Rn 37
Zur Bestimmung des angemessenen Bruchteils der fiktiven Verwaltervergütung sind nach § 11 Abs. 3 Art, Dauer und Umfang der Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters heranzuziehen. Bei dieser Prüfung sind nur Umstände zu berücksichtigen, die sich ausschließlich im Eröffnungsverfahren ausgewirkt haben. Es ist also nur die konkrete Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters nach den vorgenannten Kriterien zu würdigen, nicht aber die hypothetische Tätigkeit des späteren Insolvenzverwalters. Nur insoweit sind die Zuschlags- bzw. Abschlagsregeln des § 3 auch für die Bruchteilsberechnung entsprechend anwendbar.
Rn 38
Nach dem ausdrücklichen Wortlaut geht § 63 Abs. 3 Satz 2 InsO (zuvor § 11 Abs. 1 Satz 2) auch für die Vergütung des vorläufigen Verwalters von einem sog. Regelfall aus, leider ohne jedoch auch nur ansatzweise erkennen zu lassen, von welchen Kriterien ein solcher Regelfall geprägt ist. Es kann also insoweit nur auf die bereits zu § 2 zu dem dortigen Regelfall entwickelten Kriterien zurückgegriffen werden. Demnach kann für das Eröffnungsverfahren der vergütungsrechtliche Normalfall wie folgt skizziert werden:
- Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung mit Zustimmungsvorbehalt nach § 21 Abs. 2 Nr. 2, 2. Variante InsO,
- bis zu 20 Arbeitnehmer,
- eine Betriebsstätte,
- bloße Sicherung und Verwaltung des Schuldnervermögens mit Inbesitznahme der Vermögensgegenstände,
- Sicherung des Bestands von Forderungen gegen bis zu 100 Debitoren,
- Ermittlung der Vermögensverhältnisse des Insolvenzschuldners ohne besondere Schwierigkeiten (geordnete Geschäftsunterlagen und kooperativer Schuldner), meist ohnehin durch meist personenidentischen insolvenzrechtlichen Sachverständigen,
- Ermittlung der Kostendeckung nach den §§ 26, 54 InsO, nicht aber Prüfung von Fortführungschancen und des Vorliegens eines Insolvenzgrundes (Aufgabe des Sachverständigen, s. o.),
- Verfahrensbeteiligung von bis zu 100 Gläubigern,
- Verfahrensdauer von 4 bis 6 Wochen.
Mit diesen Kriterien kann der Rahmen für das sog. normale Eröffnungsverfahren abgesteckt werden.
Rn 39
Für eine solche Durchschnittstätigkeit erhält der vorläufige Insolvenzverwalter 25 % der zuvor berechneten fiktiven Verwaltervergütung. Für alle ab 1.1.2004 eröffnete Verfahren wurde dies mit der Neufassung des damaligen § 11 Abs. 1 Satz 2 auch ausdrücklich klargestellt. Dabei wird man ebenso wie bei der Vergütung des Verwalters im eröffneten Insolvenzverfahren nicht jede Unter- bzw. Überschreitung eines der vorgenannten Kriterien als zwingenden Grund für eine Abweichung von dieser Regelvergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters anzusehen haben. Vielmehr gibt es auch hier eine gewisse Toleranzbreite. Entscheidend ist im Einzelfall immer darauf abzustellen, ob die Abweichung vom Normalkriterium mit einer spürbaren und nachvollziehbaren Mehr- oder Minderbelastung des vorläufigen Insolvenzverwalters im konkreten Eröffnungsverfahren einherging. Vorzunehmen ist also eine Gesamtwürdigung der Tätigkeit im Eröffnungsverfahren, wofür die vorgenannten Kriterien Anhaltspunkte bieten, sich gleichzeitig aber auch teilweise überlagern können, so dass sich jegliche schematische Anwendung verbietet.
Rn 40
Abweichungen von diesem Normalfall der vorläufigen Insolvenzverwaltung können entsprechend § 3 entweder zu einem Anspruch auf einen Vergütungszuschlag zur Regelvergütung führen oder- bei nachhaltiger Entlastung gegenüber dem Normalverfahren – ausnahmsweise einen Vergütungsabschlag rechtfertigen. Allerdings ist auch die Höhe eines solchen Abschlages so zu bemessen, dass die Tätigkeit des vorläufigen Verwalters angemessen vergütet bleibt. Entscheidend ist letztendlich der – darzulegende und ggf. nachzuweisende – mit der Tätigkeit verbundene tatsächliche Arbeitsaufwand des vorläufigen Insolvenzverwalters im konkreten Einzelfall. Eine Vergleichs- oder Angemessenheitsberechnung anhand etwaiger Stundenvergütungen für den Verwalter oder seine Mitarbeiter hat zu unterbleiben, da eine solche Vorgehensweise mit dem wert- und tätigkeitsbezogenen Vergütungssystem der InsVV nicht zu vereinbaren ist.
Rn 41
Die Verordnungsregelung differenziert hierbei zunächst nach der Art der Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters. Hier kommt über den Normalfall hinaus die ausnahmsweise Bestellung zum sog. starken Insolvenzverwalter in Betracht, d.h. die Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO bei gleichzeitiger Verhängung eines allgemeinen Verfügungsverbots nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO. In diesem Fall gehört zwar die aktive Verwaltung des Schuldnervermögens sowie die Fortführung eines eventuell vom Schuldner betriebenen Unternehmens zu den Regelaufgaben des vorläufigen Insolvenzverwalters nach § 22 Abs. 1 InsO, gleichwohl stellt dies entgegen den ursprünglichen gesetzgeberischen Intentionen in der Praxis aber gerade nicht den vergütungsrechtlichen Regelfall dar. Die bloße Beschreibung dieses gesetzgeberischen Leitbilds kann daher nicht zur Definition ...