Entscheidungsstichwort (Thema)
Bundeserziehungsgeld. Erziehungsgeldanspruch. polnischer Staatsangehöriger ohne qualifizierten Aufenthaltstitel. nationales Recht. Verfassungsmäßigkeit. europäisch-polnisches Abkommensrecht. Arbeitsbedingungen. Diskriminierungsverbot. deutsch-polnisches Sozialversicherungsabkommen. Anwendbarkeit
Leitsatz (amtlich)
- Der Anspruch auf Bundeserziehungsgeld gehört nicht zu den Arbeitsbedingungen iS des Art 37 Abs 1 EGAbk Polen (EGAbk POL).
- Das EGAbk Polen (EGAbk POL) enthält für Leistungen der sozialen Sicherheit kein Diskriminierungsverbot.
Normenkette
BErzGG § 1 Abs. 1a F: 1994-01-31; EGAbk POL Art. 37 Abs. 1, Art. 38 Abs. 1, Art. 39 Abs. 1; SozSichAbk POL; GG Art. 3 Abs. 1, 3 S. 1, Art. 6 Abs. 1, 4, Art. 20, 25
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 29. März 2001 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Kläger und seine Ehefrau sind polnische Staatsangehörige. Sie lebten seit 1987/1988 in Deutschland. Hier wurde am 24. Juli 1995 ihre Tochter A… geboren. Der Beklagte lehnte den Antrag des Klägers auf Bundeserziehungsgeld (BErzg) ab 30. November 1995 für das erste Lebensjahr des Kindes ab, weil der Vater weder eine Aufenthaltsberechtigung noch eine Aufenthaltserlaubnis besaß (Bescheid vom 20. Dezember 1995; Widerspruchsbescheid vom 27. März 1996). Während des anschließenden sozialgerichtlichen Verfahrens lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 26. Februar 1997 auch den weiteren Antrag des Klägers auf BErzg für das zweite Lebensjahr A… (24. Juli 1996 bis 23. Juli 1997) ab. Nachdem den Eltern am 7. April 1997 unbefristete Aufenthaltserlaubnisse erteilt und am 9. April 1997 ausgehändigt worden waren, bewilligte der Beklagte BErzg für die Zeit vom 9. April bis zum 23. Juli 1997 (Bescheid vom 26. Mai 1997); im Übrigen wies er den Widerspruch als unbegründet zurück (Bescheid vom 17. Juni 1997).
Das Sozialgericht Würzburg (SG) hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom 11. November 1997). Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung im Wesentlichen mit folgender Begründung zurückgewiesen (Urteil vom 29. März 2001): § 1 Abs 1a Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) fordere von Ausländern für den Anspruch auf BErzg einen qualifizierten Aufenthaltstitel, den der Kläger – in Form einer Aufenthaltserlaubnis – erst seit dem 9. April 1997 besitze. Höherrangiges supranationales oder internationales Recht schließe es nicht aus, § 1 Abs 1a BErzGG auf den Kläger anzuwenden.
Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, das LSG habe § 1 Abs 1a BErzGG, Art 37 Abs 1, Art 38 Abs 1 und Art 39 Abs 1 Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Polen andererseits vom 16. Dezember 1991 – EG Abk Polen – (BGBl II 1993, 1316) sowie Art 3 Abs 1 und 3, Art 6 Abs 1 und 4, Art 20 und 25 Grundgesetz (GG) verletzt.
Während des Revisionsverfahrens hat der Beklagte einen Anspruch des Klägers auf BErzg auch für den 7. und 8. April 1997 anerkannt. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Bayerischen LSG vom 29. März 2001 und des SG Würzburg vom 11. November 1997 sowie den Bescheid des Beklagten vom 20. Dezember 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 1996 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 26. Februar 1997 in der Gestalt des Bescheides vom 26. Mai 1997, des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 1997 sowie des angenommenen Teilanerkenntnisses vom 14. April 2003 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm BErzg für seine Tochter A… auch für die Zeit vom 30. November 1995 bis zum 6. April 1997 zu gewähren,
hilfsweise,
das Verfahren auszusetzen und die Rechtssache dem Europäischen Gerichtshof oder dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist unbegründet.
Für die Zeit vor dem 7. April 1997 hat der Kläger keinen Anspruch auf BErzg, weil er, anders als in § 1 Abs 1a BErzGG (idF der Bekanntmachung der Neufassung des BErzGG vom 31. Januar 1994 ≪BGBl I 180≫) gefordert, nicht “im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis” war. Entgegen der Auffassung des Klägers genügte seine damalige Aufenthaltsbefugnis – anders als nach früherem Recht (vgl § 1 Abs 1 Satz 2 BerzGG idF des Art 10 des Gesetzes zur Neuregelung des Ausländerrechts vom 9. Juli 1990 ≪BGBl I, 1354≫) – nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes nicht. Vor dem 7. April 1997 war die Aufenthaltserlaubnis hier auch nicht bereits auf andere Weise als erst durch Ausstellung einer dokumentierenden Urkunde förmlich festgestellt, etwa durch Anerkenntnis im Rahmen eines auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gerichteten verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreits oder durch Zusicherung im Verwaltungsverfahren (vgl BSG SozR 3-7833 § 1 Nr 12). Die dem Kläger am 23. Januar 1997 erteilte Bescheinigung nach § 69 Abs 3 Ausländergesetz (AuslG) erfüllt diese Voraussetzungen nicht (vgl dazu BSG SozR 3-7833 § 1 Nr 3, 12, 18).
Aus dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Soziale Sicherheit vom 8. Dezember 1990 (BGBl II 1991, 741) kann der Kläger nichts für sich herleiten, weil sich dieses Abkommen nach seinem Art 2 sachlich nicht auf Familienleistungen (Erziehungsgeld) bezieht.
Der Kläger ist auch nicht durch europäisches Abkommensrecht vom Erfordernis eines qualifizierten Aufenthaltstitels ausgenommen. Das EG Abk Polen sichert den Arbeitnehmern polnischer Staatsangehörigkeit, die im Gebiet eines Mitgliedstaates rechtmäßig beschäftigt sind, zwar eine Behandlung zu, die hinsichtlich der Arbeitsbedingungen, der Entlohnung oder der Entlassung keine auf der Staatsangehörigkeit beruhende Benachteiligung gegenüber den eigenen Staatsangehörigen bewirkt (Art 37 Abs 1 EG Abk Polen). Diese Vorschrift lässt sich auch unmittelbar anwenden (Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ≪EuGH≫, Urteil vom 29. Januar 2002 – C-162/00 – Prokzeptowicz-Meyer, Slg 2002, I-1049, 1060 ff).
Ob der Kläger sich hierauf berufen kann, ist aber schon deshalb zweifelhaft, weil er – nach den Feststellungen des LSG – ab Beginn des geltend gemachten Bezugszeitraums für BErzg (30. November 1995) Arbeitslosenhilfe bezogen hat, also arbeitslos war. Er könnte deshalb nicht mehr unter dem Arbeitnehmerbegriff des Art 37 EG Abk Polen gefallen sein, der sich nur auf “beschäftigte” Personen beziehen und damit ein aktuelles Beschäftigungsverhältnis fordern könnte (vgl dazu Husmann in Jorens/Schulte, European Social Security Law And Third Country Nationals, 1998, 361, 366; ders ZSR 1998, 100, 122). Der Senat lässt diese Frage offen, zumal im Berufungsurteil nicht angegeben ist, ob und ggf in welchem Umfang der Kläger in dem streitigen Zeitraum – möglicherweise kurzzeitig (vgl §§ 101 Abs 1, 102 Arbeitsförderungsgesetz) – beschäftigt gewesen ist. Auch soweit der Kläger iS von Art 37 EG Abk Polen als Arbeitnehmer anzusehen wäre, kann er aus dieser Bestimmung für den hier geltend gemachten Anspruch auf BErzg keine Rechte herleiten.
BErzg wäre dem Kläger nach Art 37 Abs 1 EG Abk Polen ohne Rücksicht auf seine (ausländische) Staatsangehörigkeit nur dann wie einem Deutschen zu gewähren, wenn das System des BErzg von dieser Vorschrift erfasst würde. Das ist nicht der Fall. Insbesondere zählt das deutsche BErzg nicht zu den “Arbeitsbedingungen” iS des Art 37 Abs 1 EG Abk Polen. Der EuGH hat zwar in einer frühen Entscheidung zu den Arbeitsbedingungen allgemein auch die Bestimmungen über soziale Sicherheit, darunter den Anspruch auf Familienleistungen, gerechnet (Urteil vom 15. Januar 1986 – Rs 41/84 – Pinna, Slg 1986, 1, 25 = SozR 6050 Art 73 Nr 9 zu französischen Familienleistungen für Kinder). In der neueren Rechtsprechung des Gerichtshofs wird dagegen nach dem Zweck der Leistung differenziert: Beschäftigungsbezogene Familienleistungen gehören zu den Arbeitsbedingungen, allgemeine Leistungen zum Ausgleich von Familienlasten zur sozialen Sicherheit, Leistungen mit Doppelfunktion – wie der Family credit in Nordirland und in Großbritannien – zu beiden Gebieten (EuGH Urteile vom 16. Juli 1992 – C-78/91 – Hughes, Slg 1992, I-4839, 4866 f = SozR 3-6050 Art 4 Nr 5, und vom 13. Juli 1995 – C-116/94 – Meyers, Slg 1995, I-2131, 2148 f). Im Unterschied zum Family credit fehlt dem deutschen BErzg der Beschäftigungsbezug, es rechnet deshalb nicht zu den Arbeitsbedingungen. Während der Anspruch auf Family credit nach nordirischem und nach britischem Recht ein Arbeitsverhältnis voraussetzt und damit die Aussicht auf diese Leistung Arbeitslosen einen Anreiz zur Aufnahme einer Beschäftigung bietet, fehlt dem BErzg diese für eine “Arbeitsbedingung” notwendige Verknüpfung mit einem Arbeitsverhältnis: BErzg setzt eine Beschäftigung weder voraus noch fördert es deren Aufnahme oder Fortsetzung; es macht im Gegenteil die Leistung davon abhängig, dass der Berechtigte keine, jedenfalls keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (§ 1 Abs 1 Nr 4 und § 2 BErzGG).
Der Kläger kann sich auch nicht auf Art 38 Abs 1 EG Abk Polen berufen.
Soweit Art 38 Abs 1 EG Abk Polen unter dem dritten Spiegelstrich bestimmt, dass die Arbeitnehmer polnischer Staatsangehörigkeit, die im Gebiet eines Mitgliedstaates rechtmäßig beschäftigt sind, für ihre Familienangehörigen, die dort rechtmäßig wohnhaft sind, – vorbehaltlich der in jedem Mitgliedstaat geltenden Bedingungen und Modalitäten – Familienzulagen – wozu das deutsche BErzg gerechnet werden kann (vgl dazu EuGH, Slg 1998, I-2691 = SozR 3-7833 § 1 Nr 22) – erhalten, ergibt sich daraus keine den Kläger unmittelbar begünstigende Rechtsposition. Das folgt schon aus dem Charakter des Art 38 EG Abk Polen als einer reinen Koordinierungsvorschrift, die es dem mitgliedstaatlichen Gesetzgeber überlässt, die Voraussetzungen zu bestimmen, unter denen Anspruch auf “Familienzulagen” entstehen kann (vgl Husmann in Jorens/Schulte aaO, 361, 378, 380), etwa für Ausländer – wie nach § 1 Abs 1a BErzGG – nur, wenn sie einen qualifizierten Aufenthaltstitel besitzen. Zu einem anderen Ergebnis könnten erst – hier nicht vereinbarte – abkommensrechtliche Harmonisierungsvorschriften führen.
Anders als Art 37 enthält Art 38 EG Abk Polen hinsichtlich der Systeme der sozialen Sicherheit kein ausdrückliches Diskriminierungsverbot betreffend die Behandlung polnischer Arbeitnehmer. Entgegen einer in der Literatur zum Teil vertretenen Auffassung (vgl Jorens in Schulte/Jorens, aaO, 1, 56; Husmann, ebenda, 361, 379) lässt sich Art 38 Abs 1 EG Abk Polen auch kein förmlich nicht erwähntes (“formally not mentioned”) Diskriminierungsverbot entnehmen. Das folgt aus der Entstehungsgeschichte dieses Abkommens, einem Vergleich mit ähnlichen Verträgen und der dazu ergangenen Rechtsprechung des EuGH. Das EG Abk Polen unterscheidet sich auffällig von dem – inzwischen außer Kraft getretenen – Kooperationsabkommen zwischen der EWG und dem Königreich Marokko (EWGV 2211/78 des Rates vom 26. September 1978, ABl EG, Ausgabe L, 1978, L 264, 1 ff). Dieses enthielt in Art 41 nebeneinander Koordinierungsvorschriften (in Abs 2 bis 4) und ein harmonisierendes Gleichbehandlungsgebot (in Abs 1). Wegen des dort statuierten Grundsatzes sozialrechtlicher Gleichbehandlung für “Arbeitnehmer marokkanischer Staatsangehörigkeit” hat der Senat unter Berufung auf die Rechtsprechung des EuGH zur unmittelbaren Anwendbarkeit dieser Bestimmung (EuGH SozR 3-6615 Art 41 Nr 1, 2, 3) den Anspruch in Deutschland beschäftigter marokkanischer Arbeitnehmer auf BErzg bejaht (BSG SozR 3-6615 Art 41 Nr 4). Gerade um diese Konsequenzen zu vermeiden, ist – auf Betreiben der betroffenen Mitgliedstaaten – in das EG Abk Polen kein entsprechendes Diskriminierungsverbot aufgenommen worden (vgl Guild in Jorens/Schulte, aaO 333, 351; Jorens, ebenda, 1, 19 f mwN, 56; Langer, ebenda 441, 463 ff; Fuchs/Höller in Fuchs ≪Hrsg≫, Kommentar zum europäischen Sozialrecht, 3. Aufl 2002, 731; Schlussanträge des Generalanwalts La Pergola in der Rechtssache – C-262/96 – Sürül, Slg 1999, I-2685, 2711 f und Fn 52). Das Fehlen eines Gleichbehandlungsgebotes in Art 38 Abs 1 EG Abk Polen lässt mithin nur den Schluss zu, dass mitgliedstaatliche Anspruchsvoraussetzungen, die (wie hier das Erfordernis eines qualifizierten Aufenthaltstitels) an die Staatsangehörigkeit anknüpfen, bei Familienleistungen nicht verboten sind.
Im Übrigen hat der 14. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) zur “Familienzulage” Kindergeld bereits entschieden, dass es sich bei Art 38 Abs 1 EG Abk Polen nicht um unmittelbar anwendbares Recht handelt, vielmehr nach Art 39 Abs 1 EG Abk Polen der Assoziationsrat noch durch Beschluss “geeignete Bestimmungen” zur Erreichung der in Art 38 Abs 1 genannten Ziele zu erlassen hat (SozR 3-6720 Art 38 Nr 1; vgl dazu auch Guild, aaO, 353 ff, und Husmann, ZSR 1998, 100, 129 f, 132). Der Senat schließt sich dieser Auffassung für das Erziehungsgeldrecht an. Beschlüsse des Assoziationsrates lagen im streitigen Zeitraum nicht vor und sind – soweit ersichtlich – bis heute nicht ergangen (vgl Schulte in Treichler, Wohlfahrtsstaat, Einwanderung und ethnische Minderheiten, 2002, 165,168, der lediglich von einem Entwurf berichten kann).
Zu einer Vorlage der Rechtssache an den EuGH (vgl Art 234 Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft) sieht der Senat keinen Anlass, denn an der Auslegung der hier einschlägigen Bestimmungen des europäisch-polnischen Abkommensrechts bestehen keine Zweifel (vgl dazu bereits BSG SozR 3-6720 Art 38 Nr 1), zumal der EuGH sich bereits beiläufig iS der vom Senat dazu vertretenen Auffassung geäußert hat. In seinem zum EG Abk Polen ergangenen Urteil vom 29. Januar 2002 (C-162/00 – Prokzeptowicz- Meyer, Slg 2002, I-1049) schließt sich der Gerichtshof der Argumentation des Generalanwalts an, der ausgeführt hatte, dass einige der Bestimmungen des EG Abk Polen rein programmatisch seien und in ihrer Durchführung von Beschlüssen abhingen, die erst noch vom Assoziationsrat getroffen werden müssten. So verhalte es sich beispielsweise mit den Bereichen der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer nach den Art 38 und 39 des Abkommens (aaO 1049, 1081, 1061).
Der Senat legt diese Sache auch nicht dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vor. Er hält § 1 Abs 1a BErzGG nicht iS von Art 100 GG für verfassungswidrig. Die vom Kläger vorgebrachten Argumente sind nicht geeignet, Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Vorschrift mit dem GG zu begründen.
§ 1 Abs 1a BErzGG verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG, indem er für Ausländer die Leistung vom Vorliegen eines Aufenthaltstitels abhängig macht, den Inländer nicht benötigen. Im Bereich der darreichenden Verwaltung ist es iS des Art 3 Abs 1 GG nicht willkürlich, wenn der Gesetzgeber nach der Staatsangehörigkeit differenziert. Hierbei kann einerseits zwischen deutschen Staatsangehörigen und Ausländern und andererseits unter den Ausländern nach dem jeweiligen Aufenthaltsstatus oder auch der Staatsangehörigkeit unterschieden werden, soweit hierfür sachliche Gründe, wie etwa die Existenz zwischenstaatlicher Vereinbarungen, maßgebend sind (vgl BSG SozR 3-7833 § 1 Nr 16 mwN; vgl zu verfassungsrechtlichen Bedenken bei Gewährung steuerlichen Kindergeldes und – anders als hier – unbefristet zu verlängernder Aufenthaltsbefugnis BFHE 192, 483).
Auch Art 3 Abs 3 Satz 1 GG ist nicht verletzt. Eine Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit und damit eine Sonderstellung von Ausländern wird von keinem der dort genannten Kriterien (darunter: Heimat, Abstammung, Herkunft) erfasst (BVerfGE 51, 1, 30 = SozR 2200 § 1315 Nr 5).
Ebenso wenig verstößt der Ausschluss von Ausländern ohne qualifizierten Aufenthaltstitel von Leistungen nach dem BErzGG gegen den Schutz von Ehe und Familie (Art 6 Abs 1 GG) oder gegen das Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG). Aus diesen Vorschriften lässt sich kein konkreter verfassungsrechtlicher Anspruch auf bestimmte staatliche Leistungen herleiten (BVerfGE 82, 60, 79 ff), solange die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein der Bürger (Existenzminimum) gewährleistet sind. Dieses sicherzustellen ist Aufgabe der Sozialhilfe, nicht des BErzg (vgl BSG SozR 3-5870 § 1 Nr 6 zum Kindergeld).
Art 6 Abs 4 GG ist schon deshalb nicht verletzt, weil diese Vorschrift – von Ehe und Familie absehend – nur den Sachverhalt der Schwangerschaft/Mutterschaft im Auge hat (vgl Schmidt-Kammler in Sachs, Grundgesetz, 1996, Art 6 RdNr 79 mwN), sich also nicht an den Kläger als Vater wendet.
Art 25 GG ist eine Transformationsnorm für die allgemeinen Regeln des Völkerrechts; die Anwendbarkeit sonstigen Völkerrechts (Verträge mit ausländischen Staaten und anderen Völkerrechtsubjekten) muss durch innerstaatlichen Akt nach Art 59 Abs 2 GG angeordnet werden. Der Kläger hat nicht aufgezeigt, welche allgemeinen Regeln des Völkerrechts hier durch die Versagung von BErzg verletzt sein könnten; dem Senat ist dafür nichts ersichtlich.
Kosten sind nach § 193 Sozialgerichtsgesetz nicht zu erstatten, weil die Revision des Klägers nur in geringem Umfang erfolgreich war, indem der Beklagte für den 6. und 7. April 1997 ein Anerkenntnis abgegeben hat.
Fundstellen
SozR 4-6720 Art. 38, Nr. 1 |
GuS 2003, 62 |