Verfahrensgang
SG Dortmund (Entscheidung vom 20.08.2018; Aktenzeichen S 21 U 1237/16) |
LSG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 05.04.2019; Aktenzeichen L 17 U 532/18) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 5. April 2019 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Gründe
Mit vorbezeichnetem Beschluss hat das LSG Nordrhein-Westfalen die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Dortmund vom 20.8.2018 zurückgewiesen. Nach Zustellung am 10.4.2019 hat der Kläger mit Faxschreiben vom 9.5.2019 Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beantragt sowie die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt.
1. Das Verfahrenskostenhilfegesuch ist indes abzulehnen, weil eine Nichtzulassungsbeschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 Abs 1 S 1, § 121 Abs 1 ZPO). Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), der angefochtene Beschluss von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist weder aufgezeigt worden noch nach Durchsicht der Akten aufgrund der im PKH-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung des Streitstoffs zu erblicken. Dagegen ist eine allgemeine Überprüfung der vorinstanzlichen Entscheidung in dem Sinne, ob das LSG unter Würdigung der Angaben des Klägers richtig entschieden hat, im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde nicht statthaft. Es ist nicht erkennbar, dass ein nach § 73 Abs 4 SGG zugelassener Prozessbevollmächtigter in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers erfolgreich zu begründen.
a) Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat. Die Frage muss außerdem klärungsbedürftig sein. Das ist grundsätzlich nicht der Fall, wenn die Antwort darauf von vornherein praktisch außer Zweifel steht oder die Frage bereits höchstrichterlich entschieden ist (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70). Rechtsfragen, die in diesem Sinne grundsätzliche Bedeutung haben könnten, sind nicht erkennbar.
b) Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) könnte ebenfalls nicht mit Erfolg geltend gemacht werden. Divergenz (Abweichung) bedeutet Widerspruch im Rechtssatz oder - anders ausgedrückt - das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die den miteinander zu vergleichenden Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 mwN). Soweit der Kläger dem "Leitsatz" des Senatsurteils vom 12.4.2005 (B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr 15) einen erkennbar selbst formulierten und dem LSG zugeschriebenen Satz gegenüberstellt, handelt es sich dabei um keinen Rechtssatz, den das Berufungsgericht im angefochtenen Beschluss aufgestellt hat und der dort an einer bestimmten Stelle auffindbar wäre. Dasselbe gilt, soweit dem LSG die Formulierung zugerechnet wird, "dass ein auch ein außergewöhnliches betriebliches Ereignis - wenn es als wahr unterstellt wird - nur als Gelegenheitsursache angesehen wird". Es ist daher weder eine Divergenz zum Senatsurteil vom 5.9.2006 (B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 15) noch zum Urteil des 8. Senats vom 19.9.1974 (8 RU 236/73 - BSGE 38, 127 = SozR 2200 § 548 Nr 4 - alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit) ersichtlich.
c) Schließlich lässt sich auch kein Verfahrensmangel feststellen, der gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte. Soweit der Kläger die Gehörsrüge (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) erhebt, weil er bereits vor dem SG erfolglos beantragt habe, den Sachverständigen Dr. W. zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens zu laden, und das LSG diesen erstinstanzlichen Verfahrensmangel nicht behoben, sondern die Berufung ohne mündliche Verhandlung verfahrensfehlerhaft durch Beschluss zurückgewiesen habe, ist damit weder eine Verletzung des Fragerechts (§§ 116 S 2, 118 Abs 1 SGG iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 ZPO; § 62 SGG) noch ein Verstoß gegen die Regelungen über das vereinfachte Beschlussverfahren (§ 153 Abs 4 S 1 SGG) erkennbar. Denn der Kläger hat weder dem SG noch dem LSG die aus seiner Sicht erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret bezeichnet (vgl dazu BSG SozR 3-1750 § 411 Nr 1 S 4; BVerwG Beschluss vom 19.3.1996 - 11 B 9/96 - NJW 1996, 2318), und es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 153 Abs 4 S 1 SGG gefehlt haben oder die Ermessensentscheidung ("kann") des LSG, im vereinfachten Beschlussverfahren vorzugehen, auf einer groben Fehleinschätzung beruhen könnte. Wenn der Kläger schließlich die Besetzungsrüge erhebt, weil an dem Beschluss vom 5.4.2019 auch die abgelehnte Richterin am LSG Dr. B. mitgewirkt habe, lässt sich daraus kein Verfahrensmangel ableiten. Denn das LSG hatte das Ablehnungsgesuch mit Beschluss vom 8.1.2019 als unbegründet zurückgewiesen. An diese unanfechtbare Vorentscheidung ist der Senat grundsätzlich gebunden (§ 557 Abs 2 ZPO iVm § 202 S 1 SGG). Dass diese Bindungswirkung ausnahmsweise entfallen sein könnte, weil die Behandlung des Ablehnungsantrags auf willkürlichen bzw manipulativen Erwägungen beruht (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 1 mwN) oder Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art 101 Abs 1 S 2 GG grundlegend verkannt worden sein könnten (vgl BSG SozR 4-1100 Art 101 Nr 3 sowie Beschlüsse vom 24.6.2013 - B 10 LW 7/13 B - Juris RdNr 10 und vom 27.10.2009 - B 1 KR 51/09 B - Juris RdNr 6 sowie BFH Beschlüsse vom 15.12.2009 - VIII B 211/08 - BFH/NV 2010, 663 und vom 14.12.2011 - VIII B 26/10 - BFH/NV 2012, 591), ist nicht erkennbar.
2. Da dem Kläger somit keine PKH zu bewilligen ist, hat er nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO auch keinen Anspruch auf Beiordnung eines Rechtsanwalts.
Fundstellen
Dokument-Index HI13372222 |