Rn 54

Der Wortlaut des Abs. 2 bezieht sich auf Verbindlichkeiten, die vom vorläufigen Insolvenzverwalter begründet wurden. Der Wortlaut ist zwar nicht identisch mit dem Wortlaut des Abs. 1 ("durch Handlungen des Insolvenzverwalters … begründet werden"), in teleologischer Hinsicht sind jedoch die gleichen Kriterien anzuwenden. Hier wie dort dient die Kompetenz zur Begründung von Masseverbindlichkeiten dazu, Verwaltung und Verfügung des starken vorläufigen Insolvenzverwalters (§ 22 Abs. 1 Satz 1) und des Insolvenzverwalters (§ 80 Abs. 1) über die (spätere) Insolvenzmasse überhaupt erst zu ermöglichen.[116] Daher können auch hier rechtsgeschäftliche wie nicht rechtsgeschäftliche Handlungen und "echtes", also pflichtwidriges, Unterlassen des starken vorläufigen Insolvenzverwalters Masseverbindlichkeiten begründen.[117] Schäden im Rahmen der Verwendung von Leasinggegenständen können Masseverbindlichkeiten sein, wenn die schadensursächlichen Handlungen vom vorläufigen Insolvenzverwalter zu vertreten sind.[118]

 

Rn 55

Auch wenn der vorläufige Verwalter seine Entscheidung unter erheblichem Zeitdruck und einer regelmäßig unklaren Tatsachengrundlage treffen muss, begründet er gleichwohl eine Masseverbindlichkeit. Allerdings entlasten solche Umstände den Verwalter regelmäßig nach § 61 Satz 2 von einer Haftung.[119]

 

Rn 56

Abs. 1 hebt Verbindlichkeiten in den Rang von Masseverbindlichkeiten, die auf einer Handlung des Insolvenzverwalters beruhen oder allein als gesetzliche Rechtsfolge durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden. Abs. 2 dagegen spricht nur von Verbindlichkeiten, die vom vorläufigen Insolvenzverwalter begründet wurden und bezieht sich nach dem Wortlaut nicht auch auf Verbindlichkeiten, die kraft Gesetzes als unmittelbare Folge aus der Zugehörigkeit eines Gegenstandes zur Insolvenzmasse oder der Verwaltung als solcher resultieren. Nach der Gesetzesbegründung sollten jedoch ausdrücklich auch gesetzliche Verbindlichkeiten und insbesondere Verbindlichkeiten aus Umsatzsteuer erfasst werden.[120] Die oben dargestellten[121] Grundsätze zu Masseverbindlichkeiten aufgrund der Verwaltung[122] der (späteren) Insolvenzmasse sind also auch im Rahmen der starken vorläufigen Insolvenzverwaltung anwendbar.

[116] Siehe oben, Rn. 5, 52.
[117] Im Einzelnen siehe oben, Rn. 17 ff.
[119] BGH ZInsO 2014, 710; NJW 2004, 3334, 3335; Undritz, NZI 2003, 136, 137.
[120] Begr. zu § 64 RegE, BT-Drs. 12/2443, S. 126.
[121] Siehe oben, Rn. 21 ff.
[122] Verwertung und Verteilung ist nicht Aufgabe des vorläufigen Insolvenzverwalters.

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