Verfahrensgang
BGH (Beschluss vom 13.02.2007; Aktenzeichen XI ZR 237/06) |
BGH (Beschluss vom 12.09.2006; Aktenzeichen XI ZR 429/04) |
OLG Stuttgart (Urteil vom 26.06.2006; Aktenzeichen 6 U 203/03) |
LG Tübingen (Urteil vom 19.08.2005; Aktenzeichen 7 O 588/04) |
OLG Stuttgart (Urteil vom 23.11.2004; Aktenzeichen 6 U 101/03) |
LG Stuttgart (Urteil vom 09.05.2003; Aktenzeichen 8 O 543/02) |
Tenor
Die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
Die Verfassungsbeschwerden betreffen die aus der verfassungsrechtlichen Bindung des Richters an das Gesetz folgenden Grenzen der richtlinienkonformen Auslegung von Vorschriften des nationalen Rechts.
A.
I.
1. § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften vom 16. Januar 1986 in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung (BGBl I S. 122; im Folgenden: Haustürwiderrufsgesetz ≪HWiG≫) räumte dem Verbraucher bei bestimmten Verträgen das Recht zum Widerruf seiner auf den Abschluss des Vertrages gerichteten Willenserklärung ein, wenn er zum Vertragsschluss durch mündliche Verhandlungen an seinem Arbeitsplatz oder im Bereich einer Privatwohnung bestimmt worden war (sogenannte Haustürgeschäfte). Der deutsche Gesetzgeber hatte das Haustürwiderrufsgesetz zeitlich und weitgehend inhaltlich parallel zu den Beratungen und zur Verabschiedung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (ABl Nr. L 372/31; im Folgenden: Haustürgeschäfterichtlinie) erlassen.
Ein Widerrufsrecht normierte auch § 7 Abs. 1 des Verbraucherkreditgesetzes vom 17. Dezember 1990 (BGBl I S. 2840; im Folgenden: Verbraucherkreditgesetz ≪VerbrKrG≫), und zwar für Verbraucher nach dem Abschluss eines Verbraucherkreditvertrages. Das Verbraucherkreditgesetz setzte die Richtlinie 87/102/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit (ABl 1987 Nr. L 42/48) in deutsches Recht um (vgl. BTDrucks 11/5462, S. 1).
a) Das Verhältnis zwischen Haustürwiderrufsgesetz und Verbraucherkreditgesetz beziehungsweise dessen Vorgängerregelung, dem Abzahlungsgesetz, regelte § 5 Abs. 2 HWiG, der in seiner ursprünglichen Fassung lautete:
Umgehungsverbot; Unabdingbarkeit
(1) […]
(2) Erfüllt ein Geschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 zugleich die Voraussetzungen eines Geschäfts nach dem Gesetz betreffend die Abzahlungsgeschäfte, nach § 11 des Gesetzes über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile und über die Besteuerung der Erträge aus ausländischen Investmentanteilen, nach § 23 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften oder nach § 4 des Gesetzes zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht, so sind nur die Vorschriften dieser Gesetze anzuwenden.
(3) […]
Nach der Gesetzesbegründung sollte § 5 Abs. 2 HWiG dem Umstand Rechnung tragen, dass neben dem Haustürwiderrufsgesetz auch andere Gesetze, wie etwa das Abzahlungsgesetz, besondere Widerrufsrechte vorsahen, die unberührt bleiben sollten (vgl. BTDrucks 10/2876, S. 14). Der Anwendungsbereich des Widerrufsrechts nach dem Abzahlungsgesetz und dem Gesetz zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht sei insofern weiter, als er auch andere Geschäfte als Haustürgeschäfte umfasse. Das ebenfalls von § 5 Abs. 2 HWiG in Bezug genommene Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften und das Gesetz über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile und über die Besteuerung der Erträge aus ausländischen Investmentanteilen hingegen regelten zwar ein Widerrufsrecht nur für Haustürgeschäfte im Sinne auch des Haustürwiderrufsgesetzes, enthielten jedoch eine längere Widerrufsfrist sowie Sonderregelungen über die Rückabwicklung nach Widerruf. Bei diesen Sonderregelungen solle es insgesamt verbleiben.
b) Am 1. Januar 1991 löste das Verbraucherkreditgesetz das Abzahlungsgesetz ab. § 7 Abs. 1 VerbrKrG übernahm das befristete Widerrufsrecht für Warenkredite aus dem Abzahlungsgesetz und dehnte es mit gewissen Modifizierungen auf Verbrauchergeldkredite aus (vgl. BTDrucks 11/5462, S. 21).
Bedingt durch diese Ablösung erhielt die Vorschrift des § 5 HWiG die für den Ausgangsrechtsstreit maßgebliche Fassung, die bis zum Außerkrafttreten des Haustürwiderrufsgesetzes am 1. Januar 2002 galt:
Umgehungsverbot; Unabdingbarkeit
(1) Dieses Gesetz findet auch Anwendung, wenn seine Vorschriften durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden.
(2) Erfüllt ein Geschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 zugleich die Voraussetzungen eines Geschäfts nach dem Verbraucherkreditgesetz, nach § 11 des Gesetzes über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile und über die Besteuerung der Erträge aus ausländischen Investmentanteilen, nach § 23 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften oder nach § 4 des Gesetzes zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht, so sind nur die Vorschriften dieser Gesetze anzuwenden.
(3) […]
Ausweislich der Gesetzesbegründung musste der ursprüngliche Verweis auf das Abzahlungsgesetz in § 5 Abs. 2 HWiG durch einen Verweis auf die Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes ersetzt werden, da § 5 Abs. 2 HWiG ansonsten auf das außer Kraft getretene Abzahlungsgesetz Bezug genommen hätte. Für Haustürgeschäfte, die zugleich die Merkmale eines Verbraucherkreditgeschäfts erfüllten, werde der Vorrang des Verbraucherkreditgesetzes bestimmt (vgl. BTDrucks 11/5462, S. 30).
Gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG fand das Widerrufsrecht des § 7 VerbrKrG bei Realkrediten keine Anwendung. In der Begründung zum Entwurf des Verbraucherkreditgesetzes, der Realkredite noch vollständig vom Anwendungsbereich des Verbraucherkreditgesetzes ausnehmen wollte, heißt es, das Widerrufsrecht passe nicht zu grundpfandrechtlich gesicherten Darlehen, weil es die taggenaue Refinanzierung vieler Realkredite, die eine Grundlage für deren günstige Finanzierung darstellte, erheblich gefährde (vgl. BTDrucks 11/5462, S. 18).
Demgegenüber legte der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (jetzt Gerichtshof der Europäischen Union; im Folgenden: Europäischer Gerichtshof ≪EuGH≫) auf einen Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs nach Art. 234 EG (jetzt Art. 267 AEUV) (BGH, Beschluss vom 30. November 1999 – XI ZR 91/99 –, NJW 2000, S. 521 ff.) die Haustürgeschäfterichtlinie dahin aus, dass auch der Darlehensnehmer eines Realkredits über die in der Richtlinie geregelte Widerrufsmöglichkeit verfügen können müsse (Urteil vom 13. Dezember 2001, Rs. C-481/99, Heininger, Slg. 2001, S. I-9945 ff.).
Der Bundesgerichtshof legte daraufhin § 5 Abs. 2 HWiG „richtlinienkonform einschränkend” aus (vgl. BGHZ 150, 248 ≪253≫). Kreditverträge gehörten danach insoweit nicht zu den Geschäften, die im Sinne des § 5 Abs. 2 HWiG „die Voraussetzungen eines Geschäfts nach dem Verbraucherkreditgesetz erfüllen”, als das Verbraucherkreditgesetz kein gleich weit reichendes Widerrufsrecht wie das Haustürwiderrufsgesetz einräume. Der Verweis in § 5 Abs. 2 HWiG greife nur dann, wenn im konkreten Fall auch das Verbraucherkreditgesetz ein Widerrufsrecht gewähre. Werde das Widerrufsrecht – etwa gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG – ausgeschlossen oder sei es nach den Regelungen des Verbraucherkreditgesetzes bereits erloschen, bleibe es bei der Anwendbarkeit des § 1 HWiG.
Der Bundesgerichtshof hielt dabei den Wortlaut von § 5 Abs. 2 HWiG für „nicht eindeutig” und daher die Norm für auslegungsfähig (BGHZ 150, 248 ≪254≫). Im Rahmen seines Auslegungsspielraums sah sich der Bundesgerichtshof gezwungen, eine richtlinienkonforme Auslegung gemäß dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 13. Dezember 2001 (a.a.O.) vorzunehmen, wonach der Ausschluss einer Widerrufsmöglichkeit bei Realkrediten unvereinbar mit der Haustürgeschäfterichtlinie ist. Darüber hinausgehend sah der Bundesgerichtshof einen Wertungswiderspruch darin, für Realkredite weitergehende Widerrufsmöglichkeiten als für Personalkredite anzunehmen. Daher erstreckte er die vorgenommene richtlinienkonforme einschränkende Auslegung von § 5 Abs. 2 HWiG auf Personalkredite. Nur dies werde auch dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 13. Dezember 2001 (a.a.O.) gerecht, das sich zwar im Tenor auf Realkredite beschränke, nach seinen Gründen jedoch keinen Zweifel daran lasse, dass die Widerrufsmöglichkeit nach der Haustürgeschäfterichtlinie auf alle Kreditverträge anwendbar sei, sofern eine Haustürsituation vorliege (BGHZ 150, 248 ≪258 f.≫).
2. a) Die Beschwerdeführerin, eine Bank in der Rechtsform einer eingetragenen Genossenschaft, gewährte der Beklagten des Ausgangsverfahrens, das dem Verfassungsbeschwerdeverfahren zu I. zugrunde lag, im Jahre 1991 zur Finanzierung des Erwerbs von Immobilienanteilen eines geschlossenen Immobilienfonds ein Darlehen in Höhe von 105.384 DM. Der Darlehensvertrag enthielt den Hinweis, dass dann, wenn der Darlehensnehmer das Darlehen empfangen habe, der Widerruf als nicht erfolgt gelte, wenn das Darlehen nicht binnen zweier Wochen entweder nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Darlehens zurückbezahlt werde. Dieser Hinweis entsprach § 7 Abs. 3 VerbrKrG. Die Beklagte des Ausgangsverfahrens kündigte ihre Fondsbeteiligungen zum 31. Dezember 2002 und widerrief ihre auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung mit Schreiben vom 30. April 2002. Sie berief sich auf eine Haustürsituation beim Abschluss des Darlehensvertrages nach § 1 HWiG und auf eine fehlende Belehrung über das Widerrufsrecht nach § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG. Die Beschwerdeführerin kündigte das Darlehen im Oktober 2002 und stellte es fällig, weil die Beklagte seit Ende 2001 keine Darlehenszinsen mehr bezahlt hatte.
b) Das Landgericht Stuttgart wies die auf Rückzahlung des Darlehens gerichtete Klage der Beschwerdeführerin mit dem angegriffenen Urteil vom 9. Mai 2003 ab.
Die Beschwerdeführerin könne den Darlehensbetrag nicht von der Beklagten des Ausgangsverfahrens zurückfordern. Diese habe ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung mit dem Schreiben vom 30. April 2002 wirksam widerrufen. Auf den Darlehensvertrag sei das Haustürwiderrufsgesetz anzuwenden. Dies folge aus § 5 Abs. 2 HWiG. Soweit es darin heiße, dass bei Geschäften, die zugleich die Voraussetzungen eines Geschäftes nach dem Verbraucherkreditgesetz erfüllten, nur die Voraussetzungen dieses Gesetzes anzuwenden seien, müsse die Norm konform der Haustürgeschäfterichtlinie dahingehend ausgelegt werden, dass Darlehensverträge § 5 Abs. 2 HWiG nicht unterfielen, soweit das Widerrufsrecht des Verbraucherkreditgesetzes nicht so weit reiche wie dasjenige des Haustürwiderrufsgesetzes. So liege der Fall hier, da das Widerrufsrecht des § 7 Abs. 1 VerbrKrG gemäß § 7 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG spätestens nach einem Jahr erlösche, während das Widerrufsrecht des § 1 HWiG bei fehlender oder fehlerhafter Belehrung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG noch bis einen Monat nach beiderseitiger vollständiger Erbringung der Leistungen ausgeübt werden könne.
Diese Auslegung des § 5 Abs. 2 HWiG entspreche der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs. Über den Bereich des jenen Entscheidungen zugrunde liegenden Realkredits hinaus sei auch bei Personalkrediten – wie im hier vorliegenden Fall – die richtlinienkonforme Auslegung des § 5 Abs. 2 HWiG geboten. Die somit erforderliche Belehrung sei vorliegend nicht gemäß dem § 2 Abs. 1 HWiG erfolgt, da die Belehrung der Beschwerdeführerin den unzulässigen Hinweis enthalten habe, dass dann, wenn der Darlehensnehmer das Darlehen empfangen habe, der Widerruf als nicht erfolgt gelte, wenn er das Darlehen nicht binnen zwei Wochen entweder nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Darlehens zurückbezahle. Diese Belehrung habe aber gleichzeitig auch den Vorgaben des Verbraucherkreditgesetzes nicht entsprochen, da ein verbundenes Geschäft nach § 9 VerbrKrG anzunehmen sei, bei dem der Widerruf keine Darlehensrückzahlungspflicht nach § 7 Abs. 3 VerbrKrG auslöse.
c) Die mit zusätzlichen Hilfsanträgen verbundene Berufung der Beschwerdeführerin hatte nur insoweit Erfolg, als die Beklagte des Ausgangsverfahrens dazu verurteilt wurde, ihr Auseinandersetzungsguthaben aus den gekündigten Fondsanteilen an die Beschwerdeführerin abzutreten. Im Übrigen wies das Oberlandesgericht Stuttgart mit dem angegriffenen Urteil vom 23. November 2004 die Klage ab und die Berufung zurück.
Zu Recht habe das Landgericht entschieden, dass die Beklagte ihre auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung mit Schriftsatz vom 30. April 2002 wirksam nach dem Haustürwiderrufsgesetz widerrufen habe, aber nicht zur Rückzahlung der Darlehensvaluta verpflichtet sei. Der Senat schließe sich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an. Die dort vorgenommene richtlinienkonforme Auslegung des § 5 Abs. 2 HWiG folge dem verfassungsrechtlichen Gebot gemeinschaftsrechtsfreundlicher Gesetzesauslegung und greife nicht unzulässig in das Vertrauen der beteiligten Wirtschaftskreise auf eine am Wortlaut orientierte Auslegung ein. Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin habe der Bundesgerichtshof in jener Entscheidung zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen die Erstreckung der richtlinienkonformen Auslegung des § 5 Abs. 2 HWiG über die dort in Streit stehenden Realkreditverträge hinaus auch auf Personalkreditverträge vertreten. Der Bundesgerichtshof habe sich auch ausdrücklich mit den Fragen des Vertrauensschutzes und der Rückwirkung auseinandergesetzt und ein schützenswertes Vertrauen der beklagten Bank verneint. Das Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz sei nicht verfristet, weil die Widerrufsbelehrung nicht ordnungsgemäß erfolgt sei, sodass die Widerrufsfrist des § 1 Abs. 1 HWiG gemäß § 2 Abs. 1 HWiG nicht zu laufen begonnen habe.
d) Mit dem angegriffenen Beschluss vom 12. September 2006 wies der Bundesgerichtshof die von der Beschwerdeführerin eingelegte Revision zurück. Zur Begründung nahm der entscheidende Senat im Wesentlichen auf ein Schreiben seines Vorsitzenden vom 13. Juni 2006 Bezug, in dem dieser geäußert hatte, dass der Senat keinen Anlass zur Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung zu § 5 Abs. 2 HWiG sehe.
3. a) In dem der Verfassungsbeschwerde zu II. zugrunde liegenden Ausgangsverfahren gewährte die Beschwerdeführerin im Jahre 1994 den Klägern zur Finanzierung des Erwerbs von Anteilen eines geschlossenen Immobilienfonds ein Darlehen in Höhe von 107.200 DM. Im Gegenzug ließ sie sich von den Klägern zur Sicherung in gleicher Höhe deren Ansprüche gegen eine Lebensversicherung abtreten. Der Darlehensvertrag enthielt auch hier den Hinweis, dass dann, wenn die Darlehensnehmer das Darlehen empfangen hätten, der Widerruf als nicht erfolgt gelte, wenn das Darlehen nicht binnen zweier Wochen entweder nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Darlehens zurückbezahlt werde. Die Kläger des Ausgangsverfahrens widerriefen ihren Beitritt zu dem Immobilienfonds mit Schreiben vom 7. Dezember 2004. Sie beriefen sich auf eine Haustürsituation beim Abschluss des Darlehensvertrages und argumentierten, dass es an einer ordnungsgemäßen Belehrung nach § 2 Abs. 1 HWiG gefehlt habe. Sie kündigten gleichzeitig ihre Beteiligung und fochten ihre Beitrittserklärung an. Gegenüber der Beschwerdeführerin verweigerten sie die Leistung weiterer Zins- und Tilgungszahlungen und forderten sie zur Rückzahlung der von ihnen auf das Darlehen geleisteten Zahlungen auf.
b) Das Landgericht Tübingen gab der Klage auf Rückzahlung der von den Klägern auf das Darlehen geleisteten Zahlungen sowie auf Rückübertragung der zur Sicherung des Darlehens abgetretenen Ansprüche gegen die Lebensversicherung mit dem angegriffenen Urteil vom 19. August 2005 nahezu antragsgemäß statt. Das Landgericht vertrat dabei wie die Gerichte im Verfassungsbeschwerdeverfahren zu I., dass der Darlehensvertrag wirksam widerrufen werden konnte, weil infolge der notwendigen richtlinienkonformen Auslegung des § 5 Abs. 2 HWiG ein Widerrufsrecht der Darlehensnehmer nach dem Haustürwiderrufsgesetz bestanden habe.
c) Die mit Schriftsatz vom 24. November 2005 eingelegte Berufung der Beschwerdeführerin wies das Oberlandesgericht Stuttgart mit dem angegriffenen Urteil vom 26. Juni 2006 zurück. Das Oberlandesgericht Stuttgart folgte darin ebenfalls der vom Bundesgerichtshof vertretenen richtlinienkonformen Auslegung des § 5 Abs. 2 HWiG.
d) Mit Beschluss vom 13. Februar 2007 wies der Bundesgerichtshof die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen die Nichtzulassung der Revision zurück.
II.
Die Beschwerdeführerin rügt im Wesentlichen, die angegriffenen Entscheidungen verletzten sie in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG, jeweils in Verbindung mit dem Grundsatz der Gesetzesbindung der rechtsprechenden Gewalt und dem Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 3 GG.
1. Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Gebot des Vertrauensschutzes seien verletzt, da der gesetzeswidrig zugelassene Widerruf rückwirkend eigentumsrechtlich verfestigte Ansprüche der Beschwerdeführerin vernichte. Die Beschwerdeführerin habe mit Abschluss des Darlehensvertrages eine schutzwürdige Rechtsposition erlangt, die bei der Änderung der bis dahin unstrittigen, von der Rechtsprechung praktizierten Auslegung zu beachten gewesen sei. Zumindest sei eine Abwägung unter Berücksichtigung des Vertrauens in die allseits angenommene Rechtslage erforderlich gewesen. Außerdem wirke die Umdeutung des § 5 Abs. 2 HWiG auf den gewerblich geschlossenen Darlehensvertrag ein, habe damit berufsregelnde Tendenz und erfolge ohne Rechtsgrundlage.
2. Die angegriffenen Entscheidungen verletzten die Bindung des Richters an das Gesetz gemäß Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG, indem sie sich ausdrücklich über den eindeutigen Wortlaut des § 5 Abs. 2 HWiG hinwegsetzten. Diese Rechtsprechung missachte den unmissverständlichen Willen des parlamentarischen Gesetzgebers. Sie behandele § 5 Abs. 2 HWiG als eine Art dynamische Verweisung auf künftige Auslegungen von europäischen Richtlinien. Dies führe zu einer Verfehlung des nach dem Rechtsstaatsprinzip gebotenen Mindestmaßes an Bestimmtheit und Widerspruchsfreiheit des von kreditgewährenden Banken zu beachtenden Normgefüges.
Auch die richtlinienkonforme Auslegung innerstaatlichen Rechts müsse die Grenze des Wortlauts und des erkennbaren Willens des Gesetzgebers beachten. Aus dem Vorrang des Europarechts ergebe sich kein Mandat zur gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung. Eine richtlinienkonforme Gesetzesdurchbrechung und Missachtung des eindeutigen objektiven Gesetzeswillens finde auch keine Grundlage in Art. 23 Abs. 1 GG in Verbindung mit den deutschen Zustimmungsgesetzen zu den europäischen Integrationsverträgen, da die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung nach europäischem Recht nur so weit reiche wie der methodische Gestaltungsspielraum, den das nationale Recht dem Richter gebe.
3. Die angegriffenen Entscheidungen missachteten die verfassungsrechtlichen Grenzen der richtlinienkonformen Auslegung, nämlich Rechtssicherheit und Vertrauensschutz. Die rückwirkende und nicht vorhersehbare Änderung der gerichtlichen Rechtsanwendung unterliege nach Verfassungsrecht besonderen Schranken. Die Beschwerdeführerin habe sich von dem eindeutigen Wortlaut des § 5 Abs. 2 HWiG leiten lassen. Zudem habe der Bundesgerichtshof die eigenständige Bedeutung des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes bei der Umsetzung von Richtlinien im innerstaatlichen Recht übergangen, indem er das Vertrauen in eine andere als eine richtlinienkonforme Auslegung als nicht schutzwürdig qualifiziert habe.
III.
Die Bundesregierung, das Justizministerium des Landes Baden-Württemberg, der Bundesgerichtshof und das Bundessozialgericht halten die Verfassungsbeschwerden wie die Beklagte des Ausgangsverfahrens im Verfahren der Verfassungsbeschwerde zu I. für unbegründet. Der Bundesfinanzhof sieht durch die angegriffenen Entscheidungen die Grenzen einer richtlinienkonformen Auslegung bei der Anwendung innerstaatlichen Rechts als überschritten an.
Der Stellungnahme der Bundesregierung hält die Beschwerdeführerin entgegen, sie habe noch in dem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof, das zum Heininger-Urteil führte, die Auffassung vertreten, die besonderen Regelungen des Verbraucherkreditgesetzes gingen denen des Haustürwiderrufsgesetzes als leges speciales vor.
Entscheidungsgründe
B.
Die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen. Annahmegründe nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Den Verfassungsbeschwerden kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG zu, da sich die aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beantworten lassen (vgl. BVerfGE 35, 263 ≪279≫; 82, 6 ≪13 ff.≫; 88, 145 ≪166 f.≫; 96, 375 ≪394 f.≫; 118, 212 ≪243≫; 122, 248 ≪257 f.≫). Die Annahme der Verfassungsbeschwerden ist – mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg – auch nicht gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG bezeichneten Rechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerden sind teilweise unzulässig (I.), und im Übrigen unbegründet (II.).
I.
Hinsichtlich der geltend gemachten Verletzungen der Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG genügen die Verfassungsbeschwerden nicht den nach § 92, § 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG zu stellenden Anforderungen an eine hinreichend substantiierte Begründung. Für die Abgrenzung zwischen Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG ist maßgeblich, dass Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG das Erworbene, das Ergebnis einer Betätigung schützt, Art. 12 Abs. 1 GG dagegen den Erwerb, die Betätigung selbst (vgl. BVerfGE 30, 292 ≪335≫; 88, 366 ≪377≫). Die Verfassungsbeschwerden beschränken sich jedoch darauf, vorzutragen, dass die Beschwerdeführerin mit Abschluss des Darlehensvertrages eine schutzwürdige, eigentumsrechtlich verfestigte Rechtsposition erlangt habe, die bei Änderung der seinerzeit unstrittigen, von der Rechtsprechung praktizierten Auslegung zu beachten gewesen sei. Außerdem wirke die Umdeutung des § 5 Abs. 2 HWiG auf den gewerblich geschlossenen Darlehensvertrag ein, habe damit berufsregelnde Tendenz und erfolge ohne Rechtsgrundlage. Diese Ausführungen bleiben die Darlegung schuldig, worin die schutzwürdige Position genau bestehen und weshalb sie dem durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Eigentum zuzuordnen sein oder unter die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG fallen sollte. Auch wird zu einer möglichen verfassungsrechtlichen Rechtfertigung nicht Stellung genommen.
II.
Die Verfassungsbeschwerden sind, soweit sie zulässig sind, unbegründet.
Die angegriffenen Entscheidungen wahren die verfassungsrechtlichen Grenzen der richterlichen Rechtsfindung und verletzen die Beschwerdeführerin daher nicht in ihrem Recht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG.
1. Die Anwendung und Auslegung des einfachen Rechts einschließlich der Wahl der hierbei anzuwendenden Auslegungsmethode ist Sache der Fachgerichte und vom Bundesverfassungsgericht nicht umfassend auf ihre Richtigkeit zu untersuchen (BVerfGE 122, 248 ≪257 f.≫). Das Bundesverfassungsgericht beschränkt seine Überprüfung gerichtlicher Entscheidungen auf die Verletzung spezifischen Verfassungsrechts (BVerfGE 18, 85 ≪92≫; 106, 28 ≪45≫; stRspr). Soweit es um die Wahrung der richterlichen Kompetenzgrenzen aus Art. 20 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG geht, kontrolliert das Bundesverfassungsgericht, ob das Fachgericht bei der Rechtsfindung die gesetzgeberische Grundentscheidung respektiert und von den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung in vertretbarer Weise Gebrauch gemacht hat (vgl. BVerfGE 82, 6 ≪13≫; 96, 375 ≪394 f.≫; 122, 248 ≪257 f.≫; stRspr).
a) Art. 20 Abs. 2 GG verleiht dem Grundsatz der Gewaltenteilung Ausdruck. Auch wenn dieses Prinzip im Grundgesetz nicht im Sinne einer strikten Trennung der Funktionen und einer Monopolisierung jeder einzelnen bei einem bestimmten Organ ausgestaltet worden ist (vgl. BVerfGE 9, 268 ≪279 f.≫; 96, 375 ≪394≫; 109, 190 ≪252≫), schließt es doch aus, dass die Gerichte Befugnisse beanspruchen, die die Verfassung dem Gesetzgeber übertragen hat, indem sie sich aus der Rolle des Normanwenders in die einer normsetzenden Instanz begeben und damit der Bindung an Recht und Gesetz entziehen (BVerfGE 96, 375 ≪394≫; 109, 190, ≪252≫).
Diese Verfassungsgrundsätze verbieten es dem Richter zwar nicht, das Recht fortzuentwickeln (vgl. BVerfGE 49, 304 ≪318≫; 82, 6 ≪12≫; 96, 375 ≪394≫; 122, 248 ≪267≫). Anlass zu richterlicher Rechtsfortbildung besteht insbesondere dort, wo Programme ausgefüllt, Lücken geschlossen, Wertungswidersprüche aufgelöst werden oder besonderen Umständen des Einzelfalls Rechnung getragen wird (BVerfGE 126, 286 ≪306≫). Der Aufgabe und Befugnis zur „schöpferischen Rechtsfindung und Rechtsfortbildung” sind allerdings mit Rücksicht auf den aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit unverzichtbaren Grundsatz der Gesetzesbindung der Rechtsprechung Grenzen gesetzt (vgl. BVerfGE 34, 269 ≪288≫; 49, 304 ≪318≫; 57, 220 ≪248≫; 74, 129 ≪152≫). Richterliche Rechtsfortbildung darf nicht dazu führen, dass der Richter seine eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzt (vgl. BVerfGE 82, 6 ≪12≫; BVerfGK 8, 10 ≪14≫). Ein Richterspruch setzt sich über die aus Art. 20 Abs. 3 GG folgende Gesetzesbindung hinweg, wenn die vom Gericht zur Begründung seiner Entscheidung angestellten Erwägungen eindeutig erkennen lassen, dass es sich aus der Rolle des Normanwenders in die einer normsetzenden Instanz begeben hat, also objektiv nicht bereit war, sich Recht und Gesetz zu unterwerfen (vgl. BVerfGE 87, 273 ≪280≫).
b) Die Einhaltung dieser Grenzen kontrolliert das Bundesverfassungsgericht gleichermaßen und unabhängig davon, ob das anzuwendende einfache nationale Recht der Umsetzung einer Richtlinie der Europäischen Union dient oder nicht. Dem steht nicht entgegen, dass der aus Art. 4 Abs. 3 EUV folgende Grundsatz der Unionstreue alle mitgliedstaatlichen Stellen, also auch Gerichte, dazu verpflichtet, diejenige Auslegung des nationalen Rechts zu wählen, die dem Inhalt einer EU-Richtlinie in der ihr vom Europäischen Gerichtshof gegebenen Auslegung entspricht (vgl. BVerfGE 75, 223 ≪237≫). Denn die unionsrechtliche Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung verpflichtet das nationale Gericht zwar, durch „die Anwendung seiner Auslegungsmethoden” ein richtlinienkonformes Ergebnis zu erzielen (vgl. EuGH, Urteil vom 9. März 2004, verb. Rs. C-397/01 bis C-403/01, Pfeiffer u.a., Slg. 2004, S. I-8835 Rn. 116; EuGH, Urteil vom 16. Juli 2009, Rs. C-12/08, Mono Car Styling, Slg. 2009, S. I-6653 Rn. 63). Besteht ein Auslegungsspielraum, ist das nationale Gericht verpflichtet, diesen soweit wie möglich auszuschöpfen (vgl. EuGH, Urteil vom 10. April 1984, Rs. 14/83, von Colson und Kamann, Slg. 1984, S. 1891 Rn. 28; EuGH, Urteil vom 10. April 1984, Rs. 79/83, Harz, Slg. 1984, S. 1921 Rn. 28). Mehrere mögliche Auslegungsmethoden sind daher hinsichtlich des Richtlinienziels bestmöglich anzuwenden im Sinne eines Optimierungsgebotes.
Allerdings findet die Pflicht zur Verwirklichung des Richtlinienziels im Auslegungswege zugleich ihre Grenzen an dem nach innerstaatlicher Rechtstradition methodisch Erlaubten (vgl. Kadelbach, Allgemeines Verwaltungsrecht unter Europäischem Einfluss, 1999, S. 102). So verlangt auch der Europäische Gerichtshof vom nationalen Gericht nur, bei der Anwendung des innerstaatlichen Rechts dieses „soweit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zweckes” der Richtlinie auszulegen, „um das in ihr festgelegte Ergebnis zu erreichen und so Artikel 249 Absatz 3 EG [heute Art. 288 Abs. 3 AEUV] nachzukommen” (EuGH, Urteil vom 13. November 1990, Rs. C-106/89, Marleasing, Slg. 1990, S. I-4135 Rn. 8; EuGH, Urteil vom 16. Dezember 1993, Rs. C-334/92, Wagner Miret, Slg. 1993, S. I-6911 Rn. 20; vgl. bereits EuGH, Urteil vom 10. April 1984, a.a.O., Rn. 26; EuGH, Urteil vom 10. April 1984, a.a.O., Rn. 26; stRspr). Ebenso hat der Europäische Gerichtshof erkannt, dass die Pflicht zur gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung insbesondere im Grundsatz der Rechtssicherheit ihre Schranken findet und daher nicht als Grundlage für eine Auslegung des nationalen Rechts contra legem dienen darf (s. EuGH, Urteil vom 16. Juli 2009, a.a.O., Rn. 61). Ob und inwieweit das innerstaatliche Recht eine entsprechende richtlinienkonforme Auslegung zulässt, können nur innerstaatliche Gerichte beurteilen (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 11. November 2004, Rs. C-105/03, Pupino, Slg. 2005, S. I-5285 Rn. 39, m.w.N.).
Dem entspricht die in Art. 267 AEUV (früher Art. 234 EG) festgelegte Zuständigkeitsverteilung zwischen europäischer und innerstaatlicher Gerichtsbarkeit. Da der Europäische Gerichtshof danach nationales Recht weder anwenden noch auslegen kann, darf er auch nicht feststellen, ob innerstaatlich ein entsprechender Auslegungsspielraum besteht. Diese interpretatorische Autonomie hat auch der Europäische Gerichtshof bestätigt (vgl. Kadelbach, a.a.O., S. 98; EuGH, Urteil vom 9. März 2004, a.a.O., Rn. 113 und 116; EuGH, Urteil vom 16. Juli 2009, a.a.O., Rn. 63). Sowohl die Identifizierung als auch die Wahrnehmung methodischer Spielräume des nationalen Rechts obliegt – auch bei durch Richtlinien determiniertem nationalem Recht – den nationalen Stellen in den Grenzen des Verfassungsrechts.
2. Gemessen an diesen Grundsätzen verletzen die angegriffenen Gerichtsentscheidungen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 GG nicht. Die Gerichte haben im Rahmen der Rechtsfindung die gesetzgeberische Grundentscheidung respektiert (a) und die innerstaatlich vorgegebenen methodischen Grenzen nicht überschritten, da sie von den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung in vertretbarer Weise Gebrauch gemacht haben (b).
a) Die Gerichte haben im Rahmen der Rechtsfindung die gesetzgeberische Grundentscheidung respektiert, indem sie sich aus der Rolle des Normanwenders weder hinausbegeben haben noch die Grenze zu einer normsetzenden Instanz überschritten haben.
aa) Die maßgebliche gesetzgeberische Grundentscheidung, an die die Gerichte verfassungsrechtlich gebunden sind, trifft der nationale Gesetzgeber. Sie lässt sich unter anderem aus den Gesetzesmaterialien erschließen. Der Besonderheit, dass das nationale Recht unter Umständen unionsrechtlich determiniert ist, etwa weil es sich um ein Umsetzungsgesetz zu einem unionalen Rechtsakt wie einer Richtlinie handelt, kann innerstaatlich durch die Annahme Rechnung getragen werden, dass der mitgliedstaatliche Gesetzgeber im Zweifel nicht gegen seine Pflicht aus Art. 288 Abs. 3 AEUV, das Ziel der Richtlinie fristgemäß umzusetzen, verstoßen wollte.
bb) Die Fachgerichte haben in den angegriffenen Entscheidungen die gesetzgeberische Grundentscheidung respektiert. Sie haben auf die Ausführungen im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9. April 2002 (vgl. BGHZ 150, 248 ff.) Bezug genommen. In jenem Urteil legte der Bundesgerichtshof § 5 Abs. 2 HWiG dahin aus, dass die Norm die Anwendbarkeit des Haustürwiderrufsgesetzes nicht verhindere, wenn das Verbraucherkreditgesetz dem Verbraucher nicht den gleichen effektiven Schutz biete wie das Haustürwiderrufsgesetz. Der Bundesgerichtshof legte dabei die Gesetzesbegründung zu § 5 HWiG in seiner ursprünglichen Fassung zugrunde (BTDrucks 10/2876, S. 14). Der Gesetzgeber habe es danach möglicherweise als sinnvoll angesehen, jeweils das sachnähere Gesetz für anwendbar zu erklären, solange dieses einen dem Haustürwiderrufsgesetz vergleichbaren Schutz gewährleiste (vgl. BGHZ 150, 248 ≪255≫).
In der vom Bundesgerichtshof zitierten Stelle der Gesetzesbegründung heißt es, dass gesetzliche Regelungen über ein Widerrufsrecht auch in anderen Gesetzen, unter anderem im Abzahlungsgesetz, bestünden und diese besonderen gesetzlichen Vorschriften unberührt bleiben sollten. Hinsichtlich unter anderem des Abzahlungsgesetzes beruhe dies darauf, dass der Anwendungsbereich des Widerrufsrechts bei diesen Gesetzen insofern weiter sei, als er auch andere Geschäfte als Haustürgeschäfte umfasse. Das Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften etwa wiederum regle zwar ein Widerrufsrecht nur für Haustürgeschäfte im Sinne auch des Haustürwiderrufsgesetzes, enthalte jedoch eine längere Widerrufsfrist sowie Sonderregelungen über die Rückabwicklung nach Widerruf. Bei diesen Sonderregelungen solle es insgesamt verbleiben (BTDrucks 10/2876, S. 14). Diesen Aussagen des Gesetzgebers lässt sich kein klares Regelungskonzept etwa in dem Sinne entnehmen, dass den Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes immer und ausnahmslos der Vorrang vor den Regelungen des Haustürwiderrufsgesetzes zukommen sollte. Die Erwähnung von deren weiterem Anwendungsbereich oder der längeren Widerrufsfrist als Grund für den Verweis auf Widerrufsrechte in anderen Gesetzen lässt aber den Schluss zumindest vertretbar erscheinen, dass es dem Gesetzgeber darauf ankam, die Position desjenigen nicht zu schmälern, der ein Widerrufsrecht nach einem anderen Gesetz inne hat, das günstiger ausgestaltet ist als das Widerrufsrecht nach dem Verbraucherkreditgesetz.
Der Erlass des Verbraucherkreditgesetzes, das mit Wirkung vom 1. Januar 1990 das Abzahlungsgesetz ablöste und zum Zeitpunkt des Ausgangsrechtsstreits schon galt, brachte ebenfalls keine konkrete Willensäußerung des Gesetzgebers bezüglich der Auslegung und Anwendung von § 5 Abs. 2 HWiG im Fall eines Personalkredits mit sich, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass sich am gesetzgeberischen Willen jedenfalls nichts änderte. In der vorliegenden Konstellation erlosch das Widerrufsrecht nach Verbraucherkreditgesetz – anders als das Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz, das erst einen Monat nach beiderseits vollständiger Erbringung der Leistung erlosch (§ 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG) – spätestens ein Jahr nach Abgabe der auf den Abschluss des Kreditvertrages gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers (§ 7 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG). Das Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz kann damit als das weitergehende Widerrufsrecht angesehen werden. Damit entspricht die von den Gerichten in Bezug genommene Handhabung des § 5 Abs. 2 HWiG durch den Bundesgerichtshof im vorliegenden Fall dem Willen des Gesetzgebers.
b) Die Gerichte haben auch von den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung in vertretbarer Weise Gebrauch gemacht. Sie haben die Grenzen herkömmlicher Gesetzesinterpretation und richterlicher Rechtsfortbildung nicht überschritten.
aa) Eine verfassungsrechtlich unzulässige richterliche Rechtsfortbildung ist dadurch gekennzeichnet, dass sie, ausgehend von einer teleologischen Interpretation, den klaren Wortlaut des Gesetzes hintanstellt, ihren Widerhall nicht im Gesetz findet und vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich oder – bei Vorliegen einer erkennbar planwidrigen Gesetzeslücke – stillschweigend gebilligt wird (BVerfGE 118, 212 ≪243≫). Richterliche Rechtsfortbildung überschreitet die verfassungsrechtlichen Grenzen, wenn sie deutlich erkennbare, möglicherweise sogar ausdrücklich im Wortlaut dokumentierte gesetzliche Entscheidungen abändert oder ohne ausreichende Rückbindung an gesetzliche Aussagen neue Regelungen schafft (BVerfGE 126, 286 ≪306≫).
Dabei umreißt die Auffassung, ein Richter verletze seine Gesetzesbindung gemäß Art. 20 Abs. 3 GG durch jede Auslegung, die nicht im Wortlaut des Gesetzes vorgegeben ist, die Aufgabe der Rechtsprechung zu eng. Art. 20 Abs. 3 GG verpflichtet die Gerichte, „nach Gesetz und Recht” zu entscheiden. Eine bestimmte Auslegungsmethode oder gar eine reine Wortinterpretation schreibt die Verfassung nicht vor (BVerfGE 88, 145 ≪166 f.≫). Der Wortlaut des Gesetzes zieht im Regelfall keine starre Auslegungsgrenze (vgl. BVerfGE 118, 212 ≪243≫). Zu den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung gehört auch die teleologische Reduktion (vgl. BVerfGE 35, 263 ≪279≫; 88, 145 ≪166 f.≫). Dabei prüft das Bundesverfassungsgericht, ob sich diese auf den Willen des Gesetzgebers stützt (BVerfGK 13, 108 ≪112≫).
bb) Diesen Maßstäben halten die angegriffenen Entscheidungen stand. Die Gerichte haben sich in den angegriffenen Entscheidungen auf die durch den Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 9. April 2002 (vgl. BGHZ 150, 248 ff.) vorgenomme Auslegung von § 5 Abs. 2 HWiG bezogen. In jenem Urteil nahm der Bundesgerichtshof bei der von ihm als „einschränkende Auslegung” bezeichneten und von der Beschwerdeführerin beanstandeten Handhabung von § 5 Abs. 2 HWiG eine an teleologischen Gesichtspunkten ausgerichtete Norminterpretation vor.
Die Voraussetzungen für eine teleologische Reduktion waren im vorliegenden Fall gegeben. Der Bundesgerichtshof durfte den Anwendungsbereich des § 5 Abs. 2 HWiG auf Fälle reduzieren, in denen das Verbraucherkreditgesetz ein gleichwertiges Widerrufsrecht einräumte wie andere Gesetze. Eine derartige Handhabung des § 5 Abs. 2 HWiG lässt sich zugunsten des stärkeren Widerrufsrechts unter den Willen des Gesetzgebers in vertretbarer Weise fassen, zumal sich der Bundesgerichtshof mit verschiedenen Meinungen auseinandergesetzt hat. So hat er etwa Äußerungen in der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum aufgegriffen, nach denen Sinn und Zweck des § 5 Abs. 2 HWiG dessen einschränkende Auslegung forderten (OLG München, Urteil vom 11. April 2000 – 5 U 3432/99 –, WM 2000, S. 1336 ≪1338 f.≫; Fischer/Machunsky, Haustürwiderrufsgesetz Kommentar, 2. Aufl. 1995, Grundlagen Rn. 83; Stüsser, NJW 1999, S. 1586 ≪1589≫), andererseits hat er auch Stimmen in Rechtsprechung und Literatur erwähnt, die vertreten, dass das Verbraucherkreditgesetz als lex specialis das Haustürwiderrufsgesetz vollkommen verdrängt (vgl. BGHZ 150, 248 ≪254≫ m.w.N.).
3. Die Beschwerdeführerin ist auch nicht dadurch in Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip verletzt, dass die angegriffenen Entscheidungen keinen Vertrauensschutz gewährt haben.
a) Zu den wesentlichen Elementen des Rechtsstaatsprinzips zählt die Rechtssicherheit. Der rechtsunterworfene Bürger soll nicht durch rückwirkende Beseitigung erworbener Rechte in seinem Vertrauen auf die Verlässlichkeit der Rechtsordnung enttäuscht werden (BVerfGE 45, 142 ≪167≫; 72, 175 ≪196≫; 105, 48 ≪57≫; 126, 286 ≪313≫). Der Bürger soll die ihm gegenüber möglichen staatlichen Eingriffe voraussehen und sich dementsprechend einrichten können (vgl. BVerfGE 13, 261 ≪271≫).
Dieser allgemeine Vertrauensschutz steht der teleologischen Reduktion einer gesetzlichen Vorschrift allerdings nicht generell entgegen (vgl. BVerfGK 4, 105 ≪111≫). Der allgemeine, aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Vertrauensschutz unterscheidet sich damit vom speziellen Vertrauensschutz des Art. 103 Abs. 2 GG, wo gerade das Vertrauen auf den Wortlaut einer Norm geschützt wird (vgl. BVerfGK 4, 105 ≪111≫).
b) aa) Die Beschwerdeführerin kann sich nicht darauf berufen, sie habe sich auf den eindeutigen Wortlaut des § 5 Abs. 2 HWiG verlassen. Denn mit dieser Argumentation stellt sie lediglich auf eine bestimmte, ihr richtig erscheinende Auslegung des § 5 Abs. 2 HWiG, nämlich die Auslegung nach dem Wortlaut, ab. Die Beschwerdeführerin konnte jedoch nicht auf die Anwendung gerade dieser einen Auslegungsmethode durch die Gerichte vertrauen. Den Gerichten, deren Entscheidungen vorliegend angegriffen werden, stand vielmehr auch die Möglichkeit der Auslegung mit Hilfe teleologischer Gesichtspunkte zu Gebote, von der sie – wie oben ausgeführt – in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht haben.
bb) Soweit die Beschwerdeführerin vorträgt, sie habe auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vertraut, liegt ebenfalls kein Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes aus Art. 20 Abs. 3 GG vor. Die Änderung einer ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ist unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes grundsätzlich dann unbedenklich, wenn sie hinreichend begründet ist (vgl. BVerfGE 122, 248 ≪277≫) und sich im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung hält (vgl. BVerfGE 84, 212 ≪227≫; BVerfGK 4, 12 ≪15≫).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Bundesgerichtshof hat sein Urteil vom 9. April 2002 maßgeblich mit dem Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs begründet, aber es auch darauf gestützt, dass die Gesetzesbegründung eine einschränkende Auslegung des § 5 Abs. 2 HWiG nahelege, weil sie sich so deuten lasse, dass jeweils das sachnähere Gesetz für anwendbar zu erklären sei, solange dieses einen dem Haustürwiderrufsgesetz vergleichbaren Schutz gewährleiste (vgl. BGHZ 150, 248 ≪255≫).
Die angegriffenen Entscheidungen halten sich auch im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung. Soweit die Beschwerdeführerin in den angegriffenen Entscheidungen eine unvorhersehbare Entwicklung der Rechtsprechung erkennen will, weil der Bundesgerichtshof noch in seinem Beschluss zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof vom 30. November 1999 (BGH, Beschluss vom 30. November 1999, a.a.O., S. 521 ff.) eine teleologische Reduktion des § 5 Abs. 2 HWiG zugunsten der Anwendbarkeit der Widerrufsregeln nach dem Haustürwiderrufsgesetz selbst verworfen habe, vernachlässigt sie, dass der Bundesgerichtshof durchaus Zweifel hinsichtlich der nach den Verbraucherschutzvorschriften des europäischen Gemeinschaftsrechts erforderlichen Auslegung des § 5 Abs. 2 HWiG hegte (vgl. BGH, Beschluss vom 30. November 1999, a.a.O., S. 523). Wegen dieser Zweifel hat der Bundesgerichtshof dem Gerichtshof entsprechende Fragen vorgelegt. Durch diese Vorlage war es dann aber gerade offen, wie die Rechtsfrage durch den Bundesgerichtshof letztlich entschieden werden würde. Auch soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, dass der Bundesgerichtshof noch jahrelang bei Haustürgeschäften eine Belehrung allein nach Verbraucherkreditgesetz für zulässig gehalten habe, durfte sie sich darauf nicht verlassen. Denn bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Darlehensverträge durch die Beschwerdeführerin in den Jahren 1991 beziehungsweise 1994 existierten unterschiedliche Meinungen hinsichtlich des Regelungsgehalts des § 5 Abs. 2 HWiG (für eine vollständige Verdrängung der Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes im Anwendungsbereich des Verbraucherkreditgesetzes Putzo, in: Palandt, BGB, 51. Aufl., 1992, § 5 HausTWG, Rn. 5, ebenso auch noch an gleicher Stelle in der 53. Aufl., 1994; für eine Anwendung des jeweils besseren Schutzes vgl. etwa Werner/Machunsky, Haustürwiderrufsgesetz Kommentar, 1990, § 5 Rn. 38; Peters, DZWir 1994, S. 353 ≪357≫), sodass die Beschwerdeführerin schon bei Vertragsschluss nicht auf die von ihr favorisierte Auslegung nach dem Wortlaut vertrauen konnte.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Di Fabio, Gerhardt, Hermanns
Fundstellen
WM 2012, 1179 |
WuB 2012, 625 |
ZIP 2012, 911 |
ZBB 2012, 231 |