Verfahrensgang
LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 20.09.2017; Aktenzeichen L 14 AS 1959/16) |
SG Berlin (Entscheidung vom 08.07.2016; Aktenzeichen S 148 AS 2625/16) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für die Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. September 2017 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt I. S., B., beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH für eine Nichtzulassungsbeschwerde ist abzulehnen, weil ungeachtet der Frage der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO). Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, die von dem Kläger angestrebte Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen. Die Revision kann nur aus den in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG genannten Gründen - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Abweichung (Divergenz), Verfahrensmangel - zugelassen werden. Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat, ist nicht zulässig.
Der Kläger selbst begründet seinen Antrag mit einer menschenunwürdigen Verletzung elementarer Grundrechte durch die "eigenmächtige, willkürliche und gesetzwidrige Anpassung/Fortschreibung der Regelsätze," insbesondere für die Regelbedarfsstufe 1 für Alleinstehende. Im Übrigen rügt er Verfahrensmängel wegen mehrmaligem Unterbrechens seines Klagevortrags und damit die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör.
Der Kläger hat im Hinblick auf den ersten Teil seiner Begründung folgende Fragen formuliert, denen er grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) beimisst:
"1. Verstößt die von der Bundesregierung durchgeführte Anpassung der Regelsätze ab dem 01.01.2016 durch eine offensichtlich durchgeführte willkürliche Fortschreibung der Regelbedarfsstufen (hier Regelbedarfsstufe I für Alleinstehende) gemäß § 28a SGB XII (Vorschrift neugefasst durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011, BGBl. I S. 453, in Kraft getreten am 01.01.2011) mit fehlender Transparenz gegen § 28 SGB XII a.F. (alte Fassung in der vor dem 01.01.2017 geltenden Fassung) und n.F. (neue Fassung in der am 01.01.2017 geltenden Fassung durch Artikel 3 G. v. 22.12.2016 BGBl. I S. 3159) zur Neu-Ermittlung der Regelbedarfe aufgrund des Vorliegens der damals aktuellen Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS 2013)?
2. Ist die von der Bundesregierung durchgeführte Anpassung der Regelsätze ab dem 01.01.2016 durch eine offensichtlich durchgeführte willkürliche Fortschreibung der Regelbedarfsstufen (hier Regelbedarfsstufe I für Alleinstehende) gemäß § 28a SGB XII (Vorschrift neugefasst durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011, BGBl. I S.453, in Kraft getreten am 01.01.2011) aufgrund des Vorliegens der damals aktuellen Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS 2013) insoweit mit Art. 1 Abs. 1 u. 3 (Würde des Menschen, Grundrechtsbindung staatlicher Gewalt; jedes Gericht hat die Grundrechte zu beachten) i.V.m. Art. 2 Abs. 1 u. 2 (Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, Recht auf Leben) i.V.m. Art. 3 Abs. 1 u. 3 (Willkürverbot und Anspruch auf Rechtsschutzgleichheit) i.V.m. Art. 11 Abs. 1 u. 2 (Freizügigkeit) i.V.m. Art. 20 Abs. 1 u.3 (Sozialstaatsgebot und Rechtsstaatsprinzip) und dem sich daraus ergebenden Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums vereinbar, als dass aufgrund der realen Preise am freien Markt die elementaren Bedarfe zur Deckung des grundgesetzlich garantierten soziokulturellen Existenzminimums in keiner Weise ausreichend abgedeckt sind, dass das Grundrecht auf Sicherstellung der elementaren, existentiell notwendigen Grundbedürfnisse erheblich eingeschränkt und verletzt wird und die damals gegenwärtige Bedarfsunterdeckung für die Grundbedarfe einhergehend mit akuter, mittel- und langfristiger Beeinträchtigung der Gesundheit bis hin zur Lebensgefährdung der hilfsbedürftigen Leistungsempfänger als Grundrechtsträger gegen das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit verstößt?
3. Ist die von der Bundesregierung auf Basis eines bisher intransparent durchgeführten und selbst von Sozialwissenschaftlern nicht nachvollziehbaren Berechnungsverfahrens inkl. anhand von willkürlich vorgenommenen Sonderauswertungen ermittelte Höhe der Bedarfe im Hartz-IV-Regelsatz für Alleinstehende als Ausgangswert für die Anpassung des Regelsatzes ab dem 01.01.2016 unter Ignorierung der Neu-Ermittlungspflicht der Regelbedarfe gemäß § 28 SGB XII (a.F. u. n.F.) insoweit mit Art. 1 Abs. 1 u. 3 (Würde des Menschen, Grundrechtsbindung staatlicher Gewalt; jedes Gericht hat die Grundrechte zu beachten) i.V.m. Art. 2 Abs. 1 u. 2 (Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, Recht auf Leben) i.V.m. Art. 3 Abs. 1 u. 3 (Willkürverbot und Anspruch auf Rechtsschutzgleichheit) i.V.m. Art. 11 Abs. 1 u. 2 (Freizügigkeit) i.V.m. Art. 20 Abs. 1 u. 3 (Sozialstaatsgebot und Rechtsstaatsprinzip) und dem sich daraus ergebenden Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums vereinbar, als dass die Bundesregierung es mutwillig und eigenmächtig versäumt bzw. unterlassen hat, durch Ignorieren und Missachten entgegen den Vorgaben des BVerfG in seinem Urteil v. 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 - Rn. (1-220) und Beschluss v. 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 - Rn. (1-149) zum 01.01.2016 durch Abgleich mit den realen Preisen am freien Markt die grundgesetzlich garantierte Erfüllung der damals gegenwärtigen alltäglichen, existentiell notwendigen Grundbedarfe für den Lebensunterhalt und im Rahmen zur Gewährung der physischen und soziokulturellen Seite des Existenzminimums die Voraussetzungen für notwendige und menschenwürdige Teilhabe am gesellschaftlichen Leben 'zeitnah' und 'zu jeder Zeit' menschenwürdig, insbes. i.S.v. Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 u. 2, Art. 3 Abs. 1 u. 3 u. Art. 20 Abs. 1 GG, sicherzustellen?"
Aus den von dem Kläger formulierten Fragen kann eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für die vorliegende Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, die hier klärungsbedürftig und klärungsfähig wäre, nicht abgeleitet werden, weil die Fragen mit eigenen Annahmen des Klägers versetzt sind. Es ist nicht erkennbar, dass ein Prozessbevollmächtigter im Rahmen des vorliegenden Verfahrens aus dem zum Ausdruck gebrachten Begehren des Klägers eine Rechtsfrage formulieren könnte, die zur Zulassung der Revision führen könnte. Von Amts wegen ist eine solche Rechtsfrage ebenfalls nicht ersichtlich.
Das LSG hat auch keine Rechtssätze aufgestellt, die von der Rechtsprechung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweichen und auf dieser Abweichung beruhen, sodass auch eine Zulassung wegen Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG nicht in Betracht kommt.
Schließlich ist kein Verfahrensmangel erkennbar, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) und der in verfahrensmäßig zulässiger Weise geltend gemacht werden könnte. Soweit eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) gerügt wird, lässt sich den Ausführungen des Klägers nur entnehmen, dass das LSG seinem Vorbringen nicht gefolgt ist. Soweit der Kläger konkret einen Verfahrensmangel beanstandet, weil sein Klagevortrag mehrfach unterbrochen worden sei, so ergibt sich aus seiner Begründung, dass dies deswegen geschehen ist, weil die Richterin das aufgenommene Diktat des Klägervortrags zurückspulte und anschließend nochmals abspielte. Daraus lässt sich jedoch kein Verfahrensmangel ableiten; vielmehr zeigen die weiteren Ausführungen des Klägers, das Ergebnis der Protokollführung in der Sitzungsniederschrift sei unvollständig und verfälscht, dass die stückweise Aufnahme des Klägervortrags in der Prozesssituation notwendig war, um das Vorgetragene in angemessener Weise und mit Kenntnis des Klägers zu Protokoll zu bringen und so seine Verfahrensrechte zu wahren.
Da der Kläger keinen Anspruch auf PKH hat, ist auch sein Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a SGG iVm § 121 ZPO).
Die von dem Kläger persönlich eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht von einem beim BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegt worden ist (§ 73 Abs 4, § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 SGG), worauf der Kläger in der Rechtsmittelbelehrung der Entscheidung des LSG hingewiesen worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11536739 |