Entscheidungsstichwort (Thema)
Künstlersozialversicherung. Abgabepflicht. Hochschule. Architekt. Innenarchitekt. Design. künstlerische Tätigkeit. Ausbildungseinrichtung. Streitgegenstand. Beschränkung
Leitsatz (amtlich)
- Eine Hochschule, die das Studium der Architektur und der Innenarchitektur anbietet, ist keine Ausbildungseinrichtung für künstlerische Tätigkeiten iS der Künstlersozialversicherung, selbst wenn für einzelne Unterrichtsfächer selbständige künstlerische Lehrkräfte herangezogen werden und die Ausbildung auch Grundlage für die spätere Ausübung von Designertätigkeiten sein kann.
- Die Sozialgerichte dürfen die Prüfung der Abgabepflicht eines Unternehmens zur Künstlersozialversicherung auch nicht mit Einverständnis der Beteiligten auf bestimmte gesetzliche Abgabetatbestände beschränken, wenn noch andere Tatbestände in Betracht kommen, die zur Abgabepflicht führen.
Normenkette
KSVG § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 9; SGG §§ 103, 123
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 7. November 2002 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Die klagende Fachhochschule, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, bietet in den Studiengängen Architektur und Innenarchitektur Lehrveranstaltungen ua mit den Themen Fotografie, Plastisches Gestalten, Farbgestaltung, Entwerfen, Freihandzeichnen, gebundenes Zeichnen, Design und Marketing an. Die beklagte Künstlersozialkasse stellte die Abgabepflicht der Klägerin zur Künstlersozialversicherung (KSV) ab 1. Januar 1989 fest, da die Klägerin eine Ausbildungseinrichtung für künstlerische oder publizistische Tätigkeiten iS von § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 9 Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) sei (Bescheid vom 8. März 1996 und Widerspruchsbescheid vom 3. Juli 1996).
Im Klageverfahren hat die Klägerin geltend gemacht, sie sei eine Ausbildungseinrichtung für technische Berufe. Die genannten Lehrveranstaltungen dienten im Rahmen der technischen Studiengänge Architektur und Innenarchitektur der Abrundung der Ausbildung in gestalterischer Hinsicht und spielten innerhalb der beiden Studiengänge nur eine geringe Rolle. Diplomingenieure (FH) der Architektur und Innenarchitektur hätten keine künstlerischen, sondern technische Aufgaben zu bewältigen. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 13. Juli 2001). Das Landessozialgericht (LSG) hat mit von ihm angeregten Einverständnis der Beteiligten den Streitgegenstand auf die Abgabepflicht nach § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 9 KSVG beschränkt, der Berufung der Klägerin stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben (Urteil vom 7. November 2002): Dem Fächerkatalog der Diplomprüfungsordnung sowie den typischen Berufsaufgaben von Architekten und Innenarchitekten nach dem Landesbaukammergesetz sei zu entnehmen, dass es sich um Ausbildungsgänge für technische Berufe handele; eine Erweiterung der Ausbildung, zB in Richtung Design, liege nicht vor.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Studium der Architektur und der Innenarchitektur befähige auch zum Beruf des Industrie-, Produkt-, Kommunikations-, Multimedia- oder Grafikdesigners; neue Tätigkeitsfelder lägen in den Bereichen Multimedia, Gestaltung, Animation und Video. Nach den von ihr, der Beklagten, vorgelegten Blättern zur Berufskunde und Internetinformationen der Bundesanstalt für Arbeit entwickelten Innenarchitekten auch Möbel, Leuchten, Bau- und Innenausbauelemente (Entwurf bis zur Serienreife) und wirkten in der Werbung sowie der Kataloggestaltung mit. Es müsse für die Abgabepflicht genügen, dass die Ausbildung – wenn sie nicht schwerpunktmäßig darauf ausgerichtet sei – jedenfalls auch zu einer künstlerischen Tätigkeit befähige. Auch Volkshochschulen mit künstlerischen Lehrveranstaltungen seien abgabepflichtig; die Beurteilung sei nur nach dem Inhalt der Studienfächer und nicht nach dem Ausbildungsziel zu treffen. Erst recht bestehe die Abgabepflicht ab 2001 aber wegen des neuen Studiengangs Medienproduktion. Ferner gebe die Klägerin eine Hochschulzeitschrift heraus und produziere über ihr “Campusradio” Rundfunksendungen; damit betreibe die Klägerin einen Verlag iS von § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und einen Rundfunksender iS von § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 4 KSVG. Schließlich betreibe die Klägerin mit illustrierten Broschüren und Internetangeboten Werbung für eigene Zwecke iS des § 24 Abs 1 Satz 2 KSVG. Hilfsweise bestehe eine Abgabepflicht nach § 24 Abs 2 KSVG, weil die Klägerin nicht nur gelegentlich künstlerische Leistungen in Anspruch nehme, um damit Einnahmen zu erzielen. Auch wenn keine Studiengebühren erhoben würden, reiche die Einnahme von Haushaltsmitteln aus. Das LSG habe verfahrensfehlerhaft eine umfassende Überprüfung der Abgabepflicht unterlassen; das Einverständnis der Beteiligten habe es davon nicht entbinden können.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 7. November 2002 abzuändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 13. Juli 2001 zurückzuweisen,
hilfsweise, das Urteil des Landessozialgerichts aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, der neue Studiengang Medienproduktion sei nicht Gegenstand des Rechtsstreits, wie auch eine Reihe von anderen, von der Beklagten behaupteten Abgabetatbeständen. Fragen des § 24 Abs 2 KSVG seien rechtswirksam außer Streit gestellt worden. Jedenfalls seien Haushaltsmittel keine Einnahmen iS dieser Vorschrift.
Entscheidungsgründe
II
Auf die Revision der Beklagten war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Das LSG hat zwar zu Recht entschieden, dass die Bescheide der Beklagten über die Abgabepflicht der Klägerin ab 1. Januar 1989 sich nicht auf das Betreiben einer Ausbildungseinrichtung für künstlerische Tätigkeiten durch die Studiengänge Architektur und Innenarchitektur stützen lassen; das LSG hat es aber verfahrensfehlerhaft versäumt, die Abgabepflicht der Klägerin ab 1989 bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nach allen in Betracht kommenden gesetzlichen Bestimmungen zu prüfen und dazu entsprechende Tatsachenfeststellungen zu treffen.
Das Einverständnis der Beteiligten mit einer eingeschränkten Überprüfung kann davon nicht entbinden, weil die Beteiligten insoweit nicht über den Streitgegenstand verfügen können. Streitgegenstand ist die Abgabepflicht der Klägerin nach dem KSVG dem Grunde nach. Im Rahmen dieses Streitgegenstandes können die Beteiligten als Ausfluss ihrer Dispositionsfreiheit zwar die Entscheidung des Gerichts auf bestimmte Zeiträume, bei organisationsmäßig abgrenzbaren Teilbereichen eines Unternehmens auch auf einen Teilbereich beschränken (BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 10), nicht aber auf bestimmte Abgabentatbestände, da der Streitgegenstand insoweit nicht teilbar ist. Das Gericht hat den ihm unterbreiteten Lebenssachverhalt unter allen rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen (§ 123 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫); die Tatsacheninstanzen haben auf Grund der Untersuchungsmaxime die dabei erheblichen Tatsachen von Amts wegen zu ermitteln (§ 103 SGG). Damit soll der zwischen den Beteiligten bestehende Streit über das Bestehen einer Rechtspflicht endgültig ausgeräumt werden. Mit einer Entscheidung des Gerichts über das Fehlen eines bestimmten Abgabentatbestands wäre die Unsicherheit der Beteiligten über die Abgabepflicht der Klägerin nicht endgültig ausgeräumt, wenn weitere die Abgabepflicht auslösende Tatbestände in Betracht kommen. Beschränkt sich das Gericht dann bewusst auf einen rechtlichen Teilaspekt und verschließt es sich damit weiteren rechtlichen Erwägungen sowie den dafür erheblichen Tatsachenfeststellungen, begeht es einen Verfahrensfehler (BSG, Urteil vom 26. August 1994 – 13 RJ 9/94). Dies ist von der Beklagten zutreffend gerügt worden, sodass offen bleiben kann, ob es sich um einen Verfahrensfehler handelt, der auch ohne Rüge von Amts wegen zu beachten wäre, weil er die grundlegenden Voraussetzungen für ein der Rechtskraft fähiges Sachurteil betrifft (vgl Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl 2002, § 170 RdNr 4b; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl 2003, § 557 RdNr 3 ff). Wegen dieses Verfahrensmangels war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen, weil die bisherigen Feststellungen für eine abschließende Entscheidung nicht ausreichen (§ 170 Abs 2 SGG).
Die mit der Klage angegriffenen Bescheide der Beklagten haben die Abgabepflicht der Klägerin allerdings zu Unrecht auf § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 9 KSVG (idF des Änderungsgesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl I, 2606) gestützt. Nach dieser Vorschrift ist mit Wirkung vom 1. Januar 1989 (Art 6 Satz 1 des Änderungsgesetzes) zur Künstlersozialabgabe ein Unternehmer verpflichtet, der eine Ausbildungseinrichtung für künstlerische oder publizistische Tätigkeiten betreibt. Die spätere Änderung durch das 2. Gesetz zur Änderung des KSVG und anderer Gesetze vom 13. Juni 2001 (BGBl I 1027) hat auch Fortbildungseinrichtungen dieser Art einbezogen; sie ist hier nicht von Belang. Die Klägerin ist zwar als Körperschaft des öffentlichen Rechts auch ohne Gewinnerzielungsabsicht ein Unternehmen iS des KSVG (BSGE 69, 259, 262 = SozR 3-5425 § 24 Nr 1 – Gemeindliche Musikschule – mwN). Sie betreibt aber keine Ausbildungseinrichtung für künstlerische oder publizistische Tätigkeiten.
Nach den Feststellungen des LSG sind die Studiengänge “Architektur” und “Innenarchitektur” der Klägerin nicht auf die spätere berufliche Ausübung von künstlerischen Tätigkeiten ausgerichtet. Darüber hinaus hat das LSG ausdrücklich festgestellt, dass eine Ausweitung der Zielrichtung dieser Studiengänge, etwa auf “künstlerisches Design” hin, nicht vorliegt.
Im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten kommt es für die Abgabepflicht nach § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 9 KSVG entscheidend auf die Zielrichtung der Ausbildung (“für künstlerische oder publizistische Tätigkeiten”) an. Die Annahme der Beklagten, es genüge der bloße künstlerische Inhalt von Lehrveranstaltungen, wenn er nur innerhalb des jeweiligen Studienganges von hinreichender Bedeutung sei, trifft nicht zu und entspricht auch nicht der bisherigen Rechtsprechung des Senats. Es ist zwar richtig, dass die Ausbildung nicht einmal auf eine spätere berufsmäßige künstlerische Tätigkeit gerichtet sein muss. Vielmehr genügt auch die bloße Ausbildung oder Fortbildung von Laien, um eine laienhafte künstlerische Tätigkeit – zB Musizieren, afrikanisch-karibisches Tanzen, Eurythmie – erstmalig zu ermöglichen oder zu fördern; dies kann auch im Rahmen einer Musikschule und sogar im Rahmen einer bloß privaten entgeltlichen Unterrichtung – auch als Früherziehung für Kinder – erfolgen (vgl BSGE 69, 259, 263 = SozR 3-5425 § 24 Nr 1; BSG SozR 3-5425 § 2 Nr 1; BSG SozR 3-5425 § 1 Nr 3 und 4). Alle Entscheidungen setzen aber voraus, dass das künstlerische Ausbildungsziel in der Bezeichnung der Einrichtung, ihrer Satzung oder zumindest in ihrem Auftreten im Rechtsverkehr zum Ausdruck kommt.
Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Gesetzes, der nicht “Ausbildungseinrichtungen mit künstlerischen oder publizistischen Lehrveranstaltungen” lautet, sondern an dem Ausbildungsziel anknüpft, nämlich die Ermöglichung oder Förderung einer künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit, sei es professioneller oder laienhafter Art. Bei Tatbeständen, die eine Abgabepflicht begründen, kommt dem Wortlaut einer Bestimmung eine höhere Bedeutung zu als bei anderen Gesetzen, weil das Gebot der Rechtssicherheit zu beachten und außerhalb des Gesetzes keine neuen Abgabetatbestände geschaffen werden dürfen; im Zweifel ist bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe gegen die Abgabepflicht zu entscheiden (BSGE 74, 117 = SozR 3-5425 § 24 Nr 4).
Aber auch eine Auslegung nach dem Zweck des Abgabentatbestands ergibt, dass es nicht schon ausreicht, wenn die Ausbildungseinrichtung selbstständige Künstler zu Unterrichtszwecken heranzieht. Das System der Künstlersozialabgabe ist nicht auf eine lückenlose Erfassung aller an selbstständige Künstler gezahlten Entgelte ausgerichtet. Mit dem Katalog der abgabepflichtigen Unternehmen hat der Gesetzgeber vielmehr nur diejenigen Kreise erfassen wollen, die typischerweise Künstler für ihre Zwecke in Anspruch nehmen. Die enumerativ aufgezählten Unternehmen werden wohl durch Auffangtatbestände ergänzt, die aber voraussetzen, das nicht nur gelegentlich Aufträge an Künstler erteilt werden, um deren Werke oder Leistungen für Unternehmenszwecke zu verwerten (§ 24 Abs 1 Satz 2 und § 24 Abs 2 KSVG). Der Gesetzgeber hat damit zwangsläufig in Kauf genommen, dass eine Heranziehung von Künstlern abgabenfrei bleibt, sofern sie nur gelegentlich erfolgt, selbst wenn damit Einnahmen erzielt werden. Die lückenlose Erfassung aller Unternehmen, die die Leistungen von selbstständigen Künstlern nur gelegentlich oder am Rande ihrer Unternehmenstätigkeit in Anspruch nehmen, könnte auch zu einer Überforderung der Verwaltung und damit zu Ungerechtigkeiten unter dem Gesichtspunkt einer nicht flächendeckenden, ungleichmäßigen Beitragserhebung führen.
Deswegen hat es das Bundessozialgericht (BSG) abgelehnt, auch allgemein bildende Schulen in die Abgabepflicht einzubeziehen, selbst wenn dort Unterricht zuweilen auch durch selbstständige Künstler erteilt wird. Bei pädagogischen Hochschulen mit umfassendem Fächerangebot hat es die Abgabepflicht allein deshalb bejaht, weil die Ausbildung zu Musik- und Kunstlehrern als eigenständige Studiengänge angeboten wurden und insoweit die spätere Lehrtätigkeit nach der Wertung des Gesetzgebers als künstlerische Tätigkeit einzuordnen war (BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 8). Ob Volkshochschulen, an denen auch künstlerischer Unterricht erteilt wird, zu Recht zur Künstlersozialabgabe herangezogen werden – wie die Beklagte vorträgt – mag dahinstehen. Allerdings haben Volkshochschulen kein übergreifendes künstlerisches Ausbildungsziel, sondern sind im Rahmen der Erwachsenenausbildung auf bestimmte Lernerfolge in einzelnen Kursen, auch künstlerischer Art, ausgerichtet; wegen dieser – zwar jeweils begrenzten – Ausbildungsziele könnte gleichwohl insoweit von einer eigenständigen Ausbildung für eine künstlerische Tätigkeit gesprochen werden. Im Falle der Klägerin besteht ein solches eigenständiges künstlerisches Ausbildungsziel aber nicht, weil – insoweit vergleichbar einer allgemein bildenden Schule – der künstlerische Unterricht nur im Rahmen eines umfassenden Ausbildungsziels erteilt wird.
Wenn die Beklagte dem entgegenhält, dass insbesondere die Ausbildung zum Innenarchitekten die Basis für spätere berufliche Tätigkeiten, etwa auf den Gebieten des Industriedesigns oder des Mediendesigns, bilden kann, die nach der Rechtsprechung des BSG (BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 21) zu den künstlerischen Tätigkeiten zählen, ist darauf hinzuweisen, dass dies auch für andere Ausbildungsgänge gilt, die dann ebenfalls in die Abgabepflicht einbezogen werden müssten: So kann ein Studium etwa der Germanistik oder der Wirtschaftswissenschaften auch die Basis für eine spätere publizistische Tätigkeit sein. Die Eignung eines Studiums auch für eine spätere künstlerische oder publizistische Tätigkeit ist kein zur Abgrenzung der abgabepflichtigen Ausbildungseinrichtungen taugliches Kriterium, weil dann nahezu alle Ausbildungseinrichtungen mit allgemeinen oder jedenfalls nicht künstlerischen oder publizistischen Bildungszielen auch darunter fielen.
Ob die Klägerin seit dem Jahr 2001 durch die Aufnahme des Studienganges “Medienproduktion” den Abgabetatbestand des Betreibens einer Ausbildungseinrichtung für künstlerische oder publizistische Tätigkeiten erfüllt, lässt sich mangels tatsächlicher Feststellungen, die in der Revisionsinstanz nicht getroffen werden können, noch nicht entscheiden. Dasselbe gilt für den Vortrag der Beklagten, die Klägerin betreibe einen Verlag durch die Herausgabe einer Hochschulzeitschrift, einen Rundfunksender in Form eines Campusradios sowie Werbung für eigene Zwecke durch Broschüren und Internetseiten. Das LSG wird die zur abschließenden Klärung der Abgabepflicht der Klägerin erforderlichen Feststellungen nachzuholen haben; dazu gehört auch die Frage, ob es sich um ein einheitliches Unternehmen handelt oder ob die Abgabepflicht auf bestimmte selbstständige Unternehmensteile zu beschränken ist, was zur Folge hätte, das vereinzelte Entgeltzahlungen an selbstständige Künstler in anderen Bereichen von der Abgabenfestsetzung nicht erfasst würden.
Auf Grund der bisherigen Feststellungen lässt sich eine Abgabepflicht der Klägerin auch nicht auf § 24 Abs 2 KSVG stützen. Es steht nicht fest, ob die Klägerin Leistungen selbstständiger Künstler in Anspruch nimmt, um damit Einnahmen zu erzielen. Entgegen der Meinung der Beklagten reicht es dabei nicht aus, dass die Klägerin über Haushaltsmittel verfügt, aus denen die Künstler für ihre Leistungen bezahlt werden. Diese Mittel werden nicht durch Leistungen der Künstler erzielt, sondern sind erst die Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Künstler, aus deren Leistungen die Klägerin dann womöglich erst Einnahmen, etwa in Form von Studiengebühren, erzielt. Dazu fehlt es an Feststellungen. Soweit das BSG auf die Erzielung von Einnahmen im Zusammenhang mit der Kunstverwertung verzichtet hat und beispielsweise die Einnahme von Haushaltsmitteln hat genügen lassen, bezog sich dies allein auf das Tatbestandsmerkmal des Unternehmens iS des KSVG (vgl zB BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 15), nicht aber auf die Abgabepflicht nach § 24 Abs 2 KSVG. Im Rahmen dieses Auffangtatbestandes reicht nicht schon die Bejahung des Betriebs eines Unternehmens aus, sondern es muss die mehr als gelegentliche “Vermarktung” der Künstler, als ihre Inanspruchnahme zur Einnahmeerzielung, hinzutreten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 Satz 1 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung, da die Klage vor diesem Tag erhoben worden ist (vgl § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm Art 17 Abs 1 Satz 2 6. SGG-ÄndG vom 17. August 2001, BGBl I, 2144; dazu ausführlich BSG vom 30. Januar 2002 – B 6 KA 12/01 R = SozR 3-2500 § 116 Nr 24).
Fundstellen
Haufe-Index 1121012 |
NZS 2004, 323 |
SozR 4-5425 § 24, Nr.1 |
GuS 2004, 61 |