2.3.5.1 Begriffsverständnis des Verlusts
Rz. 315
Nach § 10 Abs. 3 S. 5 AStG sind Verluste in entsprechender Anwendung des § 10d EStG abzuziehen, wenn sie die nach § 9 AStG außer Ansatz zu lassenden Einkünfte übersteigen und bei Einkünften entstanden sind, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist. Die gesonderte Vorschrift zum Verlustabzug ist erforderlich, da § 10d EStG eine Einkommensermittlungs- und keine Einkünfteermittlungsvorschrift ist und daher nicht von der Verweisung in § 10 Abs. 3 S. 1 AStG erfasst wird. § 10d EStG ist in seiner jeweils geltenden Fassung anzuwenden.
Rz. 316
Verluste i. S. d. § 10 Abs. 3 S. 5 AStG sind die nach den Grundsätzen des § 10 Abs. 3 AStG ermittelten negativen Zwischeneinkünfte der ausländischen Gesellschaft. Ein Verlust kann durch Abzug ausländischer Vermögensteuern entstehen bzw. erhöht werden.
Rz. 317
Verluste für Zeiträume, in denen die ausländische Gesellschaft keine Zwischengesellschaft ist, können nicht verrechnet werden. Die Verluste müssen mithin aus Einkünften resultieren, für welche die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist. Eine ausländische Gesellschaft ist für Einkünfte nur dann Zwischengesellschaft, wenn diese aus passiver Tätigkeit i. S. d. § 8 Abs. 1 AStG stammen und einer niedrigen Besteuerung i. S. d. § 8 Abs. 5 AStG unterliegen. Negative Einkünfte sind daher nur dann zu berücksichtigen, wenn die sachlichen Tatbestandsvoraussetzungen der Hinzurechnungsbesteuerung vorliegen. Nicht als Verlust zu berücksichtigen wären mithin negative Einkünfte aus dem passiven Geschäftsbereich der ausländischen Gesellschaft, die grundsätzlich keiner niedrigen Besteuerung unterliegen.
Rz. 318
Umstritten ist bisher, ob neben den sachlichen Voraussetzungen der Hinzurechnungsbesteuerung zusätzlich auch die persönlichen Voraussetzungen i. S. d. § 7 AStG für eine Verlustverrechnung vorliegen müssen. Dies ist nach hier vertretener Auffassung nicht der Fall und kann etwa bei unterjährigem Wechsel der Gesellschafter von Bedeutung sein oder wenn der Steuerpflichtige i. S. d. § 7 AStG zum Zeitpunkt der Verlustentstehung noch kein Gesellschafter war. Der Wortlaut des § 10 Abs. 3 S. 5 AStG stellt allein auf die Verluste ab, für die "die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist". Die Verlustverrechnung erfolgt daher ungeachtet etwaiger Beteiligungsquoten der Gesellschafter auf Ebene der ausländischen Gesellschaft. Diese ist auch das Subjekt der Einkünfteerzielung (s. Rz. 135). Die Ermittlung der Zwischeneinkünfte nach § 10 Abs. 3 AStG ist vollständig losgelöst von der Gesellschafterebene. Gesetzlich kommt eine rein gesellschaftsbezogene Betrachtungsweise zum Ausdruck. Die persönlichen Tatbestandserfordernisse des § 7 AStG beziehen sich hingegen auf die Gesellschafterebene, d. h. auf die Hinzurechnungsverpflichteten. Es leuchtet nicht ein, wieso die Gesellschafterebene bei dem Verständnis des Verlustbegriffs auf Ebene der ausländischen Gesellschaft einzubeziehen sein sollte. Ein Wechsel auf der Gesellschafterebene zwischen dem Zeitpunkt der Verlustentstehung und dem Zeitpunkt der Verlustverrechnung ist daher unbeachtlich, mithin findet § 8c KStG keine Anwendung.
Rz. 319
Die Finanzverwaltung vertritt entgegen den vorstehenden Grundsätzen die Auffassung, die Regelungen zum schädlichen Beteiligungserwerb (§§ 8c, 8d KStG) seien bei der Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags auf Ebene der ausländischen Gesellschaft anzuwenden. Danach seien diese Vorschriften gesellschaftsbezogen sowohl auf den laufenden Verlust als auch auf den zum 31.12. des Vorjahres festgestellten verbleibenden Verlustvortrag entsprechend anzuwenden. Dies überzeugt mE angesichts der Gesetzeslage nicht. Im Rahmen der insoweit zu beachtenden gesellschaftsbezogenen Betrachtungsweise können persönliche Umstände auf der Gesellschafterebene die Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags nicht berühren. Darüber hinaus handelt es sich bei § 8c KStG aber ohnehin um keine Einkünfteermittlungsvorschrift. Deren Anwendung setzt mithin einen Anwendungsbefehl in § 10 AStG voraus. Aus diesem Grund ist die Anwendung des § 10d EStG als Einkommensermittlungsvorschrift gesetzlich gesondert in § 10 Abs. 3 S. 5 AStG vorgeschrieben. Konsequenterweise bedürfte eine den § 10d EStG korrigierende Vorschrift ebenfalls eine ausdrückliche Anwendungsvorschrift. Diese existiert ausweislich des Gesetzes schlichtweg nicht. Mithin findet § 8c KStG bereits im Grundsatz keine Anwendung. Eine gerichtliche Prüfung bleibt abzuwarten.
Rz. 320-328
einstweilen frei