Leitsatz (amtlich)
a) Für die Annahme der Unterscheidungskraft einer Unternehmensbezeichnung von Hause aus reicht schon, daß ein bestimmter beschreibender Inhalt der Bezeichnung nicht festzustellen ist; eine besondere Originalität, etwa durch eigenartige Wortbildung oder eine sonstige Heraushebung aus der Umgangssprache ist hierfür nicht Voraussetzung.
b) Zur Frage der tatsächlichen Voraussetzungen für ein zukünftiges Freihaltungsbedürfnis an dem Bestandteil einer Unternehmensbezeichnung.
Normenkette
MarkenG § 5 Abs. 2
Verfahrensgang
KG Berlin (Aktenzeichen 5 U 7070/95) |
LG Berlin (Aktenzeichen 97 O 181/94) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 6. August 1996 aufgehoben.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der Kammer für Handelssachen 97 des Landgerichts Berlin vom 6. September 1995 abgeändert. Unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 26. April 1995 wird der Beklagte unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,– DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, verurteilt,
es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr als Verlag mit dem Firmenbestandteil „Altberliner” als „Altberliner Bücherstube, Verlagsbuchhandlung und Antiquariat, Inhaber O. S. ” aufzutreten oder zu werben und Bücher zu vertreiben sowie werben und Bücher vertreiben zu lassen.
Der Beklagte wird weiter verurteilt, der Klägerin darüber Auskunft zu geben, über welche Zeitspanne und wem gegenüber er die vorstehend angeführte Firmierung benutzt hat.
Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die vorstehend angeführte Firmierung des Beklagten entstanden ist.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen, mit Ausnahme der Kosten, die durch die Säumnis der Klägerin entstanden sind. Diese werden der Klägerin auferlegt.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die unter der Firmenbezeichnung „Altberliner Verlag GmbH” tätige Klägerin verlegt Kinder- und Jugendbücher. Ihr Verlag ist durch die Privatisierung eines seit 1945 in dem damaligen Ost-Berlin bestehenden Verlags entstanden. Unter derselben Anschrift führte der Beklagte eine Buchhandlung, die die Bezeichnung „Altberliner Bücherstube” trägt. Diese Bezeichnung wurde 1943 von einer Frau G. eingeführt, die den Betrieb der Buchhandlung im Jahre 1970 einstellte.
Die Parteien schlossen am 1. Januar 1991 einen „Mietvertrag für gewerbliche Räume”, nach dessen Bestimmungen die Klägerin dem Beklagten bestimmte Mieträume „zum Betrieb einer Altberliner Bücherstube” vermietete. Unter der Bezeichnung „Altberliner Bücherstube Verlagsbuchhandlung O. S., Berlin” gab der Beklagte 1993 das Buch „Das falsche Scheunenviertel” heraus.
Die Klägerin, die inzwischen nicht mehr Vermieterin der von dem Beklagten genutzten Räume ist, hat behauptet, zwischen ihr und dem Beklagten sei es durch die Verwendung der Kurzbezeichnung „Altberliner” ständig zu Verwechslungen gekommen. Der Beklagte halte auch für sie bestimmte Post, die bei ihm eingehe, zurück. Sie hat geltend gemacht, sie genieße mit der Bezeichnung „Altberliner” auch ohne Verkehrsgeltung Firmenschutz, weil es sich um eine phantasieartige Bezeichnung handele. Sie hat im übrigen behauptet, einem überwiegenden Teil des Buchhandels sei der von ihr betriebene Verlag unter der Bezeichnung „Altberliner” bekannt. Sie wende sich mit ihrer Werbung allein an den Buchhandel und nicht an das weitere Publikum.
Die Klägerin hat beantragt,
- den Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr als Verlag mit dem Firmenbestandteil „Altberliner” als „Altberliner Bücherstube, Verlagsbuchhandlung und Antiquariat, Inhaber O. S. ” aufzutreten oder zu werben und Bücher zu vertreiben sowie werben und Bücher vertreiben zu lassen;
- den Beklagten weiter zu verurteilen, darüber Auskunft zu geben, über welche Zeitspanne und wem gegenüber er die unberechtigte Firmierung benutzt hat;
- festzustellen, daß der Beklagte ihr allen Schaden zu ersetzen hat, der ihr durch die unberechtigte Firmierung des Beklagten entstanden ist.
Der Beklagte ist dem entgegengetreten. Er hat gemeint, ein Firmenschutz für den Begriff „Altberliner” bestehe zugunsten der Klägerin mangels Verkehrsgeltung nicht. Auch auf sonstige Anspruchsgrundlagen könne sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Die Berufung ist erfolglos geblieben.
Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat die geltend gemachten Ansprüche verneint und dazu ausgeführt:
Zwar stehe der Klägerin die Priorität an ihrem Firmenbestandteil „Altberliner” zu, da der Betrieb der Klägerin seit 1945 ununterbrochen bestanden habe, während die Bücherstube des Beklagten erst 1990 wieder neu gegründet worden sei.
Zwischen der Bezeichnung „Altberliner Verlag” und der angegriffenen Bezeichnung bestehe aber keine Verwechslungsgefahr. Da die Kennzeichnungskraft der Geschäftsbezeichnung der Klägerin allenfalls als unterdurchschnittlich eingestuft werden könne, genüge eine relativ geringe Abweichung, die durch die Hinzufügung des Namens des Beklagten zu der weiteren Geschäftsbezeichnung in ausreichender Weise erreicht worden sei.
Der Firmenbestandteil „Altberliner” erscheine allerdings geeignet, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen der Klägerin durchzusetzen. Ihm fehle jedoch die erforderliche Kennzeichnungskraft. Diese sei weder von Hause aus vorhanden noch durch Verkehrsgeltung entstanden. Die Bezeichnung „Altberliner” weise keine Eigenart auf. Der Sinngehalt von „Altberliner” trete in der Kombination mit dem auf die Tätigkeit des Unternehmens hinweisenden Wort „Verlag” keineswegs in den Hintergrund.
Die Klägerin habe auch nicht hinreichend dargelegt, daß der Firmenbestandteil „Altberliner” durch Verkehrsgeltung Kennzeichnungskraft gewonnen habe. Angesichts des bestehenden hohen Freihaltungsbedürfnisses – der Begriff sei durchaus geeignet, nach einer Verringerung der Zahl der derzeit bestehenden Verwaltungsbezirke die Altstadt von Berlin verwaltungsrechtlich zu bezeichnen – seien die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen zum Beleg einer Bekanntheit von 75 % in Buchhändlerkreisen nicht geeignet, die Verkehrsgeltung des Bestandteils „Altberliner” überwiegend wahrscheinlich zu machen. Als beteiligte Verkehrskreise, auf deren Auffassung es maßgebend ankomme, seien regelmäßig die Abnehmer einer Ware anzusehen. Die von der Klägerin aufgestellte Behauptung, „Altberliner” genieße auch bei Käufern und Lesern von Kinder- und Jugendbüchern für sie Verkehrsgeltung, sei ersichtlich ins Blaue hinein aufgestellt worden. Die Klägerin trage selbst vor, daß sie sich nicht werbend an den Endverbraucher wende, sondern sich darauf verlasse, daß die von ihr mit Werbeunterlagen versorgten Buchhändler die Interessenten auf die von ihr vertriebenen Bücher aufmerksam machten.
II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Verurteilung des Beklagten nach den Klageanträgen.
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht eine Verwechslungsgefahr der Firmenbezeichnung der Klägerin „Altberliner Verlag GmbH” mit der Bezeichnung „Altberliner Bücherstube, Verlagsbuchhandlung und Antiquariat, Inhaber O. S. ” für einen Verlag nach § 5 Abs. 2, § 15 Abs. 2 MarkenG verneint. Diese ist darüber hinaus auch nach der Vorschrift des § 16 Abs. 1 UWG, deren Voraussetzungen im Streitfall nach § 153 Abs. 1 MarkenG für den Erfolg der Klage ebenfalls vorliegen müssen, gegeben, da die frühere Regelung ohne sachliche Änderung Eingang in die jetzt maßgebenden §§ 5, 15 MarkenG gefunden hat (vgl. BGHZ 130, 134, 137 – Altenburger Spielkartenfabrik; 130, 276, 280 – Torres; BGH, Urt. v. 21.11.1996 - I ZR 149/94, GRUR 1997, 468, 469 = WRP 1997, 1093 - NetCom).
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht von dem älteren Zeitrang der Klagekennzeichnung (§ 6 Abs. 3 MarkenG) ausgegangen, da die Bücherstube des Beklagten unstreitig erst im Jahre 1990 erneut gegründet worden ist, während der Betrieb der Klägerin ununterbrochen seit dem Jahr 1945 besteht.
2. Das Berufungsgericht hat sich mit der Schutzfähigkeit der Unternehmensbezeichnung der Klägerin nicht widerspruchsfrei auseinandergesetzt. Einerseits hat es die erforderliche Unterscheidungskraft, ohne sich damit im einzelnen zu beschäftigen, dem Grunde nach bejaht, wenn es ausführt, die Kennzeichnungskraft der Gesamtbezeichnung der Klägerin könne allenfalls als unterdurchschnittlich eingestuft werden. Andererseits ist es – im Zusammenhang mit der Erörterung der Schutzfähigkeit des (isolierten) Bestandteils „Altberliner” – davon ausgegangen, daß diesem die erforderliche Kennzeichnungskraft (Unterscheidungskraft) fehle.
a) Ein kennzeichenrechtlicher Schutz kommt für die Bezeichnung „Altberliner ” unabhängig davon in Betracht, ob die Klägerin diesen Bestandteil ihrer Firma bereits im Kollisionszeitpunkt in Alleinstellung benutzt hat; ebensowenig ist erforderlich, daß sich diese Kurzbezeichnung für die Klägerin zum damaligen Zeitpunkt im Verkehr durchgesetzt hatte. Für einen Teil einer Firmenbezeichnung kann der vom Schutz des vollständigen Firmennamens abgeleitete Schutz als Unternehmenskennzeichen im Sinne des § 5 Abs. 2 MarkenG beansprucht werden, sofern es sich hierbei um einen unterscheidungskräftigen Firmenbestandteil handelt, der seiner Art nach im Vergleich zu den übrigen Firmenbestandteilen geeignet erscheint, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen durchzusetzen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 17.1.1985 - I ZR 172/82, GRUR 1985, 461, 462 = WRP 1985, 338 - Gefa/Gewa; Urt. v. 28.2.1991 - I ZR 110/89, GRUR 1991, 475, 476 = WRP 1991, 477 - Caren Pfleger; Urt. v. 7.3.1991 - I ZR 148/89, GRUR 1991, 556, 557 = WRP 1991, 482 - Leasing Partner; Urt. v. 12.3.1992 - I ZR 110/90, GRUR 1992, 550 = WRP 1992, 478 - ac-pharma; Urt. v. 27.9.1995 - I ZR 199/93, GRUR 1996, 68, 69 - COTTON LINE). Ist dies zu bejahen, kommt es nicht mehr darauf an, ob die fragliche Kurzbezeichnung tatsächlich als Firmenschlagwort in Alleinstellung verwendet worden ist und ob sie sich im Verkehr durchgesetzt hat (vgl. BGH GRUR 1991, 556, 557 - Leasing Partner; GRUR 1997, 468, 469 - NetCom; Urt. v. 26.6.1997 - I ZR 56/95, GRUR 1997, 845 = WRP 1997, 1091 - Immo-Data). Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht zwar zutreffend ausgegangen, die Erwägungen, mit denen es eine Unterscheidungskraft von „Altberliner” verneint hat, werden aber von den zugrundezulegenden Tatsachen nicht getragen.
b) Das Berufungsgericht hat die Ansicht vertreten, daß der Bestandteil „Altberliner” keine Eigenart aufweise, die ihn von anderen unterscheidbar und außerdem zur Unterscheidung von Personen oder Gegenständen geeignet mache. Es hat das damit begründet, daß es sich um eine alltägliche Verbindung des für den Anwendungsfall entsprechend gebeugten geographischen Begriffs „Berliner” mit dem Eigenschaftswort „Alt” handele, das ganz allgemein verwendet werde. Derartige Verbindungen seien vollkommen geläufig. In Berlin und seinem Umland gebe es zahllose Straßen und Ortschaften, die eine derartige Verbindung aufwiesen. Im allgemeinen Sprachgebrauch befinde sich auch das Wort „Neuberliner” für Hinzugezogene. Allein der Umstand, daß sich das Wort „Altberliner” nicht auf einen bestimmten Stadtteil oder ein kleines Dorf beziehe, sondern auf den Namen der Gesamtstadt, vermöge ihm die erforderliche Eigenart nicht zu verschaffen. Das gelte auch in Anbetracht des Umstands, daß der Bereich „Altberlin” verwaltungstechnisch im wesentlichen als „Mitte” beschrieben werde. Der Begriff „Altberlin” sei umgangssprachlich in der Gastronomie eingeführt, insbesondere im Zusammenhang mit „Altberliner” Buffets. Eine irgendwie originelle, eigenartige, von der Alltagssprache abgehobene Namensableitung, wie sie etwa in der Bezeichnung „Bärline” für eine Fluggesellschaft oder „Berlilien” für eine in der Lilienstraße domizilierende Gesellschaft anzutreffen seien, lägen nicht vor. Bei „Altberliner” handele es sich auch nicht um eine eigenartige Zusammensetzung. Ihr fehle das originelle Element. Mit dieser Beurteilung hat das Berufungsgericht die Anforderungen an die Unterscheidungskraft einer Unternehmensbezeichnung überspannt.
c) Das Berufungsgericht hat einen beschreibenden Bedeutungsgehalt von „Altberliner” nicht festgestellt. Die Erwägung, daß es sich um einen geographischen Begriff mit dem Eigenschaftswort „alt” handele, führt nicht weiter, weil eine Beziehung zwischen dem danach anzunehmenden Begriffsinhalt und dem Tätigkeitsfeld der Klägerin nicht festgestellt ist. Das Berufungsgericht hat es zwar für denkbar erachtet, daß Buchinteressenten, die auf den Firmenbestandteil „Altberliner” stießen, annähmen, die Klägerin vertreibe eher stadtgeschichtliche Werke. Das muß jedoch für erfahrungswidrig erachtet werden, weil der Begriff diffus ist und keinen konkreten Bedeutungsgehalt vermittelt, so daß die Annahme des Berufungsgerichts nicht gerechtfertigt ist.
Auch die weiteren vom Berufungsgericht herangezogenen Überlegungen tragen seine Annahme eines beschreibenden Inhalts nicht. Schon die Tatsache, daß es einen klar umgrenzten Bedeutungsgehalt, sei er stadtgeschichtlicher, verwaltungstechnischer oder sonstiger Art, nicht hat benennen können, spricht gegen seine Annahme.
Eine besondere Originalität, etwa durch eigenartige Wortbildung oder eine Heraushebung aus der Umgangssprache, ist nicht Voraussetzung für die Annahme der Unterscheidungskraft. Insoweit reicht vielmehr schon, daß eine beschreibende Verwendung nicht festzustellen ist. Deshalb kann dem Bestandteil „Altberliner” eine hinreichende, wenn auch – da an beschreibende Begriffe angelehnt, nicht besonders eigenartig oder phantasievoll – schwache namensmäßige Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden.
d) Der Annahme der Schutzfähigkeit von „Altberliner” steht – anders als es das Berufungsgericht im Zusammenhang mit der Prüfung der Verkehrsgeltung gesehen hat – kein Freihaltungsbedürfnis entgegen. Insoweit hat es angenommen, es handele sich um einen beinahe umgangssprachlichen Begriff, der einerseits die Altstadt von Berlin geographisch erfasse und andererseits traditionelles Berliner Leben widerspiegele. Beide Umstände legten ein hohes Freihaltungsbedürfnis nahe, weil der Begriff „Altberlin” durchaus geeignet sei, nach Verringerung der Zahl der derzeit bestehenden Verwaltungsbezirke die Altstadt von Berlin (Bezirke Mitte und Tiergarten) verwaltungsrechtlich zu kennzeichnen, so daß zunehmend Interesse daran bestehen werde, diesen Begriff firmenrechtlich zu verwenden.
Schon angesichts der vom Berufungsgericht festgestellten Unklarheit des Begriffs (Altstadt von Berlin oder Berliner Leben) kann dem nicht beigetreten werden. Darüber hinaus hat das Berufungsgericht unberücksichtigt gelassen, daß es im Streitfall allein um die Verwendung des Begriffs „Altberliner” im Geschäftsbereich eines Verlages geht und die Klägerin diese Bezeichnung seit mehr als 50 Jahren benutzt. Des weiteren würde die Berücksichtigung eines zukünftigen Verwendungsbedürfnisses für die Bezeichnung „Altberlin”, wie es das Berufungsgericht zugrunde gelegt hat, über die nur vage eher theoretische Vermutung des Berufungsgerichts hinaus die Feststellung weiterer Tatsachen erfordern, aus denen die nicht völlig fernliegende künftige Entwicklung, also das ernstliche Bedürfnis für die zukünftige verwaltungsrechtliche Verwendung des Begriffs entnommen werden könnte (vgl. BGH, Urt. v. 30.6.1983 - I ZR 96/81, GRUR 1983, 768, 769 - Capri-Sonne). Feststellungen in dieser Richtung enthält das Berufungsurteil jedoch nicht.
Unbehelflich ist die Erwägung des Berufungsgerichts, daß in Zukunft zunehmend ein Bedürfnis bestehen werde, den Begriff firmenrechtlich zu verwenden; denn das Freihaltungsbedürfnis soll nicht den individuellen, firmenrechtlich geschützten Gebrauch ermöglichen, sondern die freizuhaltende Bezeichnung der Allgemeinheit zur freien (beschreibenden) Verwendung offenhalten.
3. Das Berufungsgericht hat eine Verwechslungsgefahr verneint, weil angesichts der nur geringen Unterscheidungskraft der Unternehmensbezeichnung der Klägerin die Aufnahme des Namens des Beklagten aus dem (nur geringen) Schutzumfang herausführe. Das ist nicht frei von Rechtsfehlern.
Das Berufungsgericht hat unberücksichtigt gelassen, daß zwischen dem Bekanntheitsgrad der Klagekennzeichnung, dem Ähnlichkeitsgrad der einander gegenüberstehenden Bezeichnungen und dem wirtschaftlichen Abstand der Tätigkeitsgebiete der Parteien eine Wechselwirkung besteht, die eine Berücksichtigung aller insoweit maßgebenden Umstände erfordert (st. Rspr.; BGH, Urt. v. 7.6.1990 - I ZR 298/88, GRUR 1990, 1042, 1044 = WRP 1991, 83 - Datacolor; GRUR 1997, 468, 470 - NetCom).
Zum Bekanntheitsgrad der Klagekennzeichnung hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen, so daß zu Gunsten des Beklagten von deren lediglich schwacher Kennzeichnungskraft ausgegangen werden muß. Die wirtschaftlichen Tätigkeitsbereiche der Parteien sind allerdings, da die Klägerin lediglich die Verwendung der angegriffenen Bezeichnung im geschäftlichen Verkehr als Verlag angreift, als identisch zu erachten. Bei diesen Gegebenheiten durfte das Berufungsgericht eine Verwechslungsgefahr nicht verneinen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob eine Verwechslungsgefahr im engeren Sinne gegeben ist; jedenfalls läßt sich eine solche im weiteren Sinne nicht verneinen. Denn für den Verkehr wird durch die beiden gegenüberstehenden Firmenbezeichnungen die Vorstellung nahegelegt, zwischen beiden Unternehmen bestünden organisatorische oder wirtschaftliche Zusammenhänge.
In der angegriffenen Bezeichnung sind nämlich allein die Bestandteile „Altberliner” und „O. S. ” kennzeichnend, weil es sich bei den weiteren Bestandteilen um unmittelbar beschreibende Angaben handelt, so daß – anders als es das Berufungsgericht gesehen hat – auch diese Bestandteile in erster Linie der Beurteilung zugrunde zu legen sind. Die Angabe des Namens „O. S. ” führt dabei nicht aus dem Schutzbereich der Klagekennzeichnung hinaus, weil der Verkehr angesichts der identischen Übernahme des anderen Bestandteils und bei einem identischen Tätigkeitsfeld auf wirtschaftliche oder organisatorische Verbindungen der Parteien hingewiesen wird, die im übrigen früher tatsächlich bestanden haben, weil in der Zeit von 1945 bis 1970 beide Unternehmen sich wirtschaftlich in einer Hand befanden und jedenfalls bis zum Jahr 1996 in einem Haus betrieben wurden. Jedenfalls die Verkehrskreise, denen die frühere Verbindung bekannt war, werden einer Verwechslung im weiteren Sinn unterliegen.
4. Die Ansprüche auf Feststellung der Schadensersatzpflicht und auf Auskunftserteilung sind bei dieser Sachlage aus § 16 Abs. 2 UWG, § 15 Abs. 5, § 19 Abs. 5 MarkenG i.V. mit § 242 BGB gerechtfertigt. Das Berufungsgericht und auch das Landgericht haben zwar – von ihrem Standpunkt aus folgerichtig – zu dem erforderlichen Verschulden des Beklagten keine Feststellungen getroffen. Auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts, der Beklagte kannte die Klägerin unter ihrer Firma als ehemalige Vermieterin und als in dem auch von ihm genutzten Gebäude ansässig, kann das Revisionsgericht die Frage nach dem Verschulden des Beklagten selbst beantworten. Dieses ergibt sich schon daraus, daß der Beklagte bei der Erweiterung seiner Tätigkeit auf das Verlagsgeschäft seine Firmierung auch für diesen Geschäftsbereich ohne weiteres beibehalten hat. Bei unklarer Rechtslage trifft grundsätzlich den Verletzer das Fahrlässigkeitsrisiko (st. Rspr.; vgl. u.a. BGH, Urt. v. 12.7.1995 - I ZR 140/93, GRUR 1995, 825, 829 - Torres, insoweit in BGHZ 130, 276 nicht abgedruckt).
III. Danach war unter Aufhebung des Berufungsurteils der Beklagte antragsgemäß zu verurteilen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 344 ZPO.
Unterschriften
Erdmann, Mees, Starck, Bornkamm, Pokrant
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 28.01.1999 durch Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 538533 |
BB 1999, 816 |
BGHR |
NJW-RR 1999, 1202 |
EWiR 1999, 567 |
GRUR 1999, 492 |
Nachschlagewerk BGH |
WRP 1999, 523 |