Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit von Sonderabgaben (hier: Absatzfondsgesetz). gesetzlicher Richter und Nichtvorlage an den EuGH
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Sonderabgabe ist nur zulässig, wenn und solange die zu finanzierende Aufgabe auf eine Sachverantwortung der belasteten Gruppe trifft. Der Gesetzgeber ist gehalten, in angemessenen Zeitabständen zu überprüfen, ob seine ursprüngliche Entscheidung für den Einsatz des gesetzgeberischen Mittels „Sonderabgabe” aufrechtzuerhalten ist.
2. Die Sonderabgabe bildet keinen Ausschlußtatbestand, der jede weitere Abgabe neben den Steuern und den aufwandabhängigen Gebühren und Beiträgen schlechthin unzulässig macht.
3. Die Nichteinleitung eines Vorlageverfahrens nach Art. 177 EWGV verletzt die Garantie des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG), wenn ein letztinstanzliches Hauptsachegericht eine Vorlage trotz der seiner Auffassung nach bestehenden Entscheidungserheblichkeit einer zweifelhaften gemeinschaftsrechtlichen Frage überhaupt nicht in Erwägung zieht, es in seiner Entscheidung bewußt von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu entscheidungserheblichen Fragen abweicht oder wenn das Gericht trotz Fehlens oder nicht abschließender Aussagen einer Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu entscheidungserheblichen Fragen seine Entscheidung auf eine europarechtliche Auffassung stützt, obwohl mögliche Gegenauffassungen eindeutig vorzuziehen sind.
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 14, 24 Abs. 1, Art. 59 Abs. 2 S. 1, Art. 74 Nrn. 11, 17, Art. 72, 101 Abs. 1 S. 2, Art. 105, 110 Abs. 1; AbsFondsG §§ 1-2, 10 Abs. 2, 3 Nrn. 9-10, Abs. 4; EWGV Art. 177 Abs. 2; EWGV Art. 177 Abs. 3; EWGV Art. 164, 173, 38; EWGV Art. 30; VwGO § 137 Abs. 1 Nr. 1, § 132 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
VG Frankfurt am Main (Vorlegungsbeschluss vom 03.11.1988; Aktenzeichen I/2 E 134/86) |
BVerwG (Beschluss vom 28.05.1986; Aktenzeichen 3 B 57/85) |
Hessischer VGH (Urteil vom 21.03.1985; Aktenzeichen 11 UE 161/84) |
VG Frankfurt am Main (Gerichtsbescheid vom 26.11.1982; Aktenzeichen I/3 E 5707/80) |
Tenor
1. §§ 1, 2 und 10 Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 3 Nummer 10 des Gesetzes über die Errichtung eines zentralen Fonds zur Absatzförderung der deutschen Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft (Absatzfondsgesetz) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. November 1976 (Bundesgesetzbl. I Seite 3109), zuletzt geändert durch Artikel 15 des Subventionsabbaugesetzes vom 26. Juni 1981 (Bundesgesetzbl. I Seite 537) sind mit Artikel 74 Nummer 11 und Nummer 17 in Verbindung mit Artikel 72, Artikel 105 und Artikel 110 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig, soweit sie sich auf die Forstwirtschaft beziehen.
2. § 10 Absatz 3 Nummer 9 und Absatz 4 des Absatzfondsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. November 1976 (Bundesgesetzbl. I Seite 3109), zuletzt geändert durch Artikel 15 des Subventionsabbaugesetzes vom 26. Juni 1981 (Bundesgesetzbl. I Seite 537) sind mit dem Grundgesetz vereinbar.
3. Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Tatbestand
A.
Gegenstand der zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfahren ist die durch das Absatzfondsgesetz eingeführte Abgabe; sie wird von Betrieben der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft für einen Absatzfonds erhoben, der den Absatz und die Verwertung der Erzeugnisse dieser Wirtschaftszweige fördern soll.
I.
1. Das deutsche Bundesrecht kennt seit langem öffentlich-rechtliche Zwangsabgaben, mit deren Aufkommen der Absatz deutscher land- und ernährungswirtschaftlicher Erzeugnisse gefördert wird. Das Fischgesetz vom 31. August 1955 (BGBl. I S. 567) führte eine Marktordnungsregelung ein, um den Absatz von Fischen und Fischwaren zu erhöhen und damit die Lage der deutschen Fischwirtschaft zu verbessern. Das Weinwirtschaftsgesetz vom 29. August 1961 (BGBl. I S. 1622) schuf einen Stabilisierungsfonds für Wein, der durch Verbesserung der Weinqualität, durch Absatzwerbung und Stabilisierung der Marktverhältnisse im Hinblick auf eine Europäische Marktordnung die Konkurrenzfähigkeit des deutschen Weins festigen soll. Beide Gesetze regeln die Finanzierung der Absatzförderung durch eine Abgabe, die von den betroffenen Betrieben erhoben wird (vgl. BVerfGE 20, 296 ff.; 37, 1 ff.).
2. Um der deutschen Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft ein wirkungsvolles Instrument zur zentralen Absatzförderung zu verschaffen und ihre Marktstellung in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zu festigen, wurde durch § 1 des Gesetzes über die Errichtung eines zentralen Fonds zur Absatzförderung der deutschen Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft (Absatzfondsgesetz) – AbsfondsG – vom 26. Juni 1969 (BGBl. I S. 635) ein Fonds als Anstalt des öffentlichen Rechts errichtet. Er hat gemäß § 2 Abs. 1 AbsfondsG
„den Absatz und die Verwertung von Erzeugnissen der deutschen Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft durch Erschließung und Pflege von Märkten im In- und Ausland mit modernen Mitteln und Methoden zentral zu fördern”.
Zur Durchführung seiner Aufgaben bedient sich der Absatzfonds „einer zentralen Einrichtung der Wirtschaft”, die kein eigenes erwerbswirtschaftliches Warengeschäft betreiben darf (§ 2 Abs. 2 AbsfondsG). Für die Marktberichterstattung wird eine weitere besondere zentrale Einrichtung der Wirtschaft geschaffen (§ 2 Abs. 3 AbsfondsG).
Die Aufgaben des Absatzfonds werden aufgrund dieser Regelungen von der „Centralen Marketinggesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft mbH (CMA)” und der „Zentralen Markt- und Preisberichtstelle für Erzeugnisse der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft GmbH (ZMP)” erfüllt.
3. Der Absatzfonds wird heute im wesentlichen aus Beiträgen finanziert, die von Betrieben der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft erhoben werden.
a) Die Beiträge werden in der Regel nach dem sogenannten „Flaschenhalsprinzip”, d.h. an der jeweils marktengsten Stelle im Warenfluß vom Erzeuger zum Verbraucher erhoben. Beitragsschuldner sind deshalb neben landwirtschaftlichen Erzeugern hauptsächlich Be- oder Verarbeitungsbetriebe; die Abgabenlast wird je nach Marktlage ganz oder teilweise auf die Verbraucher überwälzt.
b) Land- und forstwirtschaftliche Betriebe hatten nach dem Absatzfondsgesetz 1969 flächenbezogene Beiträge aufgrund des Grundsteuermeßbetrages oder des Einheitswertes zu zahlen. Diese Beiträge betrugen 10 % des Grundsteuermeßbetrages oder einen entsprechenden Vomhundertsatz des Einheitswertes (§ 10 Abs. 4 bis 6 AbsfondsG 1969). Von Betrieben mit gewerblicher Tierhaltung mit Ausnahme der Pelztierhaltung wurden für jede gehaltene oder erzeugte Vieheinheit im Wirtschaftsjahr Beiträge in Höhe von 0,40 DM erhoben (§ 10 Abs. 7 AbsfondsG 1969). Im übrigen wurden die Beiträge nach dem Absatz der jeweiligen Produkte bemessen (vgl. § 10 Abs. 8 AbsfondsG 1969).
Durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Absatzfondsgesetzes wurden die flächenbezogenen Beiträge aufgrund des Grundsteuermeßbetrages und des Einheitswertes gestrichen. Um die Forstwirtschaft weiterhin an der Finanzierung und den Maßnahmen der Absatzförderung teilhaben zu lassen, wurde für die Holzwirtschaft ein neuer umsatzbezogener Beitragstatbestand geschaffen (§ 10 Abs. 4 Nr. 10 AbsfondsG 1972; vgl. zur Begründung: zu BTDrucks. VI/3066, S. 2).
c) Die für das vorliegende Verfahren entscheidungserheblichen Beitragsregelungen des Absatzfondsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. November 1976 (BGBl. I S. 3109), zuletzt geändert durch das Subventionsabbaugesetz vom 26. Juni 1981 (BGBl. I S. 537), lauten:
§ 10
(1) Dem Absatzfonds fließen zur Durchführung seiner Aufgaben Beiträge nach den folgenden Absätzen zu.
(2) Die Beiträge werden von den Betrieben der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft nach Maßgabe der Absätze 3 bis 8 erhoben.
(3) Der Beitrag beträgt für
- Zuckerfabriken 0,25 Deutsche Mark je 1000 Kilogramm aufgenommene Zuckerrüben,
- Mühlenbetriebe 1,05 Deutsche Mark je 1000 Kilogramm in der Handelsmüllerei vermahlenes Brotgetreide,
- Brauereibetriebe 0,75 Deutsche Mark je 1000 Kilogramm verwendetes Malz,
- Erzeugerzusammenschlüsse sowie Betriebe, die und soweit sie mit Kern-, Stein- oder Beerenobst, Tafeltrauben, Gemüse, Küchenkräutern, Hülsenfrüchten oder Kartoffeln Großhandel treiben, 0,30 Deutsche Mark je 100 Deutsche Mark von inländischen Erzeugern oder Sammlern an sie oder unter ihrer Mitwirkung abgesetzte Waren dieser Art; wirkt bei dem Absatz ein Erzeugerzusammenschluß oder ein Großhandelsbetrieb mit, so ist dieser und nicht der Erzeugerzusammenschluß oder Großhandelsbetrieb beitragspflichtig, an den die Ware abgesetzt worden ist,
- Betriebe, die Waren der unter Nummer 4 genannten Art, soweit es sich um frische, gekühlte oder lediglich zur vorläufigen Haltbarmachung entweder gefrorene oder vorbearbeitete Waren oder um Hülsenfrüchte handelt, industriell bearbeiten oder zu Erzeugnissen verarbeiten, deren Charakter überwiegend von diesen Waren bestimmt wird, 0,30 Deutsche Mark je 100 Deutsche Mark zu diesem Zweck aufgenommene Waren dieser Art,
- Molkereien, Milchsammelstellen und Rahmstationen 1 Deutsche Mark je 1000 Kilogramm angelieferte Milch,
- Brütereien, deren Brutanlagen ausschließlich Schlupfraum mindestens 1000 Eier fassen, 5,90 Deutsche Mark je 100 geschlüpfte, zur Erzeugung von Konsumeiern bestimmte Hennenküken der Legerassen; die Brüterei hat gegen ihren Abnehmer einen Anspruch auf Ausgleichszahlung in Höhe ihrer Beitragsschuld für die entgeltlich oder unentgeltlich gelieferten Tiere; erfolgt die Lieferung an den Letztabnehmer über einen oder mehrere Zwischenabnehmer, so hat jeder von ihnen einen Ausgleichsanspruch gegen seinen Abnehmer für die diesem gelieferten Tiere bis zur Höhe des von ihm gegenüber seinem Lieferanten für jedes dieser Tiere gezahlten Ausgleichs,
- Geflügelschlachtereien, deren monatliche Schlachtkapazität mindestens 500 Tiere beträgt, 0,90 Deutsche Mark je 100 Kilogramm Lebendgewicht des geschlachteten, zur Vermarktung bestimmten Mastgeflügels,
Betriebe, die für gewerbliche Zwecke geschlachtetes Vieh der Fleischbeschau zuführen,
2,80 Deutsche Mark je Rind,
1,00 Deutsche Mark je Schwein,
0,30 Deutsche Mark je Schaf,
es sei denn, der ganze Tierkörper wird bei der fleischbeschaurechtlichen Beurteilung beanstandet,
- Betriebe, die Stammholz handeln, bearbeiten oder verarbeiten, 0,30 Deutsche Mark je 100 Deutsche Mark von inländischen Erzeugern aufgenommenes, zum Sägen, Messern oder Schälen bestimmtes Stammholz.
(4) Der Beitrag beträgt für Betriebe, die Blumen, Zierpflanzen, Ziergehölze, Gehölze für den Straßen- und Landschaftsbau oder deren Pflanzgut auf einer Mindestgrundfläche von 150 Flächeneinheiten bei den Gehölzen und deren Pflanzgut, von 400 Flächeneinheiten bei den übrigen Pflanzen und deren Pflanzgut erzeugen oder kultivieren, jährlich 0,09 Deutsche Mark je genutzte Flächeneinheit. Als Flächeneinheit gelten
bei Blumen und Zierpflanzen:
5,0 Quadratmeter Freiland,
1,0 Quadratmeter Frühbeet,
0,5 Quadratmeter Gewächshaus;
bei Ziergehölzen und Gehölzen für den Straßen- und Landschaftsbau:
20,0 Quadratmeter Freiland.
Werden die unter den Nummern 1 und 2 genannten Pflanzen miteinander im zeitlichen Wechsel oder gemischt angebaut, gelten als Flächeneinheit die Quadratmetersätze derjenigen Pflanzen, deren Anbau überwiegt. Werden die unter den Nummern 1 und 2 genannten Pflanzen mit anderen Pflanzen im zeitlichen Wechsel oder gemischt in der Weise angebaut, daß mehr als die Hälfte des Kalenderjahres oder der Grundfläche mit den anderen Pflanzen genutzt wird, gilt als Flächeneinheit das Doppelte der nach Nummer 1 oder 2 jeweils maßgebenden Quadratmetersätze; Satz 3 gilt entsprechend.
(5) Ein Beitrag wird nicht erhoben in den Fällen
- des Absatzes 3 Nr. 1, 5 und 6 für Waren, für die ein anderer Betrieb bereits beitragspflichtig ist,
- des Absatzes 3 Nr. 4 und 5 für Ware, die zur Herstellung von Stärke, Essenzen, Alkohol, Branntwein oder Spirituosen oder die nicht zum menschlichen Verzehr bestimmt ist,
- des Absatzes 3 Nr. 5 für Ware, die ihrer Gattung nach im Geltungsbereich dieses Gesetzes unter natürlichen Klimabedingungen nicht wächst und unter künstlichen Klimabedingungen nicht zu Erwerbszwecken erzeugt wird.
(6) bis (9) …
d) Das Beitragsaufkommen nach dem Absatzfondsgesetz lag nach Angaben des Absatzfonds in den Jahren 1979 bis 1988 jeweils zwischen 105 Millionen und 110 Millionen DM. Die Beiträge werden etwa zu 50 % von den Fleisch verarbeitenden Betrieben aufgebracht. Über 20 % der Beiträge leisten Molkereien, Milchsammelstellen und Rahmstationen. Die Blumen und Zierpflanzen erzeugenden Betriebe zahlen etwa 4 %, die Holz verarbeitende Industrie etwa 6 % der Beiträge. Die Mittel wurden nach einer Auskunft des Absatzfonds in den Jahren 1983 bis 1988 größtenteils entsprechend dem Anteil an den Einnahmen verwendet.
II.
1. a) Die Beschwerdeführerin betreibt in Hannover eine Versandschlachterei. Das Bundesamt für Ernährung und Forstwirtschaft zog sie für das erste und zweite Tertial 1980 zu Beiträgen gemäß § 10 Abs. 3 Nr. 9 AbsfondsG in Höhe von 1.736,– DM und 1.769,60 DM heran.
b) Die hiergegen nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage wurde vom Verwaltungsgericht zurückgewiesen. Mit ihrer Berufung machte die Beschwerdeführerin geltend, die Abgaberegelung verstoße gegen das Grundgesetz und europäisches Gemeinschaftsrecht. Sie beantragte, das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs einzuholen.
Der Verwaltungsgerichtshof wies die Berufung zurück. Die Abgaberegelung des Absatzfondsgesetzes entspreche den von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Sonderabgabe entwickelten Anforderungen. Das Absatzfondsgesetz verstoße auch nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. Der Europäische Gerichtshof habe sich bereits mit den Regelungen des Absatzfondsgesetzes und ihrer Vereinbarkeit mit Vorschriften des EWG-Vertrages befaßt und insoweit keine Bedenken geäußert (Urteil vom 22. März 1977, Rs 78/76, Slg. 1977, S. 595 ff.).
Die Vereinbarkeit des Absatzfondsgesetzes mit europäischem Gemeinschaftsrecht ergebe sich aus der insoweit eindeutigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und der mit dem Absatzfondsgesetz befaßten Gerichte der Bundesrepublik Deutschland. Die Revision wurde nicht zugelassen.
c) Die gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegte Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht zurück: Revisionsgerichtlich sei bereits durch das Urteil vom 15. Mai 1984 (BVerwGE 69, 227 ff.) geklärt worden, daß die Erhebung von Sonderabgaben nach dem Absatzfondsgesetz gegenwärtig noch mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaften vereinbar sei. Hierbei seien die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs, auf die sich die Beschwerdeführerin vor allem beziehe, ausgewertet und kein Verstoß gegen das Recht der Europäischen Gemeinschaften festgestellt worden. Die Förderung der deutschen Landwirtschaft und anderer Erzeuger nach den Bestimmungen des Absatzfondsgesetzes verfolge nicht den Zweck, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten einzuschränken oder sonst die Wirtschaft anderer Mitgliedstaaten zu diskriminieren. Nach gut zwei Jahren bestehe kein Anlaß, diese Problematik erneut aufzugreifen.
2. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin insbesondere eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 2, 3, 12 und 14 GG. Außerdem sei sie in ihrem Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) verletzt, weil die Rechtssache nicht dem Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 177 EWGV zur Vorabentscheidung vorgelegt worden sei.
a) Die der Beschwerdeführerin auferlegte Zahlungspflicht stelle einen unzulässigen Eingriff in die Freiheit der gewerblichen Betätigung der Beschwerdeführerin dar, die durch Art. 14 GG geschützt sei. Die nach dem Absatzfondsgesetz erhobenen Beiträge entsprächen nicht den Kriterien, die das Bundesverfassungsgericht für die Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben entwickelt habe. Die Voraussetzungen einer homogenen Gruppe der Abgabepflichtigen seien nicht erfüllt: Mit der Abgabe werde ein Wirtschaftsbereich zu einer Zwangsgemeinschaft zusammengefaßt, der aus völlig heterogenen Gruppen bestehe, die zum Teil sogar in einem Substitutionswettbewerb untereinander stünden. Das Aufkommen der Sonderabgabe könne deshalb auch nicht im überwiegenden Interesse der Gesamtgruppe der Beitragsleistenden verwendet werden. Ein Gesamtinteresse könne allenfalls in dem Ziel gesehen werden, den Absatz von Produkten der Ernährungswirtschaft generell zu steigern. Da sich dieser Absatz aber wegen der stagnierenden Bevölkerungszahl und des gleichbleibenden Gesamtbedarfs kaum erweitern lasse, fehle es an einem Gesamtinteresse der Abgabenschuldner.
Sollte das Absatzfondsgesetz und die Beitragserhebung jedoch jemals verfassungsgemäß gewesen sein, so seien die notwendigen Voraussetzungen jedenfalls zwischenzeitlich durch Zweckerreichung entfallen. Der Absatz landwirtschaftlicher Produkte könne weder in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft noch in der Bundesrepublik Deutschland gesteigert werden; die Überschußproduktion im Bereich der Europäischen Gemeinschaften zeige dies.
b) Die Beschwerdeführerin werde in ihrem Grundrecht aus Art. 12 GG verletzt. Öffentliche Abgaben, die an die Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten anknüpften, seien zumindest Berufsausübungsregeln. Für eine solche Regelung müßten vernünftige Erwägungen des allgemeinen Wohls sprechen. Es sei jedoch nicht ersichtlich, welches Gemeinwohlinteresse durch eine Umverteilung von Werbemitteln innerhalb einer Zwangsgemeinschaft landwirtschaftlicher Betriebe gefördert werden solle.
c) Die Beitragserhebung nach § 10 AbsfondsG verstoße auch gegen Art. 3 GG. Es gebe keinerlei verfassungsrechtliche Rechtfertigung dafür, mit Mitteln der Fleisch erzeugenden Industrie z.B. den Absatz deutscher Blumen zu fördern. Im Absatzfondsgesetz fehle es an einer Regelung, welche die mittelbewirtschaftenden Organe anhalte, das Abgabenaufkommen annähernd in dem Verhältnis der Aufkommensanteile für die einzelnen Wirtschaftszweige zu verwenden; die Mittel könnten deshalb willkürlich eingesetzt werden.
d) Ferner sei Art. 2 Abs. 1 GG verletzt, weil das Absatzfondsgesetz mit dem vorrangigen Recht der Europäischen Gemeinschaften unvereinbar und infolgedessen nicht mehr Teil der verfassungsmäßigen Ordnung sei. Es liege eine unzulässige Beihilfe im Sinne der Art. 92 ff. EWGV vor. Zwar sei die gemäß Art. 93 Abs. 3 EWGV vorgesehene Genehmigung der Kommission vor Einführung der Regelungen des Absatzfondsgesetzes eingeholt und erteilt worden. Das Absatzfondsgesetz sei jedoch vor der Verordnung Nr. 2759/75 über die Gemeinsame Marktorganisation für Schweinefleisch vom 29. Oktober 1975 erlassen worden. Nach dem Grundsatz „lex posterior derogat legi priori” finde damit das Absatzfondsgesetz trotz seiner Genehmigung durch die Kommission zumindest insoweit keine Anwendung, als es dieser Verordnung widerspreche.
Ferner handele es sich bei den Abgaben nach dem Absatzfondsgesetz um Abgaben zollgleicher Wirkung im Sinne von Art. 9 und 12 EWGV sowie um diskriminierende inländische Abgaben gemäß Art. 95 EWGV.
e) Die angegriffenen Gerichtsentscheidungen verletzten darüber hinaus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, weil die Rechtssache nicht dem Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 177 EWGV zur Vorabentscheidung vorgelegt worden sei. Der Europäische Gerichtshof habe zwar in seinem Urteil vom 22. März 1977 zu verschiedenen Fragen des Absatzfondsgesetzes aufgrund eines Vorlagebeschlusses des Verwaltungsgerichts Stellung genommen. In diesem Urteil habe der Europäische Gerichtshof jedoch ausdrücklich ausgeführt, daß bei der Beurteilung der Frage, ob eine staatliche Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei, die vielschichtigen und raschen Änderungen wirtschaftlicher Gegebenheiten zu berücksichtigen und zu bewerten seien. Im Hinblick darauf hätte der Verwaltungsgerichtshof eine weitere Vorabentscheidung gemäß Art. 177 EWGV einholen müssen.
Nachdem das Bundesverwaltungsgericht im Wege der Nichtzulassungsbeschwerde angerufen worden sei, habe nach Art. 177 Abs. 3 EWGV die Verpflichtung bestanden, eine Vorabentscheidung über die Auslegung der als verletzt gerügten angerufen worden sei, habe nach Art. 177 Abs. 3 EWGV die Verpflichtung bestanden, eine Vorabentscheidung über die Auslegung der als verletzt gerügten Bestimmungen des EWG-Vertrages einzuholen. Dieser Verpflichtung habe das Bundesverwaltungsgericht nicht entsprochen.
3. Nach Auffassung der Bundesregierung verletzen die angegriffenen Gerichtsentscheidungen und die Bescheide des Bundesamtes für Ernährung und Forstwirtschaft die Beschwerdeführerin nicht in ihren Grundrechten.
Die Verfassungsmäßigkeit des § 10 Abs. 3 Nr. 9 AbsfondsG sei an Art. 2 Abs. 1 GG und nicht an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen, da es sich bei der Abgabe nach dem Absatzfondsgesetz in erster Linie um ein Instrument der Wirtschaftspolitik handele. Art. 2 Abs. 1 GG sei nicht verletzt. Die Abgabe nach dem Absatzfondsgesetz entspreche den Anforderungen, die nach den Grundsätzen des Bundesverfassungsgerichts an eine Sonderabgabe zu stellen seien. Die Betriebe der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft stellten eine homogene Gruppe dar. Die natürliche Gemeinsamkeit aller relevanten Bereiche der deutschen Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft beruhe darauf, daß die ihnen zugrunde liegenden Ausgangsrohstoffe land- oder forstwirtschaftlichen Ursprungs seien. Die Homogenität dieser Gruppe werde im übrigen durch die zahlreichen gewerberechtlichen und steuerrechtlichen Sondervorschriften für Betriebe der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft unter Beweis gestellt. Diese Vorschriften zeigten, daß auch der Gesetzgeber seit jeher davon ausgegangen sei, daß diese Betriebe von der Allgemeinheit und anderen Gruppen zuverlässig abgrenzbar seien und einer einheitlichen Regelung bedürften. Bei den regelmäßigen Überprüfungen habe es keine Anhaltspunkte gegeben, die eine Ausdehnung oder Einengung der Beitragspflicht als notwendig erscheinen ließen.
Selbst wenn unter den Abgabeschuldnern in einzelnen Fällen ein Substitutionswettbewerb stattfinde, entstehe dadurch keine heterogene Gruppe. Vielmehr verbinde alle Abgabepflichtigen das gemeinsame Interesse, den Absatz ihrer Produkte zu fördern.
Das Abgabenaufkommen aus dem Absatzfondsgesetz werde gruppennützig verwendet; es werde nur zur Förderung des Absatzes von Agrarerzeugnissen und damit ausschließlich im Interesse der Belasteten eingesetzt. Soweit die Beschwerdeführerin geltend mache, daß ein Gesamtinteresse der Gruppe fehle oder zumindest entfallen sei, weil sich der Absatz von Produkten der Ernährungswirtschaft nicht mehr steigern lasse, sei dies sachlich unrichtig. Selbst wenn dies aber für einzelne Produktbereiche zutreffen sollte, bliebe das Gesamtinteresse an einer Förderung des Absatzes erhalten, um jedenfalls Absatzeinbußen zu vermeiden.
Soweit die Beschwerdeführerin geltend mache, daß das Absatzfondsgesetz mit höherrangigem Gemeinschaftsrecht unvereinbar sei, liege kein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG vor. Es stelle sich schon grundsätzlich die Frage, ob das Grundgesetz dem Bundesverfassungsgericht eine Gerichtsbarkeit darüber verliehen habe, die Vereinbarkeit des Absatzfondsgesetzes mit Normen des europäischen Rechts zu prüfen. Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergebe sich eine Prüfungskompetenz insoweit nicht. Im übrigen verstoße das Absatzfondsgesetz nicht gegen das Recht der Europäischen Gemeinschaften.
Die Beschwerdeführerin sei durch den Nichtannahmebeschluß des Bundesverwaltungsgerichts gemäß § 132 VwGO vom 28. Mai 1986 nicht in ihrem Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt. Für das Bundesverwaltungsgericht habe eine Vorlageverpflichtung gemäß Art. 177 Abs. 3 EWGV nicht bestanden, weil die entscheidungserhebliche gemeinschaftsrechtliche Frage bereits Gegenstand der Auslegung durch den Gerichtshof gewesen und die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig gewesen sei, daß für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibe.
III.
1. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens 2 BvL 12/88 ist eine als gemeinnützig anerkannte Behindertenwerkstätte und betreibt unter anderem einen Gartenbaubetrieb für Schnittblumen und Schnittpflanzen.
Das Bundesamt für Ernährung und Forstwirtschaft zog die Klägerin für das Jahr 1984 zu einem Absatzfondsbeitrag in Höhe von 476,10 DM heran. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies das Bundesamt zurück. Auf die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt,
ob § 1 und § 10 Abs. 4 des Absatzfondsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. November 1976 (BGBl. I S. 3110), zuletzt geändert durch Art. 15 des Subventionsabbaugesetzes vom 26. Juni 1981 (BGBl. I S. 537), mit dem Grundgesetz vereinbar sind.
2. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens 2 BvL 13/89 betreibt eine Großschlachterei und einen Fleischgroßhandel. Das Bundesamt für Ernährung und Forstwirtschaft zog die Klägerin zur Zahlung von Absatzfondsbeiträgen für das zweite Tertial 1985 in Höhe von 11.867,80 DM nach § 10 Abs. 3 Nr. 9 AbsfondsG heran. Dagegen erhob die Klägerin nach erfolglosem Widerspruch Klage. Sie machte geltend, der Absatzfonds diene nur der Förderung der deutschen Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft. Bei den von ihr geschlachteten Tieren handele es sich aber nicht um Erzeugnisse der deutschen Ernährungswirtschaft. Die Schweine stammten überwiegend aus den Niederlanden und seien im Inland nur geschlachtet worden.
Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt,
ob § 1 und § 10 Abs. 3 Nr. 9 des Absatzfondsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. November 1976 (BGBl. I S. 3110), zuletzt geändert durch Art. 15 des Subventionsabbaugesetzes vom 26. Juni 1981 (BGBl. I S. 537), mit dem Grundgesetz vereinbar sind.
3. Das Verwaltungsgericht legt in beiden Verfahren die Entscheidungserheblichkeit dieser Vorschriften dar:
Im Verfahren 2 BvL 12/88 lägen im Fall der Klägerin für das Jahr 1984 die Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 AbsfondsG vor, so daß der angefochtene Bescheid dem Grund und der Höhe nach durch das Gesetz gedeckt sei. Ein gesetzlicher Anspruch auf Befreiung von der Beitragspflicht ergebe sich im Fall der Klägerin nicht schon aus den Billigkeitsvorschriften der Abgabenordnung (§§ 163, 227 AO). Auch der Umstand, daß die Klägerin steuerlich begünstigt sei und Subventionen nach Sozialgesetzen erhalte, führe nicht zu einer Befreiung von der Beitragspflicht.
In dem Verfahren 2 BvL 13/88 stellt das Verwaltungsgericht fest, daß die Klägerin für das zweite Tertial 1985 die Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 Nr. 9 AbsfondsG erfülle, so daß der angefochtene Bescheid dem Grund und der Höhe nach durch das Gesetz gedeckt sei. Insbesondere mache § 10 Abs. 3 Nr. 9 AbsfondsG keinen Unterschied zwischen inländischem und ausländischem Vieh oder danach, ob das geschlachtete Fleisch als ausländisches oder inländisches Produkt auf den Markt komme.
4. Nach Überzeugung des Verwaltungsgerichts sind § 10 Abs. 3 Nr. 9 und Abs. 4 AbsfondsG im Zusammenhang mit § 1 dieses Gesetzes verfassungswidrig. Die Vorschriften, die eine Beitragspflicht der Klägerinnen statuierten, verletzten diese in ihrem Grundrecht der allgemeinen wirtschaftlichen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG). Die Erhebung öffentlicher Abgaben entziehe dem Betroffenen finanzielle Mittel und schränke damit seine wirtschaftliche Handlungsfähigkeit ein. Eine solche Einschränkung der freien Entfaltung der Persönlichkeit, die auch juristische Personen des privaten Rechts für sich in Anspruch nehmen könnten, verstoße gegen Art. 2 Abs. 1 GG, wenn sie sich nicht im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung halte. Der Absatzfondsbeitrag nach § 10 Abs. 3 Nr. 9 und Abs. 4 AbsfondsG verstoße gegen die Finanzverfassung des Bundes und sei somit von der verfassungsmäßigen Ordnung nicht gedeckt, weil er nicht den Kriterien entspreche, die das Bundesverfassungsgericht für die Zulässigkeit einer Sonderabgabe aufgestellt habe.
Ein erstes Kriterium habe das Bundesverfassungsgericht bereits in seinem Beschluß vom 5. März 1974 (BVerfGE 37, 1 ≪19≫) formuliert. Danach müsse die Einrichtung eines Absatzförderungsfonds, der durch Sonderabgaben gespeist werde, durch sachgerechte und vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls begründet sein. Das Bundesverfassungsgericht habe zwar in dem genannten Beschluß keine näheren Ausführungen darüber gemacht, was unter „Gemeinwohl” in diesem Zusammenhang zu verstehen sei. Aus den gesamten Ausführungen lasse sich jedoch entnehmen, daß die Existenzerhaltung eines Berufsstandes oder Wirtschaftszweiges als solche noch kein vom Gemeinwohl umfaßtes Ziel sei. Diese liege nur dann im Gemeinwohl, wenn sie Ursache für die Existenz anderer Werte und Güter sei, deren Erhaltung oder Förderung ihrerseits dem Gemeinwohl diene. In bezug auf den Winzerstand könne man solche Werte und Güter beispielsweise in dem Umstand erblicken, daß zahlreiche deutsche Landschaften vom Weinbau geprägt seien. Der Niedergang des Winzerstandes hätte hier nicht nur persönliche berufliche Probleme der betroffenen Winzer zur Folge, sondern würde sich auch auf die gesamte wirtschaftliche, kulturelle, landwirtschaftliche und verkehrstechnische Struktur der deutschen Anbaugebiete auswirken.
Die Schlachtereien und Unternehmen der Fleisch verarbeitenden Industrie würden als sogenannte „Flaschenhalsbetriebe” zu dem Absatzfondsbeitrag herangezogen, wobei der Gesetzgeber davon ausgehe, daß es den beitragspflichtigen Unternehmen gelinge, die damit verbundene finanzielle Belastung auf die Betriebe der fleischwirtschaftlichen Urproduktion abzuwälzen. Deren Erhaltung und Förderung sei ein Ziel des Absatzfondsgesetzes. Damit verfolge das Absatzfondsgesetz ein Ziel, das im Interesse des Gemeinwohls liege. Ähnliche Gesichtspunkte des Gemeinwohls wie beim Winzerstand könnten auch die Erhaltung der ernährungswirtschaftlichen Urproduktion der Landwirtschaft insgesamt erforderlich machen.
Indessen verfolge das Absatzfondsgesetz daneben auch das Ziel der Erhaltung der deutschen Blumen- und Zierpflanzenbaubetriebe (Gartenbaubetriebe) und der Forstwirtschaft. Was die Gartenbaubetriebe angehe, so seien sie an Zahl, wirtschaftlicher Bedeutung und struktureller Funktion für die Bundesrepublik so unbedeutend, daß nicht zu erkennen sei, welche Belange des Gemeinwohls beeinträchtigt sein könnten, wenn dieser Wirtschaftszweig von der ausländischen Konkurrenz verdrängt würde. In einer Gesellschaft, die der freien Marktwirtschaft verpflichtet sei, beeinträchtige aber der Niedergang eines Wirtschaftszweiges allein noch nicht das Gemeinwohl, auch wenn dies für die betroffenen Unternehmen eine Härte darstelle. Gartenbaubetriebe gäben keiner Landschaft in Deutschland ein nachhaltiges strukturelles oder kulturelles Gepräge. Absatzförderungsmaßnahmen für diesen Wirtschaftszweig könnten keine andere Funktion erfüllen als die der Förderung der Gartenbaubetriebe um ihrer selbst willen. Eine solche im ausschließlichen Interesse der geförderten Wirtschaftsteilnehmer vorgenommene Förderung „staatliche Zwangsbeglückung”) rechtfertige jedoch die Erhebung einer Sonderabgabe nicht und stelle einen Verstoß gegen die vom Grundgesetz vorgegebene Finanzverfassung des Bundes dar.
Für die Gartenbaubetriebe fehle es auch an der Homogenität der Abgabenschuldner. Der Hinweis des Bundesverwaltungsgerichts, daß allen vom Absatzfondsgesetz erfaßten Wirtschaftszweigen die „planmäßige Nutzung der natürlichen Bodenkräfte von Ackerland und Grünland” eigen sei, könne die Homogenität der Schuldner nicht begründen. Abgesehen davon, daß keineswegs alle Wirtschaftszweige der Bodennutzung vom Absatzfonds erfaßt würden, dürfe die Wahl des maßgeblichen Anknüpfungspunkts nicht beliebig sein. Sie müsse vielmehr im Zusammenhang mit dem Zweck gesehen werden, dem die Bildung der Solidargemeinschaft diene.
Beispielsweise stünden die Winzer in einer besonderen Sachnähe zur Gesamtstruktur der deutschen Weinbaugebiete. Ebenso stünden die Bauern in einer besonderen Sachnähe zur ländlichen Gesamtstruktur der Bundesrepublik. Sterbe der Bauernstand aus, so seien auch die bestehenden wirtschaftlichen, landwirtschaftlichen, ökologischen und kulturellen Strukturen auf dem Lande nicht mehr zu erhalten. Eine vergleichbare Sachnähe der Gartenbaubetriebe zur wirtschaftlichen, landwirtschaftlichen, ökologischen und kulturellen Struktur auf dem Lande bestehe nicht. Die ländlich-dörfliche Struktur, deren Erhaltung im Interesse des Gemeinwohls liege, werde durch Blumen- und Zierpflanzenzucht nicht wesentlich geprägt. Es stelle sich deshalb als offensichtlich willkürlich dar, wenn Blumenzüchter in eine Gruppensolidarität mit den Betrieben der Ernährungswirtschaft gezwungen würden. Eine Gruppe von Personen oder Betrieben, von denen ein Teil der Ernährungs-, der andere Teil der Blumenzuchtwirtschaft angehörten, bildeten zur Erhaltung der ländlich-dörflichen Struktur in der Bundesrepublik keine homogene Gruppe.
Keine Bedenken bestünden dagegen, daß Betriebe der Ernährungswirtschaft wegen ihrer sachlichen Nähe zur Erhaltung ländlicher Struktur durch das von ihnen erbrachte Abgabenaufkommen gefördert würden. Erhebliche Einwände gegen die Gruppennützigkeit ergäben sich auch nicht, wenn die Sonderabgabe letztlich auf Betriebe überwälzt würde, die nicht der deutschen, sondern einer ausländischen Landwirtschaft angehörten, ihre Produkte jedoch in der Bundesrepublik auf eine Art anböten, die sie für den Verbraucher als Erzeugnisse der deutschen Landwirtschaft erscheinen ließen. In diesem Fall partizipiere der ausländische Betrieb von den durch den Absatzfonds finanzierten Marketingmaßnahmen für die deutsche Landwirtschaft. Verfassungsrechtlich zweifelhaft sei es jedoch, wenn das Erzeugnis ausländischer Urproduktion als solches deklariert auf den deutschen Markt komme, was die Klägerin in dem Ausgangsverfahren 2 BvL 13/88 für ihre Produkte behaupte.
§ 10 Abs. 3 Nr. 9 und Abs. 4 AbsfondsG seien schließlich deshalb verfassungswidrig, weil der Gesetzgeber nicht überprüft habe, ob seine ursprüngliche Entscheidung für den Einsatz des gesetzgeberischen Mittels „Sonderabgabe” aufrechtzuerhalten oder wegen veränderter Umstände, insbesondere wegen der Zielerreichung, zu ändern oder aufzuheben sei. Seit der Neufassung des Absatzfondsgesetzes vom 8. November 1976 habe sich der Gesetzgeber nur einmal mit dieser gesetzlichen Regelung befaßt, nämlich in Art. 15 des Subventionsabbaugesetzes vom 26. Juni 1981. Dabei habe er lediglich die zuvor in § 10 AbsfondsG vorgesehenen Zuschüsse des Bundes entfallen lassen, die Sonderabgabe jedoch nicht überprüft; hierfür bestehe indessen Anlaß. Der gemeinsame Agrarmarkt, dessen Einführung als Bedrohung der deutschen Landwirtschaft empfunden worden sei und die Bildung des Absatzfonds veranlaßt habe, bestehe zum Zeitpunkt des Erlasses der Abgabebescheide bereits seit 17 Jahren. Es sei zu erwarten, daß es der deutschen Landwirtschaft, insbesondere dem Gartenbau inzwischen gelungen sei, etwaige Anpassungsschwierigkeiten zu überwinden, so daß sie auch ohne staatliche Reglementierung ihren Bestand sichern könnte. Dies aber werde dazu nötigen, das Absatzfondsgesetz abzuschaffen.
5. Zu den Vorlagen haben das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesamt für Ernährung und Forstwirtschaft Stellung genommen. Die Bundesregierung verweist auf ihre Stellungnahme in dem Verfahren 2 BvR 1436/87.
a) Das Bundesverwaltungsgericht hält die zur Prüfung gestellten Regelungen für verfassungsgemäß. Insbesondere sei eine Einbeziehung der Blumen und Zierpflanzen erzeugenden Gartenbaubetriebe in den Kreis der abgabenpflichtigen Gruppe nicht willkürlich. Die gewissermaßen „natürliche” Gemeinsamkeit der erfaßten Betriebe habe der Senat in der planmäßigen Nutzung der natürlichen Bodenkräfte von Ackerbau und Grünland gesehen. Ob Lebensmittel oder Blumen und Gehölze produziert würden, könne für den Zweck des Absatzfondsgesetzes schon deshalb nicht entscheidend sein, weil ein Betrieb bei unzureichendem Absatz auf dem einen Gebiet nach und nach seine Produktion auf das andere Gebiet umstellen könne.
Das Bundesverwaltungsgericht stimmt der Auffassung zu, daß der Gesetzgeber bei der Erhebung von Sonderabgaben das Fortbestehen des Abgabenzweckes ständig zu überprüfen habe. Das Gericht habe zur Zeit aber keine Anhaltspunkte dafür, daß der Gesetzgeber im Hinblick auf das Absatzfondsgesetz seine Kontrollpflicht verletzt habe oder daß der Abgabezweck entfallen sei. Der bloße Zeitablauf zwischen der Einführung des Gemeinsamen Agrarmarktes und dem Zeitpunkt der Abgabenerhebung zwinge für sich genommen ebensowenig zu der Annahme einer Verletzung dieser Pflicht wie der Umstand, daß das Gesetz zum letzten Mal im Jahr 1981 novelliert worden sei.
b) Das Bundesamt für Ernährung und Forstwirtschaft hält die Abgabenregelungen des Absatzfondsgesetzes für verfassungsgemäß. Das Absatzfondsgesetz erfülle die Voraussetzungen, die das Bundesverfassungsgericht zu den Sonderabgaben aufgestellt habe. Insoweit werde auf die Stellungnahme der Bundesregierung in dem Verfahren 2 BvR 1436/87 verwiesen. Dies gelte auch für die Absatzfondsbeiträge nach § 10 Abs. 4 AbsfondsG, die von den Gartenbaubetrieben erhoben würden.
Auch bei Gartenbaubetrieben sei die Erhebung von Absatzfondsbeiträgen durch sachgerechte und vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gedeckt. Die Sicherung der Existenz eines Wirtschaftszweiges diene dem Gemeinwohl, wenn diesem Stand innerhalb der Landwirtschaft in einigen Ländern der Bundesrepublik Deutschland erhebliche Bedeutung zukomme. Der Gartenbau, der in allen Bundesländern ausgeübt werde, habe erhebliche wirtschaftliche Bedeutung; in den Jahren 1987/88 hätten die Verkäufe von Gartenbauerzeugnissen mit 4,985 Milliarden DM fast ein Drittel (32,52 %) des Produktionswertes der pflanzlichen Erzeugnisse umfaßt.
Die natürliche Gemeinsamkeit der Gartenbaubetriebe mit den übrigen Betrieben der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft zeige sich insbesondere in betriebswirtschaftlicher und betriebstechnischer Hinsicht. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht werde als Landwirtschaft die Acker- und Viehwirtschaft und der Anbau von Obst, Gemüse, Blumen und Baumschulerzeugnissen mit verschiedenen Stufen der Bodenbearbeitung bezeichnet. Soweit die Gartenbaubetriebe nicht der Selbstversorgung, sondern der Erzeugung für den Markt dienten, bildeten sie eine landwirtschaftliche Betriebsform. Die Gartenbaubetriebe insgesamt stellten den intensivsten Zweig der Urproduktion dar. Die Einbeziehung des gartenbaulichen Sektors in den landwirtschaftlichen Bereich sei auch in betriebstechnischer Hinsicht geboten. Unter Landwirtschaft werde der die Naturkräfte nutzende Anbau von Pflanzen und die Tierzucht verstanden. Die wesentlichen gemeinsamen Gegebenheiten bei der Bodenbewirtschaftung bezögen die gartenbauliche Tätigkeit in eine Interessenlage ein, die in ähnlicher Art auch in der übrigen Landwirtschaft zu finden sei.
Entscheidungsgründe
B.
Die Vorlagen führen zu dem Ergebnis, daß §§ 1, 2, 10 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 3 Nr. 10 AbsfondsG mit Art. 74 Nr. 11 und Nr. 17 in Verbindung mit Art. 72, Art. 105 und Art. 110 GG unvereinbar und nichtig sind, soweit sie die Forstwirtschaft in das Absatzfondsgesetz und in den Kreis der Abgabenschuldner einbeziehen.
Der in § 10 AbsfondsG geregelte „Beitrag” ist – entgegen dem Gesetzeswortlaut – kein Beitrag im finanzrechtlichen Sinne, sondern eine Sonderabgabe; sie unterliegt als solche besonderen verfassungsrechtlichen Anforderungen (I). Sie sind nur insoweit nicht erfüllt, als die Betriebe der Forstwirtschaft in den Kreis der Abgabenschuldner einbezogen worden sind (II). Soweit die Regelungen des Absatzfondsgesetzes den verfassungsrechtlichen Kriterien der Sonderabgabe genügen, verstoßen sie auch nicht gegen Grundrechte (III).
I.
1. Die Abgabe nach § 10 AbsfondsG ist verfassungsrechtlich eine Sonderabgabe. Sie wird der Agrarwirtschaft auferlegt, um einen Absatzfonds zur Förderung des Absatzes und der Verwertung von Agrarerzeugnissen zu finanzieren. Diese Sonderbelastung einer durch ihre wirtschaftliche Betätigung gekennzeichneten Gruppe für einen dieser Gruppe dienenden Finanzierungszweck unterscheidet sie von der Steuer. Sie wird nicht unabhängig von Staatsleistungen zur Finanzierung allgemeiner Staatsausgaben, also nicht als Gemeinlast erhoben, sondern begründet eine Finanzierungspflicht für eine den Abgabenschuldnern nahestehende Finanzierungsaufgabe.
Die Abgabe nach dem Absatzfondsgesetz ist auch kein Beitrag. Sie erfüllt die hierfür erforderliche Voraussetzung, den Ausgleich eines staatlichen Aufwandes, nicht: der Abgabentatbestand schöpft keine staatlich gewährten Vorteile ab und überwälzt auch nicht dem Staat entstandene Kosten. Belastungsgrund ist nicht eine der Agrarwirtschaft bevorzugt angebotene Staatsleistung, sondern die Absatzförderung im Wege staatlich organisierter Selbsthilfe.
2. Die Finanzverfassung des Grundgesetzes geht davon aus, daß Gemeinlasten aus Steuern finanziert werden (vgl. BVerfGE 67, 256 ≪278≫; 78, 249 ≪266 f.≫). Sie versagt es dem Gesetzgeber, selbst unter Inanspruchnahme von Sachkompetenzen, Sonderabgaben zur Erzielung von Einnahmen für den allgemeinen Finanzbedarf eines öffentlichen Gemeinwesens zu erheben und das Aufkommen aus derartigen Abgaben zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben zu verwenden (vgl. BVerfGE 75, 108 ≪147≫). Das Steueraufkommen ist gemäß Art. 110 Abs. 1 GG ausnahmslos als Einnahme in den Haushaltsplan einzustellen. Der Verfassungsgrundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans hat seinen Sinn nicht nur in dessen finanzwirtschaftlicher Funktion und in dem Umstand, daß das Haushaltsbewilligungsrecht eines der wesentlichen Instrumente der parlamentarischen Regierungskontrolle ist; er aktualisiert auch den fundamentalen Grundsatz der Gleichheit der Bürger bei der Auferlegung öffentlicher Lasten (vgl. BVerfGE 55, 274 ≪303≫). Dieser Grundsatz zielt darauf ab, das gesamte staatliche Finanzvolumen der Budgetplanung und -entscheidung von Parlament und Regierung zu unterstellen. Nur dadurch ist gewährleistet, daß das Parlament in regelmäßigen Abständen den vollen Überblick über das dem Staat verfügbare Finanzvolumen und damit auch über die dem Bürger auferlegte Abgabenlast erhält, soweit sie der Verantwortung des Parlaments unterliegen. Nur so können Einnahmen und Ausgaben vollständig den dafür vorgesehenen Planungs-, Kontroll- und Rechenschaftsverfahren unterworfen werden. Demgemäß ist der Grundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans berührt, wenn der Gesetzgeber Einnahme-und Ausgabekreisläufe außerhalb des Budgets organisiert.
Das Bundesverfassungsgericht hat auch im Blick darauf die Grenzen benannt, in denen Sonderabgaben zulässig sind (vgl. BVerfGE 55, 274 ≪298≫; 67, 256 ≪275≫). Die dabei entwickelten Kriterien dienen dazu, die bundesstaatliche Finanzverfassung vor Störungen zu schützen und den Erfordernissen des Individualschutzes des Abgabepflichtigen Rechnung zu tragen (vgl. im einzelnen BVerfGE 67, 256 ≪276 ff.≫).
a) Der Gesetzgeber darf sich des Finanzierungsinstruments der Sonderabgabe nur zur Verfolgung eines Sachzwecks bedienen, der über die bloße Mittelbeschaffung hinausgeht. In dem Gesetz muß außer der Belastung mit der Abgabe und der Verwendung ihres Aufkommens auch die gestaltende Einflußnahme auf den geregelten Sachbereich zum Ausdruck kommen. Bei Gesetzen, die das Recht der Wirtschaft betreffen, muß daher das Gesetz selbst wirtschaftsgestaltenden Inhalt haben; nur das steuernde, das Marktverhalten leitende oder Staatsinterventionen ausgleichende Abgabengesetz kann in den Kompetenzbereich des Art. 74 Nr. 11 GG fallen. Entsprechendes gilt für die Inanspruchnahme der Kompetenz nach Art. 74 Nr. 17 GG.
b) Die einen Sachbereich gestaltende Sonderabgabe darf nur eine vorgefundene homogene Gruppe in Finanzverantwortung nehmen; diese Gruppe muß durch eine vorgegebene Interessenlage oder durch besondere gemeinsame Gegebenheiten von der Allgemeinheit und anderen Gruppen abgrenzbar sein. Es ist dem Gesetzgeber verwehrt, für eine beabsichtigte Abgabenerhebung beliebig Gruppen nach Gesichtspunkten zu bilden, die nicht in der Rechts- oder Sozialordnung materiell vorgegeben sind.
Dabei rechtfertigt die Homogenität einer Gruppe eine Sonderabgabe nur, wenn sie sich aus einer spezifischen Sachnähe der Abgabepflichtigen zu der zu finanzierenden Aufgabe ergibt. Die mit der Abgabe belastete Gruppe muß dem mit der Erhebung verfolgten Zweck evident näherstehen als jede andere Gruppe oder die Allgemeinheit der Steuerzahler. Aus dieser Sachnähe der Abgabepflichtigen zum Erhebungszweck muß eine besondere Gruppenverantwortung für die Erfüllung der mit der außersteuerlichen Abgabe zu finanzierenden Aufgabe entspringen. Bei einer nicht in die besondere Verantwortung der belasteten Gruppe fallenden Aufgabe handelt es sich um eine öffentliche Angelegenheit, deren Lasten nur die Allgemeinheit treffen dürfen und die deshalb nur mit von der Allgemeinheit zu erbringenden Mitteln, d.h. im wesentlichen mit Steuermitteln finanziert werden darf.
c) Die nichtsteuerliche Belastung von Angehörigen einer Gruppe setzt voraus, daß zwischen den von der Sonderabgabe bewirkten Belastungen und den mit ihr finanzierten Begünstigungen eine sachgerechte Verknüpfung besteht. Diese Verknüpfung wird hergestellt, wenn das Abgabenaufkommen im Interesse der Gruppe der Abgabepflichtigen, also gruppennützig, verwendet wird. „Fremdnützige” Sonderabgaben sind – unerachtet möglicher Bedenken aus den Grundrechten – unzulässig, es sei denn, daß die Natur der Sache eine finanzielle Inanspruchnahme der Abgabepflichtigen zugunsten fremder Begünstigter aus triftigen Gründen eindeutig rechtfertigt. Gruppennützige Verwendung besagt allerdings nicht, daß das Aufkommen im spezifischen Interesse jedes einzelnen Abgabepflichtigen zu verwenden ist; es genügt, wenn es überwiegend im Interesse der Gesamtgruppe verwendet wird.
d) Die Sonderabgabe ist nur zulässig, wenn und solange die zu finanzierende Aufgabe auf eine Sachverantwortung der belasteten Gruppe trifft; die Abgabe ist also grundsätzlich temporär. Soll eine solche Aufgabe auf längere Zeit durch Erhebung einer Sonderabgabe finanziert werden, so ist der Gesetzgeber gehalten, in angemessenen Zeitabständen zu überprüfen, ob seine ursprüngliche Entscheidung für den Einsatz des gesetzgeberischen Mittels „Sonderabgabe” aufrechtzuerhalten oder ob sie wegen veränderter Umstände, insbesondere wegen Wegfalls des Finanzierungszwecks oder Zielerreichung, zu ändern oder aufzuheben ist (vgl. BVerfGE 72, 330 ≪423≫; 73, 40 ≪94≫).
e) Diese für die Einführung einer Sonderabgabe erforderlichen Rechtfertigungsgründe ergeben insgesamt, daß die Sonderabgabe ein spezielles gesetzgeberisches Instrument ist, das gegenüber der Steuer die seltene Ausnahme zu sein hat. Aus diesem Ausnahmecharakter der Sonderabgabe folgt, daß die Zulässigkeitskriterien strikt auszulegen und anzuwenden sind. Sie gelten uneingeschränkt für alle Sonderabgaben, die einen Finanzierungszweck – sei es als Haupt- oder als Nebenzweck – verfolgen.
Der Ausnahmetatbestand der Sonderabgaben ist allerdings kein Ausschlußtatbestand, der jede weitere Abgabe neben den Steuern und den aufwandabhängigen Gebühren und Beiträgen schlechthin unzulässig machte. Unter besonderen Voraussetzungen sind neben Steuern, Gebühren und Beiträgen sowie Sonderabgaben auch andere Abgaben verfassungsrechtlich möglich (vgl. BVerfGE 75, 108 – Künstlersozialversicherung –; 78, 249 – Fehlbelegungsabgabe –; Urteil des Ersten Senats vom 23. Januar 1990 – 1 BvL 44/86 und 48/87 – § 128 AFG).
II.
1. Der Bundesgesetzgeber ist zur Regelung des Absatzfondsgesetzes aufgrund des Art. 74 Nr. 17 in Verbindung mit Art. 74 Nr. 11 GG zuständig. Die Abgabenerhebung dient zweckgebunden der Finanzierung eines agrarwirtschaftlichen Werbeverbundes, wirkt also über die bloße Beschaffung von Finanzmitteln hinaus gestaltend auf den Absatz und die Verwertung agrarwirtschaftlicher Erzeugnisse ein. Soweit dabei die land- und forstwirtschaftliche Urproduktion gefördert wird, stützt sich die Bundesgesetzgebungskompetenz auf die Zuständigkeit zur „Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung” (Art. 74 Nr. 17 GG). Soweit die Förderung die Ernährungswirtschaft betrifft, dient sie der gewerblichen Verwertung landwirtschaftlicher Produkte und dem Handel mit ihnen, nicht einer Sicherstellung der Ernährung; der Bundesgesetzgeber nimmt insoweit seine Kompetenz für das „Recht der Wirtschaft” (Art. 74 Nr. 11 GG) wahr.
2. Die Homogenität der den Fonds finanzierenden Abgabenschuldner folgt aus ihrer gemeinsamen Betroffenheit als Wettbewerber innerhalb der Europäischen Gemeinschaften. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
a) Durch die Sonderabgabe des Absatzfondsgesetzes soll der Absatz und die Verwertung von Erzeugnissen der deutschen Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft durch Erschließung und Pflege von Märkten im In- und Ausland zentral gefördert werden (§ 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 AbsfondsG). Dieser Förderungsauftrag bezieht sich primär auf den Gemeinsamen Markt der Europäischen Gemeinschaften, innerhalb dessen die deutschen landwirtschaftlichen Produkte zum weit überwiegenden Teil abgesetzt werden (vgl. Agrarbericht der Bundesregierung 1989, BTDrucks. 11/3968, S. 67). Bereits bei der Beratung des Absatzfondsgesetzes hob der Schriftliche Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (zu BTDrucks. V/4006, S. 2 f.) hervor, daß sich der Absatz deutscher land-, forst- und ernährungswirtschaftlicher Waren nur durch koordinierte Anstrengungen im Gemeinsamen Markt behaupten könne. Die Marktsituation habe sich, bedingt durch den Gemeinsamen Markt, grundlegend geändert; deshalb müsse die Aufgabe der Absatzförderung im Rahmen der EWG-Bestimmungen gehalten werden. In den meisten Mitgliedstaaten der Gemeinschaft seien vergleichbare wirkungsvolle Absatzförderungseinrichtungen vorhanden. Die Einführung eines Absatzfonds zur zentralen Werbung für deutsche landwirtschaftliche Erzeugnisse ist somit eine Reaktion auf die gemeinsame Agrarpolitik der Gemeinschaft und die dadurch bestimmte Konkurrenzsituation der landwirtschaftlichen Erzeuger in den Europäischen Gemeinschaften.
Der Zweck des Absatzfondsgesetzes, die deutsche Agrarwirtschaft in Konkurrenz zu anderen Agrarexportländern der Europäischen Gemeinschaften zu stärken und zu schützen, ist auch heute der wesentliche Rechtfertigungsgrund des Absatzfonds. Mit einer wirksamen Absatzförderung deutscher Agrarprodukte soll einem verschärften Wettbewerb begegnet werden, der von der Verwirklichung eines einheitlichen europäischen Binnenmarktes bis 1992 erwartet wird (vgl. Agrarbericht, a.a.O., S. 120 f.; auch S. 93). In Übereinstimmung damit sehen Absatzfonds und CMA die maßgebliche Herausforderung in der Verwirklichung des EG-Binnenmarktes (Zentrale Absatzförderung, hrsg. vom Absatzförderungsfonds der deutschen Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft, 1989, S. 6 f., 15). Der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Deutschen Bundestages hat in einer eigens dem Absatzfonds gewidmeten Anhörung am 7. Dezember 1988 insbesondere geprüft, ob die gesetzlichen Grundlagen im Hinblick auf den Gemeinsamen Markt für die als erforderlich angesehene Absatzförderung ausreichend seien (Kurzprotokoll der 39. Sitzung vom 7. Dezember 1988, S. 9 f.).
b) Für diesen Zweck bilden Land- und Ernährungswirtschaft eine homogene, zur gemeinsamen Finanzierung verpflichtete Gruppe. Nahezu sämtliche Erzeugnisse der Landwirtschaft und ein großer Teil der Verarbeitererzeugnisse werden von den Sonderregelungen des europäischen Gemeinschaftsrechts im Bereich der Landwirtschaft erfaßt.
Gemäß Art. 38 Abs. 1 EWGV umfaßt der Gemeinsame Markt die Landwirtschaft und den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Zu den landwirtschaftlichen Erzeugnissen gehört nicht nur die Urproduktion, sondern auch die damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Erzeugnisse der ersten Verarbeitungsstufe. Die Sondervorschriften der Art. 39 bis 41 EWGV gelten in Verbindung mit Anhang II zum EWG-Vertrag für nahezu sämtliche landwirtschaftlichen Erzeugnisse und einen großen Teil der Waren der Lebensmittelindustrie. Auf dieser Grundlage unterliegt heute die gesamte Land- und Ernährungswirtschaft den besonderen Voraussetzungen des Gemeinschaftsrechts; sie bildet eine in der europäischen Rechtsordnung vorstrukturierte Gruppe.
c) Die Einbeziehung der Gartenbaubetriebe in den Kreis der Abgabeschuldner des Absatzfondsgesetzes (§ 10 Abs. 4 AbsfondsG) verstößt nicht gegen das Erfordernis der Homogenität. Der Gartenbau wird sowohl im europäischen Gemeinschaftsrecht als auch in der Rechts- und Sozialordnung der Bundesrepublik Deutschland der Landwirtschaft zugeordnet und bildet mit dieser eine vorgefundene Gruppe. Die tatsächlichen Unterschiede zwischen ernährungswirtschaftlicher und sonstiger Urproduktion sind im Hinblick auf den Finanzierungszweck des Absatzfonds unbeachtlich.
Die auf das Ziel des Absatzfondsgesetzes ausgerichtete Finanzierungsverantwortlichkeit rechtfertigt die Zusammenfassung von Ernährungswirtschaft und sonstiger Urproduktion. Zweck des Absatzfondsgesetzes ist die Marktpflege und Markterschließung für landwirtschaftliche Produkte, nicht die Sicherstellung der Ernährungsgrundlagen der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland. Da der Absatzfonds ausschließlich der Marktpflege und Markterschließung dient, die Finanzierungsverantwortlichkeit sich deshalb auf dieses Ziel bezieht, begründet die gleiche Teilhabe von Ernährungswirtschaft und Gartenbaubetrieben im europarechtlich geformten Markt insoweit die Homogenität der Abgabeschuldner.
d) Die Bedenken, die Gruppe der Land- und Ernährungswirtschaft werde durch die im Absatzfondsgesetz vorgesehene tatbestandliche Ausgestaltung inhomogen, greifen nicht durch.
aa) Für die Finanzierung der Aufgabe des Absatzfonds besteht eine Homogenität zwischen Urproduzenten, Verwertern und Vermarktern landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Die Finanzierungsverantwortlichkeit für die Markterschließung und Marktpflege deutscher landwirtschaftlicher Erzeugnisse trifft neben der Landwirtschaft auch die Ernährungswirtschaft, weil ihre Tätigkeit innerhalb derselben Produktkette grundsätzlich Erzeugnisse der deutschen landwirtschaftlichen Urproduktion verwertet und absetzt. Land- und Ernährungswirtschaft bilden insbesondere im Hinblick auf die Absatzförderung eine Gemeinschaft mit gleichen Wettbewerbszielen, da die Ernährungswirtschaft den Absatz der deutschen Urproduktion im In- und Ausland vermittelt.
bb) Die Homogenität ist auch in den Fällen gewahrt, in denen das Absatzfondsgesetz die inländische Ernährungswirtschaft als Verarbeiter ausländischer Rohwaren erfaßt. Für die von diesem Wirtschaftszweig wahrgenommene Funktion der Markterschließung für deutsche landwirtschaftliche Erzeugnisse spielt es in der Regel keine Rolle, ob ein Rohstoff ausschließlich, überwiegend oder nur zu einem geringen Teil ein Erzeugnis der deutschen Landwirtschaft ist. Für eine langfristig angelegte Absatzförderung ist vielmehr entscheidend, daß das aus dem jeweiligen Rohstoff hergestellte Erzeugnis der deutschen Ernährungsindustrie zugerechnet wird und als deutsche Ware seinen Markt findet. Der Absatzfonds fördert insoweit nicht allein deutsche landwirtschaftliche Erzeugnisse, sondern unterstützt die gesamte deutsche Ernährungswirtschaft, deren Leistungsfähigkeit, unabhängig von der Herkunft der verarbeiteten Produkte, der deutschen landwirtschaftlichen Urproduktion zugute kommt.
cc) Unbedenklich für die Homogenität ist ferner, daß in Einzelfällen die deutsche Ernährungswirtschaft ausländische Rohwaren im Inland verarbeitet und als Produkt ausländischer Herkunft auf den Markt bringt.
Zwar dient der Absatzfonds und seine Finanzierung ausschließlich dem Zweck, den Absatz von Produkten der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft zu fördern. Der Gesetzgeber bildet jedoch seine Tatbestände nach sozialtypischen Befunden, erfaßt dabei das Individuelle im Typus, verallgemeinert das Konkrete, vergröbert Unterschiedlichkeiten. Er darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen aufzunehmen. Deshalb ist jedenfalls bei geringfügigen oder nur in besonderen Fällen auftretenden Ungleichheiten eine Typisierung zulässig (vgl. BVerfGE 21, 12 ≪27 ff.≫).
Die verfassungsrechtlichen Grenzen zulässiger Typisierung sind hier nicht verletzt. In der Regel wird die deutsche Ernährungswirtschaft nicht ausdrücklich darauf hinweisen, daß sie ausländische Rohware verarbeitet oder vermarktet. Deshalb ist der Gesetzgeber nicht gehalten, entsprechende tatbestandliche Differenzierungen vorzusehen.
e) Die Homogenität wird schließlich nicht dadurch in Frage gestellt, daß Erzeuger, Verwerter oder Vermarkter mit ihren Gütern auf denselben Märkten in einem Substitutionswettbewerb stehen. Grundsätzlich erfaßt jede Absatzförderung eines Wirtschaftsbereichs Betriebe, die miteinander in Konkurrenz stehen. Auf der durch den Zweck des Gesetzes begründeten Abstraktionshöhe werden jedoch gleiche Interessen gefördert. Eine Wettbewerbssituation spricht für sich allein daher noch nicht dagegen, konkurrierende Betriebe als homogene Gruppe zu einer Sonderabgabe heranzuziehen.
Das Absatzfondsgesetz verfolgt nicht das Ziel, einzelne Produktionsbereiche zu bevorzugen und ihnen einen Wettbewerbsvorsprung vor Substitutionsprodukten zu verschaffen. Durch die zentrale Absatzförderung soll vielmehr die gesamte Land- und Ernährungswirtschaft in allen Bereichen gefördert werden. Dieses Förderungsziel liegt im Interesse aller Produktionsbereiche, solange sichergestellt ist, daß die Mittel des Absatzfonds wettbewerbsneutral eingesetzt werden (§ 5 Abs. 5 Satz 3 AbsfondsG).
3. Dagegen bilden Land- und Forstwirtschaft keine homogene, für die gemeinsame Finanzierung des Absatzfonds verantwortliche Gruppe. Für die Forstwirtschaft ist das die Homogenität der Abgabenschuldner begründende Merkmal, die besondere Wettbewerbslage innerhalb der gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Gemeinschaften, derzeit nicht kennzeichnend; außerdem sind die zur Rechtfertigung einer Abgabenbelastung auch der Forstwirtschaft zunächst herangezogenen erhebungstechnischen Gründe entfallen.
a) Ausgangstatbestand einer gemeinsamen Agrarpolitik ist die Landwirtschaft und der Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, nicht jedoch die Forstwirtschaft (Art. 38 EWGV). Die Forstwirtschaft ist nach wie vor von den Regelungen der gemeinsamen Agrarpolitik ausgenommen. Zwar hat die Kommission der Europäischen Gemeinschaften unter Hinweis auf den engen Zusammenhang zwischen Agrarpolitik und Forstwirtschaft versucht, auch eine gemeinsame Forstpolitik zu entwickeln (Gottsmann in: Groeben/Boeckh/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EWG-Vertrag, 3. Aufl., 1983, Art. 38 Rdnr. 4). Die Nichterwähnung der Forstwirtschaft in Art. 38 Abs. 1 EWGV und die Nichtaufnahme des Holzes in die Liste der den Sondervorschriften für die gemeinsame Agrarpolitik unterliegenden Erzeugnisse (Art. 38 Abs. 3 EWGV) erlauben es aber allenfalls, die gemeinsame Agrarpolitik auf einzelne forstwirtschaftliche Maßnahmen zu erstrecken, die der Verbesserung der landwirtschaftlichen Struktur dienen; eine umfassende Forstpolitik auf der Grundlage der Art. 38 ff. EWGV findet nicht statt (vgl. Gottsmann, a.a.O., Art. 38 Rdnr. 4; Gilsdorf/Priebe in: Grabitz, Kommentar zum EWG-Vertrag, Stand: September 1989, Art. 38 Rdnr. 14).
Die Forstpolitik der Bundesregierung ist weniger auf Marktpflege ausgerichtet; sie dient vor allem der Erhaltung des Waldes als ökologischen Ausgleichsraums für Klima, Luft und Wasser, für die Tier- und Pflanzenwelt sowie für die Erholung der Bevölkerung (Agrarbericht, a.a.O., S. 104 ff.). Neben den wirtschaftlichen Nutzen des Waldes tritt gleichrangig seine Bedeutung für die Umwelt (vgl. §§ 1, 6 des Bundeswaldgesetzes vom 2. Mai 1975 ≪BGBl. I S. 1037≫). Die Bewirtschaftung des Körperschafts- und Staatswaldes, der 58 % der Waldfläche in der Bundesrepublik Deutschland ausmacht, dient der Umwelt- und Erholungsfunktion des Waldes, nicht der Sicherung von Absatz und Verwertung forstwirtschaftlicher Erzeugnisse. Die staatliche Forstpolitik fördert im Gegensatz zur Landwirtschaftspolitik weniger die Betriebe und die Absetzbarkeit ihrer Produkte als vielmehr die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts.
Landwirtschaft und Forstwirtschaft unterliegen demnach grundsätzlich verschiedenen Produktions- und Marktbedingungen. Die staatlichen Förderungsaufgaben und die Möglichkeiten und Instrumente zur Erschließung und Pflege von Märkten sind bei der Landwirtschaft grundlegend anders als bei der Forstwirtschaft. Beide Gruppen trifft keine gemeinsame, die Homogenität der Abgabeschuldner bestimmende Sachverantwortung für einen Absatzförderungsfonds, der im wesentlichen als Reaktion auf die Errichtung eines von den Organen der Europäischen Gemeinschaften gelenkten Agrarmarkts entstanden ist.
b) Demgemäß sollte die Forstwirtschaft ursprünglich auch nicht in das Absatzfondsgesetz einbezogen werden; nur aus erhebungstechnischen Gründen ist sie in den Kreis der Abgabeschuldner aufgenommen worden. Da in der ursprünglichen Fassung des Absatzfondsgesetzes flächenbezogene Abgaben aufgrund des Grundsteuermeßbetrages und des Einheitswertes erhoben wurden, diese Anknüpfung jedoch aus verwaltungstechnischen Gründen die Forstwirtschaft nicht ausnehmen konnte, wurden Land- und Forstwirtschaft gemeinsam zur Finanzierung des Absatzfonds herangezogen (vgl. auch zu BTDrucks. V/4006, S. 3).
Dieser erhebungstechnische Anlaß ist, wenn er je eine gemeinsame Belastung von Land- und Forstwirtschaft rechtfertigen konnte, mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Absatzfondsgesetzes vom 23. März 1972 (BGBl. I S. 477 ≪478≫) entfallen. Seit dieser Änderung wird die Forstwirtschaft nicht mehr in Anknüpfung an den bewertungsrechtlichen Einheitswert, sondern im Tatbestand des „von inländischen Erzeugern aufgenommenen, zum Sägen, Messern oder Schälen bestimmten Stammholzes” (§ 10 Abs. 3 Nr. 10 AbsfondsG) belastet.
4. Die Inhomogenität zwischen der Forstwirtschaft und der einheitlichen Gruppe von Land- und Ernährungswirtschaft führt nicht zur Nichtigkeit des Absatzfondsgesetzes insgesamt. Die verbleibenden Abgabeschuldner bilden eine in sich homogene Gruppe, die den Zweck des Absatzfondsgesetzes allein erfüllen kann.
Die verfassungswidrige Heranziehung einer Teilgruppe zu einer Sonderabgabe vermag die Abgabenbelastung grundsätzlich nur dann insgesamt verfassungswidrig zu machen, wenn die verbleibende Gruppe ihrerseits dem Erfordernis der Homogenität nicht genügt oder sie den Abgabezweck allein nicht erreichen kann. Aus der Nichtigkeit einzelner Vorschriften folgt die Nichtigkeit des ganzen Gesetzes nur, wenn sich aus dem objektiven Sinn des Gesetzes ergibt, daß die übrigen mit der Verfassung zu vereinbarenden Bestimmungen keine selbständige Bedeutung haben (st. Rspr.; vgl. BVerfGE 8, 274 ≪301≫; 65, 325 ≪358≫; 74, 33 ≪43≫). Die verbleibende Gruppe der Land- und Ernährungswirtschaft genügt ohne die beanstandete Teilgruppe der Forstwirtschaft dem Erfordernis der Homogenität; sie verfolgt im Wettbewerb des Gemeinsamen Marktes gleichartige Ziele und begründet einen einheitlichen Förderungsbedarf (vgl. oben zu B II 2). Die Erfüllung dieses Bedarfs bleibt nach der Organisation und Zielsetzung des Absatzfonds auch weiterhin möglich, wenn im Abgabenaufkommen die von der Forstwirtschaft erbrachten rund 6 % fehlen. Die verfassungsrechtliche Voraussetzung einer homogenen Gruppe erfordert daher lediglich die Teilaufhebung des Absatzfondsgesetzes.
Allerdings ist der Absatzfonds gehalten, die gruppennützige Verwendung des Abgabenaufkommens nunmehr auf die verbleibende homogene Restgruppe zu beschränken, mithin die Forstwirtschaft bei seinen Förderungsaktionen nicht mehr zu berücksichtigen.
5. Das Absatzfondsgesetz ist nicht wegen Wegfalls des Finanzierungszwecks oder Zielerreichung verfassungswidrig geworden.
Der Finanzierungszweck des Absatzfondsgesetzes besteht auch heute noch. Aus dem Agrarbericht der Bundesregierung ergibt sich ein erheblicher Einfuhrüberschuß im ernährungswirtschaftlichen Handel mit den EG-Partnerländern und mit Drittländern (Agrarbericht 1989, a.a.O., S. 67; vgl. auch Materialband zum Agrarbericht 1989, BTDrucks. 11/3969, Tabelle 112, S. 109). Nach Auffassung der Bundesregierung wird sich durch die Verwirklichung des Binnenmarktes der Wettbewerb in der Agrar- und Ernährungswirtschaft in Zukunft noch verschärfen (Agrarbericht 1989, a.a.O., S. 120). Außerdem bestehen in den meisten Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften Absatzförderungseinrichtungen, die den Absatz der jeweiligen Agrarprodukte fördern. Die Aufgabe, die Stellung der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft im Gemeinsamen Markt zu behaupten und zu sichern, mag durch die gegenwärtige Entwicklung in Deutschland und Europa zusätzliche Anforderungen an die Förderungspolitik stellen. Auch die Überschußproduktion in der Landwirtschaft der Europäischen Gemeinschaften ändert an der Förderungswürdigkeit der deutschen Agrarwirtschaft im Verhältnis zur Agrarwirtschaft anderer Länder nichts.
Die verfassungsrechtlich gebotene Überprüfung der grundsätzlich temporären Abgabe nach dem Absatzfondsgesetz bestätigt also für die Gegenwart das Fortbestehen von Finanzierungsaufgabe und Finanzierungszweck. Das Absatzfondsgesetz ist nur insoweit nichtig, als es die Forstwirtschaft in die Gruppe der Abgabenschuldner einbezieht. Organisatorische Vorschriften, die eine Beteiligung der Forstwirtschaft vorsehen, werden gegenstandslos.
III.
Die Abgabe der Land- und Ernährungswirtschaft nach § 10 AbsfondsG verstößt auch im übrigen nicht gegen Grundrechte.
1. Das Gesetz entspricht den Voraussetzungen des Art. 14 GG. Ein Verstoß gegen die Eigentumsgarantie kommt nur dann in Betracht, wenn die Geldleistungspflichten den Betroffenen in der Weise übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigen, daß sie eine erdrosselnde Wirkung ausüben (st. Rspr.; BVerfGE 70, 219 ≪230≫; 78, 232 ≪243≫). Das ist hier – bei einer Belastung von etwa 0,3 % des Wertes der aufgenommenen Waren – ersichtlich nicht der Fall.
2. Die Abgabepflicht verletzt nicht die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) in ihrer Ausprägung als wirtschaftliche Betätigungsfreiheit (BVerfGE 37, 1 ≪17 f.≫).
Zwar wirkt die Abgabe gestaltend als Instrument der Wirtschaftspolitik und berührt damit den Schutzbereich der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit. Die Pflege und Erschließung von Absatz- und Verwertungsmöglichkeiten für die deutsche Agrarwirtschaft in einem verändert bewirtschafteten Markt ist aber ein legitimes wirtschaftspolitisches Ziel, das eine Einwirkung auf die unternehmerische Handlungsfreiheit rechtfertigt. Der Gesetzgeber ist befugt, ordnend und klärend in das Wirtschaftsleben einzugreifen; er kann in diesem Zusammenhang auch Geldleistungspflichten auferlegen (BVerfGE 75, 108 ≪154≫). Das Absatzfondsgesetz und die darin enthaltenen Abgaberegelungen bleiben in diesem Rahmen des dem Gesetzgeber zukommenden Gestaltungsspielraums. Die den Betroffenen auferlegte Abgabe ist auch – bezogen auf ihren Zweck – ersichtlich nicht unverhältnismäßig.
C.
Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet.
I.
Die Beschwerdeführerin ist durch die angegriffenen Entscheidungen und die zugrunde liegende Vorschrift des § 10 Abs. 3 Nr. 9 AbsfondsG nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt.
1. Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, die nach dem Absatzfondsgesetz erhobenen Abgaben entsprächen nicht den Kriterien, die das Bundesverfassungsgericht für die Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben entwickelt habe, ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet. § 10 Abs. 3 Nr. 9 AbsfondsG ist mit dem Grundgesetz vereinbar (vgl. oben B).
2. Soweit die Beschwerdeführerin rügt, daß sie durch die Unvereinbarkeit des Absatzfondsgesetzes mit europäischem Gemeinschaftsrecht in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt sei, ist die Verfassungsbeschwerde jedenfalls unbegründet. Im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde ist das Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung der Frage, ob eine innerstaatliche Norm des einfachen Rechts mit einer vorrangigen Bestimmung des europäischen Gemeinschaftsrechts unvereinbar ist und ob ihr deshalb die Geltung versagt werden muß, nicht zuständig; eine Entscheidung über diese Normenkollision ist insoweit der umfassenden Prüfungs- und Verwerfungskompetenz der zuständigen Gerichte überlassen (vgl. BVerfGE 31, 145 ≪174 f.≫).
II.
Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführerin auch nicht in ihrem verfassungsrechtlichen Anspruch auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.
1. a) Der Europäische Gerichtshof ist gesetzlicher Richter im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (BVerfGE 73, 339 ≪366 ff.≫). In dieser Funktion hat der Europäische Gerichtshof die einheitliche Auslegung und Anwendung des Vertrages zu wahren und zu gewährleisten (Art. 164, 173, 177 EWGV). Im Rahmen des miteinander verschränkten und für wechselseitige Einwirkungen zugänglichen Zusammenwirkens von mitgliedstaatlicher Rechtsordnung und Gemeinschaftsrechtsordnung ist die Anwendung des Gemeinschaftsrechts weitgehend den nationalen Gerichten überlassen. Art. 177 EWGV weist dem Europäischen Gerichtshof im Vorabentscheidungsverfahren jedoch die Aufgabe zu, das Gemeinschaftsrecht einheitlich auszulegen und die Beachtung des einheitlich ausgelegten Rechts zu gewährleisten. Art. 177 EWGV soll sicherstellen, daß das Gemeinschaftsrecht in allen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft immer die gleiche Wirkung hat (EuGH, Urteil vom 16. Januar 1974, Rs 166/73, Slg. 1974, S. 33 ≪38, Nr. 2≫).
Auf dieser Grundlage sind die Aufgaben zwischen den nationalen Gerichten und dem Europäischen Gerichtshof geteilt. Das jeweilige nationale Gericht ist für die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits zuständig, hat also das Recht – einschließlich des Gemeinschaftsrechts – auf den Einzelfall anzuwenden. Sind für diese Einzelfallentscheidung Zweifel über die Auslegung des Gemeinschaftsrechts oder die Gültigkeit eines Gemeinschaftsrechtsaktes zu klären, so trifft der Europäische Gerichtshof diese Vorabentscheidung gegenüber dem nationalen Gericht. Der Europäische Gerichtshof stellt also dem nationalen Gericht einen bisher zweifelhaften Rechtsmaßstab in einer für die Gemeinschaft einheitlichen Auslegung zur Verfügung; das nationale Gericht wendet diesen europarechtlichen Maßstab zusammen mit dem sonst einschlägigen Recht zur Entscheidung des anhängigen Einzelfalles an.
b) Ein letztinstanzliches nationales Gericht ist unter den Voraussetzungen des Art. 177 Abs. 3 EWGV von Amts wegen gehalten, den Europäischen Gerichtshof anzurufen. Diese Anrufungspflicht nach dem EWG-Vertrag wird kraft der durch die Zustimmungsgesetze gemäß Art. 24 Abs. 1, Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG erteilten Rechtsanwendungsbefehle Teil der innerstaatlich geltenden Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland und ist von ihren Gerichten zu beachten; der dem Einzelnen im Ausgangsverfahren zukommende Anspruch auf Wahrung der Gewährleistungen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG bestätigt und bestärkt diese Pflicht zur Einleitung eines Vorlageverfahrens (vgl. BVerfGE 73, 339 ≪367 ff.≫).
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 6. Oktober 1982, C.I.L.F.I.T., Rs 283/81, Slg. 1982, S. 3415 ≪3431≫) muß ein nationales letztinstanzliches Gericht gemäß Art. 177 Abs. 3 EWGV seiner Vorlagepflicht nachkommen, wenn sich in einem bei ihm schwebenden Verfahren eine Frage des Gemeinschaftsrechts stellt, es sei denn, das Gericht hat festgestellt, „daß die gestellte Frage nicht entscheidungserheblich ist, daß die betreffende gemeinschaftsrechtliche Frage bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder daß die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, daß für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt”. Ein nationales Gericht darf einen vernünftigen Zweifel an der Entscheidung der gestellten Frage nur verneinen, wenn es überzeugt ist, daß auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Gerichtshof die gleiche Gewißheit bestünde. Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, darf das innerstaatliche Gericht davon absehen, diese Frage dem Gerichtshof vorzulegen und sie statt dessen in eigener Verantwortung lösen (Urteil des Europäischen Gerichtshofs, a.a.O., S. 3430). Diese Auffassung entspricht auch einer im Schrifttum weitverbreiteten Meinung, wonach die Vorlagepflicht dann entfällt, wenn es auf die sich stellende Frage für jeden erfahrenen Juristen offensichtlich und vernünftigerweise nur eine Antwort geben kann (Daig in: Groeben/Boeckh/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EWG-Vertrag, a.a.O., Art. 177 Rdnr. 42 m.w.N.; Wohlfahrt in: Grabitz, Kommentar zum EWG-Vertrag, a.a.O., Art. 177 Rdnr. 53 m.w.N; vgl. auch Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 608/78 des Abgeordneten Krieg in ABl. Nr. C 28/8 vom 31. Januar 1979). Die Entscheidungserheblichkeit der europarechtlichen Frage für den Ausgangsrechtsstreit hingegen beurteilt allein das nationale Gericht, bei dem der Ausgangsrechtsstreit anhängig ist.
Außerdem sind alle innerstaatlichen Gerichte zur Vorlage verpflichtet, wenn sie eine Handlung von Gemeinschaftsorganen für fehlerhaft halten; die nationalen Gerichte können die damit verbundenen Rechtsfolgen nicht selbst feststellen (EuGH, Urteil vom 22. Oktober 1987, Foto-Frost, Rs 314/85, Slg. 1987, S. 4225).
c) Die Garantie des gesetzlichen Richters gehört zum gefestigten Bestand der deutschen Verfassungsrechtsentwicklung (vgl. Art. 105 Satz 2 WRV vom 11. August 1919 ≪RGBl. S. 1383/1403≫; § 16 Satz 2 GVG seit der Erstfassung vom 27. Januar 1877, RGBl. S. 41/43; § 175 Abs. 2 Satz 1 RV 1849). Die Gewährleistung des gesetzlichen Richters ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen rechtsstaatlichen Objektivitätsgebots und stellt sicher, daß der zuständige Richter generell vorbestimmt ist und nicht ad hoc und ad personam bestellt werden kann. Damit schützt Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG die rechtsprechenden Organe vor manipulierenden Einflußnahmen (vgl. BVerfGE 17, 294 ≪299≫; 25, 336 ≪346≫).
Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gewährt einen subjektiven Anspruch auf den gesetzlichen Richter. Durch diese grundrechtsähnliche Gewährleistung wird das Bundesverfassungsgericht jedoch nicht zu einem Kontrollorgan, das jeden einem Gericht unterlaufenen, die Zuständigkeit des Gerichts berührenden Verfahrensfehler korrigieren müßte. Vielmehr beurteilt das Bundesverfassungsgericht die Zuständigkeitsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG als Teil des rechtsstaatlichen Objektivitätsgebots, das auch die Beachtung der Kompetenzregeln fordert, die den oberen Fachgerichten die Kontrolle über die Befolgung der Zuständigkeitsordnung überträgt und auf den Instanzenzug begrenzt. Das Bundesverfassungsgericht beanstandet deshalb die Auslegung und Anwendung von Zuständigkeitsnormen nur, wenn sie bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheinen und offensichtlich unhaltbar sind (vgl. BVerfGE 29, 198 ≪207≫).
Die Nichteinleitung eines Vorlageverfahrens nach Art. 177 EWGV kann eine der einheitlichen Auslegung bedürftige Frage des Europarechts der Entscheidung des gesetzlichen Richters – des Europäischen Gerichtshofs – vorenthalten und damit das Ergebnis der Entscheidung beeinflussen. Die Einheit der im EWG-Vertrag angelegten Rechtsordnung ist bedroht, wenn gleiches Recht in den jeweiligen Mitgliedstaaten ungleich gesprochen wird. Deshalb gliedert Art. 177 EWGV den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften funktional in die Gerichtsbarkeit der Mitgliedstaaten ein, soweit ihm im Interesse der Rechtssicherheit und der Rechtsanwendungsgleichheit die Auslegung und Anwendung des Gemeinschaftsrechts aufgegeben ist (vgl. BVerfGE 73, 339 ≪368≫). Das Bundesverfassungsgericht überprüft nur, ob diese Zuständigkeitsregel in offensichtlich unhaltbarer Weise gehandhabt worden ist. Allein ein solcher Kontrollmaßstab entspricht der Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts.
d) Die Vorlagepflicht wird insbesondere in den Fällen offensichtlich unhaltbar gehandhabt, in denen ein letztinstanzliches Hauptsachegericht eine Vorlage trotz der – seiner Auffassung nach bestehenden – Entscheidungserheblichkeit der gemeinschaftsrechtlichen Frage überhaupt nicht in Erwägung zieht, obwohl es selbst Zweifel hinsichtlich der richtigen Beantwortung der Frage hegt (grundsätzliche Verkennung der Vorlagepflicht). Gleiches gilt in den Fällen, in denen das letztinstanzliche Hauptsachegericht in seiner Entscheidung bewußt von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu entscheidungserheblichen Fragen abweicht und gleichwohl nicht oder nicht neuerlich vorlegt (bewußtes Abweichen ohne Vorlagebereitschaft; vgl. BVerfGE 75, 223). Liegt zu einer entscheidungserheblichen Frage des Gemeinschaftsrechts einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs noch nicht vor oder hat eine vorliegende Rechtsprechung die entscheidungserhebliche Frage möglicherweise noch nicht erschöpfend beantwortet oder erscheint eine Fortentwicklung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht nur als entfernte Möglichkeit, so wird Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nur dann verletzt, wenn das letztinstanzliche Hauptsachegericht den ihm in solchen Fällen notwendig zukommenden Beurteilungsrahmen in unvertretbarer Weise überschritten hat (Unvollständigkeit der Rechtsprechung). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn mögliche Gegenauffassungen zu der entscheidungserheblichen Frage des Gemeinschaftsrechts gegenüber der vom Gericht vertretenen Meinung eindeutig vorzuziehen sind.
2. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs verstößt schon deshalb nicht gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, weil dieses Gericht gemäß Art. 177 Abs. 2 EWGV lediglich zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof berechtigt, nicht aber gemäß Art. 177 Abs. 3 EWGV zur Vorlage verpflichtet gewesen ist. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs ist mit dem Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde angreifbar; deshalb liegen die Voraussetzungen des Art. 177 Abs. 3 EWGV nicht vor. Die von der Beschwerdeführerin gerügten europarechtlichen Fragen betreffen revisibles Bundesrecht im Sinne von § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO (vgl. BVerwGE 35, 277); Rechtsfragen aus dem Bereich des Gemeinschaftsrechts sind bereits dann grundsätzlich im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO und eröffnen damit den Revisionsrechtsweg, wenn sich voraussichtlich in einem künftigen Revisionsverfahren die Notwendigkeit ergeben würde, eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs einzuholen (vgl. BVerwG, Beschluß vom 22. Juli 1986 – 3 B 104.85 – Buchholz 451.90 Nr. 64, S. 128 m.w.N.).
3. Der Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts verletzt nicht Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, denn das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Nichtzulassung der Revision und damit die Entscheidung, das Verfahren nicht an den Europäischen Gerichtshof vorzulegen, die Beschwerdeführerin nicht ihrem gesetzlichen Richter entzogen.
Das Bundesverwaltungsgericht verneint die Vorlageverpflichtung mit sachlich einleuchtender Begründung. Es orientiert sich an der einschlägigen Judikatur des Europäischen Gerichtshofs und setzt sich mit den Argumenten der Beschwerdeführerin auseinander. Begründete Zweifel an der Richtigkeit der Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen Frage drängen sich nicht in einer Weise auf, daß die Nichtvorlage an den Europäischen Gerichtshof unvertretbar erschiene. Die Beschwerdeführerin macht in ihrer Verfassungsbeschwerde lediglich geltend, daß der Europäische Gerichtshof die Vereinbarkeit des Absatzfondsgesetzes mit Art. 30 EWGV bisher noch nicht geprüft habe und daß der Europäische Gerichtshof wettbewerbsverzerrende Maßnahmen einer zunehmend strengeren Überprüfung unterwerfe. Aus diesem Vorbringen läßt sich jedoch nicht entnehmen, daß die von der Beschwerdeführerin vertretene Auffassung zu der gemeinschaftsrechtlichen Frage deutlich den Vorzug vor der vom Bundesverwaltungsgericht vertretenen Rechtsmeinung verdient. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin gab dem Bundesverwaltungsgericht keine Veranlassung, eine Vorabentscheidung nach Art. 177 EWGV einzuholen, zumal die Beschwerdeführerin sich lediglich auf Entscheidungen bezog, die das Bundesverwaltungsgericht selber ausführlich in früheren Entscheidungen gewürdigt hatte.
4. Die Beschwerdeführerin ist auch nicht deshalb in ihrem Recht aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt, weil die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Bundesregierung am 21. Oktober 1986 ersucht hat, sich gemäß Art. 169 EWGV zu Fragen des Absatzfondsgesetzes zu äußern. Die Kommission war in diesem Schreiben zu der Auffassung gekommen, daß die Beitragserhebung nach dem Absatzfondsgesetz den EWG-Vertrag verletzen könnte.
Selbst wenn sich aus einer solchen Äußerung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften eine Vorlageverpflichtung gemäß Art. 177 Abs. 3 EWGV und eine Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ergeben könnte, vermag dieses Vorbringen der Verfassungsbeschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Bundesregierung nämlich erst nach dem Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts zu einer Stellungnahme aufgefordert. Das Bundesverwaltungsgericht hatte zum Zeitpunkt seiner Entscheidung keine Kenntnis von einer möglicherweise entgegenstehenden Rechtsauffassung der Kommission. Es ist daher nicht erkennbar, daß das Bundesverwaltungsgericht die Grenze grober Mißachtung oder Fehlanwendung des Gesetzesrechts überschritten und damit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt hätte.
Im übrigen hat die Kommission bereits am 10. Juni 1987 das Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingestellt und der Bundesregierung in einem weiteren Schreiben mitgeteilt, die Untersuchungen zum Absatzfondsgesetz hätten zu dem Ergebnis geführt, daß ein Verstoß gegen Art. 30 EWGV nicht vorliege.
Fundstellen