Leitsatz
Das BMF wird zum Beitritt in dem Revisionsverfahren aufgefordert, in dem die Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. ? 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in der für das Kalenderjahr 1999 geltenden Fassung streitig ist.
Normenkette
? 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG
Sachverhalt
Der Fall Der Kläger erklärte im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung für das Kalenderjahr 1999 (Streitjahr) u.a. sonstige Einkünfte aus der Veräußerung von Wertpapieren i.S.d. ? 22 Nr. 2 i.V.m. ? 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Den erklärten Gewinn berücksichtigte das FA erklärungsgemäß im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr.
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage, mit der der Kläger u.a. die Verfassungswidrigkeit des ? 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG geltend machte, hatte keinen Erfolg. Mit der Revision rügt der Kläger u.a. die Verletzung von Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes.
Entscheidung
Der BFH hat beschlossen, das BMF zum Beitritt aufzufordern. Es sei sachdienlich, wenn das BMF zu folgenden Fragen Stellung nähme:
1. Macht die Finanzverwaltung vom Kontenabruf gem. ? 93 Abs. 7 i.V.m. ? 93b AO auch für den Veranlagungszeitraum 1999 Gebrauch, und wenn ja, in welchem Umfang?
2. Welche Auswirkungen hat die ab dem Jahr 1999 geltende erweiterte Möglichkeit des Ausgleichs von Gewinnen aus Veräußerungsgeschäften nach ? 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG durch entsprechende Verluste auf die Ermittlungstätigkeit der Finanzbehörden?
Hinweis
Gegenstand des anhängigen Revisionsverfahrens ist, ob im Streitjahr 1999 ein strukturelles Erhebungsdefizit bei der Erfassung von Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. ? 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG vorlag und – gegebenenfalls – ob eine hierdurch bewirkte Besteuerungsungleichheit zulasten der Steuerehrlichen nach den Maßstäben des BVerfG-Urteils vom 9.3.2004, 2 BvL 17/02 (BStBl II 2005, 56) zur Verfassungswidrigkeit der materiellen Norm führt.
Die Annahme einer solchen Verfassungswidrigkeit kann in Abgrenzung zu den tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen in den Vorjahren unter Umständen umso weniger in Betracht kommen, als durch gesetzliche Neuregelungen und ihre tatsächliche Anwendung erhebliche Änderungen in der Durchsetzbarkeit des staatlichen Besteuerungsanspruchs eingetreten sind.
Insoweit kann der Beitritt des BMF, zu dem der IX. Senat gem. ? 122 Abs. 2 Satz 3 FGO aufgefordert hat, zu weiteren Erkenntnissen beitragen, die von Bedeutung für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung nach ? 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG im Jahr 1999 sein können.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 9.6.2005, IX R 49/04