Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Erstattung rechtskräftig festgesetzter, bezahlter Steuern nach Nichtigerklärung einer Steuernorm
Leitsatz (redaktionell)
Einem Rückforderungsanspruch rechtskräftig veranlagter, bezahlter Steuern nach Nichtigerklärung einer Steuernorm steht § 79 Abs. 2 BVerfGG entgegen.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, 3; GG § Art. 20; GG § Art. 100; BVerfGG § 79 Abs. 2; AO § 150; UStDB 1951 § 58
Gründe
I.
1. Die Beschwerdeführerin ist in den Jahren 1951, 1953, 1954 und 1955 auf Grund rechtskräftig gewordener Veranlagungen gemäß § 58 der UStDB 1951 herangezogen worden. Nachdem durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 1958 (BVerfGE 7, 282) die Rechtsgrundlagen der Umsatzzusatzbesteuerung für nichtig erklärt worden waren, beantragte die Beschwerdeführerin am 12. Februar 1959, ihr die für die genannten Veranlagungszeiträume bezahlte Zusatzsteuer gemäß §§ 150 ff. AO zu erstatten. Der Antrag wurde vom Finanzamt abgelehnt. Einspruch, Berufung und Rechtsbeschwerde der Beschwerdeführerin wurden als unbegründet zurückgewiesen. Der Bundesfinanzhof führt in dem angefochtenen Urteil vom 22. November 1962 aus, daß die Voraussetzungen der §§ 150 ff. AO nicht vorlägen und sich auch eine entsprechende Anwendung dieser Bestimmungen verbiete, weil der in § 79 Abs. 2 BVerfGG enthaltene Grundsatz auch auf die im Verfahren nach § 13 Nr. 11 BVerfGG ergangene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 1958 anzuwenden sei.
2. Mit der form- und fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und 3 und Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 GG. Während der fraglichen Veranlagungszeiträume sei in § 82 BVerfGG § 79 Abs. 2 dieses Gesetzes auf das abstrakte Normenkontrollverfahren noch nicht für entsprechend anwendbar erklärt gewesen. Die Beschwerdeführerin habe also damals damit rechnen können, daß die bezahlte Zusatzsteuer erstattet werden würde, falls deren Rechtsgrundlage in einem Normenkontrollverfahren gemäß Art. 100 GG, §§ 13 Nr. 11 und 80ff. BVerfGG für nichtig erklärt werden sollte. Die Versagung der Steuererstattung verstoße deshalb gegen die Grundsätze der Vorhersehbarkeit der Verwaltung und des Vertrauensschutzes, die sich ihrerseits aus dem Rechtsstaatsprinzip ergäben. Einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG erblickt die Beschwerdeführerin darin, daß ihr die Steuererstattung versagt wurde, während nach ihrer Ansicht bei der Durchführung einer im Ermessen der Finanzverwaltung liegenden Betriebsprüfung die auf Grund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 1958 geänderte Rechtslage im Rahmen des Berichtigungsbescheides nach § 222 AO hätte berücksichtigt werden müssen. Schließlich verstoße die Ablehnung der Rückerstattung auch gegen Art. 14 GG, weil ein bestehender Erstattungsanspruch ohne gesetzliche Grundlage versagt werde.
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich unbegründet. Von ihrer Entscheidung würde daher nicht die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage zu erwarten sein; der Beschwerdeführerin kann auch durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein schwerer und unabwendbarer Nachteil nicht entstehen.
Als das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 1958 erging, war die Beschwerdeführerin für die Jahre 1951, 1953, 1954 und 1955 zur Umsatzsteuer rechtskräftig veranlagt worden; die geschuldeten Steuerbeträge waren bezahlt. Dem Rückforderungsanspruch steht daher, wie der Bundesfinanzhof zu Recht annimmt, die Vorschrift des § 79 Abs. 2 BVerfGG entgegen, auf die § 82 Abs. 1 BVerfGG Bezug nimmt. Diese Vorschrift dient der Rechtssicherheit und enthält einen allgemein anerkannten Rechtssatz. Es ist daher sinnwidrig, wenn gegen diesen Rechtssatz das rechtsstaatliche Verlangen nach Vertrauensschutz ins Feld geführt wird. Wenn schon aber auf das Vertrauen der Beschwerdeführerin auf das geltende Recht im gegebenen Fall abgestellt werden soll, so kann nur der Zeitpunkt maßgebend sein, in dem das Urteil vom 5. März 1958 erging. Damals galt § 82 Abs. 1 BVerfGG in der heute gültigen Fassung, die auf § 79 Abs. 2 BVerfGG Bezug nimmt.
Die Rüge, es seien durch das angegriffene Urteil des Bundesfinanzhofs auch die Vorschriften der Art. 3 und 14 GG verletzt, ist so sachfremd, daß es einer besonderen Widerlegung nicht bedarf.
Fundstellen