Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24. November 1988 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig; denn die Begründung entspricht nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form.
Der Kläger, der wegen der Folgen eines Arbeitsunfalles aus dem Jahre 1951 erwerbsunfähig ist, begehrt von der Beklagten, ihm die Rentenbeträge aus der Rentenversicherung für die Zeit vom 1. Juli 1952 bis zum 30. September 1984 im nicht verjährten Umfange auszuzahlen. Die Beklagte hat während dieser Zeit die Rentenzahlungen auf ein Konto der Mutter des Klägers überwiesen. Diese ist vom Berichterstatter des Landessozialgerichts (LSG) am 20. Mai 1988 infolge ihrer Erkrankung in ihrer Wohnung vernommen worden. In der Zwischenzeit ist die Mutter des Klägers verstorben.
Zur Begründung seiner Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger geltend, die Vernehmung der Zeugin M.… G.…, seiner Mutter, sei fehlerhaft durchgeführt worden. Das Berufungsgericht habe sich nicht an die Grundregel gehalten, daß Gegenstand der Beweiserhebung bei der Zeugenvernehmung Aussagen über Wahrnehmungen zu Tatsachen seien. Es habe bei der Beweisaufnahme am 20. Mai 1988 nahezu ausschließlich reine Urteile von der Zeugin erfragt und zu Protokoll genommen.
Der vom Kläger angeführte Mangel des Berufungsverfahrens ist nicht formgerecht gerügt worden. Der Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) setzt einen Verfahrensverstoß voraus, auf dem das angefochtene Urteil beruhen kann. Der Verfahrensmangel muß vom Beschwerdeführer bezeichnet werden (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Dazu ist es erforderlich, die Tatsachen substantiiert darzulegen, die den Verfahrensmangel nach Ansicht des Beschwerdeführers begründen und aufzuzeigen, warum die angefochtene Entscheidung gerade auf diesem Mangel beruhen kann (vgl Bundessozialgericht -BSG- in SozR 1500 § 160a Nr 60).
Unterstellt man, das LSG habe bei der Beweisaufnahme vom 20. Mai 1988 gegen die Vorschriften des § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm den §§ 365 bis 377, 392 bis 444 der Zivilprozeßordnung (ZPO) verstoßen, so hätte in der Beschwerdebegründung dargelegt werden müssen, daß der Verfahrensmangel fehlerhafter Durchführung der Beweisaufnahme nicht geheilt ist und im Revisionsverfahren noch geltend gemacht werden kann. Nach § 558 ZPO kann die Verletzung einer das Verfahren in der Berufungsinstanz betreffenden Vorschrift in der Revisionsinstanz nicht mehr gerügt werden, sofern das Rügerecht bereits in der Berufungsinstanz nach § 295 ZPO verlorengegangen ist. Das ist ua dann geschehen, wenn in der auf den Mangel folgenden nächsten mündlichen Verhandlung, in der der Kläger vertreten war, der Mangel nicht gerügt worden ist, obgleich er bekannt war oder bekannt sein mußte (§ 295 Abs 1 ZPO). Wie der Senat bereits mit Beschluß vom 30. Dezember 1987 (aaO Nr 61) entschieden hat, sind die genannten Vorschriften der ZPO über § 202 SGG in sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend anzuwenden. Der Kläger, der in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG anwaltlich vertreten war, hätte folglich in der Beschwerdebegründung aufzeigen müssen, wann und wo er den von ihm gerügten Mangel des Berufungsverfahrens, der zumindest seinem Prozeßbevollmächtigten bekannt sein mußte, in der Vorinstanz geltend gemacht hat oder weshalb Vorschriften iS des § 295 Abs 2 ZPO verletzt worden seien, auf deren Befolgung wirksam nicht verzichtet werden kann. Bei den Vorschriften der ZPO über das Beweisverfahren (§§ 355 bis 494 ZPO) kann man grundsätzlich davon ausgehen, daß eine Heilung nach § 295 ZPO möglich ist (vgl Stein-Jonas-Pohle, ZPO, 20. Aufl, § 295 RdNr 18). Die vom Kläger in der Beschwerdebegründung vorgebrachten Verstöße gebieten aus allgemeinen prozessualen Erwägungen heraus keine Einschränkung dieser Heilbarkeit.
Ein Verstoß gegen die §§ 365 bis 377, 392 bis 444 ZPO ist daher schon aus diesen Gründen nicht formgerecht gerügt worden. Darüber hinaus macht der Kläger im Ergebnis eine Verletzung der §§ 103 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG geltend. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG kann aber die Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG gestützt werden und auf einen Verstoß gegen § 103 SGG nur, wenn sich der Verfahrensmangel auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Einen Beweisantrag hat der Kläger in der Beschwerdebegründung nicht bezeichnet. Das BSG hat mit Beschluß vom 25. Juni 1980 (aaO § 160 Nr 41) entschieden, mit der Rüge, das LSG habe den vernommenen Zeugen beeidigen müssen, werde eine Verletzung der §§ 103 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG gerügt; die Rüge führe daher nicht zur Zulassung der Revision nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG. Was für die unterbliebene Beeidigung (§ 118 Abs 2 SGG iVm §§ 392ff ZPO) gilt, hat in gleicher Weise für andere Rügen von Verfahrensmängeln bei der Durchführung einer Zeugenvernehmung zu gelten.
Darüber hinaus macht der Kläger geltend, das LSG habe seine, sich aus § 106 SGG ergebende Aufklärungspflicht verletzt. Es hätte erkennen müssen, daß die Aussage der Zeugin M.… G.… vom 20. Mai 1988 im eigentlichen entscheidungserheblichen Tatsachenbereich eine “Nichtaussage” gewesen sei. Folglich hätte die Zeugin erneut vernommen werden müssen. Außerdem habe das Berufungsgericht nicht geprüft, ob die Zeugin überhaupt zeugnisfähig gewesen sei. Zu einer solchen Prüfung sei das Gericht von Amts wegen verpflichtet gewesen. Auch aufgrund dieses Vorbringens kann die Revision nicht zugelassen werden. Ist ein Beweisantrag nicht gestellt worden, so kann nach der Entscheidung des erkennenden Senats vom 26. November 1975 (SozR 1500 § 160 Nr 13) nicht über den Umweg der §§ 106 Abs 1 und 112 Abs 2 SGG eine Zulassung der Revision erreicht werden. Ob die Zeugin M.… G.… erneut hätte vernommen werden müssen, richtete sich nach § 103 SGG und der darin geregelten Amtsermittlungspflicht des Gerichts. Ob die Mutter des Klägers Zeugin sein konnte bzw ob und wie ihre Aussage verwertet werden konnte, war im Rahmen der §§ 103 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG zu beurteilen. Für einen Verfahrensverstoß in diesem Zusammenhang gelten die Ausführungen oben zur Heilung von Verfahrensmängeln.
Da die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers somit nicht formgerecht begründet worden ist, mußte sie als unzulässig verworfen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen