Rz. 430
Der Begriff der Veräußerung wird in § 11 Abs. 4 AStG nicht definiert. Es werden allerdings den Gewinnen aus der Veräußerung in § 11 Abs. 4 AStG die Gewinne aus der Auflösung der ausländischen Gesellschaft sowie aus der Herabsetzung des Kapitals der ausländischen Gesellschaft gleichgestellt.
Rz. 431
Die beiden Vorgänge der Auflösung und der Herabsetzung des Kapitals stellen aufgrund der eigenständigen Erwähnung in den jeweiligen Vorschriften des EStG und KStG bereits der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge dar (§ 17 Abs. 4 S. 1, 3 EStG, § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG sowie § 8b Abs. 2 S. 3 KStG). Es stellt sich die Frage, weshalb der Gesetzgeber diese Vorgänge erneut eigenständig in § 11 Abs. 4 AStG erwähnt.
Die eigenständige Erwähnung der Auflösung sowie der Herabsetzung des Kapitals im Gesetzeswortlaut des § 11 Abs. 4 AStG könnte den Ausschluss anderer Vorgänge, die ebenfalls nach den jeweiligen Vorschriften der Einzelsteuergesetze der Veräußerung gleichgestellt sind, für Zwecke des § 11 Abs. 4 AStG zum Ausdruck bringen. Entsprechend stellten andere der Veräußerung gleichgestellten – und nicht in § 11 Abs. 4 AStG genannten – Vorgänge keine Veräußerung i. S. d. § 11 Abs. 4 AStG dar. Dies hätte insbesondere Bedeutung für die verdeckte Einlage (§ 17 Abs. 1 S. 2, § 20 Abs. 2 S. 2 EStG, § 8b Abs. 2 S. 6 KStG), die Einlagenrückgewähr, soweit diese nicht zu den Einkünften gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehört (§ 17 Abs. 4 S. 1 Alt. 3, S. 3 EStG), sowie Tatbestände der Wegzugsbesteuerung i. S. d. § 6 AStG.
Rz. 432
Ein solches Verständnis wäre allerdings nach der hier vertretenen Auffassung zu kurz gegriffen. Der Begriff der Veräußerung ist im Einkommensteuerrecht nicht definiert. Dieser wird auch nicht in allen Vorschriften einheitlich verwendet. Da sich die Vorschrift des § 11 Abs. 4 AStG auf die Veräußerung von Anteilen bezieht, ist es naheliegend, den Veräußerungsbegriff i. S. d. § 17 EStG heranzuziehen. Eine Veräußerung i. S. d. § 17 Abs. 1 EStG ist die entgeltliche Übertragung des rechtlichen oder zumindest des wirtschaftlichen Eigentums an einer Beteiligung auf einen anderen Rechtsträger.
Rz. 433
Gleichzeitig werden im Rahmen des § 17 EStG zahlreiche Vorgänge der (tatsächlichen) Veräußerung gleichgestellt. Diese beinhalten sowohl die Tatbestände der Auflösung der Kapitalgesellschaft und der Kapitalherabsetzung, die beide in § 11 Abs. 4 AStG enthalten sind, als auch die verdeckte Einlage (§ 17 Abs. 1 S. 2 EStG) sowie die Einlagenrückgewähr (§ 17 Abs. 4 S. 1 Alt. 3 EStG). Abgesehen von eigenständigen Erwähnung der Gewinne aus der Auflösung der Kapitalgesellschaft sowie der Kapitalherabsetzung in § 11 Abs. 4 AStG ist kein Grund ersichtlich, weshalb nicht die übrigen der Veräußerung gleichgestellten Vorgänge vom Veräußerungsbegriff des § 11 Abs. 4 AStG nicht erfasst werden sollten. Auch in der Gesetzesbegründung wird nicht auf diese Differenzierung eingegangen. Daher sind auch diese Vorgänge vom Begriff der Veräußerung i. S. d. § 11 Abs. 4 AStG erfasst. Für diese ist entsprechend ein Kürzungsbetrag anzusetzen.
Rz. 434
Die Argumentation gilt auch für die Wegzugsbesteuerung i. S. d. § 6 AStG, deren Tatbestände die Veräußerung von Anteilen i. S. d. § 17 Abs. 1 S. 1 EStG zum gemeinen Wert gleichstehen (§ 6 Abs. 1 S. 1 AStG). Zwar kommt für diese Fälle laut Ansicht der Finanzverwaltung kein Ansatz des Kürzungsbetrages in Betracht. Gründe für diese Differenzierung sind jedoch – sowohl in der Gesetzesbegründung als auch im Anwendungserlass zum Außensteuergesetz – nicht ersichtlich.
Rz. 435
Der Kürzungsbetrag wird unabhängig davon gewährt, ob die Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft in Gänze oder nur anteilig veräußert wird. Wird die gesamte Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft veräußert, entfällt für den Steuerpflichtigen (nach dem Veräußerungsvorgang) das Hinzurechnungskorrekturvolumen für die ausländische Gesellschaft.
Rz. 436–445
einstweilen frei