Rz. 244
Dreistufiger Fremdvergleichstest:
In § 1 Abs. 3d Satz 1 AStG leitet mit einer deutlichen Aussage ein: "Es entspricht nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz, wenn ein aus einer grenzüberschreitenden Finanzierungsbeziehung innerhalb einer multinationalen Unternehmensgruppe resultierender Aufwand die Einkünfte des Steuerpflichtigen gemindert hat [...]".
Das Hauptziel dieser gesetzlichen Formulierung ist die Umkehr der Beweislast im Besteuerungsverfahren bezüglich grenzüberschreitender gruppeninterner Finanzierungsbeziehungen. Es obliegt sonach nicht mehr der prüfenden Finanzbehörde, die Abweichung vom Fremdvergleichsgrundsatz sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach darzulegen, sondern der Steuerpflichtige muss "glaubhaft machen", dass für die gruppeninterne Fremdfinanzierung insbes. ein wirtschaftlicher Bedarf besteht und dass der Steuerpflichtige finanziell in der Lage ist, die Zinsen und die Tilgung (Kapitaldienst) über die gesamte Laufzeit der Fremdfinanzierungsbeziehung hinweg zu erfüllen (z. B. mit einer Prognoserechnung). Der Gesetzgeber bevorzugt hier die Glaubhaftmachung, mithin das mildere Mittel im Vergleich zum Vollbeweis. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass die Aufnahme von Fremdkapital auf Basis von geschäftlichen Annahmen erfolgt, welche für einen nachträglichen, detaillierten (Voll-)Beweis nur bedingt geeignet sind. Zur Glaubhaftmachung gehört, dass die konkreten Umstände substanziiert und in sich schlüssig dargelegt werden. Es genügt hierbei die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass die Kriterien erfüllt werden.
Rz. 245
Mit der Nr. 1 wird der Gedanke verfolgt, aus dem Blickwinkel des Fremdvergleichsgrundsatzes in einem ersten Schritt zunächst eine Abgrenzung vorzunehmen, ob es sich bei der Kapitalüberlassung um Eigenkapital oder Fremdkapital handelt. Diese Abgrenzung hat dabei keine Auswirkung auf die bilanzielle Behandlung des Kapitals. Diese Regelung führt daher nicht zu einer bilanziellen Umqualifizierung von Fremdkapital in Eigenkapital. Sie beschränkt sich vielmehr (nur) darauf, den Abzug von Zinsaufwendungen auf das fremdübliche Maß zu begrenzen, wenn der in der Nr. 1 angelegte dreistufige Fremdvergleichstest nicht erfüllt wird. Für diese Abgrenzung hat der Steuerpflichtige die in § 1 Abs. 3d Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) und b) AStG genannten (drei) Voraussetzungen kumulativ zu erfüllen. D.h. der Steuerpflichtige hat glaubhaft zu machen, ob er a) den Kapitaldienst von Anfang erbringen kann (Kapitaldiensttragfähigkeitstest), b) die Finanzierung auch wirtschaftlich benötigt (Finanzmittelbedarfstest) und c) für den Unternehmenszweck verwendet (Finanzmittelverwendungstest).
Rz. 246
Rechtsfolge:
Nach strenger Wortlautauslegung (aufgrund des qualitativ-konditionalen Wortes "wenn") könnte als Rechtsfolge nach § 1 Abs. 3d Satz 1 Nr. 1 AStG eine vollständige Versagung der (Zins-)Aufwendungen drohen, auch wenn der Kapitaldienst teilweise erbracht und das Kapital teilweise benötigt wurde. Mithin wäre wirtschaftlich – und für Fremdvergleichszwecke des § 1 AStG – nur ein Teilbetrag des überlassenen Kapitals als "Eigenkapital" einzustufen. Eine dennoch vollständige Versagung der Aufwendungen könnte vermehrt zu Verständigungsverfahren führen bzw. Lösungen in Verständigungsverfahren erschweren, weshalb es sachgerecht wäre (i. S. einer "Schattenrechnung"), nur insoweit die Aufwendungen nach § 1 AStG zu korrigieren, als diese auch auf dem tats. fremdunüblichen Teil der Kapitalüberlassung beruhen. Letztere Vorgehensweise stünde a) auch im Einklang mit den OECD-VPL und lässt sich b) auch aus den Grundsätzen des § 1 Abs. 1 AStG (Einkünfteminderung wird insoweit korrigiert, wie sich durch fremdunübliche Bedingungen hervorgerufen wird) ableiten. Diess Ergebnis wird zudem durch die Aussage in der Gesetzesbegründung unterstützt, in der klar wird, dass "keine bestimmte, fremdübliche Eigenkapital- und Fremdkapitalausstattung festgeschrieben wird. Stattdessen ist jeweils der Einzelfall ausschlaggebend dafür, ob die Kapitalüberlassung wirtschaftlich als Eigenkapital oder als Fremdkapital anzusehen ist".
Rz. 247
Kapitaldiensttragfähigkeitstest (§ 1 Abs. 3d S. 1 Nr. 1 Buchst. a) AStG)
Die wesentlichen Kriterien sind das glaubhaft erwartete Bedienen können des Kapitaldienstes (insbesondere in Form von Zins- und Tilgungsleistungen) seitens des Schuldners und die ernstliche Abrede der Überlassung von Kapital auf Zeit. Mithin gilt es insbes. festzustellen, ob von Anfang an ausreichende Vermögenswerte vorhanden und auch Zahlungsflüsse zu erwarten sind, um den Darlehensgeber zu befriedigen. Dies kann bspw. anhand einer Prognoserechnung erfolgen. Eine ggfs. notwendige Anschlussfinanzierung sollte nicht schädlich sein. Dies ist letzlich stets in der Gesamtschau der Verhältnisse zu beurteilen. Weitere Indikatoren, die auch in Anlehnung an die Spruchpraxis des BFH und die OECD-VPL, i. R.d. Kapitaldiensttragfähigkeitstests zu berücksichtigen sind, sind das Vorhandensein eines festen Rückzahlungstermins, die Ve...