Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung der Steuerfreiheit von Zinsen auf Sozialpfandbriefe
Leitsatz (amtlich)
1. Der Abbau einer nicht mehr gerechtfertigten Steuersubvention dient der folgerichtigen Ausgestaltung der steuergesetzlichen Belastungsgründe und wird so auch im Hinblick auf die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit grundsätzlich durch einen hinreichenden Legitimationsgrund getragen.
2. Bei unbefristeten und über Jahrzehnte wirkenden Steuervergünstigungen kann der Steuerpflichtige sich nicht darauf berufen, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht zu seinen Lasten verändert werden dürften.
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; EStG § 3a
Tenor
Die Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
Die Verfassungsbeschwerden werden verworfen, soweit sie sich gegen die Aufhebung von § 3a Absatz 1 Nummer 2 bis 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. September 1990 (BGBl I S. 1898) durch Artikel 1 Nummer 4 des Gesetzes zur Entlastung der Familien und zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen und Arbeitsplätze vom 25. Februar 1992 (Steueränderungsgesetz 1992 – StÄndG 1992, BGBl I S. 297) richten.
Im Übrigen werden die Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen.
Tatbestand
A.
Die Verfassungsbeschwerden richten sich gegen die Aufhebung der Steuerfreiheit von Zinsen aus bestimmten festverzinslichen Wertpapieren.
I.
1. Nach § 3a des Einkommensteuergesetzes 1990 (EStG) waren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Entlastung der Familien und zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen und Arbeitsplätze vom 25. Februar 1992 (Steueränderungsgesetz 1992 – StÄndG 1992, BGBl I S. 297) Zinsen aus bestimmten, überwiegend vor dem 1. Januar 1955 ausgegebenen festverzinslichen Wertpapieren steuerfrei. Das galt für Zinsen aus Pfandbriefen und Kommunalschuldverschreibungen, deren Erlöse überwiegend der Finanzierung des sozialen Wohnungsbaus dienen sollten (sog. Sozialpfandbriefe, § 3a Abs. 1 Nr. 1 EStG; vgl. hierzu Höcherl, Der Sozialpfandbrief, 1957), für bestimmte Schuldverschreibungen und Schatzanweisungen des Bundes und der Länder (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 EStG) sowie für bestimmte andere Wertpapiere (§ 3a Abs. 1 Nr. 3 und 4 EStG). Die Vorschrift wurde durch das Erste Gesetz zur Förderung des Kapitalmarkts vom 15. Dezember 1952 (BGBl I S. 793) eingeführt und hatte in ihrer zuletzt gültigen Fassung, der Bekanntmachung der Neufassung des Einkommensteuergesetzes vom 7. September 1990 (BGBl I S. 1898), folgenden Wortlaut:
(1) Steuerfrei sind
- Zinsen aus im Geltungsbereich des Grundgesetzes oder in Berlin (West) ausgegebenen Pfandbriefen und Kommunalschuldverschreibungen, wenn die Erlöse aus diesen Wertpapieren mindestens zu 90 vom Hundert zur Finanzierung des sozialen Wohnungsbaues und der durch ihn bedingten Kosten der Aufschließungsmaßnahmen und Gemeinschaftseinrichtungen bestimmt sind;
Zinsen aus
- festverzinslichen Schuldverschreibungen des Bundes und aus Schatzanweisungen des Bundes mit einer Laufzeit von mindestens drei Jahren,
- festverzinslichen Schuldverschreibungen der Länder und aus Schatzanweisungen der Länder mit einer Laufzeit von mindestens drei Jahren, wenn der Ausschuß für Kapitalverkehr (§ 6 des Gesetzes über den Kapitalverkehr vom 2. September 1949 – Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes S. 305) festgestellt hat, daß die vorgesehenen Ausgabebedingungen das Kurs- und Zinsgefüge am Kapitalmarkt nicht stören;
Zinsen aus vor dem 1. April 1952 – in Berlin (West) vor dem 27. Juni 1952 – im Geltungsbereich des Grundgesetzes oder in Berlin (West) ausgegebenen festverzinslichen Wertpapieren (ausgenommen Namenschuldverschreibungen) und aus festverzinslichen Wertpapieren, die in der Zeit nach dem 31. März 1952 – in Berlin (West) nach dem 26. Juni 1952 – bis zum 17. Dezember 1952 im Geltungsbereich des Grundgesetzes oder in Berlin (West) ausgegeben und nach dem Gesetz über den Kapitalverkehr vom 2. September 1949 (Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes S. 305) genehmigt worden sind. Die Steuerfreiheit bezieht sich auch auf Zinsen aus vor dem 21. Juni 1948 – in Berlin (West) vor dem 25. Juni 1948 – außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes und von Berlin (West) ausgegebenen festverzinslichen Wertpapieren
- von Geldinstituten, die nach § 3 der 35. Durchführungsverordnung zum Umstellungsgesetz (Öffentlicher Anzeiger Nr. 83 vom 13. September 1949) bis zum 17. Dezember 1952 als verlagert anerkannt worden sind oder vor dem 21. Juni 1948 ihren Sitz in den Geltungsbereich des Grundgesetzes oder vor dem 25. Juni 1948 nach Berlin (West) verlegt haben,
- von anderen Unternehmen, die ihren Sitz in den Geltungsbereich des Grundgesetzes oder nach Berlin (West) verlegt haben und auf deren Emissionen § 1 des Gesetzes zur Bereinigung des Wertpapierwesens (Wertpapierbereinigungsgesetz) in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4139-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, geändert durch Gesetz vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469), – in Berlin (West) § 1 des Gesetzes zur Bereinigung des Wertpapierwesens (Wertpapierbereinigungsgesetz) vom 26. September 1949 (Verordnungsblatt für Groß-Berlin Teil I S. 346) – anzuwenden ist.
Die Steuerfreiheit gilt nicht für Zinsen aus Industrieobligationen, die nach dem 20. Juni 1948 – im Saarland nach dem 19. November 1947 und in Berlin (West) nach dem 24. Juni 1948 – ausgegeben worden sind, und nicht für Zinsen aus Wandelanleihen und Gewinnobligationen. Sie gilt jedoch für Zinsen aus vor dem 1. Januar 1952 ausgegebenen Industrieobligationen (ausgenommen Wandelanleihen und Gewinnobligationen), soweit und nachdem der Zinssatz auf 5,5 vom Hundert ermäßigt worden ist;
- Zinsen aus nach dem 31. März 1952 – in Berlin (West) nach dem 26. Juni 1952 – im Geltungsbereich des Grundgesetzes oder in Berlin (West) ausgegebenen festverzinslichen Wertpapieren, wenn der Verwendungszweck des Erlöses nach Anhörung des Ausschusses für Kapitalverkehr (§ 6 des Gesetzes über den Kapitalverkehr vom 2. September 1949 – Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes S. 305) durch Rechtsverordnung als besonders förderungswürdig anerkannt worden ist. Eine Anerkennung darf nur erfolgen, wenn eine Ausgabe für den vorgesehenen Verwendungszweck zu den üblichen Bedingungen am Kapitalmarkt nicht möglich ist und wenn der Kapitalverkehrsausschuß festgestellt hat, daß durch die Ausgabe das Kurs- und Zinsgefüge am Kapitalmarkt nicht gestört wird.
(2) Eine Anleihe gilt im Sinne des Absatzes 1 als ausgegeben, wenn mindestens ein Wertpapier der Anleihe veräußert worden ist.
(3) Die Steuerfreiheit der Zinsen aus den in Absatz 1 bezeichneten Anleihen wird durch eine Änderung des Ausgabekurses der Anleihe nicht berührt, wenn der Bundesminister für Wirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen die Änderung genehmigt hat.
(4) Die Vorschriften des Absatzes 1 Nr. 1, 2 und 4 gelten für Zinsen aus Anleihen im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1, 2 und 4, die vor dem 1. Januar 1955 ausgegeben worden sind.
2.a) In ihrem ersten Bericht über die Entwicklung der Finanzhilfen und Steuerbegünstigungen (BTDrucks V/2423 vom 21. Dezember 1967, S. 80 f.) ging die Bundesregierung davon aus, dass eine Aufhebung dieser unbefristeten Steuerbefreiung aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht möglich sei. In den Subventionsberichten von 1971 bis 1986 nahm sie dahingehend Stellung, in der Begründung zum Ersten Kapitalmarktförderungsgesetz sei in Aussicht gestellt worden, die Steuervergünstigung für die gesamte Laufzeit der Anleihen bestehen zu lassen, sodass die Beibehaltung der Steuerfreiheit aus Gründen des Vertrauensschutzes und zur Vermeidung von Rückwirkungen auf den Rentenmarkt geboten erscheine (BTDrucks VI/2994 vom 23. Dezember 1971, S. 208 f.; 7/1144 vom 29. Oktober 1973, S. 232 f.; 7/4203 vom 22. Oktober 1975, S. 258 f.; 8/1195 vom 17. November 1977, S. 258 f.; 8/3097 vom 8. August 1979, S. 248 f.; 9/986 vom 6. November 1981, S. 246 f.; 10/352 vom 6. September 1983, S. 252 f.; 10/3821 vom 12. September 1985, S. 246 f.). Im Dezember 1982 erklärte der parlamentarische Staatssekretär Dr. V. im Rahmen einer Fragestunde des Deutschen Bundestages, der Gesetzgeber habe mit § 3a EStG einen Vertrauenstatbestand geschaffen, der im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit politischer Entscheidungen nicht aufgegeben werden solle. Zwar sei der Bundesregierung bekannt, dass bei der Verabschiedung des Ersten Kapitalmarktförderungsgesetzes ausdrücklich Wert auf die Feststellung gelegt worden sei, die Steuervergünstigung solle nicht auf unabänderliche Zeit gewährleistet werden; sie halte die Beibehaltung der Steuerfreiheit jedoch aus Gründen des Vertrauensschutzes und zur Vermeidung von Rückwirkungen auf den Rentenmarkt auch noch nach nahezu 30 Jahren Laufzeit für geboten. Auf Grund früherer Einlassungen der Bundesregierung müsse der Vertrauensschutz hier auch für die Zukunft gewährleistet sein (Deutscher Bundestag, StenBer, 135. Sitzung, 8. Dezember 1982, S. 8348 f.).
In den Subventionsberichten von 1987 bis 1989 fehlt der bis dahin enthaltene Zusatz, die Beibehaltung der Steuerfreiheit erscheine aus Gründen des Vertrauensschutzes und zur Vermeidung von Rückwirkungen auf den Rentenmarkt geboten (BTDrucks 11/1338 vom 25. November 1987, S. 189; 11/5116 vom 1. September 1989, S. 194). Nachdem 1991 erstmals Pläne der Bundesregierung zur Aufhebung der Steuerbefreiung bekannt geworden waren, wurden die Börsennotierungen der betroffenen Wertpapiere zur Vermeidung eines Kurssturzes zeitweilig ausgesetzt; zu diesem Zeitpunkt war noch ein Volumen von ca. 4,3 Mrd. DM nach § 3a EStG steuerbefreiter Wertpapiere im Umlauf, die überwiegend im Betriebsvermögen institutioneller Anleger gehalten wurden (–sl–, FR 1991, S. 714, 715).
b) § 3a EStG wurde durch Art. 1 Nr. 4 StÄndG 1992 aufgehoben. In der Gesetzesbegründung der Bundesregierung heißt es, die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen und Arbeitsplätze zur Vorbereitung Deutschlands auf die Anforderungen des Europäischen Binnenmarktes und die Herausforderungen an die öffentlichen Haushalte durch die deutsche Einheit sowie zusätzliche internationale Aufgaben würden durch den Abbau von Steuervergünstigungen und steuerlichen Sonderregelungen finanziert; damit würden begonnene Bemühungen fortgesetzt, die ungerechtfertigte Ausnutzung von Steuerprivilegien einzuschränken und insgesamt eine gleichmäßigere und gerechtere Besteuerung zu erreichen. Verschiedene Maßnahmen dienten daneben der Steuervereinfachung sowie der Rechtsbereinigung und der Anpassung an neuere Entwicklungen in der Rechtsprechung der Finanzgerichte. Fast 40 Jahre nach der Erstausgabe von steuerbegünstigten festverzinslichen Wertpapieren halte die Bundesregierung diese Steuerfreiheit nicht mehr für gerechtfertigt (BTDrucks 12/1108 vom 3. September 1991, S. 35 ff.). Nach Auffassung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages empfahl sich die Aufhebung von § 3a EStG vor allem aus ordnungspolitischen Gründen; mit ihr werde ein Signal gesetzt, solche Wertpapiere in Zukunft nicht auszugeben (BTDrucks 12/1506 vom 7. November 1991, S. 155).
II.
1. Die Beschwerdeführerin zu 1.a) ist Gesamtrechtsnachfolgerin der Mercedes Aktiengesellschaft Holding. Diese erwarb ihren Bestand an endfälligen Sozialpfandbriefen 1984: Zunächst Anleihen im Nennwert von 1,56 Mio. DM entsprechend einem durchschnittlichen Kurs von 123,94 v.H. für 1.933.449,03 DM mit Endfälligkeiten von April 1998 bis Oktober 2014, ab Mitte Oktober 1984 weitere Sozialpfandbriefe im Nennwert von 4,2761 Mio. DM entsprechend einem durchschnittlichen Anschaffungskurs von 115,55 v.H. für 4.940.992,10 DM mit Fälligkeiten von April 1993 bis Juni 2018. Die Beschwerdeführerin zu 1.b) erwarb 1963 zum Zwecke der Alterssicherung vier Sozialpfandbriefe im Nominalwert von insgesamt 240.000 DM zu einem Anschaffungskurs von 119,75 v.H. Die Papiere werden in der Zeit von April 1999 bis Januar 2003 fällig.
Die Beschwerdeführerin zu 2. ist ein Versicherungsunternehmen. Sie verfügte am 31. Dezember 1991 über einen Gesamtbestand von steuerbefreiten Wertpapieren in Höhe von (nominal) 178,9 Mio. DM, die sie ab dem Jahr 1965 erworben hat; deren Fälligkeiten fallen größtenteils in die Zeit von 2003 bis 2012. Der Buchwert dieser Papiere lag nach Angaben der Beschwerdeführerin zu 2. Ende 1990 bei 184,5 Mio. DM. Sie richtet ihre Verfassungsbeschwerde in erster Linie gegen die Aufhebung von § 3a Abs. 1 Nr. 1 EStG; zwei Drittel der von ihr gehaltenen Papiere sind ihren Angaben zufolge Sozialpfandbriefe.
2. Die Beschwerdeführerinnen sind der Auffassung, bereits die Aufhebung der Steuerbefreiung durch das StÄndG 1992 verletze – unabhängig von noch zu erlassenden steuerlichen Vollziehungsakten – unmittelbar ihre Rechte aus Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG sowie Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.
a) Durch die Besteuerung verringere sich die Nettorendite für den Rest der zum Teil noch beträchtlichen Laufzeiten im Vergleich zu neu ausgegebenen Wertpapieren wesentlich. Der Schwerpunkt der wirtschaftlich nachteiligen Folgen liege darüber hinaus in einem drastischen Kursverfall der Anleihen. Nach Wiederaufnahme der Börsennotierung hätten die Kurse bei durchschnittlich unter 70 v.H. gelegen. Die Beschwerdeführerin zu 1.a) trägt vor, sie habe die Wertpapiere auf Grund langfristiger Renditeberechnungen erworben. Wegen der hohen Ertragsteuerbelastung sei die Anlage in niedrigverzinsliche steuerbefreite Sozialpfandbriefe und Kommunalschuldverschreibungen im Vergleich zu tarifbesteuerten Wertpapieren günstiger gewesen. Nunmehr verbleibe ihr bei einem mit 5 v.H. verzinsten Wertpapier eine durchschnittliche jährliche Rendite von etwa 2 v.H. nach Steuern, während Ende 1991 auf dem Kapitalmarkt für vergleichbare nichtsteuerbefreite Pfandbriefe und Kommunalobligationen eine Rendite in Höhe von 3,5 v.H. nach Steuern zu erzielen gewesen sei. Insgesamt hätten die Kurse der von ihr gehaltenen Papiere Ende 1991 um 1.065.088,50 DM unter dem Nominalwert gelegen, was einen Wertberichtigungsbedarf von 1,193 Mio. DM nach sich ziehe; in Höhe der Abschreibungen von insgesamt 1,294 Mio. DM sei ein Bilanzverlust entstanden. Sie sehe sich vor die Entscheidung gestellt, entweder die Papiere zum Kurswert zu verkaufen, den Erlös in höherverzinsliche Papiere zu investieren und dabei den wirtschaftlichen Schaden sofort zu realisieren oder die Papiere bis zur Endfälligkeit zu halten, sodass sich der Schaden durch die Besteuerung der Erträge auf die Jahre bis zur Fälligkeit der Wertpapiere verteile.
Die Beschwerdeführerin zu 1.b) trägt vor, der Kurs ihrer Sozialpfandbriefe sei von durchschnittlich 105,6 v.H. (Stand: März 1991) auf 81 v.H. (Stand: 31. Dezember 1991) gefallen; der daraus folgende Verlust belaufe sich auf 58.400 DM. Laufzeitbezogen summierten sich die Zinsmindereinnahmen unter Zugrundelegung einer Einkommensteuerbelastung von über 50 v.H. auf mehr als 46.000 DM.
Nach Angaben der Beschwerdeführerin zu 2. hat sich bei ihr zum 31. Dezember 1991 infolge des Kursverfalls auf durchschnittlich 78 v.H. ein Abschreibungsbedarf in Höhe von 45 Mio. DM ergeben, dessentwegen im Jahr 1991 als Kapitalanlageergebnis vor Steuern ein Verlust von 10,2 Mio. DM ausgewiesen worden sei. Ende Juni 1992 hätten die Kurse ihrer Papiere weiterhin durchschnittlich bei ca. 78 v.H. gelegen; bei einigen Wertpapieren habe der Wertverlust über 35 v.H. betragen.
b) Die Beschwerdeführerinnen sind der Auffassung, die nachträglich eingeführte Besteuerung der Zinsen aus § 3a-Anleihen beeinträchtige nicht nur ihre allgemeine Handlungsfreiheit, sondern verletze auch ihr Eigentum in unverhältnismäßiger Weise; sie sehen den Schutzbereich der Eigentumsgarantie außer durch Beeinträchtigung des Wertpapiers und des darin verbrieften Zinsanspruchs durch eine Beeinträchtigung des Vermögens als Ganzes sowie des Tauschwerts der Wertpapiere betroffen. Die nach Maßgabe des Steuertatbestands auferlegte Steuerschuld sei bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer keine auf ein bestimmtes Objekt zugreifende Substanzteilhabe, sondern lediglich eine an ein bestimmtes Steuerobjekt anknüpfende Wertsummenverpflichtung. Bei Wertpapieren könne die eigentumsrechtliche Bestands- und Gebrauchsgarantie nicht ohne Rücksicht auf den Tauschwert formuliert werden, da geldwerte Forderungen keinen davon lösbaren, unabhängigen Bestands- und Gebrauchswert besäßen; ihr Wert selbst sei als Substanz der geldwerten Forderung des Wertpapiers und damit des Eigentums anzusehen.
Angesichts einer Minderung des Werts um ein Drittel sei die Erheblichkeitsschwelle für Substanzbeeinträchtigungen überschritten. Die Aufhebung der Steuerbefreiung belaste das Vermögen unmittelbar und zielgerichtet; die als Reaktion des Kapitalmarkts mittelbar bewirkte, dem Staat aber zurechenbare Wertbeeinträchtigung wirke sich als Eingriff in das Stammrecht und die Substanz aus, weil er die Funktion des Eigentums treffe, einen vermögensrechtlichen Freiraum zu sichern. Die Aufhebung der Steuerbefreiung sei zur Beseitigung ungerechtfertigter Steuervorteile ungeeignet, weil solche Vorteile bei den Beschwerdeführerinnen nicht vorlägen. Sie selbst seien nie begünstigt worden, weil sich erst durch die Steuerfreiheit eine marktgerechte Rendite ergeben habe. Da sich das Steuerprivileg nur auf bereits ausgegebene Wertpapiere bezogen habe, sei die Aufhebung auch zur Setzung eines ordnungspolitischen Signals ungeeignet. Mit ihr würden bei den Anlegern auch keine Subventionen abgebaut, weil Begünstigte der Regelung des § 3a EStG in erster Linie die Bauherren und deren Mieter gewesen seien. Infolge der Inkongruenz der Laufzeiten von Darlehen und Anleihen sei es nach Rückzahlung der zinsbegünstigten Wohnungsbaudarlehen zu einer Verschiebung des Subventionierungseffekts hin zu den Realkreditinstituten gekommen.
Selbst wenn man die Steuerfreiheit als formale Verschonungssubvention gegenüber den Anlegern ansehe, sei mit ihrer Aufhebung keine Kürzung von im engeren Sinne gegenleistungsfreien vermögenswerten Zuwendungen des Staates an Privatpersonen erfolgt. Herstellung von Lastengleichheit komme als Rechtfertigung der Aufhebung nicht in Betracht, weil die Steuerbefreiung im Wesentlichen eine staatliche Prämie für die niedrige Verzinsung dargestellt habe und insofern weitgehend aufgewogen worden sei. Zwar könne die Besteuerung der Anleihen zur Vermehrung staatlicher Einnahmen noch als geeignet angesehen werden, auch wenn die Erreichung dieses Zwecks durch den Wertberichtigungsbedarf bilanzierender Anleger in Frage gestellt werde und es zweifelhaft sei, ob der dadurch verursachte Steuerausfall bei Tilgung der Anleihen durch die Besteuerung der Erträge, die mit der Auszahlung zum Nominalwert anfallen, wieder ausgeglichen werden könne. Auch könne Art. 1 Nr. 4 StÄndG 1992 als eine Regelung angesehen werden, die der Steuervereinfachung und der Verbesserung der Steuerstruktur diene. Die Aufhebung der Steuerbefreiung sei jedoch nicht erforderlich, weil die Abschöpfung des den Wertpapieremittenten zufließenden subventionsgleichen Vorteils sachgerechter gewesen wäre. Der Gesetzgeber hätte die Belastung der Anleger zumindest durch Ausgleichsansprüche gegen die Wertpapieremittenten mildern müssen. Im Übrigen sei die Streichung von § 3a EStG unproportional, da sie nicht in einem vernünftigen Verhältnis zu dem gegebenen Anlass und dem Zweck der Einnahmenbeschaffung stehe. Sie führe zu einer unzumutbaren Einschränkung der Verfügungsfreiheit über die Anleihen, weil der Wegfall der Steuerfreiheit mittelbaren Zwang auslöse, zur Unzeit über das Wertpapier zu verfügen.
c) Die mit der Aufhebung verbundene Rückwirkung erfülle nicht die Anforderungen verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes. Die Beschwerdeführerinnen hätten beim Erwerb die Steuerbefreiung als einen die marktgerechte Nettorendite der Anleihen bewirkenden Faktor zu Grunde gelegt und auf deren Fortbestand vertraut. In diesem Vertrauen seien sie durch Erklärungen der Bundesregierung mehrfach bestätigt worden. Dieses Vertrauen sei schutzwürdig; wer in festverzinsliche Wertpapiere investiere, müsse von der Dauerhaftigkeit der die Anleihen bestimmenden Faktoren ausgehen können. Nur wenn die Rahmenbedingungen verlässlich seien, könne das Eigentum seine verfassungsrechtlich gewährleistete Funktion erfüllen. Das Vertrauen sei auch durch eine nunmehr fast 40 Jahre bestehende Praxis, auf die sich der Kapitalmarkt eingestellt habe, bestätigt worden. Darüber hinaus hätten die Anleger den Zweck einer ausschließlich öffentlichen Zielen dienenden, wirtschaftslenkenden Steuernorm erfüllt, woraus sich eine erhöhte Schutzwürdigkeit des dadurch geschaffenen Besitzstandes ergebe. Die Investition in niedrigverzinsliche Anlagen sei nur unter der Voraussetzung einer laufzeitbezogenen Steuerfreiheit wirtschaftlich sinnvoll gewesen. Aus diesem Gegenseitigkeitsverhältnis dürfe sich der Gesetzgeber nicht einseitig lösen, ohne seinen Verpflichtungen den Anlegern gegenüber nachgekommen zu sein.
d) Die Aufhebung der Steuerfreiheit verletze Art. 3 Abs. 1 GG, weil sie wesentlich verschiedene Sachverhalte derselben Rechtsfolge unterwerfe. Während sich Kurs und Zinssatz normaler Wertpapiere unter Kalkulation der von vornherein bestehenden steuerlichen Belastung am Markt entwickelten, seien die niedrigverzinslichen Sozialpfandbriefe wesentlich durch die laufzeitbezogene Steuerbefreiung mitbestimmt. Die ertragsteuerliche Gleichstellung mit anderen Schuldverschreibungen habe keinen sachlich rechtfertigenden Grund. Verfassungsrechtlicher Vertrauensschutz werde ergänzt durch ein aus dem Willkürverbot folgendes Konsequenzgebot, wonach sich der Rechtsstaat ohne hinlänglich gewichtige Gründe des Gemeinwohls nicht zu eigenem Verhalten in Widerspruch setzen dürfe.
III.
Zu den Verfassungsbeschwerden haben sich der Bundesminister der Finanzen namens der Bundesregierung und der Präsident des Bundesfinanzhofs geäußert.
1. Der Bundesminister der Finanzen hält die Verfassungsbeschwerden wegen unterlassener Inanspruchnahme fachgerichtlichen Rechtsschutzes für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.
Der Gesetzgeber habe bei der Festlegung von Steuerbefreiungstatbeständen und deren Aufhebung einen weiten Gestaltungsspielraum und könne nicht gehindert sein, einmal gewährte Steuerbefreiungen wieder zu beseitigen. Der Schutzbereich der Eigentumsfreiheit sei nicht eröffnet, weil die Verpflichtung zur Zahlung von Einkommensteuer die Betroffenen nicht übermäßig belaste und ihre Vermögensverhältnisse nicht grundlegend beeinträchtige. Soweit der Kurswert der Anleihen gesunken sei, handele es sich um eine dem Gesetzgeber nicht zurechenbare Reaktion des Kapitalmarkts. Der Wegfall der Steuerbefreiung sei jedenfalls ein geeignetes, notwendiges und angemessenes Mittel zu der aus Gründen des öffentlichen Interesses gebotenen Verbesserung staatlicher Einnahmen. Die steuermindernde Wirkung der Teilwertabschreibung bei den im Betriebsvermögen verbleibenden Anlagen werde im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit dadurch ausgeglichen, dass in Höhe der Differenz zwischen wertberichtigtem Buchwert und Nennbetrag ein zu versteuernder außerordentlicher Ertrag entstehe. Betriebliche Anleger seien nicht aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen, die Anleihen zu veräußern und den Kursverfall zu realisieren; sie könnten diese bis zur Fälligkeit behalten und dann zum Nennwert einlösen.
Die bei Erwerb der Wertpapiere gehegte Erwartung, die Steuerfreiheit werde auch über das Jahr 1991 hinaus Fortbestand haben, sei verfassungsrechtlich nicht geschützt. Auch nicht-endfällige Anleihen seien steuerbegünstigt gewesen, für deren Inhaber auf der Hand liege, dass sie nicht mit einem immer währenden Vertrauensschutz rechnen könnten. Zweiterwerbern hätte zudem bewusst sein müssen, dass die Intensität des Vertrauens in den Fortbestand der Steuerfreiheit mit zunehmender Dauer an Schutzwürdigkeit einbüße; für den Fall einer grundlegenden Änderung der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen habe nicht mit einer unbeschränkten Weitergeltung des Vertrauensschutzes gerechnet werden können.
Ersterwerber der nach § 3a EStG steuerbefreiten Wertpapiere hätten seinerzeit keine höher rentierlichen steuerbaren Wertpapiere am deutschen Kapitalmarkt erwerben können. Soweit die Intensität des Vertrauensschutzes schon bei Ersterwerbern eingeschränkt sei, verdiene das Vertrauen weiterer Erwerber keinen darüber hinausgehenden Schutz.
Der Wegfall der Steuerfreiheit habe die Beschwerdeführerinnen nicht in unverhältnismäßiger Weise getroffen. Kursverluste führten zu keinem zusätzlichen Nachteil, sondern spiegelten nur wirtschaftlich den Wegfall der Steuerfreiheit wider. Die von betrieblichen Anlegern vorgenommene Teilwertabschreibung sei kein Ausdruck eines über den Wegfall der Steuerfreiheit hinausgehenden Wertverlusts, sondern verschaffe den Anlegern zusätzliche Liquidität und wirke sich wirtschaftlich wie eine zinslose Steuerstundung aus. Die Steuerbefreiung sei vom Gesetzgeber ebenso wenig dauerhaft garantiert worden wie die Höhe der tariflichen Steuer.
Eine Inanspruchnahme der Emittenten der § 3a-Papiere komme nicht in Betracht, weil deren Erträge bereits nach geltendem Recht sachgerecht besteuert würden. Die den Beschwerdeführerinnen durch Wegfall der Steuerbefreiung verbleibenden Nachteile seien vor dem Hintergrund der Belastungen und Einschnitte zu werten, die allen Bevölkerungsschichten auf Grund der veränderten gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen abverlangt würden. Art. 1 Nr. 4 StÄndG 1992 verstoße auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz; das Einkommensteuerrecht knüpfe an die Höhe der Einkünfte an und unterwerfe diese einem für alle Steuerpflichtigen geltenden Tarif. Umstände, die für das Zustandekommen der Einkünfte Bedeutung haben könnten, blieben für die Bemessung der Einkommensteuer außer Betracht
2. Der Präsident des Bundesfinanzhofs hat eine Stellungnahme des I. Senats des Bundesfinanzhofs vorgelegt. Dieser hält Art. 1 Nr. 4 StÄndG 1992 für verfassungskonform. § 3a EStG sei als eine Zuwendung gewährende Norm des Wirtschaftslenkungsrechts nur so lange mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Gebot der Gleichbehandlung aller Steuerpflichtigen vereinbar gewesen, als Gründe des Gemeinwohls eine solche Ausnahmeregelung gerechtfertigt hätten; solche Gründe seien spätestens am 1. Januar 1955 weggefallen. Niemand könne darauf vertrauen, dass Subventionen immer und uneingeschränkt auch für die Zukunft erhalten blieben. Dies gelte für die Beschwerdeführerinnen in besonderer Weise, da sie die unter § 3a EStG fallenden Wertpapiere erst nach 1963 erworben hätten; zu diesem Zeitpunkt habe allen Steuerpflichtigen bekannt sein müssen, dass der die Vorschrift des § 3a EStG ursprünglich rechtfertigende Grund nicht mehr vorgelegen habe.
Entscheidungsgründe
B.
Die Verfassungsbeschwerden sind unzulässig, soweit sie sich gegen die Aufhebung von § 3a Abs. 1 Nr. 2 bis 4 EStG richten; es fehlt an einem hinreichend substantiierten Vorbringen zum Umfang des Besitzes festverzinslicher Wertpapiere im Sinne dieser Vorschriften und damit an der Darlegung rechtlicher Betroffenheit.
Soweit sich die Verfassungsbeschwerden gegen die Aufhebung von § 3a Abs. 1 Nr. 1 EStG richten, sind sie jedenfalls unbegründet.
C.
Soweit die Verfassungsbeschwerden zulässig sind, verletzt Art. 1 Nr. 4 StÄndG 1992 die Beschwerdeführerinnen nicht in ihren von der Verfassung geschützten Rechten. Die Aufhebung der Steuerfreiheit für Sozialpfandbriefe ist eine verhältnismäßige und die Erfordernisse verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes wahrende Beschränkung ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit und ihres Rechts auf Gleichbehandlung im Steuerrecht.
I.
Soweit im Hinblick auf das Wertpapier und die darin verbrieften Rechte, bei denen es sich um konkrete vermögenswerte Rechtspositionen handelt, der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG eröffnet ist (vgl. BVerfGE 83, 201 ≪208≫), kann ein Eingriff in die Eigentumsfreiheit nicht festgestellt werden.
1. Der durch hoheitlichen Steuerzugriff mittelbar verursachte Kursverlust der Sozialpfandbriefe führt nicht zu einer Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG.
Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistet das Recht, Sach- und Geldeigentum zu besitzen, zu nutzen, es zu verwalten und darüber zu verfügen (vgl. BVerfGE 97, 350 ≪370≫). Eine allgemeine Wertgarantie vermögenswerter Rechtspositionen kann aus dieser Vorschrift nicht abgeleitet werden. Der Tauschwert vermögenswerter Rechte unterfällt für sich genommen nicht dem Schutzbereich der Eigentumsfreiheit (vgl. Wieland, in: Dreier, GG, Bd. 1, Art. 14 Rn. 49; Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 5. Aufl., Art. 14 Rn. 24). Hoheitlich bewirkte Minderungen des Tausch- oder Marktwertes eines Eigentumsgutes berühren daher in der Regel nicht das Eigentumsgrundrecht (vgl. Papier, in: Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art. 14 Rn. 164).
Dies gilt grundsätzlich auch für den Marktwert von Wertpapieren. Er wird vom Finanzmarkt, insbesondere von der Renditeerwartung und dem Nachfrageverhalten potentieller Anleger bestimmt. Von Art. 14 Abs. 1 GG geschützt ist nicht dieser Wert, sondern seine Grundlage in Gestalt des Wertpapiers und der darin verbrieften Forderungen. Der durch die Aufhebung von § 3a EStG eingetretene Kurs- und Wertverlust bewirkt daher auch als mittelbare Folge des staatlichen Steuerzugriffs keinen Eingriff in die verfassungsrechtlich verbürgte Eigentumsgarantie. Die Wertveränderung wäre nur dann vom Schutzbereich der Eigentumsfreiheit tatbestandlich erfasst, wenn die Beschwerdeführerinnen zur Aufopferung, d.h. zur Aufgabe ihrer Wertpapiere gezwungen würden, weil dann die individuelle Zuordnung des Wertpapiereigentums zum privatnützig handelnden Eigentümer aufgehoben wäre.
Die Aufhebung des § 3a EStG führt jedoch nicht zu einer substantiellen Entwertung der Sozialpfandbriefe, die materiell einem Entzug der Eigentumsposition vergleichbar wäre. Der Marktwert ist zwar nicht unbeträchtlich unter den ursprünglichen Nennwert und den Wert zum Zeitpunkt des Eigentumserwerbs der Beschwerdeführerinnen gesunken. Die Einlösungsgarantie als vertraglich gebundene Zusage der Rückzahlung der Anleihe zu einem bestimmten Zeitpunkt und damit die wesentliche Grundlage dieser vermögenswerten Rechtsposition ist aber ebenso wenig beeinträchtigt wie der vertraglich garantierte Zinsanspruch im Verhältnis zwischen Wertpapiergläubiger und -schuldner. Als Eigentumssubstanz ist lediglich der im Wertpapier niedergelegte Kapitalstamm geschützt.
Bei Kapitalerträgen ist auf der Grundlage des bürgerlichen Rechts zwischen Kapitalstamm und Zinsen zu unterscheiden (vgl. BVerfGE 50, 57 ≪105≫). Die Besteuerung von Zinserträgen als Folge der Aufhebung des § 3a EStG greift nicht auf die Substanz des angelegten Kapitals, sondern lediglich auf die Kapitalzinsen als unmittelbare Rechtsfrüchte im Sinne von § 99 Abs. 2 BGB zu.
Dass die Sozialpfandbriefe nach Eintritt des Wertverlustes nur noch mit einem Kursverlust veräußert werden können, beeinträchtigt ihre Verfügbarkeit am Markt grundsätzlich nicht. Ein Markt für den Handel mit solchen Wertpapieren besteht nach wie vor; er ist den Beschwerdeführerinnen nicht genommen worden. Die Besteuerung der Zinsen aus Sozialpfandbriefen führt lediglich zu einem Renditeverlust, der aber die Verfügungsmöglichkeiten über das Papier unberührt lässt. Eine angemessene Nutzung bleibt auch nach Aufhebung der Steuerbefreiung möglich, da die Wertpapiere mit der Aussicht stetiger Wertsteigerung bis zum Fälligkeitszeitpunkt gehalten und dann zum Nominalwert eingelöst werden können.
2. Soweit die Zinsforderung als im Wertpapier verbrieftes Recht vom Schutzbereich der Eigentumsfreiheit umfasst ist, ist eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG nicht ersichtlich. Die Beschwerdeführerinnen haben weder geltend gemacht noch ist erkennbar, dass die Besteuerung der Zinserträge nach den allgemein geltenden ertragsteuerlichen Regelungen verfassungswidrig ist. Art. 14 Abs. 1 GG wird durch die Auferlegung von öffentlich-rechtlichen Geldleistungspflichten, die den Pflichtigen nicht übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse nicht grundlegend beeinträchtigen, nicht verletzt (stRspr; vgl. BVerfGE 78, 232 ≪243≫; 82, 159 ≪190≫). Dass sich die Aufhebung von § 3a Abs. 1 EStG für die Beschwerdeführerinnen im Einzelfall erdrosselnd ausgewirkt hätte, ist nicht ersichtlich.
3. Das gesetzliche Angebot einer Steuerverschonung ist keine durch Einsatz von Arbeit oder Kapital erworbene Rechtsposition und folglich kein Eigentum im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG (stRspr; vgl. BVerfGE 18, 392 ≪397≫; 97, 67 ≪83≫). Darüber hinaus bieten die vorliegenden Verfahren keinen Anlass zu entscheiden, auf Grund welcher Maßstäbe und wie im Einzelnen die im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG gezogenen verfassungsrechtlichen Grenzen der staatlichen Besteuerungsgewalt zu bestimmen sind. Steuergesetze sind in ihrer freiheitsbeschränkenden Wirkung jedenfalls an Art. 2 Abs. 1 GG zu messen (vgl. BVerfGE 87, 153 ≪169≫; 93, 121 ≪137≫), der insbesondere im Rahmen der Verhältnismäßigkeitskontrolle hinreichenden Spielraum für die Gewichtung der Freiheitsbeeinträchtigung und des rechtfertigenden öffentlichen Interesses läßt. Eine Verkürzung verfassungsrechtlicher Freiheitsgarantien ist damit nicht verbunden.
II.
Soweit danach der Eingriff in die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit der Beschwerdeführerinnen in erster Linie an den rechtsstaatlichen Prinzipien der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes zu messen ist, genügt Art. 1 Nr. 4 StÄndG 1992 diesen Anforderungen.
1. a) Steuergesetze greifen in die allgemeine Handlungsfreiheit gerade in deren Ausprägung als persönliche Entfaltung im vermögensrechtlichen und – hier nicht betroffen – im beruflichen Bereich ein (vgl. BVerfGE 87, 153 ≪169≫; 93, 121 ≪137≫). Die Aufhebung einer objektiven Steuerbefreiung ist jedenfalls am Maßstab des Art. 2 Abs. 1 GG zu messen; dies gilt unbeschadet der Feststellung einer konkreten steuerlichen Belastung in einem bestimmten Veranlagungszeitraum. Folge der Aufhebung von § 3a EStG ist, dass die Sozialpfandbriefzinsen für die verbleibende Laufzeit in individuell jeweils unterschiedlicher Höhe der Einkommens- und Körperschaftsbesteuerung unterliegen. Dies bedeutet eine Vermögensminderung der Beschwerdeführer, die in Kursverlusten ihren Ausdruck findet.
Daneben enthalten der Kursverlust der Wertpapiere und sein möglicher bilanztechnischer Niederschlag in Wertberichtigungen keinen zusätzlichen – mittelbaren oder faktischen – Eingriff. Die geschmälerte Rendite der Papiere wird über den freien Kapitalmarkt und seine Mechanismen durch einen verringerten Kurs ausgeglichen, der bei Absinken unter den Nominalwert bei Fälligkeit einen Gewinn in Höhe der Differenz zwischen Nominalwert und Kurswert verspricht. Der bereits im Vorfeld der Aufhebung von § 3a EStG eingetretene Kursverfall nimmt nur den Nachteil vorweg, den die Beschwerdeführerinnen dadurch erleiden, dass die betroffenen Wertpapiere ab dem Veranlagungszeitraum 1992 der vollen Ertragbesteuerung unterliegen. Da die Anleger bei Endfälligkeit den Kapitalstamm in Höhe des Nennbetrags des Wertpapiers zurückerhalten, realisiert sich eine über die Renditeverkürzung hinausgehende zusätzliche Belastungswirkung durch Kursverlust nicht. Werden die betroffenen Wertpapiere vor Fälligkeit veräußert, dann ist der unter dem Nominalbetrag liegende Kurswert nur ein Maß für die durch die Besteuerung möglicherweise noch zu erwartende Renditeverkürzung. Soweit der Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit daher bereits in der durch Besteuerung der Zinsen zu erwartenden Ertragsminderung Gestalt annimmt, können sich die Beschwerdeführerinnen auf den Kursverlust als marktgerechten Ausdruck dieser Belastungswirkung nicht zusätzlich berufen.
b) Hebt der Gesetzgeber im Einkommensteuerrecht eine steuerbefreiende Ausnahmeregelung auf, dann ist diese Entscheidung in der Regel nicht neben der Belastungsgrundentscheidung auf ihre Verhältnismäßigkeit zu prüfen. Entschließt sich der Steuergesetzgeber zur Streichung einer wirtschafts- oder sozialpolitisch motivierten begünstigenden Lenkungsnorm, weil der Lenkungszweck erreicht oder sonst entfallen ist, so ist die dadurch für die Zukunft wiederhergestellte Regelbelastung der betroffenen Adressatengruppe für sich genommen grundsätzlich mit Art. 2 Abs. 1 GG, insbesondere mit den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit vereinbar. Die Aufhebung einer Steuerbefreiung dient dazu, steuerliche Vorteile für einzelne Steuerpflichtige zu beseitigen. Der Abbau einer nicht mehr gerechtfertigten Steuersubvention bezweckt damit die folgerichtige Ausgestaltung der steuergesetzlichen Belastungsgründe (vgl. BVerfGE 81, 108 ≪118≫) und wird so auch im Hinblick auf die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit grundsätzlich durch einen hinreichenden Legitimationsgrund getragen. Genügt die Belastungsgrundentscheidung den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, dann kann für die Entscheidung, einen Steuerpflichtigen durch Aufhebung einer Steuerbefreiung nach den grundsätzlich gleichen Belastungsprinzipien zu besteuern, in der Regel nichts anderes gelten.
Ob und in welchen Fällen die Aufhebung einer steuerbefreienden Ausnahmeregelung gesondert am Maßstab der Verhältnismäßigkeit zu prüfen ist, bedarf im vorliegenden Verfahren keiner Klärung. Denn auch wenn man der Auffassung der Beschwerdeführerinnen folgt, dass im Hinblick auf die Besonderheiten der Sozialpfandbriefe eine eigenständige Prüfung am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geboten ist, kann ein Verstoß nicht festgestellt werden.
2. a) Die Aufhebung von § 3a EStG ist zur Mehrung des Steueraufkommens und damit zur Verbesserung der staatlichen Finanzen geeignet. Bei der Feststellung der Eignung ist ein weiter prognostischer Spielraum des Gesetzgebers zu beachten. Ihm obliegt die Einschätzung der Lage und der zukünftigen Entwicklung sowie der Zwecktauglichkeit des Mittels (vgl. BVerfGE 30, 250 ≪262 f.≫; 50, 57 ≪102≫).
Nach den Entwürfen zum StÄndG 1992 rechneten die Bundesregierung (BTDrucks 12/1368 vom 25. Oktober 1991) und die sie seinerzeit tragende Parlamentsmehrheit, die einen inhaltsgleichen Gesetzesentwurf vorgelegt hatte (BTDrucks 12/1108 vom 3. September 1991), mit Steuermehreinnahmen allein für die ersten fünf Jahre in Höhe von 560 Mio. DM, denen einmalige Steuerausfälle wegen Wertberichtigungen in Höhe von 450 Mio. DM entgegenstanden. Der Finanzausschuss hat diese Erwartung geteilt (BTDrucks 12/1506 vom 7. November 1991).
Die Bemessung der zu erwartenden Steuermehreinnahmen unter Berücksichtigung des anfallenden Wertberichtigungsbedarfs ist eine prognostische Wertung des Steuergesetzgebers, die nur eingeschränkter verfassungsgerichtlicher Prüfung unterliegt; sie erweist sich im vorliegenden Fall als nachvollziehbar und vertretbar. Dies gilt insbesondere für die Erwartung des Gesetzgebers, die durch Wertberichtigungen eintretenden Steuerausfälle könnten teilweise dadurch wieder ausgeglichen werden, dass bei betrieblichen Anlegern bei Endfälligkeit des Wertpapiers außerordentliche Erträge in Höhe der Differenz zwischen wertberichtigtem Kurs und Nennbetrag anfallen, die ihrerseits der Besteuerung unterliegen.
Daneben ist die Aufhebung zur Vereinfachung des Einkommensteuerrechts geeignet, da § 3a EStG als Ausnahmevorschrift zu den Regelungen über die Besteuerung der Kapitalerträge zu einer weiteren Komplizierung dieses Rechtsgebiets geführt hatte (vgl. Kanzler, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, 21. Aufl., § 3a EstG Rn. 3; Grieger, DStZ – Ausgabe A – 1952, S. 385, 386). Letztendlich ist die Aufhebung der Steuerbefreiung auch geeignet, ein ordnungspolitisches Signal dahingehend zu setzen, festverzinsliche Wertpapiere vergleichbarer Art in Zukunft nicht mehr zu begünstigen. Die Signalwirkung zielte hierbei nicht auf die Inhaber bereits ausgegebener Wertpapiere, sondern betraf den Kapitalmarkt, insbesondere die Emittenten festverzinslicher Anleihen. Dies war schon deshalb geeignet, weil im Hinblick auf die durch die Wiedervereinigung verursachten finanziellen Lasten öffentlich über eine steuerliche Begünstigung nach dem Sozialpfandbriefmodell, etwa in Form einer sog. Deutschland-Anleihe oder durch Aufbaupfandbriefe zur Lösung von Wohnungsproblemen, diskutiert wurde (vgl. nur Linda, DW 1991, S. 274 f.).
b) Gemessen an diesen Zwecken musste der Gesetzgeber keine anderen gleich wirksamen, die Grundrechte der Beschwerdeführerinnen nicht oder doch fühlbar weniger einschränkende Mittel ergreifen. Dabei ist besonders zu berücksichtigen, dass es sich bei der Aufhebung von § 3a EStG und der dadurch verursachten Einengung des Freiheitsraums für die im Wertpapiersektor Tätigen um eine Maßnahme mit wirtschaftsordnendem Charakter handelt, bei der dem Steuergesetzgeber hinsichtlich der Auswahl und der technischen Ausgestaltung eine weit bemessene Gestaltungsfreiheit zukommt. In solchen Fällen kann die Erforderlichkeit der Maßnahme nur dann verneint werden, wenn bei dem als Alternative vorgeschlagenen geringeren Eingriff in jeder Hinsicht eindeutig feststeht, dass er einen bestimmten Zweck sachlich gleichwertig erreicht (vgl. BVerfGE 30, 292 ≪319≫; 81, 70 ≪90 f.≫). Solche Alternativen sind im Rahmen der Zielsetzungen des Steuergesetzgebers für eine Aufhebung der Steuerbefreiung hier nicht ersichtlich.
c) Die Aufhebung von § 3a Abs. 1 Nr. 1 EStG verstößt auch nicht gegen das Übermaßverbot (Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne); eine Gesamtabwägung der öffentlichen, im Gemeinwohl stehenden Belange mit den privaten Interessen der Beschwerdeführerinnen ergibt, dass deren Rechte nicht in einer außer Verhältnis zu den Zielen der Aufhebung stehenden Weise unverhältnismäßig beeinträchtigt werden. Die Aufhebung der Steuerbefreiung stellt keine besonders schwer wiegende Belastung betroffener Anleger dar, weil die Einkommensbesteuerung dem allgemeinen Steuertarif unterliegt und sich an der jeweiligen individuellen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen orientiert.
3. Die Aufhebung der Steuerfreiheit verstößt auch nicht gegen die verfassungsrechtlichen Gewährleistungen des Vertrauensschutzes. Die Aufhebung von § 3a EStG hält sich noch im Rahmen einer verfassungsrechtlich zulässigen tatbestandlichen Rückanknüpfung („unechte” Rückwirkung) einer Norm des Steuerrechts.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedarf es vor dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes einer besonderen Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolgen eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert. Der Bürger wird in seinem Vertrauen auf die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als einer Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen enttäuscht, wenn der Gesetzgeber an bereits abgeschlossene Tatbestände im Nachhinein ungünstigere Folgen knüpft als diejenigen, von denen der Bürger bei seinen Dispositionen ausgehen durfte (vgl. BVerfGE 30, 272 ≪285≫; 45, 142 ≪168≫). Der Einzelne wäre in seiner Freiheit erheblich gefährdet, wenn die öffentliche Gewalt an sein Verhalten im Nachhinein belastendere Rechtsfolgen knüpfen dürfte, als sie zum Zeitpunkt seines rechtserheblichen Verhaltens galten (stRspr, vgl. BVerfGE 72, 200 ≪257 f.≫; 97, 67 ≪78≫).
Belastende Steuergesetze – dazu gehören auch solche, die eine Vergünstigung einschränken oder aufheben (vgl. Tipke/Lang, Steuerrecht, Köln 1998, § 4 Rn. 171; Offerhaus, DB 2001, S. 556, 557) – dürfen ihre Wirksamkeit daher grundsätzlich nicht auf bereits abgeschlossene Tatbestände erstrecken (vgl. BVerfGE 13, 261 ≪271≫) oder schutzwürdiges Vertrauen ohne hinreichende Rechtfertigung anderweitig enttäuschen (vgl. BVerfGE 72, 200 ≪254≫). Es ist in jedem Einzelfall zu ermitteln, inwieweit und mit welchem Gewicht das Vertrauen in die bestehende günstige Rechtslage schützenswert ist und ob die öffentlichen Belange, die eine nachteilige Änderung rechtfertigen, dieses Vertrauen überwiegen.
b) Die Aufhebung der Steuerfreiheit für Sozialpfandbriefzinsen genügt diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen. Sie stellt eine tatbestandliche Rückanknüpfung dar, bei der das Interesse des Staats und des gemeinen Wohls die schutzwürdigen Interessen der Beschwerdeführerinnen an einem Fortbestand der ihnen günstigen Rechtslage überwiegen.
aa) Art. 1 Nr. 4 StÄndG 1992 ist an den verfassungsrechtlichen Maßstäben einer tatbestandlichen Rückanknüpfung zu messen (vgl. auch Beyer, WM 1994, S. 489, 490; Isensee, FS für Franz Klein, Köln 1994, S. 611, 627). Dieser Rückwirkungstatbestand betrifft den sachlichen Anwendungsbereich einer Norm und ist gegeben, wenn – im Gegensatz zur Rückbewirkung von Rechtsfolgen („echte” Rückwirkung) – die Rechtsfolgen eines Gesetzes erst nach Verkündung der Norm eintreten, ihr Tatbestand aber Sachverhalte erfasst, die bereits vor der Verkündung „ins Werk gesetzt” wurden (vgl. BVerfGE 31, 275 ≪292 ff.≫; 72, 200 ≪242≫). Art. 1 Nr. 4 StÄndG 1992 erfasst ein Geschehen, das bereits vor Verkündung dieser Norm in Gang gesetzt wurde, aber noch nicht abgeschlossen war, da die Laufzeiten der betroffenen Papiere über den Veranlagungszeitraum 1992 hinausreichen. Als maßgeblicher, einem Vertrauenstatbestand zu Grunde liegender Sachverhalt ist auf den Zeitpunkt des Erwerbs der Wertpapiere durch die Beschwerdeführerinnen abzustellen; dieser lag durchweg vor 1992. Mit dem Erwerb von Sozialpfandbriefen haben sie eine wirtschaftlich motivierte Disposition getroffen unter Inanspruchnahme des Grundrechts der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG.
bb) § 3a Abs. 1 Nr. 1 EStG war als im Zeitpunkt der Anlagedisposition geltendes Parlamentsgesetz Grundlage des von den Beschwerdeführerinnen betätigten Vertrauens. Ist ein Sachverhalt durch die Rechtsordnung geregelt, so bezieht der Einzelne in seine Überlegungen auch die Erwartung ein, dass diese Regelung für die Zukunft verbindlich bleibt (vgl. Muckel, Kriterien des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes bei Gesetzesänderungen, 1989, S. 81; Hahn, Zur Rückwirkung im Steuerrecht, 1987, S. 59 ff.). Gesetze gelten – anders als Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen – über den Einzelfall hinaus und versprechen wegen dieser Allgemeingültigkeit grundsätzlich ein hohes Maß an Beständigkeit. Durch die Steuergesetzgebung werden Rahmenbedingungen gesetzt, die ein geordnetes Wirtschaften ermöglichen.
Die Vertrauensgrundlage war im Fall der Steuerbefreiung von Sozialpfandbriefzinsen dadurch verstärkt, dass es sich bei § 3a Abs. 1 Nr. 1 EStG ursprünglich um eine steuerrechtliche Lenkungsvorschrift handelte, durch die Anleger gezielt zum Erwerb dieser Wertpapiere veranlasst werden sollten. Das privatwirtschaftliche Gewinnstreben der Anleger wurde vom Staat als Mittel eingesetzt, um wirtschaftspolitische und soziale Ziele zu verwirklichen. Die Beschwerdeführerinnen haben, auch wenn es sich bei ihnen nicht um Ersterwerber vor 1955 handelt, die Sozialpfandbriefe in Kenntnis der Steuerbefreiung erworben und im Rahmen ihres Rentabilitätskalküls darauf vertraut, dass diese bis zum Ende der jeweiligen Laufzeiten bestehen bleibe. Die Steuerfreiheit der aus diesen Papieren zu erwirtschaftenden Erträge war maßgeblicher Bestandteil ihrer Kalkulation. Ohne die Steuerfreiheit der Kapitalerträge hätten sie unter Zugrundelegung wirtschaftlicher Vernunft zum Erwerbszeitpunkt vermutlich eine andere Investitionsentscheidung getroffen.
cc) Das Vertrauen der Beschwerdeführerinnen auf einen Fortbestand der Vergünstigung bis zur Endfälligkeit der Wertpapiere war durch unterschiedliche Äußerungen von öffentlichen Stellen teilweise verstärkt, teilweise aber auch abgeschwächt worden.
Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens konnte entstehen oder sich verstärken, soweit die Beschwerdeführerinnen endfällige Sozialpfandbriefe in der Zeit zwischen dem 21. Dezember 1967 (BTDrucks V/2423 vom 21. Dezember 1967, S. 80 f.) und der Verkündung des StÄndG 1992 erworben haben. Für diesen Zeitraum können Umstände für eine Stärkung der Schutzwürdigkeit aus den Subventionsberichten der Bundesregierung hergeleitet werden, die ausdrücklich feststellen, dass eine Aufhebung von § 3a EStG „unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes” und zur Vermeidung von Rückwirkungen auf den Rentenmarkt nicht möglich und dass in der Begründung zum Ersten Kapitalmarktförderungsgesetz in Aussicht gestellt worden sei, die Steuervergünstigung für die gesamte Laufzeit der Anleihen bestehen zu lassen. Diese Auffassung hat die Bundesregierung noch in der Sitzung des Deutschen Bundestages im Dezember 1982 öffentlich bekräftigt (StenBer, 135. Sitzung, 8. Dezember 1982, S. 8348 f.; vgl. auch Keßler, DB 1984, S. 1111, 1114). Die Erklärungen waren, auch wenn es sich nicht um solche des Parlaments als Steuergesetzgeber handelte, grundsätzlich geeignet, die durch § 3a Abs. 1 Nr. 1 EStG geschaffene Vertrauensgrundlage zu verstärken. Jedoch ist bei der Abwägung im Rahmen des Vertrauensschutzes zu berücksichtigen, dass es sich hierbei um bloße Rechtsansichten der Bundesregierung handelte und nicht um Aussagen, die gezielt getätigt worden sind, um Anleger zu einer bestimmten Disposition zu bewegen.
Das Vertrauen von Erwerbern in einen Fortbestand von § 3a Abs. 1 Nr. 1 EStG war demgegenüber vor entsprechenden Verlautbarungen der Bundesregierung nicht oder jedenfalls nicht in diesem Umfange geschützt; dies trifft auf die Beschwerdeführerin zu 1.b) zu, die ihre Sozialpfandbriefe 1963 erwarb. Insoweit fehlt es am schutzwürdigen Vertrauen, das sich – auch angesichts der Entstehungsgeschichte von § 3a EStG – lediglich allgemein auf den Fortbestand der geltenden Rechtslage zu richten vermag.
Die allgemeine Erwartung des Bürgers, das geltende Recht werde unverändert fortbestehen, ist verfassungsrechtlich jedoch nicht geschützt (vgl. BVerfGE 68, 193 ≪222≫; 38, 61 ≪83≫); dies gilt auch im Bereich des Steuerrechts. Steuerpflichtige können grundsätzlich nicht darauf vertrauen, dass der Gesetzgeber steuerliche Vergünstigungen, die er zu sozial- oder wirtschaftpolitischen Zwecken gewährt, uneingeschränkt auch für die Zukunft aufrecht erhält. Insbesondere dann, wenn die beeinträchtigte Rechtsposition auf staatlicher Gewährung beruht, geht der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz nicht so weit, den Steuerpflichtigen vor jeder Enttäuschung zu bewahren (vgl. BVerfGE 48, 403 ≪416≫). Die Gewährung vollständigen Schutzes zu Gunsten des Fortbestehens der bisherigen Rechtslage würde den dem Gemeinwohl verpflichteten demokratischen Gesetzgeber in wichtigen Bereichen lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung im Hinblick auf einen Wandel der Lebensverhältnisse in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen (vgl. BVerfGE 76, 256 ≪348≫).
Steuerrechtliche Dispositionsbedingungen bilden zwar vom Tag der Entscheidung an eine Vertrauensgrundlage, auf die der Steuerpflichtige sein steuerlich geregeltes Verhalten stützt (vgl. BVerfGE 97, 67 ≪80≫). In den vorliegenden Verfahren bedarf es keiner abschließenden Entscheidung über die zeitlichen Grenzen einer solchen Vertrauensgrundlage. Denn jedenfalls bei unbefristeten und über Jahrzehnte wirkenden Steuervergünstigungen kann der Steuerpflichtige sich nicht darauf berufen, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht mehr zu seinen Lasten verändert werden dürften.
Schützenswertes Vertrauen in den Fortbestand einer steuerrechtlichen Vergünstigung kann sich jedenfalls nicht über die zeitlichen Vorgaben des gesetzlichen Tatbestands und seines Schutzzwecks hinaus erstrecken. Es ist insoweit vorliegend nicht ersichtlich, dass bereits in der Begründung zum Ersten Kapitalmarktförderungsgesetz das Bestehen der Steuerfreiheit für die gesamte Laufzeit der Anleihen in Aussicht gestellt worden sei. Ein dahingehendes Vertrauen von Anlegern wäre jedenfalls bis zu den erwähnten Verlautbarungen der Bundesregierung nicht schutzwürdig gewesen.
Die Gesetzesbegründung zu § 3a Abs. 1 EStG enthält den abschließenden Hinweis, die Steuerbefreiung werde solange nicht aufgehoben, wie der Erlös der Wertpapiere zweckentsprechend verwendet werde und die Zeichnungsbedingungen unverändert fortbestünden (BTDrucks 1/3596 vom 10. Juli 1952, S. 7). Zwar bezieht sich die entsprechende Passage der Gesetzesbegründung ihrer systematischen Stellung nach zunächst nur auf die in § 3a Abs. 1 Nr. 4 EStG steuerbefreiten Zinsen aus bestimmten festverzinslichen Wertpapieren, deren Verwendung als besonders förderungswürdig anerkannt worden war. Auch dem Wortlaut nach („solange der Erlös der Wertpapiere dem Verwendungszweck entsprechend verwendet wird”) besteht ein spezifischer Bezug zunächst zu § 3a Abs. 1 Nr. 4 EStG. Den Umständen nach zielt dieser Hinweis des Gesetzgebers auf den Vertrauensschutz von Anlegern aber über die Fälle des § 3a Abs. 1 Nr. 4 EStG hinaus auf alle steuerbefreiten festverzinslichen Wertpapiere. Eine besondere Schutzwürdigkeit des Vertrauens für die in § 3a Abs. 1 Nr. 4 EStG genannten Papiere ist gegenüber den Fällen des § 3a Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG nämlich nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber hatte bei § 3a Abs. 1 Nr. 4 EStG keine konkreten Förderzwecke im Auge, sondern die Anerkennung der Förderungswürdigkeit dem hierfür eigens eingerichteten Kapitalverkehrsausschuss übertragen. Diese Wertpapiere bildeten daher lediglich einen Auffangtatbestand für weitere von der Ertragsteuer zu befreiende Papiere und rundeten die Regelung insgesamt ab. Für die Sozialpfandbriefe enthielt sich der Gesetzgeber einer Regelung der wertpapierrechtlichen Zeichnungsbedingungen, insbesondere einer Ankopplung der Laufzeiten an die zu sichernden Wohnungsbaudarlehen. Er durfte dies dem freien Spiel der Teilnehmer am Kapitalmarkt überlassen und nahm dabei auch in Kauf, dass Wertpapiere ohne Endfälligkeitsbestimmung, sog. Ewigkeitspapiere, ausgegeben werden konnten.
Kein Anleger konnte angesichts des gesetzlichen Zwecks der Förderung des sozialen Wohnungsbaus jedoch erwarten, der Steuervorteil werde ihm um seiner selbst willen auch für den Zeitraum nach Rückzahlung der zu sichernden Wohnungsbaudarlehen und Erfüllung des Förderzwecks hinaus gewährt. Dies gilt für sog. „ewige” Sozialpfandbriefe ebenso wie für solche, bei denen die Laufzeit des Wertpapiers diejenige des Wohnungsbaudarlehens überschreitet.
Der Gesetzgeber hat mit der Ausgestaltung der Befreiungstatbestände in § 3a EStG hinreichend deutlich gemacht, dass eine Aufhebung der Steuerbefreiung vor Ablauf der Laufzeit nicht gänzlich ausgeschlossen sein werde (vgl. Schöne, WM 1993, S. 2145, 2152; OLG München, Urteil vom 22. Januar 1997 – 7 U 4544/96 –, NJW-RR 1999, S. 557, 558; LG München I, Urteil vom 9. Juli 1996 – 16 HKO 1621/96 –, WM 1997, S. 259, 261). Erwerber konnten daher vor 1967 nur darauf vertrauen, dass die Steuerbefreiung so lange nicht aufgehoben werde, wie die hingegebenen Darlehen für den sozialen Wohnungsbau verwendet werden würden. Der damit in Aussicht gestellte Zeitraum war 1992 abgelaufen.
Auch aus der Begründung zum Gesetz zur Neuordnung von Steuern vom 16. Dezember 1954 (BGBl I S. 373) geht hervor, dass der Gesetzgeber des Ersten Kapitalmarktförderungsgesetzes nicht davon ausgegangen ist, die Erträge von Sozialpfandbriefen bis zum Ende ihrer Laufzeit steuerfrei zu stellen. So heißt es in der Stellungnahme der Bundesregierung zum Änderungsvorschlag des Bundesrates, die Beibehaltung der Steuerfreiheit für Sozialpfandbriefzinsen sei ein bedeutsamer Mangel, da eine freie Entwicklung des Kapitalmarkts unmöglich sei, solange auch nur ein gegenüber anderen Wertpapieren steuerbegünstigtes Wertpapier existiere (BTDrucks 2/565 vom 31. Mai 1954, S. 12).
Eine weitere Abschwächung des in den Fortbestand der günstigen Regelung bestehenden allgemeinen Vertrauens war im Jahr 1954 eingetreten. Die Bundesregierung legte im Mai 1954 einen Gesetzentwurf zur Änderung von § 3a EStG 1953 vor (Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung steuerlicher Vorschriften zur Förderung des Kapitalmarkts vom 31. Mai 1954, BTDrucks 2/565 vom 31. Mai 1954, S. 2 ff.). Zwar sollte danach die Steuerfreiheit bei Zinsen aus schon ausgegebenen Wertpapieren unberührt bleiben (BTDrucks 2/565 vom 31. Mai 1954, S. 5 f.). Der zuständige Bundestagsausschuss für Finanz- und Steuerfragen führte jedoch in seinem schriftlichen Bericht aus, dass zwar ab dem 5. Januar 1955 keine festverzinslichen Wertpapiere mehr ausgegeben werden könnten, deren Zinsen steuerfrei seien oder bei denen die Einkommen- oder Körperschaftsteuer durch den Steuerabzug im Wege der Kuponsteuer abgegolten sei. Soweit aber bei den bis Ende 1954 ausgegebenen festverzinslichen Wertpapieren nach den bisherigen gesetzlichen Vorschriften die Zinsen von der Einkommen- oder Körperschaftsteuer befreit gewesen seien oder der Kuponsteuer unterlegen hätten, solle es dabei „bis auf weiteres sein Bewenden haben” (BTDrucks 2/961). Aus dieser für die bestehende Rechtslage maßgeblichen Entstehungsgeschichte konnte in der Folgezeit ein umsichtiger Anleger nicht den sicheren Schluß ziehen, die Steuerfreiheit der bereits vor dem 1. Januar 1955 ausgegebenen Wertpapiere sei gleichsam von der Gesetzgebungskörperschaft vorausgesetzt oder gar zugesichert worden. Die Formulierung „bis auf weiteres” war sogar im Gegenteil ein Signal für die Auffassung, dass bei einer Veränderung der Umstände durchaus auch bereits vor dem 1. Januar 1955 ausgegebene Wertpapiere in Zukunft der Steuerpflicht unterworfen werden könnten.
dd) Soweit danach das Vertrauen der Beschwerdeführerinnen zu 1.a) und 2. in den Fortbestand von § 3a Abs. 1 Nr. 1 EStG schutzwürdig ist, überwiegt jedenfalls die Bedeutung der mit der Aufhebung der Begünstigung verbundenen Anliegen des Gesetzgebers. Dieser ist von Verfassungs wegen nicht grundsätzlich daran gehindert, die steuerlichen Folgen eines in der Vergangenheit liegenden, von schützenswertem Vertrauen getragenen Verhaltens für die Zukunft zu verschärfen und auf veränderte soziale Gegebenheiten mit einer Änderung des Normenwerks zu reagieren. Solche Änderungen dürfen allerdings nicht ohne sachlichen Grund erfolgen und sich über höher zu gewichtendes schutzwürdiges Vertrauen nicht hinwegsetzen (vgl. BVerfGE 72, 200 ≪254≫). Die vom Gesetzgeber hierbei zu beachtenden Grenzen ergeben sich aus einer Abwägung zwischen dem Ausmaß des durch die Gesetzesänderung verursachten Vertrauensschadens und der Beeinträchtigung der geschützten Grundrechtspositionen des Einzelnen einerseits und der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Gemeinwohl andererseits (vgl. BVerfGE 43, 291 ≪391≫; 67, 1 ≪15≫; 75, 246 ≪280≫). Gesetze, auf die ein schutzwürdiges Vertrauen des Einzelnen gegründet wird, dürfen nicht ohne besondere und überwiegende Gründe des öffentlichen Interesses rückwirkend geändert werden (vgl. Badura, Staatsrecht, 2. Aufl. 1996, S. 273); der Einzelne kann sich jedoch dann nicht auf Vertrauensschutz berufen, wenn das Vertrauen auf den Fortbestand einer ihm günstigen Regelung eine Rücksichtnahme durch den Gesetzgeber billigerweise nicht beanspruchen darf (vgl. BVerfGE 63, 152 ≪175≫; 68, 287 ≪307≫).
Eine Abwägung nach diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben ergibt, dass das öffentliche Interesse an einer Aufhebung von § 3a Abs. 1 Nr. 1 EStG das schutzwürdige Vertrauen der Beschwerdeführerinnen in den Fortbestand der Begünstigung überwiegt. Die Aufhebung der Steuerbefreiung führt nicht dazu, dass in die Nutzung von Kapital und in Investitionen, die auf der Grundlage des bis dahin geltenden Steuerrechts getätigt worden sind, entwertend eingegriffen wird. Soweit die Beschwerdeführerinnen zu 1.a) und 2. Dispositionen in Millionenhöhe vorgenommen haben, verleiht allein dieser Umfang ihrem Vertrauen kein besonderes Gewicht. Auch ein in umfangreichen Dispositionen betätigtes besonderes Vertrauen in den Bestand des geltenden Rechts begründet grundsätzlich noch keinen abwägungsresistenten Vertrauensschutz (vgl. Muckel, a.a.O., S. 118). Zwar rechtfertigt das an sich wünschenswerte Bestreben nach Verwaltungsvereinfachung für sich allein nicht, ein schutzwürdiges Vertrauen des Steuerpflichtigen zurücktreten zu lassen (vgl. Friauf, Steuerrechtsänderungen und Altinvestitionen, StbJb 1986/87, S. 279, 290). Neben der Vereinfachung des Steuerrechts handelt es sich jedoch bei dem Ziel der Bewältigung der finanziellen Lasten der deutschen Wiedervereinigung um einen überragenden Belang des Gemeinwohls, hinter dem auch die Vertrauensschutzinteressen der Beschwerdeführerinnen zurückstehen müssen. Die bloße Absicht, staatliche Mehreinkünfte zu erzielen, ist allerdings für sich genommen noch kein den Vertrauensschutz betroffener Steuerpflichtiger regelmäßig überwindendes Gemeinwohlinteresse, weil dieses Ziel durch jedes, auch durch sprunghaftes und willkürliches Besteuern erreicht würde (vgl. Friauf, a.a.O., S. 289; Kirchhof, DStR 1979, S. 263, 278). Das Interesse des Staates, durch die Änderung von Steuergesetzen unerwartete Mindereinnahmen auszugleichen oder bestimmte Lenkungseffekte des Steuerrechts zu korrigieren, ist hingegen ein wichtiger Gemeinwohlbelang.
Der Steuergesetzgeber fand 1992 eine in diesem Umfang nicht vorhergesehene und vorhersehbare Haushaltsbelastung vor. Die Streichung von § 3a EStG diente damit neben anderen Zielen der Mitfinanzierung der durch Änderungen der politischen Lage hervorgerufenen neuen Aufgaben. Bei der Bewältigung der durch die Wiedervereinigung anfallenden enormen Kosten durfte der Gesetzgeber sich im Rahmen seines Gestaltungsspielraums auch über das an sich schützenswerte Vertrauen betroffener Anleger hinwegsetzen.
Das Kriterium der Übergangsgerechtigkeit gebietet nicht, für die Aufhebung der Steuerbegünstigung des § 3a EStG eine schonende Übergangsregelung zu treffen. Es war sachgerecht, die Reform auch für Altfälle übergangslos durchzusetzen, weil es sich um auslaufende Lebenssachverhalte handelte. Ohne eine Streichung hätten die gesetzgeberischen Ziele der Vereinfachung des Steuerrechts nicht hinreichend zeitnah erreicht werden können.
Ob eine Übergangsregelung für sog. „ewige” Sozialpfandbriefe verfassungsrechtlich geboten gewesen wäre, muss hier nicht entschieden werden. Für diese Fälle, in denen die Streichung der Steuervergünstigung zu unzumutbaren Ergebnissen führen kann, weil der Renditeverlust auf Dauer und kein Rückzahlungsanspruch besteht, ergibt sich jedenfalls eine Ausgleichsmöglichkeit nach einfachem Recht in Form einer Anpassung des Begebungsvertrags nach den zivilrechtlichen Grundsätzen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage (vgl. OLG Köln, Urteil vom 28. Dezember 1994 – 2 U 74/94 – WM 1995, S. 971, 974 ff.).
Die mit der Aufhebung verbundene tatbestandliche Rückanknüpfung enthält weder eine grundlegende Neuregelung von bisher geltenden Strukturen des Steuerrechts noch gestaltet sie die Dispositionsgrundlagen der Betroffenen tief greifend um. Sie beseitigt eine Steuerbegünstigung, die sowohl im geltenden Steuerrecht wie auch in der freien Ordnung des Kapitalmarkts exemtorischen Charakter hat.
III.
Die Aufhebung von § 3a Abs. 1 Nr. 1 EStG verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.
1. Der Gleichheitssatz ist im Steuerrecht als Grundsatz der Steuergerechtigkeit bereichsspezifisch ausgeprägt; er verlangt, dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet werden. Die Besteuerungsgleichheit gewinnt ihre Konturen erst aus der Eigenart der Steuer als Gemeinlast, die alle Inländer nach ihrem Einkommen, Vermögen und ihrer Nachfragekraft zur Finanzierung der allgemeinen Staatsaufgaben heranzieht. Art. 3 Abs. 1 GG fordert steuerliche Lastengleichheit, also die im Belastungserfolg gleiche Besteuerung des gesetzlich bestimmten Steuergegenstandes (vgl. BVerfGE 84, 239 ≪271≫; 96, 1 ≪6≫; 99, 280 ≪289≫). Die Besteuerung ist damit an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen auszurichten (vgl. BVerfGE 61, 319 ≪343 f.≫; 82, 60 ≪86≫; 89, 346 ≪352≫). Als horizontale Steuergleichheit gebietet der Gleichheitssatz, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit gleich hoch zu besteuern (vgl. BVerfGE 99, 246 ≪260≫). Der Steuergesetzgeber hat bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Spielraum und ist in der Gestaltung hinsichtlich der Erschließung von Steuerquellen weitgehend frei (vgl. BVerfGE 81, 108 ≪117 f.≫). Will er eine bestimmte Steuerquelle erschließen, andere hingegen nicht, dann ist der allgemeine Gleichheitssatz solange nicht verletzt, wie die Differenzierung auf sachgerechten Erwägungen, insbesondere finanzpolitischer, volkswirtschaftlicher, sozialpolitischer oder steuertechnischer Natur, beruht (vgl. BVerfGE 49, 343 ≪360≫; 50, 386 ≪392≫; 65, 325 ≪354≫). Das Gleiche gilt beim Abbau von Steuervergünstigungen, besonders, wenn dieser Abbau im Rahmen eines Gesamtprogramms erfolgt, dessen Ziel die Herstellung eines ausgeglichenen Haushalts ist (vgl. BVerfGE 81, 108 ≪117≫).
2. Mit der Aufhebung von § 3a EStG hat der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen dieser Gestaltungsfreiheit nicht überschritten. Darüber hinaus ist es nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts zu prüfen, ob der Steuergesetzgeber die zweckmäßigste und gerechteste Lösung gefunden hat (vgl. BVerfGE 52, 277 ≪280 f.≫; 68, 287 ≪301≫; 81, 108 ≪117 f.≫). Zwar ist der Schutzbereich von Art. 3 Abs. 1 GG vorliegend eröffnet, weil sich die Wertpapiere des § 3a Abs. 1 Nr. 1 EStG durch ihren im Vergleich zu steuerbaren festverzinslichen Wertpapieren herabgesetzten Zinssatz wesentlich unterscheiden und es sich hierbei um eine mittelbare Folge staatlicher Wirtschafts- und Steuerpolitik handelt. Dass dieser Umstand Auswirkungen auf die Rendite der betroffenen Wertpapiere hat, ist aber nicht derart bedeutsam, dass der Steuergesetzgeber ihn hätte beachten und die Steuervergünstigung beibehalten müssen. Denn Bemessungsgrundlage für die einkommensteuerliche Belastung ist die Höhe des Kapitalertrags, nicht die Rentabilität des Wertpapiers. Die Aufhebung von § 3a EStG stand im Rahmen eines steuerlichen Gesamtprogramms, dessen Ziel die Herstellung eines ausgeglichenen Haushalts und die finanzielle Bewältigung der im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung und dem sich verdichtenden europäischen Einigungsprozess entstehenden neuen Aufgaben war. Daneben waren steuertechnische Erwägungen wie eine Vereinfachung und Harmonisierung des Steuerrechts maßgebend. Die Streichung einer steuerlichen Begünstigung und die damit verbundene Anwendung des allgemeinen Steuertarifs führen grundsätzlich keine Ungleichheit herbei, sondern stellen im Gegensatz größere Gleichheit her (vgl. BVerfGE 81, 108 ≪118≫).
Das steuerrechtliche Gebot der Folgerichtigkeit in der Umsetzung einmal getroffener Belastungsentscheidungen (vgl. BVerfGE 23, 242 ≪256≫; 84, 239 ≪271≫; 93, 121 ≪136≫) ist durch Art. 1 Nr. 4 StÄndG 1992 nicht verletzt. § 3a Abs. 1 Nr. 1 EStG diente der Durchsetzung finanzmarkt- und wohnungsbaupolitischer Interessen des Staates. Der Steuergesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Neuordnung von Steuern vom 16. Dezember 1954 folgerichtig den Kreis der steuerbegünstigten Wertpapiere auf die vor dem 1. Januar 1955 ausgegebenen beschränkt, weil er die finanzmarktpolitischen Ziele zu diesem Zeitpunkt für erreicht hielt. Eine vollständige Aufhebung der Steuerbefreiung zu diesem Zeitpunkt hätte angesichts des starken Volumens der ausgegebenen Papiere Auswirkungen auf den Markt der festverzinslichen Wertpapiere mit sich gebracht, die den schon erreichten Effekt der Gesundung des Finanzmarkts gestört hätten. Zudem befand sich die Neugestaltung der langfristigen Finanzierung im sozialen Wohnungsbau noch in der Aufbauphase (BTDrucks 2/565 vom 31. Mai 1954, S. 6). Zum Zeitpunkt der Aufhebung von § 3a EStG waren hingegen auch die wohnungsbaupolitischen Ziele erledigt, nachdem die gesicherten Wohnungsbaudarlehen bis Ende der 80er-Jahre zurückgezahlt waren. Es ist daher auch vor dem Hintergrund der einstigen Belastungsentscheidung, die sich für die Beschwerdeführerinnen als Begünstigung darstellte, nicht widersprüchlich, wenn die Steuersubvention nach Erreichen der steuerlichen Lenkungszwecke aufgehoben wird. Eine Pflicht zur zukünftigen Differenzierung im Sinne einer Beibehaltung der Steuervergünstigung lässt sich der Verfassung nicht entnehmen.
Unterschriften
Präsidentin Limbach ist aus dem Amt ausgeschieden. Hassemer, Sommer Richter Broß ist an der Unterschrift gehindert. Hassemer, Jentsch, Hassemer, Osterloh, Di Fabio, Mellinghoff
Fundstellen
BFH/NV Beilage 2002, 151 |
HFR 2002, 831 |