Leitsatz (amtlich)
a) Zur Wirksamkeit eines in einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben des Verkäufers enthaltenen allgemeinen und umfassenden Gewährleistungsausschlusses gegenüber einer vorangegangenen Eigenschaftszusicherung.
b) Zur Frage, wann eine bewegliche Sache „abgeliefert” (§ 377 Abs. 1 HGB) ist, die nach Kaufabschluß zunächst noch auf dem Grundstück des Verkäufers bleiben und dort erst später vom Käufer abgeholt werden soll.
c) Die Beweislast für das Vorliegen der Ablieferung trägt der Verkäufer.
Normenkette
BGB § 459 Abs. 2; HGB § 346; HGB § 377
Verfahrensgang
OLG Celle (Urteil vom 26.07.1983) |
LG Stade |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 26. Juli 1983 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin verkaufte der Beklagten im Februar 1981 sechs auf ihrem Betriebsgelände in K. bei L. einem stillgelegten Kalksteinwerk, stehende gebrauchte Sandentwässerungssilos, die die Beklagte demontieren und in ihrem in N. bei C. gelegenen Betrieb wieder aufbauen wollte. Die Kaufverhandlungen wurden für die Klägerin von dem selbständigen Handelsvertreter Klinkicht, für die Beklagte von deren Geschäftsführer W. geführt. Kl. bot der Beklagten die Silos mit Schreiben vom 2. Dezember 1980 unter anderem mit folgenden Worten an: „6 quadratische Sandentwässerungssilos geschraubte Ausführung auf Stahlstützen montiert …. Vor ca. 12 Jahren von einer Firma in L. gebaut. Preis per Silo DM 6.000.”. Am 9. Januar 1981 besichtigten Kl., W. und ein Schlossermeister der Beklagten die Silos. Am 12. Februar 1981 erklärte sich die Beklagte Kl. gegenüber telefonisch zum Kauf der Silos bereit, dies teilte Kl. der Klägerin sofort mit. Nach der Behauptung der Beklagten hat Kl. vor und bei Abschluß des Kaufvertrages zugesichert, die Silos seien nur verschraubt und nicht verschweißt und daher einfach zu demontieren und wieder aufzubauen. Die Klägerin schrieb ebenfalls noch am 12. Februar 1981 an die Beklagte wie folgt:
„Auftragsbestätigung und Rechnung
Wir verkauften Ihnen zum Ausbau bzw. zur Demontage aus dem stillgelegten Kalksandbesehen unter Ausschluß jeglicher Garantie:
6 Stück |
Sandentwässerungssilos |
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zum Stückpreis von je DM 6.000 |
= |
DM 36.000 |
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zuzüglich 13 % MWST |
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DM 4.680 |
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insgesamt |
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DM 40.680 |
nebst Zubehör. Die Demontage ist Ihre Sache. Es gilt als vereinbart, daß alle über Erdgleiche vorhandenen Stahlteile mit entfernt werden.
Folgende Zahlungen gelten als vereinbart:
Zahlbar |
1/3 nach Rechnungserhalt |
DM 13.560 |
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1/3 am 31.5.81 |
DM 13.560 |
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1/3 Rest vor Beginn der Demontage |
DM 13.560 |
Beginnt die Demontage vor dem 1.6.1981 sind 2. und 3. Rate zusammen vor Beginn fällig.
Wir werden in den nächsten Tagen Ihnen eine Vollmacht übersenden, die Sie befugt, alle zusammen mit diesem Bauvorhaben beim Bauamt archivierten Zeichnungen einzusehen….”
Das Schreiben ging bei der Beklagten am folgenden Tag, dem 13. Februar 1981, ein. Am 2. März 1981 zahlte die Beklagte die erste Kaufpreisrate von 13.560 DM. Mit Schreiben vom 26. März 1981 übersandte die Klägerin der Beklagten die in ihrem vorgenannten Schreiben angekündigte Vollmacht zur Einsicht in die beim Bauamt L. geführte Bauakte über das Werk K. Am 3. Juni 1981 erfuhr die Beklagte durch ein Schreiben der von ihr mit einem Kostenvoranschlag für die Demontage der Silos beauftragten Firma P., eine Untersuchung der Silos habe ergeben, daß diese nach dem Zusammenschrauben vollständig verschweißt worden seien; aus diesem Grund sei eine Demontage der Anlage zum Zwecke der Wiedererrichtung außerordentlich schwierig, so daß ein Festpreis nicht genannt werden könne. Am 18. Juni 1981 rügte die Beklagte gegenüber dem Zeugen Kl., daß die Silos entgegen seiner Zusicherung verschweißt und nicht nur verschraubt seien, und verweigerte die Zahlung der restlichen Kaufpreisraten; später erklärte sie aus diesem Grunde gegenüber der Klägerin die Wandelung des Kaufvertrages.
Die Klägerin hat von der Beklagten die Zahlung der noch ausstehenden Kaufpreisraten von insgesamt 27.120 DM sowie die Abnahme und Demontage der Silos begehrt; die Beklagte hat widerklagend die Rückzahlung der ersten Kaufpreisrate von 13.560 DM verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben; die Berufung der Klägerin gegen dieses Urteil wurde zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Leistungsanträge weiter und bittet weiterhin, die Widerklage abzuweisen. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat die Beklagte wegen Fehlens zugesicherter Eigenschaften der verkauften Silos zu Recht die Wandelung des Kaufvertrages erklärt, so daß sie gemäß §§ 459 Abs. 2, 462, 467, 346 BGB nicht zur Zahlung des restlichen Kaufpreises verpflichtet sei, hingegen die Rückzahlung der bereits geleisteten ersten Kaufpreisrate verlangen könne. Die dagegen erhobenen Angriffe der Revision bleiben im Ergebnis ohne Erfolg.
1. Das Berufungsgericht führt zunächst aus, der Kaufvertrag über die Silos sei nach deren vorangegangener Besichtigung telefonisch am 12. Februar 1981 zwischen dem Geschäftsführer W. der Beklagten und dem für die Klägerin handelnden Zeugen Kl. abgeschlossen worden. Hierbei habe Kl. zugesichert, daß die Silos – abgesehen von den bei der vorangegangenen Besichtigung festgestellten Verschweißungen der Überläufe – nur verschraubt und deshalb einfach zu demontieren und wieder aufzubauen seien.
a) Daß Kl., von Beruf selbständiger Handelsvertreter, von der Klägerin über den von ihrem Geschäftsführer S. dazu ermächtigten Zeugen F. mit dem Verkauf der Silos beauftragt und ihm eine entsprechende Vollmacht erteilt worden war, entnimmt das Berufungsgericht einerseits dem Ergebnis der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere den Aussagen der Zeugen F. und Kl., und ferner der Formulierung „Wir verkauften …” im Schreiben der Klägerin vom 12. Februar 1981, worin zum Ausdruck komme, daß die Klägerin selbst schon bei Absendung des Schreibens von einem wirksamen Abschluß des Kaufvertrages durch den Zeugen Kl. ausgegangen sei.
aa) Das Berufungsgericht hat die Zeugen F. und Kl., auf deren Aussagen es sich maßgeblich stützt, selbst vernommen. In das Protokoll über die Beweisaufnahme sind außer der Tatsache, daß die Zeugen vernommen sind, nur deren Angaben zur Person mit dem anschließenden Zusatz „Der Zeuge sagte zur Sache aus” aufgenommen worden. Der wesentliche Inhalt der Angaben der Zeugen zur Sache ist in einem bei den Akten befindlichen Vermerk des Berichterstatters festgehalten und gleichlautend im Tatbestand des Berufungsurteils wiedergegeben worden.
Ob die unterbliebene Protokollierung der Zeugenaussagen nach der Neufassung der §§ 159 ff ZPO, insbesondere der §§ 160 Abs. 3 Nr. 4, 161 Abs. 1 Nr. 1 ZPO durch das Gesetz zur Entlastung der Landgerichte und zur Vereinfachung des gerichtlichen Protokolls vom 20. Dezember 1974 (BGBl I, 3651) in einem Verfahren, dessen Endurteil – wie hier – der Revision unterliegt, zulässig war, kann mit der Revision in der Tat bezweifelt werden (vgl. BGH Beschluß vom 25. März 1980 – VI ZR 98/79 = VersR 1980, 791; BVerwGE 48, 59, 370 f; BVerwG Urteile vom 2. Juli 1976 – VI C 21/76 = MDR 1976, 1047 = NJW 1977, 313, 314 und VI C 4/76 = MDR 1976, 1047, 1048; Franzki DRiZ 1975, 97, 99 f), bedarf aber keiner abschließenden Entscheidung, weil die Rüge aus anderen Gründen nicht zum Erfolg führt. Die Verletzung von §§ 160 ff ZPO stellt keinen absoluten Revisionsgrund dar. Es muß daher in der Revisionsbegründung dargelegt werden, daß und inwiefern das angefochtene Urteil auf dem gerügten Verfahrensverstoß beruhen kann (Senatsurteil vom 12. Oktober 1960 – VIII ZR 169/59 = LM ZPO § 554 Nr. 23 Bl. 2 R/3; BGH Beschluß vom 25. März 1980 – VI ZR 98/79 = VersR 1980, 751, 752 m. Nachw.). Irgendwelche Ausführungen in dieser Richtung, etwa daß der Inhalt der Zeugenaussagen im Berichterstattervermerk und im Urteilstatbestand unrichtig oder unvollständig wiedergegeben und das Berufungsgericht dadurch zu einer für die Klägerin nachteiligen Würdigung der Beweisaufnahme gekommen sei, enthält die Revisionsbegründung indessen nicht. Der Inhalt der Akten gibt auch keinen Anhalt für eine solche Annahme.
Hiernach bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob der gerügte Verfahrensverstoß möglicherweise dadurch nach § 295 ZPO geheilt ist, daß der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin vor dem Berufungsgericht nach Abschluß der Beweisaufnahme ohne entsprechende Rüge abschließend zur Sache verhandelt hat (vgl. dazu BVerwG Urteil vom 2. Juli 1976 und BGH Beschluß vom 25. März 1980 aaO).
Die Würdigung des Beweisergebnisses durch das Berufungsgericht, wonach die Klägerin über den Zeugen F. dem Zeugen Kl. Vollmacht zum Verkauf der Silos erteilt hat, ist vertretbar, sogar naheliegend und damit für das Revisionsgericht bindend. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht ferner den §§ 54 und 55 HGB entnommen, daß der Zeuge damit zur Abgabe und Entgegennahme aller zum Abschluß und zur Abwicklung des Kaufvertrages erforderlichen Erklärungen berechtigt war.
Die weitere Feststellung des Berufungsgerichts, daß sich Kl. der Geschäftsführer W. der Beklagten am 12. Februar 1981 telefonisch über den Abschluß des Kaufvertrages geeinigt haben, wird von der Revision nicht angegriffen und läßt Rechtsfehler auch nicht erkennen.
b) Seine weitere Feststellung, der Zeuge Kl. habe der Klägerin beim Verkauf der Silos zugesichert, daß diese – abgesehen von den bei der Besichtigung festgestellten Verschweißungen der Überläufe – lediglich verschraubt und daher einfach zu demontieren und wieder aufzubauen seien, entnimmt das Berufungsgericht dessen Zeugenaussage in Verbindung mit seinem Schreiben an die Klägerin vom 2. Dezember 1980, worin er die Silos mit den Worten „verschraubte Ausführung” angeboten hat.
aa) Die auch in diesem Zusammenhang erhobene Rüge fehlender Protokollierung der Zeugenaussage greift aus den bereits dargelegten Gründen nicht durch. Auch die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts läßt Rechtsfehler nicht erkennen.
bb) Materiell-rechtlich begegnet es ebenfalls keinen Bedenken, daß das Berufungsgericht die Erklärungen des Zeugen über die verschraubte Ausführung der Silos vor und bei Abschluß des Kaufvertrages als Eigenschaftszusicherungen im Sinne des § 459 Abs. 2 BGB gewertet hat.
Unstreitig war die Frage, ob die Silos verschraubt oder verschweißt waren, für die Beklagte wegen der davon abhängigen Kosten der Demontage und des Wiederaufbaus von großer Bedeutung. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben der Geschäftsführer W. und der Zeuge Kl. bei den Vertragsverhandlungen ausdrücklich über die Art der Demontage der Silos und im Zusammenhang damit über deren verschraubte Ausführung gesprochen; dabei sei ausdrücklich erörtert worden, daß die Silos wegen ihrer verschraubten Ausführung leicht zu demontieren und wieder aufzubauen seien. Hiernach war auch dem Zeugen Kl. klar, daß die Frage, ob die Silos verschraubt oder verschweißt waren, für den Kaufentschluß der Beklagten von entscheidender Bedeutung war; das Berufungsgericht stellt in diesem Zusammenhang fest, daß nach dem Eindruck des Zeugen hiervon das Zustandekommen des Kaufvertrages abhing. Wenn bei dieser Sachlage der Zeuge Kl., wie das Berufungsgericht weiter feststellt, die verschraubte Ausführung der Silos „sicher zugesichert” hat, dann ging eine derartige Erklärung über den Rahmen bloßer Anpreisungen oder beschreibender Angaben weit hinaus und war geeignet, in dem Geschäftsführer der Beklagten den Eindruck zu erwecken, die Klägerin übernehme die Garantie für das Vorhandensein der erwähnten Eigenschaften und werde, wenn sie nicht vorliegen sollten, für die Folgen einstehen (vgl. Senatsurteile BGHZ 48, 118, 122; 59, 158, 160). So ist die Erklärung des Zeugen auch tatsächlich von dem Geschäftsführer der Beklagten aufgefaßt worden, denn das Berufungsgericht stellt weiter fest, daß sich dieser auf die Erklärungen des Zeugen Kl. – für diesen erkennbar – verlassen hat.
c) Ohne Rechtsfehler geht das Berufungsgericht weiter davon aus, daß diese Eigenschaftszusicherung des Zeugen Kl. gemäß § 54 HGB von dessen Vertretungsmacht umfaßt war, und daß Anhaltspunkte für einen Mißbrauch seiner Vertretungsmacht nicht gegeben seien, daß vielmehr Kl. damit eine Information des Zeugen F. weitergegeben habe; insoweit erhebt die Revision auch keine Beanstandungen.
2. Diese die Klägerin bindende Eigenschaftszusicherung durch den in ihrem Namen handelnden Zeugen Kl. wurde entgegen der Auffassung der Revision nicht dadurch hinfällig, daß die Beklagte dem unmittelbar folgenden Schreiben vom 12. Februar 1981 nicht widersprochen hat, wonach die Silos „wie besehen, unter Ausschluß jeglicher Garantie” verkauft worden seien.
a) Zutreffend und von der Revision unbeanstandet wertet das Berufungsgericht dieses Schreiben als kaufmännisches Bestätigungsschreiben, durch das die Klägerin den Inhalt des vorangegangen Vertragsschlusses verbindlich festlegen wollte. Schweigt der Empfänger eines solchen Bestätigungsschreibens, so gilt grundsätzlich der Vertrag als mit dem Inhalt zustande gekommen, wie er in dem Bestätigungsschreiben niedergelegt ist.
b) Die Formulierung „wie besehen, unter Ausschluß jeglicher Garantie” in dem Bestätigungsschreiben legt das Berufungsgericht als Gewährleistungsausschluß aus. Dies ist aus Rechtsgründen ebenfalls nicht zu beanstanden (vgl. Senatsurteil vom 16. März 1977 – VIII ZR 283/75 = WM 1977, 584, 585).
c) Das Berufungsgericht meint unter Hinweis auf das Senatsurteil in BGHZ 50, 200, 206, durch den im Bestätigungsschreiben enthaltenen Gewährleistungsausschluß werde die Eigenschaftszusicherung nicht unwirksam, „weil dies deren Sinn widersprechen würde”. Das Berufungsgericht will damit offenbar an die ständige Rechtsprechung des Senats anknüpfen, wonach sich ein formularmäßiger Gewährleistungsausschluß des Verkäufers regelmäßig nicht auf dessen Einstandspflicht für das Fehlen zugesicherter Eigenschaften bezieht (vgl. außer der vorerwähnten Entscheidung die Urteile BGHZ 57, 292, 298 und vom 25. Juni 1975 – VIII ZR 244/73 = WM 1975, 895, 897); ebenso hat der Senat in einem einen Gebrauchtwagenkauf betreffenden Fall entschieden, in dem der – umfassende und allgemein gehaltene – Gewährleistungsausschluß des Verkäufers nicht formularmäßig, sondern individualvertraglich vereinbart war (Urteil vom 25. Januar 1983 – VIII ZR 227/81 = LM BGB § 463 Nr. 44 = WM 1983, 363, 364). Für eine derart eingeschränkte Auslegung auch des hier in Rede stehenden Gewährleistungsausschlusses im Schreiben der Klägerin vom 12. Februar 1981 spricht in der Tat viel. Für die Beklagte als Empfängerin dieses Schreibens lag es nahe, die allgemein gehaltene Formulierung „wie besichtigt, unter Ausschluß jeglicher Garantie” dahin zu verstehen, daß mit ihr nicht die Einstandspflicht der Klägerin für die unmittelbar zuvor erfolgte Eigenschaftszusicherung des Zeugen Kl. sondern nur für sonstige Mängel der immerhin mehr als zehn Jahre alten und gebrauchten Silos ausgeschlossen werden sollte.
Abschließend braucht dies jedoch nicht entschieden zu werden, denn selbst dann, wenn sich die Freizeichnungserklärung auch auf die von dem Zeugen Kl. zugesicherten Eigenschaften der verkauften Silos bezogen haben sollte, wäre die Einstandspflicht der Klägerin für das Vorhandensein dieser Eigenschaften nicht beseitigt. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs treten die regelmäßigen Folgen widerspruchsloser Entgegennahme eines Bestätigungsschreibens dann nicht ein, wenn dessen Inhalt von dem zuvor Vereinbarten so weit abweicht, daß der Absender vernünftigerweise mit einem Einverständnis des Empfängers nicht rechnen kann (BGHZ 7, 187, 190; 11, 1, 4; 40, 42, 46; 54, 236, 242). Wie bereits ausgeführt, war die Frage, ob die Silos verschraubt oder verschweißt waren, für die Beklagte von entscheidender Bedeutung, sie war deshalb Gegenstand ausdrücklicher Besprechungen bei den Vertragsverhandlungen, und der Geschäftsführer W. der Beklagten hat sich auf die entsprechende Zusicherung des Zeugen Kl. verlassen, nach dessen Aussage vor dem Landgericht der Kauf „nie” zustande gekommen wäre, „wenn die Anlage nur verschweißt gewesen wäre”. Mit dem einen Tag nach Vertragsschluß bei der Beklagten eingegangenen Bestätigungsschreiben der Klägerin wäre mithin eine für die Beklagte entscheidende Vertragsbestimmung wieder beseitigt worden. Daß die Beklagte hiermit einverstanden gewesen wäre, durfte die Klägerin allein aus deren Schweigen auf das Schreiben vom 12. Februar 1981 redlicherweise (§ 242 BGB) nicht entnehmen. Dies gilt auch dann, wenn der Klägerin – wovon in Ermangelung anderweiter Feststellungen des Berufungsgerichts zu ihren Gunsten auszugehen ist – der Inhalt der Eigenschaftszusicherung des Zeugen Kl. bei Absendung ihres Bestätigungsschreibens nicht bekannt war. Der regelmäßige Vertrauensschutz zugunsten des Absenders eines Bestätigungsschreibens entfällt allein aufgrund der objektiven Abweichung des Bestätigungsschreibens vom Inhalt des zuvor Vereinbarten, ohne daß es auf die Unredlichkeit des Absenders oder auch nur dessen Kenntnis von der Abweichung ankommt (vgl. Senatsurteil BGHZ 40, 42, 45; Schlegelberger/Hefermehl, § 346 Rdn. 128).
3. Ohne Rechtsfehler nimmt das Berufungsgericht weiter an, daß die verkauften Silos die von dem Zeugen Kl. zugesicherten Eigenschaften tatsächlich nicht haben. Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß die Silos zwar ursprünglich verschraubt waren, nachträglich aber vollständig verschweißt wurden, so daß ihre Demontage und anschließende Wiedererrichtung nur mit erheblichen Schwierigkeiten und unverhältnismäßig hohen Kosten möglich ist.
Ohne Erfolg rügt die Revision in diesem Zusammenhang, das Berufungsgericht habe den unter Sachverständigenbeweis gestellten Vortrag der Klägerin nicht berücksichtigt, daß die Silos in Fachkreisen als „verschraubte Silos” bezeichnet würden. Das Berufungsgericht bezeichnet diese erstmals in der letzten mündlichen Verhandlung vom 28. Juni 1983 aufgestellte Behauptung der Klägerin als „neu und damit ohnehin verspätet”. Ob es mit diesen Worten die Behauptung der Klägerin nicht zulassen wollte, geht aus der Begründung nicht eindeutig hervor. Jedenfalls aber hat das Berufungsgericht die Behauptung mit Recht als nicht erheblich angesehen. Die Zusicherung des Zeugen Kl. erschöpfte sich nicht darin, daß es sich bei dem Kaufgegenstand um verschraubte Silos handele, sie ging vielmehr dahin, daß die Silos – abgesehen von den bei der Besichtigung festgestellten Verschweißungen der Überläufe – lediglich verschraubt und deshalb einfach zu demontieren und wieder aufzubauen seien. Der fehlerfreien Feststellung des Berufungsgerichts, daß den Silos diese Eigenschaften fehlen, würde auch dann nicht die Grundlage entzogen, wenn die – tatsächlich zunächst verschraubten, nachträglich aber vollständig verschweißten – Silos in Fachkreisen als „verschraubt” bezeichnet werden sollten.
4. Daß der Geschäftsführer Wündisch der Beklagten die vollständige Verschweißung der Silos aufgrund der vorangegangener Besichtigung bei Kaufabschluß gekannt habe, was nach § 460 Satz 1 BGB Gewährleistungsansprüche gegen die Klägerin ausschließen würde, hat das Berufungsgericht ohne Rechtsverstoß als nicht bewiesen angesehen. Es stützt sich hierzu auf die Aussage des Zeugen Kl., bei der Besichtigung seien außer an den Überläufen keine weiteren Verschweißungen festgestellt worden. Unterstützend führt das Berufungsgericht aus, in der mündlichen Verhandlung sei deutlich geworden, daß die übrigen Schweißnähte nicht ohne weiteres erkennbar gewesen seien.
Diese Feststellung beruht nach Behauptung der Revision unter anderem auf der Inaugenscheinnahme eines herausgeschweißten Musterstückes der Silos, das ausweislich des Verhandlungsprotokolls vom 28. Juni 1983 in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht überreicht wurde. Das Musterstück befindet sich nicht mehr bei den Akten, Nachforschungen nach ihm blieben erfolglos. Die Revision vertritt dazu unter Hinweis auf die in BGHZ 80, 64, 67 f aufgestellten Grundsätze die Ansicht, das angefochtene Urteil müsse wegen Fehlens entscheidungserheblicher Unterlagen aufgehoben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwieset werden. Die Rüge greift nicht durch; von einer Begründung sieht der Senat ab (§ 565 a ZPO).
5. Im Ergebnis zu Recht ist das Berufungsgericht schließlich davon ausgegangen, daß die Beklagte das Fehlen der zugesicherten Eigenschaften der Silos rechtzeitig gerügt hat (§ 377 Abs. 1 HGB), so daß die Kaufsachen nicht gemäß § 377 Abs. 2 HGB als genehmigt gelten. In tatsächlicher Hinsicht stellt es hierzu fest, die Beklagte habe „Anfang Juni 1981” aufgrund des Schreibens der Firma P. vom 1. Juni 1981 (eingegangen am 3. Juni 1981) erstmals davon erfahren, daß die Silos nachträglich vollständig verschweißt und deshalb nur unter erheblichen Schwierigkeiten und Kosten abmontiert und wieder aufgebaut werden könnten. Hierauf habe die Beklagte am 6. Juni 1981 telefonisch versucht, den Zeugen Kl. zu erreichen, der jedoch urlaubsabwesend gewesen sei. Am 18. Juni 1981, dem Tage der Rückkehr Kl. s, habe die Beklagte dann diesem gegenüber das Fehlen der zugesicherten Eigenschaften gerügt. Von diesen Feststellungen geht auch die Revision aus.
a) Richtig ist zunächst, daß bei einem beiderseitigen Handelskauf, wie er hier gegeben ist, der Käufer die Genehmigungsfiktion des § 377 Abs. 2 HGB auch bei Fehlen zugesicherter Eigenschaften nur durch rechtzeitige Anzeige an den Verkäufer vermeiden kann (Senatsurteil vom 21. Juni 1978 – VIII ZR 91/77 = LM HGB § 377 Nr. 21 = WM 1978, 1052, 1053).
b) Die Revision meint, die am 18. Juni 1981 erfolgte Mängelanzeige sei schon deshalb verspätet, weil die Beklagte die gekauften Silos nicht unverzüglich untersucht habe (§ 377 Abs. 1 HGB); diese Untersuchung sei der Beklagten sogleich nach Abschluß des Kaufvertrages, jedenfalls aber seit dem 26. März 1981, nachdem ihr die Klägerin eine Vollmacht zur Einsicht in die Bauakten des Werksgeländes, auf dem die Silos stehen, übersandt habe, möglich und zumutbar gewesen. Spätestens seit dem 26. März 1981 habe die Beklagte auch über die Silos verfügen können, seien diese mithin „abgeliefert” (§ 377 Abs. 1 HGB) gewesen. Diesen Angriffen hält das angefochtene Urteil stand.
Wie auch die Revision nicht verkennt, beginnt die Untersuchungslast des Käufers nach § 377 Abs. 1 HGB frühestens mit der Ablieferung der Kaufsache. Das Berufungsgericht ist zu Lasten der Klägerin davon ausgegangen, daß die Silos bei Entdeckung des Mangels durch die Beklagte Anfang Juni 1981 noch nicht abgeliefert waren. Das ist im Ergebnis zutreffend.
aa) In der Rechtsprechung des Reichsoberhandelsgerichts und des Reichsgerichts zu Art. 347 ADHGB, einer dem heutigen § 377 HGB vergleichbaren Regelung, wurde der Begriff der „Ablieferung” dahin ausgelegt, daß darunter eine einseitige Handlung des Verkäufers zu verstehen sei, durch die dieser die Kaufsache in Erfüllung des Kaufvertrages aus seiner Verfügungsgewalt entlasse, den Gewahrsam an ihr aufgebe und gleichzeitig die Verfügungsmöglichkeit des Käufers derart begründe, daß dieser sich, ebenfalls durch einseitige Handlung, jederzeit den alleinigen Gewahrsam an der Sache verschaffen könne (ROHG 24, 28, 29 m. Nachw. aus der älteren Rspr.; RGZ 5, 28, 31 f; RG vom 11. November 1893 in: Bolze, Praxis des Reichsgerichts in Zivilsachen, Bd. XVI Nr. 416; RG JW 1899, 181, 182). Nach Einführung des § 377 HGB und des § 477 BGB, wo der Begriff der „Ablieferung” inhaltsgleich verwendet wird, haben das Reichsgericht und später der Bundesgerichtshof an dieser Rechtsprechung festgehalten (RG JW 1903, 244 f; 1905, 79; 1908, 431; RGZ 73, 379, 391; 91, 289, 290; 92, 271, 273; Senatsurteile vom 21. Dezember 1960 – VIII ZR 9/60 = LM BGB § 477 Nr. 4; BGHZ 60, 5, 6 f mit Anm. Gelhaar in LM HGB § 377 Nr. 14 und vom 6. Mai 1981 – VIII ZR 125/80 = LM HGB § 377 Nr. 23 = WM 1981, 847); nach der Formulierung in den Senatsurteilen BGHZ 60, 5, 6 und vom 6. Mai 1981 aaO liegt eine „Ablieferung” dann vor, wenn die Ware in der Weise in den Machtbereich des Käufers verbracht wird, daß dieser sie an dem Ort, an dem sie sich nunmehr befindet, untersuchen kann. Diese Urteile betreffen indessen Fälle, in denen der Verkäufer die Kaufsache an den Käufer zu liefern oder anderweitig zu versenden hatte. Im vorliegenden Fall dagegen sollten die Kaufsachen noch längere Zeit nach Kaufabschluß auf dem Grundstück des Verkäufers verbleiben und dort erst später vom Käufer abgeholt werden. Wann in einem derartigen Fall die Kaufsachen abgeliefert sind, ist höchstrichterlich bisher nicht entschieden.
Die Ablieferung der Kaufsache begründet für den Käufer die Obliegenheit zu deren unverzüglicher Untersuchung. Wird sie versäumt oder nicht rechtzeitig vorgenommen, so führt das zum Verlust der Gewährleistungsansprüche (§ 377 Abs. 2 HGB). Diese einschneidende Rechtsfolge ist nur gerechtfertigt, wenn für den Käufer bei objektiver Betrachtungsweise erkennbar ist, daß in Vollziehung des Kaufvertrages nunmehr ihm anstelle des Verkäufers die Verfügungsmöglichkeit über die Kaufsache zusteht und ihn instand setzt, diese zu untersuchen. Die objektive Erkennbarkeit des Ablieferungsvorgangs ist nicht nur zum Schutz des Käufers, sondern auch im Interesse der Rechtsklarheit erforderlich; hier findet zugleich der von § 377 HGB verfolgte Zweck, die Abwicklung der Handelskäufe zu beschleunigen, und dem Verkäufer baldmöglichst Klarheit über etwaige Mängelrügen hinsichtlich der Kaufsache zu verschaffen, seine Grenze.
In den bisher entschiedenen Fällen ging es überwiegend um die Bestimmung des Ortes und des Zeitpunktes, an dem die Kaufsache auf ihrem Weg vom Verkäufer in den Machtbereich des Käufers übergegangen war. Die Kauf Sachen hatten also den Machtbereich des Verkäufers äußerlich sichtbar verlassen; aus diesem Grund war für den Käufer hinreichend deutlich erkennbar, daß nunmehr ihm die Verfügungsmöglichkeit über die Sachen zustand. Im vorliegenden Fall dagegen, in dem die verkauften Silos vereinbarungsgemäß auch nach Kaufabschluß bis zu ihrer Abholung durch die Käuferin auf dem Grundstück der Verkäuferin verbleiben sollten, sprach schon der äußere Anschein dafür, daß sich die Kaufsachen weiterhin im Machtbereich der Verkäuferin befanden. Hier kann der das Wesen der Ablieferung ausmachende Wechsel in der Verfügungsmöglichkeit über die Kaufsache regelmäßig nur durch eine hinreichend deutliche Parteivereinbarung bewirkt werden, die den durch das Verbleiben der Kaufsache beim Verkäufer gesetzten äußeren Anschein entkräftet. Daran fehlt es hier. Nach dem Kaufvertrag vom 12. Februar 1981 war die Beklagte vorleistungspflichtig; sie sollte zur Demontage und zum Abtransport der Silos erst dann berechtigt – und verpflichtet – sein, wenn sie den gesamten Kaufpreis bezahlt hatte; die letzte Kaufpreisrate war am 31. Mai 1981 fällig. War danach die beiderseitige Erfüllung des Kaufvertrages nicht vor dem 31. Mai 1981 vorgesehen, so kann in einem Fall wie hier, wo die Kauf Sache auf dem Grundstück der Verkäuferin – mit diesem verbunden – verblieb, von einer „Ablieferung” im Sinn des Gesetzes und damit einem Beginn der Untersuchungslast nicht gesprochen werden.
Entgegen der Ansicht der Revision begegnet es auch keinen Bedenken, daß die mit Schreiben der Klägerin vom 26. März 1981 übersandte Vollmacht zur Einsicht in die das Betriebsgelände der Klägerin betreffende Bauakte das Berufungsgericht nicht zu einer gegenteiligen Würdigung veranlaßt hat. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Beklagten sei damit nur die Befugnis eingeräumt worden, die Voraussetzungen für die Demontage der Silos zu prüfen. Diese tatrichterliche Würdigung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Angesichts der vorangegangenen Parteivereinbarung, daß die Beklagte zur Demontage der Silos erst nach Zahlung des vollen Kaufpreises berechtigt sein sollte und die Silos bis zu diesem Zeitpunkt auf dem Grundstück der Klägerin verbleiben sollten, ist es sogar naheliegend, in der bloßen Vollmacht zur Einsicht in die Bauakte keinen Anhaltspunkt dafür zu sehen, daß die Klägerin die Silos schon vor Zahlung des vollen Kaufpreises aus ihrem Machtbereich entlassen und die Beklagte zur alleinigen Verfügung ermächtigen wollte.
bb) Weitere Umstände, aus denen erkennbar wäre, daß eine Ablieferung der Silos im Sinne des § 377 Abs. 1 HGB schon vor dem 3. Juni 1981 stattgefunden hat, sind von den Parteien nicht vorgetragen worden, auch sonst ergeben sich hierfür aus den Akten keine Anhaltspunkte. Das geht zu Lasten der Klägerin. Zwar muß regelmäßig der Käufer dartun und gegebenenfalls beweisen, daß er die Kaufsache rechtzeitig untersucht und etwaige Mängel rechtzeitig gerügt hat (BGH Urteil vom 18. März 1952 – I ZR 77/51 = LM HGB § 377 Nr. 1; HGB-GrKomm/Brüggemann § 377 Rdn. 206; Schlegelberger/Hefermehl § 377 Rdn. 85). Gesetzliche Voraussetzungen für die Untersuchungs- und Rügelast nach § 377 HGB ist jedoch, daß die Kaufsache vom Verkäufer an den Käufer abgeliefert wurde; daher hat der Verkäufer, der aus der unterlassenen oder verspäteten Rüge des Käufers Rechte herleiten will, darzutun und gegebenenfalls zu beweisen, daß die Sache abgeliefert wurde (RGZ 5, 28, 30 f; HGB-GroßKomm/Brüggemann § 377 Rdn. 205; Schlegelberger/Hefermehl aaO).
cc) Ob die Rechtslage anders zu beurteilen wäre, wenn der Käufer in vergleichbaren Fällen die Abholung der Kaufsache beim Verkäufer verzögert und dadurch den Zeitpunkt der Ablieferung hinausschiebt, bedarf keiner Entscheidung, weil derartiges hier nicht gegeben ist. Die letzte Kaufpreisrate, vor deren Zahlung die Beklagte nicht zur Demontage der Silos berechtigt war, war am 31. Mai 1981 fällig. Unmittelbar nach diesem Zeitpunkt, am 3. Juni 1981, hatte sie bereits Kenntnis von dem Fehlen der zugesicherten Eigenschaften; eine Versäumung der Untersuchungsfrist kommt daher nicht in Betracht.
c) Das Berufungsgericht ist ferner der Ansicht, die Beklagte habe den Mangel nach dessen Entdeckung „unverzüglich” (§ 377 Abs. 1 HGB) gerügt. Hierzu führt es aus, die Beklagte habe alles nach § 377 Abs. 1 HGB Erforderliche dadurch veranlaßt, daß sie dem Zeugen Kl. – und damit der Klägerin – nach dem vergeblichen Versuch, den urlaubsabwesenden Zeugen schon am 6. Juni 1981 zu erreichen, sofort nach seiner Rückkehr am 18. Juni 1981 das Fehlen der zugesicherten Eigenschaften angezeigt habe. Auch diese Ausführungen werden von der Revision im Ergebnis erfolglos beanstandet.
aa) Unbedenklich ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß die Vollmacht des Zeugen Kl. nach §§ 54, 55 Abs. 1 und 4 HGB auch die Ermächtigung zur Entgegennahme von Mängelrügen mit Wirkung gegen die Klägerin umfaßte. Das zieht auch die Revision – ungeachtet ihrer bereits erörterten verfahrensrechtlichen Bedenken gegen die Feststellung der Vollmacht Kl. s – nicht in Zweifel.
bb) Beizutreten ist der Revision indessen darin, daß die am 18. Juni 1981, also über zwei Wochen nach Entdeckung des Mangels am 3. Juni 1981 gegenüber Kl. erhobene Mängelrüge an sich nicht mehr „unverzüglich” (§ 377 Abs. 1 HGB) erfolgt ist. Die Vorschrift ist im Interesse der im Handelsverkehr unerläßlichen schnellen Abwicklung der Handelsgeschäfte streng auszulegen (BGH Urteil vom 17. September 1954 – I ZR 62/53 = LM HGB § 377 Nr. 2 = NJW 1954, 1841). Das bedeutet, daß mangels entschuldbarer (§ 121 BGB) Hindernisse die Anzeige eines erkannten Mangels alsbald zu erfolgen hat (Karsten Schmidt, HGB § 28, 3 b = S. 595). Die Beklagte, die zunächst noch rechtzeitig, am 6. Juni 1981, versucht hatte, ihre Mängelrüge bei dem Zeugen Kl. anzubringen, durfte sich nach Fehlschlagen dieses Versuches nicht mit der Auskunft, der Zeuge sei urlaubsabwesend, zufriedengeben und die Rückkehr Kl. s aus dem Urlaub abwarten. Auch eine schriftliche Mängelanzeige an den Zeugen Kl. wäre nicht ausreichend gewesen. § 377 Abs. 4 HGB, der – wie die ähnliche Vorschrift des § 121 Abs. 1 Satz 2 BGB – zur Erhaltung der Rechte des Käufers die rechtzeitige Absendung der schriftlichen Anzeige genügen läßt, will den Käufer lediglich von der Gefahr der Verzögerung des Zugangs der Anzeige auf dem Beförderungsweg freistellen. Sie greift zugunsten des Käufers jedoch nicht ein, wenn dieser weiß, daß die schriftliche Anzeige den Adressaten nicht kurzfristig erreichen kann (vgl. BGH Urteil vom 11. Oktober 1974 – V ZR 25/73 = NJW 1975, 39). Das wäre hier der Fall gewesen, weil die Beklagte erfahren hatte, daß Kl. urlaubsabwesend war und deshalb auch eine ohne Verzögerung zugestellte schriftliche Mängelanzeige nicht vor seiner Rückkehr hätte lesen können.
Bei dieser Sachlage war es durch die Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Kaufmanns (§ 347 Abs. 1 HGB) geboten, daß die Beklagte die Mängelrüge unmittelbar bei der Klägerin, ihrer Vertragspartner in anbrachte. Hierzu hat die Beklagte unbestritten vorgetragen, sie habe nach Erhalt des Schreibens der Firma P. sofort versucht, die Klägerin telefonisch zu erreichen. Hierbei hätten ihr nur die auf den ihr zugegangenen Briefbögen der Klägerin aufgedruckten Telefonnummern zur Verfügung gestanden. Unter diesen Telefonnummern habe sich jedoch niemand gemeldet. Dem hält indessen die Revision, die diesen Vortrag aufgreift, zu Recht entgegen, daß die Beklagte sich auch mit diesem vergeblichen Versuch, die Klägerin selbst telefonisch zu erreichen, nicht zufriedengeben durfte. Die Beklagte hätte vielmehr bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt die Mängelrüge bei der Klägerin schriftlich erheben müssen (vgl. BGH Urteil vom 8. November 1979 – III ZR 115/78 = LM HGB § 377 Nr. 22 = NJW 1980, 782).
cc) Gleichwohl stellt sich die Annahme des Berufungsgerichts, die Rüge der Beklagten sei nicht verspätet, im Ergebnis als richtig dar. Die Beklagte hat nämlich in der Berufungserwiderung, auf deren Inhalt das Berufungsurteil Bezug nimmt, im einzelnen vorgetragen, die Klägerin habe ihr Kalksteinwerk mit Oktober 1975 stillgelegt, sämtliche Mitarbeiter entlassen und nicht einmal mehr einen Bürobetrieb unterhalten. Aus diesem Grunde seien auch ihre Versuche, nach Erhalt des Schreibens der Firma P. am 3. Juni 1981 die Klägerin telefonisch zwecks Anbringung der Mängelrüge zu erreichen, erfolglos geblieben. Diesen Vortrag hat die Klägerin nicht bestritten. Sie hat vielmehr bereits in der Berufungsbegründung vorgetragen, daß sich ihr Unternehmen seit einigen Jahren in Liquidation befinde. Auf die erwähnten Darlegungen der Beklagten in der Berufungserwiderung hat sie im Schriftsatz vom 28. Februar 1983 zugestanden, daß sie „ihren Betrieb Ende der 70er Jahre stillgelegt” habe, im übrigen ist sie den Ausführungen der Beklagten nicht entgegengetreten. Es ist daher gemäß § 138 Abs. 3 ZPO davon auszugehen, daß die Klägerin im Juni 1981 bereits seit längerer Zeit ihren Betrieb stillgelegt hatte und unter der auf ihren Briefbögen angegebenen Adresse kein Büro mehr unterhalten hat. Die Erhebung einer schriftlichen Mängelrüge bei der Klägerin selbst wäre daher erfolglos gewesen, weil die Klägerin unter ihrer Anschrift nicht mehr erreichbar war. Ob der Beklagten dies schon im Juni 1981 bekannt war oder ob sie erst später davon erfahren hat, geht aus ihrem Vorbringen nicht eindeutig hervor, spielt jedoch auch keine entscheidende Rolle. Im ersten Fall bestand aus der Sicht der Beklagten, zu deren Gunsten auch hier § 377 Abs. 4 HGB nicht anwendbar gewesen wäre, die einzige Möglichkeit zur Erhebung der Mängelrüge in der Benachrichtigung des Zeugen Kl., so daß es sachgerecht und daher jedenfalls unverschuldet (§ 347 Abs. 1 HGB, § 121 Abs. 1 BGB) war, wenn sie bis zu dessen Rückkehr aus dem Urlaub zuwartete. War der Beklagten hingegen im Juni 1981 noch nicht bekannt, daß die Klägerin unter ihrer Anschrift nicht mehr erreichbar war, so wäre es eine mit den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht zu vereinbarende und daher unzulässige Rechtsausübung, wenn die Klägerin der Beklagten entgegenhalten würde, sie habe die aus der damaligen Sicht der Beklagten zwar gebotene, objektiv aber zwecklose schriftliche Mängelrüge unterlassen (vgl. BGH Urteil vom 8. November 1979 – III ZR 115/78 = LM HGB § 377 Nr. 22 Bl. 4 = NJW 1980, 782, 783; Schlegelberger/Hefermehl § 377 Rdn. 22).
Aus der unterbliebenen schriftlichen Mängelrüge ihr selbst gegenüber kann mithin die Klägerin in keinem Fall etwas herleiten.
5. Da das Berufungsurteil somit von keinen durchgreifenden Rechtsfehlern beeinflußt ist, war die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.
Unterschriften
Braxmaier, Wolf, Treier, Dr. Zülch, Groß
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 08.02.1985 durch Kanik, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 875204 |
BGHZ |
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