehnte mit Schreiben v. 23.12.1997 die Rückerstattung ab. Sie hält die Leasingleistungen für umsatzsteuerpfllichtig und behauptet, sie habe die Mehrwertsteuer an das Finanzamt abgeführt. Gegenüber der im Dezember 2001 eingereichten, der Beklagten am 1.3.2002 zugestellten Klage hat diese sich u.a. auf Verjährung berufen.
Das LG hat die Forderung der Klägerin als verjährt angesehen und die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat zum überwiegenden Teil Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Vertragliche Ansprüche auf Rückerstattung der gezahlten Mehrwertsteuer stünden der Klägerin nicht zu. Ob es für die von der Klägerin gezahlten Mehrwertsteuerbeträge an einem Rechtsgrund fehle, weil nach der Darstellung der Klägerin die Leasingleistungen nicht der deutschen Umsatzsteuer unterlägen und die Beklagte die von der Klägerin gezahlte Mehrwertsteuer auch nicht an das Finanzamt abgeführt habe, könne offen bleiben. Denn Bereicherungsansprüche der Klägerin, die sich hieraus ergeben könnten, seien nach § 196 Abs. 1 Nr. 6 BGB a.F. mit Ablauf der Jahre 1998 bzw. 1999 verjährt.
Die in den vereinbarten Leasingraten enthaltenen Mehrwertsteuerbeträge seien unselbständige Teile der Leasingraten; sie unterlägen daher den Verjährungsregeln für Leasingverträge. Da auf Leasingverträge grundsätzlich Mietrecht Anwendung finde, verjährten Rückstände wegen Leasingraten nach § 197 BGB a.F. in vier Jahren, soweit sie nicht gem. § 196 Abs. 1 Nr. 6 BGB a.F. einer nur zweijährigen Verjährung unterworfen seien.
In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass auf Bereicherungsansprüche des Mieters wegen überzahlter Miete ebenfalls die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB a.F. Anwendung finde. Dasselbe gelte für Bereicherungsansprüche auf Rückzahlung nicht geschuldeter Kreditraten und rechtsgrundlos gezahlter Leistungsentgelte für Fernwärme. Für gewerbliche Leasinggeber verkürze sich die Verjährungsfrist gem. § 196 Abs. 1 Nr. 6 BGB a.F. auf zwei Jahre. Dementsprechend unterliege in diesen Fällen der Bereicherungsanspruch des Leasingnehmers wegen zu viel gezahlter Leasingraten ebenfalls der zweijährigen Verjährung. Eine solche Verjährungssymmetrie entspreche Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung. Sie solle verhindern, dass regelmäßig wiederkehrende Einzelforderungen des Gläubigers sich mehr und mehr ansammelten und schließlich einen Betrag erreichten, dessen Aufbringung in einer Summe dem Schuldner immer schwerer falle. Zudem sei es gerade bei regelmäßig wiederkehrenden Leistungen oft sehr schwer, sichere Feststellungen für lange zurückliegende Zeiträume zu treffen. Diese Erwägungen träfen auch auf die Rückforderung regelmäßig geleisteter Zahlungen auf gewerbsmäßig verleaste bewegliche Sachen zu.
Für Bereicherungsansprüche der Klägerin sei folglich mit Ablauf der Jahre 1998 bzw. 1999 Verjährung eingetreten. Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung oder unerlaubter Handlung unterlägen als konkurrierende Schadensersatzansprüche ebenfalls der zweijährigen Verjährung. Zu einer Hemmung der Verjährung und zu einem angeblichen Schuldanerkenntnis der Beklagten habe die Klägerin in erster Instanz nicht substantiiert vorgetragen. Mit ihrem neuen Vorbringen hierzu in der Berufungsinstanz sei sie nach § 531 Abs. 2 ZPO präkludiert.
II.
Diese Beurteilung hält in einem entscheidenden Punkt der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Ohne Erfolg bleibt allerdings die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe vertragliche Ansprüche der Klägerin auf Rückzahlung der Mehrwertsteuer zu Unrecht verneint.
a) Die Auffassung der Revision, nach vorzeitiger Beendigung der Leasingverträge zum 30.11.1997 habe zwischen den Parteien ein - nicht der Verjährung nach § 196 BGB a.F. unterliegendes - Abrechnungsverhältnis bestanden, findet weder in den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen noch im Tatsachenvortrag der Klägerin eine Stütze.
b) Auch im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung lässt sich ein vertraglicher Rückzahlungsanspruch der Klägerin entgegen der Auffassung der Revision nicht begründen. Dafür fehlt es bereits an einer Regelungslücke (vgl. dazu z.B.: BGH, Urt. v. 17.4.2002 - VIII ZR 297/01, BGHReport 2002, 1037 = WM 2002, 1229 = NJW 2002, 2310, unter II 1a, m.w.N.), die der Ausfüllung durch ergänzende Vertragsauslegung bedürfte. Sollte nämlich, wie die Revision geltend macht, die vertragliche Verpflichtung der Klägerin, auf die (Netto-)Leasingraten Mehrwertsteuer zu zahlen, deswegen ins Leere gehen, weil der Leasingumsatz nach dem Gesetz umsatzsteuerfrei ist, so hätte dies die unmittelbare gesetzliche Folge, dass die Beklagte die Mehrwertsteuerbeträge ohne Rechtsgrund vereinnahmt und sie daher gem. § 812 BGB an die Klägerin herauszugeben hätte. Aus der von der Revision angeführten Entscheidung des BGH v. 28.7.2004 (BGH v. 28.7.2004 - XII ZR 292/02, MDR 2004, 1406 = BGHReport 2005, 8 = NJW-RR 2004, 1452) ergibt sich nichts Anderes.
2. Vergeblich wendet sich die Revision ferner gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe die tatsächlichen Voraussetzungen eines Schuldanerkenntnisses der Beklagten in erster Instanz nicht dargetan. An der von der Revision hierzu in Bezug genommenen Schriftsatzstelle heißt es lediglich, "das Anerkenntnis der Beklagten zur Verpflichtung der Rückzahlung der zu Unrecht abgebuchten klagegegenständlichen Beträge" werde durch Benennung zweier Zeugen unter Beweis gestellt. Das Berufungsgericht hat daher den in zweiter Instanz neuen Tatsachenvortrag der Klägerin zu einem Anerkenntnis der Beklagten, den diese bestritten hat, zu Recht nach § 531 Abs. 2 ZPO unberücksichtigt gelassen.
3. Dagegen ist dem Berufungsgericht nicht zu folgen, soweit es für die Frage der Verjährung der - vom Berufungsgericht nicht festgestellten und für die Revision daher zu unterstellenden - Bereicherungsansprüche der Klägerin die Vorschrift des § 196 Abs. 1 Nr. 6 BGB a.F. entsprechend anwenden will.
a) Bereicherungsrechtliche Ansprüche auf Rückzahlung rechtsgrundlos geleisteter Beträge unterliegen, soweit sich ihre Verjährung - wie hier - noch nach dem früheren, vor dem 1.1.2002 geltenden Verjährungsrecht richtet, grundsätzlich der regelmäßigen dreißigjährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F. Sie verjähren nur dann ausnahmsweise gem. § 197 BGB a.F. in vier Jahren, wenn sie "andere regelmäßig wiederkehrende Leistungen" im Sinne dieser Vorschrift zum Gegenstand haben, also ihrer Natur nach auf Leistungen gerichtet sind, die nicht einmal, sondern in regelmäßiger zeitlicher Wiederkehr zu erbringen sind (BGH v. 10.7.1986 - III ZR 133/85, BGHZ 98, 174 [181] = MDR 1986, 915; Urt. v. 14.9.2004 - XI ZR 11/04, BGHReport 2005, 109 = MDR 2005, 43 = WM 2004, 2306 = NJW-RR 2005, 483, unter II 2b bb, m.w.N. für Ansprüche auf Rückzahlung rechtsgrundlos geleisteter Zinsbeträge; Urt. v. 26.4.1989 - VIII ZR 12/88, MDR 1989, 905 = NJW-RR 1989, 1013, unter B II 5a für Ansprüche auf Rückzahlung zu viel entrichteter Leistungsentgelte für Fernwärme; Canaris, ZIP 1986, 273 [276 ff.]). Ansprüche auf Rückgewähr derartiger periodisch fällig werdender, rechtsgrundlos geleisteter Zahlungen erfüllen diese Voraussetzungen, weil im Zeitpunkt jeder ungerechtfertigten Zahlung ein sofort fälliger Rückzahlungsanspruch entsteht; in diesem Fall ist auch der Bereicherungsanspruch seiner Natur nach auf Zahlungen gerichtet, die nicht einmal, sondern in regelmäßiger zeitlicher Wiederkehr zu erbringen sind (BGH v. 10.7.1986 - III ZR 133/85, BGHZ 98, 174 [181] = MDR 1986, 915; Urt. v. 14.9.2004 - XI ZR 11/04, BGHReport 2005, 109 = MDR 2005, 43 = WM 2004, 2306 = NJW-RR 2005, 483; Urt. v. 26.4.1989 - VIII ZR 12/88, MDR 1989, 905 = NJW-RR 1989, 1013; Canaris, ZIP 1986, 273 [276 f.]).
Dasselbe gilt, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, für die hier in Rede stehenden Bereicherungsansprüche der Klägerin auf Rückzahlung rechtsgrundlos geleisteter Mehrwertsteuerbeträge auf die vereinbarten Leasingraten. Ob die Mehrwertsteuerbeträge als Bestandteil der "Miete" anzusehen sind und ob dies auch dann der Fall ist, wenn sie dem Leasingnehmer - wie hier - gesondert in Rechnung gestellt werden, ist dafür ohne Bedeutung. Entscheidend für die Einstufung der bereicherungsrechtlichen Ansprüche auf Rückzahlung periodisch geleisteter Zahlungen als Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen i.S.d. § 197 BGB a.F. ist vielmehr allein der Umstand, dass mit jeder Einzelnen ohne Rechtsgrund geleisteten Zahlung ein sogleich fälliger bereicherungsrechtlicher Rückzahlungsanspruch in entsprechender Höhe entsteht. Dass dies bei den hier zu beurteilenden periodisch gezahlten Mehrwertsteuerbeträgen "rechtstechnisch" zutrifft, räumt auch die Revision ein. Sind die von der Klägerin erhobenen Bereicherungsansprüche aber im Monatsrhythmus der rechtsgrundlos geleisteten Mehrwertsteuerbeträge entstanden und fällig geworden, so ist es entgegen der Auffassung der Revision ausgeschlossen, sie aus Gründen der "Lebensnähe" oder deswegen in ihrer Summe als einen einheitlichen, erst nachträglich entstandenen Ausgleichsanspruch anzusehen, weil dem Bereicherungsgläubiger zum Zeitpunkt seiner rechtsgrundlosen Leistung die Kenntnis vom Fehlen des Rechtsgrundes und damit von der Existenz seines Bereicherungsanspruchs fehlen mag.
b) Rechtsirrig ist jedoch die darüber hinausgehende Annahme des Berufungsgerichts, Bereicherungsansprüche wegen rechtsgrundlos geleisteter Miet- oder Leasingraten verjährten in entsprechender Anwendung des § 196 Abs. 1 Nr. 6 BGB a.F. in der noch kürzeren Frist von zwei Jahren, wenn die Ansprüche des Vermieters/Leasinggebers auf Miete bzw. Leasingraten nach dieser Vorschrift der zweijährigen Verjährung unterliegen. Eine derartige Verjährungssymmetrie lässt sich für den Anwendungsbereich des § 196 BGB a.F. nicht begründen.
Anders als § 197 BGB a.F. knüpft § 196 Abs. 1 BGB a.F. nicht an ein gemeinsames Strukturmerkmal - die regelmäßige Wiederkehr - der Ansprüche, sondern an den Anspruchsinhalt sowie ganz überwiegend an die berufliche Stellung des Gläubigers oder - wie bei der Miete - an das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit an (Canaris, ZIP 1986, 273 [280]; BGH v. 30.5.2000 - IX ZR 121/99, BGHZ 144, 343 [348] = MDR 2000, 1400). Da § 196 BGB a.F. allein die Verjährung der Ansprüche der einen Seite - Vermieter/Leasinggeber - der kurzen Verjährung unterwirft, während es für die Ansprüche der anderen Seite - Mieter/Leasingnehmer - bei der regelmäßigen dreißigjährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. sein Bewenden hat, ist im Anwendungsbereich des § 196 BGB a.F. die verjährungsrechtliche Asymmetrie systembedingt (Canaris, ZIP 1986, 273 [279]; Kothe, NJW 1984, 2316 [2317]) und rechtlich nicht zu beanstanden (BGH v. 26.9.1980 - I ZR 119/78, BGHZ 79, 89 [95] = MDR 1981, 377; BGH v. 30.5.2000 - IX ZR 121/99, BGHZ 144, 343 [347 f.] = MDR 2000, 1400; Canaris, ZIP 1986, 273 [280]).
Die Regelung des § 196 Abs. 1 BGB erfasst zwar nicht nur die Erfüllungsansprüche der in der Vorschrift aufgeführten Personengruppen. Sie erstreckt sich vielmehr auch auf deren Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder aus ungerechtfertigter Bereicherung, wenn diese wirtschaftlich an die Stelle des Erfüllungsanspruchs treten und trotz des unterschiedlichen Rechtsgrundes eine wirtschaftlich enge Verknüpfung damit besteht. Der Vorteil der kurzen Verjährungsfrist soll jedoch nur denen zugute kommen, die von den dort genannten Personen eine Leistung erhalten haben. Auf die daraus entstandenen Forderungen beschränkt sich die Wirkung der kurzen Verjährung (BGH v. 30.5.2000 - IX ZR 121/99, BGHZ 144, 343 [347] = MDR 2000, 1400, m.w.N.).
Etwas anderes ergibt sich, wie die Revision mit Recht hervorhebt, entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht aus Sinn und Zweck des § 196 Abs. 1 Nr. 6 BGB a.F. Dem Schutz des Schuldners vor einer Ansammlung von übermäßig hohen Rückständen regelmäßig wiederkehrender Leistungen trägt bereits die Vorschrift des § 197 BGB a.F. durch die Abkürzung der regelmäßigen Verjährungsfrist auf vier Jahre Rechnung (BGH v. 10.7.1986 - III ZR 133/85, BGHZ 98, 174 [184] = MDR 1986, 915; v. 30.5.2000 - IX ZR 121/99, BGHZ 144, 343 [347 f.] = MDR 2000, 1400). Dasselbe gilt für den weiteren vom Berufungsgericht angeführten Gesichtspunkt, dass es bei regelmäßig wiederkehrenden Leistungen oft schwierig ist, sichere Feststellungen für lange zurückliegende Zeiträume zu treffen (BGH BGHZ 31, 329 [335]; v. 10.7.1986 - III ZR 133/85, BGHZ 98, 174 [184] = MDR 1986, 915). Eine noch weiter gehende Abkürzung der Verjährungsfrist auf zwei Jahre ist unter diesen Aspekten folglich nicht geboten. Die Gefahren, vor denen der Schuldner durch die Abkürzung der Verjährungsfrist nach § 197 BGB a.F. geschützt werden soll, sind auch nicht etwa deswegen größer, weil der Vermieter gewerbsmäßig handelt.
4. Richtet sich die Verjährung der bereicherungsrechtlichen Ansprüche der Klägerin auf Rückzahlung rechtsgrundlos geleisteter Mehrwertsteuerbeträge somit nach § 197 BGB a.F., so lässt sich der Eintritt der Verjährung auf der Grundlage der Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts nur bezüglich der im Jahre 1996 gezahlten Beträge sicher feststellen. Insoweit ist gem. §§ 197, 201 BGB a.F. mit Ablauf des Jahres 2000 Verjährung eingetreten.
Weiterer Sachaufklärung bedarf es dagegen hinsichtlich der im Jahre 1997 gezahlten Beträge. Insoweit ist nicht auszuschließen, dass die Verjährung durch die Erhebung der vorliegend zu beurteilenden Klage unterbrochen worden ist (§ 209 Abs. 1 BGB a.F.). Dafür ist entscheidend, ob die am 1.3.2002 bewirkte Zustellung der Klage noch "demnächst" erfolgt ist und demgemäß auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung am 17.12.2001 zurückwirkt (§ 270 Abs. 3 ZPO a.F., jetzt § 167 ZPO).
a) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Zustellung noch als "demnächst" im Sinne dieser gesetzlichen Regelung erfolgt ist, darf nicht auf eine rein zeitliche Betrachtungsweise abgestellt werden. Vielmehr sollen die Parteien vor Nachteilen durch Verzögerungen der Zustellung von Amts wegen bewahrt werden, die innerhalb des gerichtlichen Geschäftsbetriebs liegen und von den Parteien nicht beeinflusst werden können (BGH v. 16.12.1987 - VIII ZR 4/87, BGHZ 103, 20 [28 f.]; v. 4.2.1997 - VI ZR 306/95, BGHZ 134, 343 [351 f.] = MDR 1997, 459). Daher gibt es keine absolute zeitliche Grenze, nach deren Überschreitung eine Zustellung nicht mehr als "demnächst" anzusehen wäre; dies gilt auch im Hinblick auf mehrmonatige Verzögerungen (st.Rspr. z.B.: BGH v. 31.10.2000 - VI ZR 198/99, BGHZ 145, 358 [362] = MDR 2001, 164 = BGHReport 2001, 54, m.w.N.). Hingegen sind einer Partei solche Verzögerungen zuzurechnen, die sie oder ihr Prozessbevollmächtigter bei sachgerechter Prozessführung hätten vermeiden können (BGH v. 31.10.2000 - VI ZR 198/99, BGHZ 145, 358 [362] = MDR 2001, 164 = BGHReport 2001, 54, m.w.N.). Dies trifft i.d.R. auf Mängel der Klageschrift zu, etwa die Angabe einer - wie im vorliegenden Fall - falschen oder unzureichenden Anschrift des Beklagten, soweit nicht der Kläger auf die Richtigkeit der in der Klageschrift genannten Anschrift des Beklagten vertrauen konnte (BGH v. 31.10.2000 - VI ZR 198/99, BGHZ 145, 358 [362] = MDR 2001, 164 = BGHReport 2001, 54, m.w.N.; Urt. v. 22.6.1993 - VI ZR 190/92, MDR 1994, 144 = NJW 1993, 2614, unter II 2). Hingegen ist es dem Kläger nicht zuzurechnen, wenn das Gericht seinerseits zur Zustellungsverzögerung beigetragen hat (BGH v. 31.10.2000 - VI ZR 198/99, BGHZ 145, 358 [363] = MDR 2001, 164 = BGHReport 2001, 54, m.w.N.).
b) Nach diesen Maßstäben kann im gegenwärtigen Verfahrensstadium nicht abschließend beurteilt werden, ob die Zustellung der Klage am 1.3.2002 noch als "demnächst" erfolgt anzusehen ist. Der Erste, wegen unrichtiger Angabe der Anschrift der Beklagten missglückte Zustellungsversuch fand am 1.2.2002 statt. Die vom Tage der Klageeinreichung bis dahin verstrichene Zeit muss unberücksichtigt bleiben, weil die insoweit eingetretene Verzögerung nicht von der Klägerin zu vertreten ist. Die richtige Anschrift der Beklagten hat die Klägerin mit einem am 22.2.2002 per Telefax bei Gericht eingegangenen Schriftsatz mitgeteilt. Daraufhin ist ausweislich der Akten die erneute Zustellung vom Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen am 25.2.2002 verfügt, die Verfügung am 27.2.2002 ausgeführt und die Klage am 1.3.2002 zugestellt worden. Keinen Aufschluss gibt die Gerichtsakte darüber, wann die Zustellungsurkunde v. 1.2.2002 mit dem postdienstlichen Vermerk "Empfänger unbekannt verzogen" nach dem ersten Zustellungsversuch zu den Gerichtsakten gelangt ist und ob, ggf. wann, die Klägerin vom Fehlschlagen der Zustellung in Kenntnis gesetzt worden ist. Von der Klärung dieser Fragen hängt es ab, in welchem Umfang die Zeitspanne, um die sich die Zustellung der Klage zwischen dem 1.2.2002 und dem 1.3.2002 verzögert hat, auf nachlässiges Verhalten der Klägerin zurückzuführen ist. Sofern der Klägerin hiervon nicht mehr als zwei Wochen anzulasten sind, ist dies nach der Rechtsprechung des BGH unschädlich (BGH, Urt. v. 12.1.1996 - V ZR 246/94, MDR 1996, 737 = NJW 1996, 1060, unter II 1; Urt. v. 27.5.1999 - VII ZR 24/98, MDR 1999, 1016 = NJW 1999, 3125, unter II 2). Ob dabei zum Nachteil der Klägerin auch der Zeitraum ab 1.2.2002 zu berücksichtigen ist, der bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang erforderlich war, um die neue Anschrift der Beklagten in Erfahrung zu bringen und die Zustellung zu bewirken, hängt davon ab, ob die Klägerin konkrete Anhaltspunkte für einen Wechsel der Anschrift der Beklagten hatte (BGH, Urt. v. 22.6.1993 - VI ZR 190/92, MDR 1994, 144 = NJW 1993, 2614). Zu all dem hat das Berufungsgericht, von seinem rechtlichen Standpunkt aus folgerichtig, keine Feststellungen getroffen.
III.
Das Berufungsurteil hat somit insoweit Bestand, als die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung des Teils der Klage zurückgewiesen worden ist, der auf die im Jahre 1996 gezahlten Mehrwertsteuerbeträge - nach der Darstellung der Klägerin 93.672,28 DM (47.893,88 EUR) - entfällt. Insoweit ist die Revision der Klägerin zurückzuweisen. Soweit die Berufung der Klägerin darüber hinaus auch hinsichtlich der im Jahre 1997 gezahlten Mehrwertsteuerbeträge i.H.v. 180.813,39 DM (92.448,41 EUR) erfolglos geblieben ist, ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 ZPO). Da der Rechtsstreit insoweit nicht zur Endentscheidung reif ist, ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 1458914 |
BFH/NV Beilage 2006, 211 |
BB 2006, 124 |
NJW 2006, 364 |
NWB 2006, 559 |
BGHR 2006, 344 |
BauR 2006, 421 |
WM 2006, 347 |
WuB 2006, 393 |
ZMR 2006, 112 |
MDR 2006, 558 |
GuT 2006, 38 |
VRR 2006, 2 |
BFH/NV-Beilage 2006, 211 |