Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegungs- und Beweislast in einem Dieselfall; Umsatzsteuer als Teil des Schadensersatzes
Leitsatz (amtlich)
Zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast für das vom beklagten Hersteller nach §§ 826, 852 Satz 1, § 818 Abs. 1 BGB Erlangte in einem sogenannten "Dieselfall" (Anschluss an BGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 - VI ZR 739/20, NJW 2021, 918 Rn. 29).
Leitsatz (redaktionell)
1. Es ist rechtsfehlerhaft zum Ausgangspunkt der Bestimmung des nach § 852 Satz 1, § 818 Abs. 1 BGB Erlangten nicht den vom Erwerber entrichteten Bruttokaufpreis, sondern den Bruttokaufpreis abzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer zu machen.
2. Ist ausweislich des Bestellformulars der zu entrichtende Kaufpreis „incl. Umsatzsteuer”, ist die Umsatzsteuer damit untrennbarer Bestandteil der zivilrechtlich geschuldeten Leistung und damit des vom Verkäufer nach § 852 Satz 1, § 818 Abs. 1 BGB Erlangten. Die Pflicht des Verkäufers, vereinnahmte Umsatzsteuer abzuführen, könnte allenfalls seine Entreicherung im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB zur Folge haben.
3. Für die Bemessung des vom Verkäufer Erlangten wäre auch eine Vorsteuerabzugsberechtigung des Käufers unerheblich. Selbst dann, wenn der Käufer das Fahrzeug direkt beim Hersteller erworben haben und zum Vorsteuerabzug berechtigt gewesen sein sollte, bestimmte ein daraus resultierender Vorteil das Erlangte im Sinne der § 852 Satz 1, § 818 Abs. 1 BGB nicht mit, sondern wäre erst im Rahmen der auch auf den Restschadensersatzanspruch anwendbaren Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen.
Normenkette
BGB § 818 Abs. 1, §§ 826, 852 S. 1; UStG §§ 1, 15
Verfahrensgang
OLG Koblenz (Entscheidung vom 06.01.2022; Aktenzeichen 2 U 55/21) |
LG Mainz (Entscheidung vom 11.12.2020; Aktenzeichen 2 O 171/20) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 6. Januar 2022 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Der Kläger nimmt die beklagte Fahrzeugherstellerin wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung auf Schadensersatz in Anspruch.
Rz. 2
Der Kläger erwarb im Juni 2015 bei einem Fahrzeughändler unter Verwendung eines Bestellformulars ein Neufahrzeug des Typs VW Touran Comfortline 1,6 TDI. Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor der Baureihe EA 189 ausgestattet. Die verwendete Motorsteuerungssoftware erkannte das Durchfahren des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) und bewirkte für diesen Fall einen geringeren Stickoxidausstoß als im Normalbetrieb, wodurch die Grenzwerte für Stickoxidemissionen der Abgasnorm Euro 5 auf dem Prüfstand eingehalten werden konnten.
Rz. 3
Mit der im Jahr 2020 erhobenen Klage hat der Kläger in erster Instanz zuletzt beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 34.524,48 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs zu verurteilen und den Annahmeverzug der Beklagten festzustellen. Daneben hat er die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten begehrt. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Rz. 4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Beklagte unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels verurteilt, an den Kläger 27.082,56 € nebst Prozesszinsen Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs zu zahlen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Rz. 5
Die Revision hat Erfolg.
I.
Rz. 6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Rz. 7
Der Kläger habe einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gemäß § 826 BGB. Der Anspruch sei auf Erstattung des Kaufpreises abzüglich der aufgrund der Nutzung des Fahrzeugs anzurechnenden Vorteile Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs gerichtet. Der Kaufpreis sei im Einklang mit dem Kläger unter Berücksichtigung gewährter Rabatte bzw. der Inzahlungnahme eines gebrauchten Fahrzeugs mit 32.228,25 € anzusetzen. Die Nutzungsentschädigung werde auf 4.095,69 € geschätzt. Gegenüber diesem Anspruch könne die Beklagte allerdings erfolgreich die Einrede der Verjährung erheben. Die dreijährige Verjährungsfrist habe jedenfalls mit Ablauf des Jahres 2016 begonnen.
Rz. 8
Dem Kläger stehe jedoch ein Anspruch gemäß § 852 Satz 1 BGB zu. Die Beklagte habe deshalb dem Kläger dasjenige herauszugeben, was sie aufgrund der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung erlangt habe. Erlangt habe die Beklagte in der Regel den aus der Veräußerung des Neufahrzeugs erzielten Nettokaufpreis abzüglich der Händlermarge. Eine Händlermarge sei im vorliegenden Fall jedoch nicht geltend gemacht worden. Hinzu komme, dass ausweislich der verbindlichen Bestellung der Verkauf des Fahrzeugs im Namen der Beklagten erfolgt sei, sodass eine Händlermarge auch nicht zu schätzen sei, insbesondere da zweifelhaft sei, ob diese in der vorliegenden Konstellation überhaupt eingreife. Erlangt habe die Beklagte folglich den Nettokaufpreis, der sich auf 27.082,56 € belaufe. Soweit sich aus § 826 BGB rechnerisch ein höherer Betrag ergebe, sei dieser dadurch gedeckelt.
II.
Rz. 9
Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
Rz. 10
1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass der Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte aus §§ 826, 31 BGB auf Erstattung des von ihm für das Fahrzeug gezahlten Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs habe, dem die Beklagte die Einrede der Verjährung nach § 214 Abs. 1 BGB entgegenhalten könne (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2022 - VIa ZR 8/21, WM 2022, 731 Rn. 24 ff. mwN, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ). Dies wird von den Parteien im Revisionsverfahren auch nicht in Zweifel gezogen.
Rz. 11
2. Ebenfalls noch zutreffend ist das Berufungsgericht von der grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 852 Satz 1 BGB in den Fällen des sogenannten "Dieselskandals" ausgegangen. Insbesondere ist der Anwendungsbereich der Vorschrift entgegen der Ansicht der Revision nicht - einen Anspruch des Klägers ausschließend - teleologisch zu reduzieren (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2022 - VIa ZR 8/21, WM 2022, 731 Rn. 54 ff.; Urteil vom 21. Februar 2022 - VIa ZR 57/21, WM 2022, 742 Rn. 12).
Rz. 12
3. Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen indessen nicht die Annahme, dass die Beklagte aus dem Fahrzeugkauf des Klägers im Sinne des § 852 Satz 1 BGB "etwas erlangt" hat.
Rz. 13
a) Das Tatbestandsmerkmal "auf Kosten des Verletzten... erlangt" in § 852 Satz 1 BGB setzt voraus, dass die unerlaubte Handlung zu einem Vermögensnachteil des Geschädigten und zu einem Vermögensvorteil des Ersatzpflichtigen geführt hat, wobei sich die Vermögensverschiebung nicht unmittelbar zwischen dem Ersatzpflichtigen und dem Geschädigten vollzogen haben muss (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2022 - VII ZR 365/21, NJW 2022, 1311 Rn. 27; Urteil vom 21. Februar 2022 - VIa ZR 8/21, WM 2022, 731 Rn. 68; jeweils mwN). Liegt dem Neuwagenkauf eines nach §§ 826, 31 BGB durch den Fahrzeughersteller Geschädigten bei einem Händler die Bestellung des bereitzustellenden Fahrzeugs durch den Händler bei dem Hersteller zugrunde und schließen der Hersteller und der Händler einen Kaufvertrag über das Fahrzeug, aufgrund dessen der Hersteller gegen den Händler einen Anspruch auf Zahlung des Händlereinkaufspreises erlangt, ist dem Grunde nach ein Anspruch aus §§ 826, 852 Satz 1 BGB gegeben, weil der schadensauslösende Vertragsschluss zwischen dem Geschädigten und dem Händler einerseits und der Erwerb des Anspruchs auf Zahlung des Händlereinkaufspreises bzw. der Erwerb des Händlereinkaufspreises durch den Hersteller andererseits auf derselben, wenn auch mittelbaren Vermögensverschiebung beruhen (BGH, Urteil vom 21. Februar 2022 - VIa ZR 57/21, WM 2022, 742 Rn. 14; Urteil vom 21. März 2022 - VIa ZR 275/21, WM 2022, 745 Rn. 27). Hat der Händler das Fahrzeug hingegen unabhängig von einer Bestellung des Geschädigten vor dem Weiterverkauf auf eigene Kosten und eigenes (Absatz-)Risiko erworben, fehlt es - wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat - an dem von §§ 826, 852 Satz 1 BGB vorausgesetzten Zurechnungszusammenhang (BGH, Urteil vom 21. März 2022, aaO, Rn. 28).
Rz. 14
b) Gemessen daran fehlt es an konkreten Feststellungen des Berufungsgerichts zu den vertraglichen Beziehungen der Parteien und des am Fahrzeugkauf beteiligten Fahrzeughändlers. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Beklagte selbst oder - wie die Revision unter Verweis auf übereinstimmenden Parteivortrag in den Vorinstanzen geltend macht - der Fahrzeughändler Vertragspartner des Klägers geworden ist. Mit der Begründung, ausweislich des verwendeten Bestellformulars sei der Verkauf des Fahrzeugs "im Namen der Volkswagen AG" erfolgt, hat es nur bezweifelt, ob zu Gunsten des Fahrzeughändlers eine Händlermarge angefallen sei. Dementsprechend hat es auch keine Feststellungen zu einem etwaigen Zwischenerwerb des Fahrzeugs durch den Fahrzeughändler getroffen.
Rz. 15
4. Durchgreifenden Bedenken begegnet zudem die Bezifferung des Restschadensersatzanspruchs durch das Berufungsgericht auf 27.082,56 €.
Rz. 16
a) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht zum Ausgangspunkt seiner Bestimmung des nach § 852 Satz 1, § 818 Abs. 1 BGB Erlangten nicht den vom Kläger entrichteten Bruttokaufpreis, sondern - die Beklagte allerdings nicht beschwerend - den Bruttokaufpreis abzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer gemacht.
Rz. 17
Ausweislich des vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Bestellformulars verstand sich der vom Kläger zu entrichtende Kaufpreis "incl. Umsatzsteuer". Die Umsatzsteuer war damit untrennbarer Bestandteil der zivilrechtlich geschuldeten Leistung (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 2000 - V ZR 416/97, NJW-RR 2000, 1652 f.; Urteil vom 28. Februar 2002 - I ZR 318/99, NJW 2002, 2312; Urteil vom 27. Januar 2015 - KZR 90/13, NJW-RR 2015, 659 Rn. 40 mwN) und damit des vom Verkäufer nach § 852 Satz 1, § 818 Abs. 1 BGB Erlangten. Die Pflicht des Verkäufers, vereinnahmte Umsatzsteuer abzuführen, könnte allenfalls seine Entreicherung im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB zur Folge haben (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2019 - VIII ZR 7/18, BGHZ 221, 145 Rn. 88 mwN; Diehm, BB 2022, 1167). Jedenfalls der Beklagten ist indessen eine Berufung auf § 818 Abs. 3 BGB nach § 818 Abs. 4, § 819 Abs. 1 BGB verwehrt (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2022 - VIa ZR 8/21, WM 2022, 731 Rn. 86 ff.; Urteil vom 21. Februar 2022 - VIa ZR 57/21, WM 2022, 742 Rn. 17; Urteil vom 14. Juli 2022 - VII ZR 422/21, WM 2022, 1743 Rn. 35).
Rz. 18
Für die Bemessung des von der Beklagten Erlangten wäre auch eine Vorsteuerabzugsberechtigung des Klägers unerheblich. Selbst dann, wenn der Kläger das Fahrzeug direkt bei der Beklagten erworben haben und zum Vorsteuerabzug berechtigt gewesen sein sollte, bestimmte ein daraus resultierender Vorteil das Erlangte im Sinne der § 852 Satz 1, § 818 Abs. 1 BGB nicht mit, sondern wäre erst im Rahmen der auch auf den Restschadensersatzanspruch anwendbaren Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juli 2022 - VIa ZR 622/21, juris Rn. 9 mwN; zur Anwendung der Grundsätze der Vorteilsausgleichung auf den Anspruch aus §§ 826, 852 Satz 1 BGB vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2022 - VIa ZR 8/21, WM 2022, 731 Rn. 83 f.; Urteil vom 21. Februar 2022 - VIa ZR 57/21, WM 2022, 742 Rn. 16).
Rz. 19
b) Darüber hinaus weisen auch die Berechnungen des Berufungsgerichts - seinen Ausgangspunkt unterstellt - Rechtsfehler auf. Die Revision wendet sich ungeachtet der nur eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfbarkeit der tatrichterlichen Würdigung (vgl. BGH, Urteil vom 13. September 2016 - VI ZR 654/15, NJW 2017, 1310 Rn. 21) mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht seiner Entscheidung "im Einklang mit dem Kläger" einen Bruttokaufpreis für das Fahrzeug in Höhe von 32.228,25 € statt 27.228,25 € zugrunde gelegt hat und daher von einem Nettokaufpreis in Höhe von 27.082,56 € ausgegangen ist. Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts ist in diesem Punkt zumindest unvollständig.
Rz. 20
In dem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Schriftsatz hat der Kläger zur Erläuterung des von ihm eingeklagten Betrags zwar vorgetragen, zu dem "Kaufpreis" in Höhe von 34.670 € sei nach Abzug eines Rabatts für Menschen mit Behinderung in Höhe von 5.061,75 € und einer Aktionsprämie in Höhe von 2.380 € ein Betrag von 5.000 € für die Inzahlungnahme eines Gebrauchtwagens zu addieren. Zum Beleg hat der Kläger jedoch nur das Bestellformular vorlegt. Daraus geht aber gerade nicht hervor, dass der Kläger dem Verkäufer zusätzlich zu dem durch den vereinbarten Rabatt und die Aktionsprämie reduzierten Kaufpreis in Höhe von brutto 27.228,25 € - als weitere Gegenleistung und ohne Anrechnung auf den Kaufpreis - ein Fahrzeug zu übereignen hatte und der Gegenwert dieses Fahrzeugs der Beklagten wenigstens teilweise zugeflossen wäre. Vielmehr spricht der in dem Bestellformular enthaltene Verweis auf die Inzahlungnahme des dort näher bezeichneten Fahrzeugs als "Bestandteil der Neuwagenbestellung" dafür, dass das Fahrzeug - wie bei der Inzahlungnahme eines Fahrzeugs üblich (vgl. BeckOGK-BGB/Looschelders, 2022, § 364 Rn. 23 mwN) - unter Anrechnung auf den nach dem Inhalt des Bestellformulars vereinbarten Kaufpreis in Zahlung genommen worden ist, d.h. die Kaufvertragsparteien anstelle der Leistung des an sich geschuldeten Kaufpreises in Höhe von brutto 27.228,25 € zumindest teilweise die Übereignung des Fahrzeugs vereinbart haben.
Rz. 21
c) Überdies hat das Berufungsgericht die Grundsätze der Vorteilsausgleichung auf den Anspruch aus §§ 826, 852 Satz 1 BGB rechtsfehlerhaft nur unvollständig angewandt. Steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch nach §§ 826, 852 Satz 1 BGB zu, ist von dem von der Beklagten vereinnahmten Kaufpreis der Wert der vom Kläger gezogenen Nutzungen in Abzug zu bringen. Zudem schuldet die Beklagte in diesem Fall Restschadensersatz nur Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des erworbenen Fahrzeugs (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2022 - VIa ZR 8/21, WM 2022, 731 Rn. 81 ff.). Abweichend davon hat das Berufungsgericht den Kläger zwar zur Leistung Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs verurteilt, den Nutzungsvorteil dagegen nur bei der Ermittlung des verjährten, zur Vergleichsbetrachtung herangezogenen Schadensersatzanspruchs des Klägers aus §§ 826, 31 BGB berücksichtigt und nicht mit dem von ihm als erlangt ermittelten Betrag verrechnet.
Rz. 22
d) Entgegen der Ansicht der Revision ist ein etwaiger Restschadensersatzanspruch des Klägers hingegen nicht auf den von der Beklagten mit dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs erzielten Gewinn beschränkt. Die Aufwendungen der Beklagten für die Entwicklung, Herstellung und Bereitstellung des Fahrzeugs bestimmen das nach § 852 Satz 1, § 818 Abs. 1 BGB Erlangte nicht mit. Sie sind auch nicht nach § 818 Abs. 3 BGB berücksichtigungsfähig, weil der Beklagten die Berufung auf eine mögliche Minderung ihrer Bereicherung nach § 818 Abs. 4, § 819 Abs. 1 BGB verwehrt wäre.
III.
Rz. 23
Nach alledem ist das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten erkannt hat (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass von der dem Berufungsgericht zunächst obliegenden Klärung, wer Vertragspartner des Klägers geworden ist, das Vorgehen bei der Ermittlung des vom Kläger nach § 852 Satz 1, § 818 Abs. 1 BGB Erlangten abhängen wird:
Rz. 24
1. Sofern der Kläger den Kaufvertrag über das Fahrzeug direkt mit der Beklagten - vertreten durch den Händler - geschlossen hat, besteht der nach § 852 Satz 1, § 818 Abs. 1 BGB von der Beklagten erlangte Vermögensvorteil in dem Anspruch gegen den Kläger auf Zahlung des vereinbarten Bruttokaufpreises (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2022 - VIa ZR 8/21, WM 2022, 731 Rn. 82).
Rz. 25
Eine von der Beklagten an den Händler als ihren Vertreter gezahlte Vertriebsprovision wäre nicht in Abzug zu bringen. Auch insoweit handelte es sich um Aufwand der Beklagten, der nur als Entreicherung berücksichtigt werden könnte, auf die sich die Beklagte nach § 818 Abs. 4, § 819 BGB nicht berufen kann. Da die Beklagte im Falle des Direktkaufs die Forderung aus Kaufvertrag gegen den Kläger erlangt hätte, wäre es für die Höhe des Anspruchs des Klägers aus §§ 826, 852 Satz 1 BGB gegen die Beklagte unerheblich, wenn der Händler den Kaufpreis für die Beklagte vereinnahmt, bei der Weitergabe des für die Beklagte eingezogenen Kaufpreises gegen eine Forderung der Beklagten auf Herausgabe des vom Händler Erlangten nach § 667 BGB mit einem eigenen Anspruch auf Gewähr einer Vertriebsprovision aus dem zugrundeliegenden Geschäftsbesorgungsverhältnis aufgerechnet und entsprechend nur einen um die Vertriebsprovision verringerten Betrag an die Beklagte weitergeleitet hätte. Die in der Aufrechnung liegende Verkürzung des Leistungswegs beträfe auch dann nur den Aufwand der Beklagten.
Rz. 26
2. Stellt das Berufungsgericht fest, dass der Kläger das Fahrzeug im Wege einer Absatzkette gekauft hat (vgl. dazu BGH, Urteil vom 21. Februar 2022 - VIa ZR 57/21, WM 2022, 742 Rn. 14; Urteil vom 21. März 2022 - VIa ZR 275/21, WM 2022, 745 Rn. 27 f.), hätte es bei der Ermittlung des von der Beklagten Erlangten wiederum vom Händlereinkaufspreis einschließlich der gesetzlichen Umsatzsteuer auszugehen (vgl. wiederum BGH, Urteil vom 14. Januar 2000 - V ZR 416/97, NJW-RR 2000, 1652 f.; Urteil vom 28. Februar 2002 - I ZR 318/99, NJW 2002, 2312; Urteil vom 27. Januar 2015 - KZR 90/13, NJW-RR 2015, 659 Rn. 40 mwN). Eine die gesetzliche Umsatzsteuer betreffende abweichende Vereinbarung zwischen der Beklagten und dem Händler, die dazu führte, dass die Umsatzsteuer nicht untrennbarer Teil der vom Händler der Beklagten aus dem Kaufvertrag über das Fahrzeug geschuldeten Leistung wäre, oder einen entsprechenden Handelsbrauch hätte die Beklagte darzulegen und zu beweisen.
Rz. 27
Davon abgesehen obläge es allerdings dem Kläger als dem für den Grund und die Höhe eines Restschadensersatzanspruchs nach §§ 826, 852 Satz 1, § 818 Abs. 1 BGB darlegungs- und beweispflichtigen Geschädigten, Vortrag zu dem nach Eintritt der Verjährung noch durchsetzbaren Umfang seines Restschadensersatzanspruchs und damit zu dem Gegenstand und der Höhe des vom Schädiger erlangten Vermögensvorteils zu halten (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 - VI ZR 739/20, NJW 2021, 918 Rn. 29; vgl. zu § 818 Abs. 1 BGB auch BGH, Urteil vom 25. Oktober 1989 - VIII ZR 105/88, BGHZ 109, 139, 148). Dies schließt Vortrag zu einer Händlermarge, die zur Ermittlung des Händlereinkaufspreises von dem vom Geschädigten gezahlten Kaufpreis abzuziehen ist, mit ein. Zur Verteidigung kann sich der beklagte Hersteller gegenüber dem Tatsachenvortrag des Geschädigten im Grundsatz auf ein einfaches Bestreiten beschränken. Eine sekundäre Darlegungslast trifft ihn nur, wenn der Geschädigte keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 36 f. mwN). Die zuletzt genannte Voraussetzung ist jedenfalls nicht erfüllt, solange der Geschädigte sich die erforderlichen Informationen durch eine Nachfrage bei seinem Verkäufer selbst beschaffen kann.
Menges |
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Möhring |
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Rensen |
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Wille |
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Liepin |
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Fundstellen