Rz. 30
Die Zurechnung erfolgt vorrangig beim Stifter und nachrangig bei den Bezugs- oder Anfallsberechtigten bei unbeschränkter Steuerpflicht. Eine Beschränkung auf natürliche Personen erfolgt nicht, somit sind auch Körperschaftsteuersubjekte von der Vorschrift erfasst. Im Moment der Zurechnung muss die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht bestehen (§ 1 Abs. 1, Abs. 2 EStG sowie § 1 Abs. 1 KStG). Die fiktive unbeschränkte Steuerpflicht ist nicht ausreichend. Auf den Zeitpunkt der Stiftungserrichtung kommt es nicht an.
2.1.1.1 Stifter
Rz. 31
Die Stiftereigenschaft ist funktional, d. h. steuerlich zu verstehen und nicht unter Verengung auf die ursprüngliche Errichtung der Stiftung. Somit ist als Stifter nicht nur die Person zu verstehen, für deren Rechnung das Stiftungsgeschäft abgeschlossen worden ist, sondern auch solche, die in der Art des Stifters Vermögen auf die Stiftung überträgt, bzw. der das Stiftungsgeschäft bei wirtschaftlicher Betrachtung zuzurechnen ist. Ob es sich dabei um die Erstausstattung oder um die Zustiftung handelt, spielt dabei keine Rolle. Somit wird der sog. Zustifter zum Stifter i. S. d. § 15 Abs. 1 AStG, denn es erfolgt nicht nur eine projektbezogene Zuwendung wie bei einer Spende, sondern eine Grundstockmehrung, die es rechtfertigt ihn gleich zu behandeln. Andernfalls besteht die Möglichkeit einer Steuerumgehung, in der jemand unter Minimalvoraussetzungen eine Stiftung errichten lässt, damit ein Dritter diese dann entsprechend aufstockt. Ebenso führt die Gründung einer Stiftung durch einen Treuhänder zur Stiftereigenschaft durch den Treugeber (§ 39 Abs. 2 AO). Der Umgehungsaspekt spricht auch dafür, die Stiftereigenschaft nicht auf natürliche Personen zu beschränken.
2.1.1.2 Bezugs- und Anfallsberechtigter
Rz. 32
Besteht kein unbeschränkt steuerpflichtiger Stifter, kommt es subsidiär auf die Bezugs- oder Anfallsberechtigten an. Zwischen den Bezugs- und Anfallsberechtigten besteht keine ausdrückliche Rangfolge. Bezugsberechtigung meint die mögliche Begünstigung durch die Satzung, der Familienstiftung und zwar unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch gegenüber der Stiftung besteht oder dieser möglicherweise als Anwartschaft zu verstehen ist. Die herrschende Meinung im Schrifttum sieht dies allerdings aufgrund des Wortlauts, nämlich Bezug (Zuwendungskomponente) und Recht (Rechtsanspruch), wohl anders. Derart hohe Anforderungen werden aber dem Gesetzeszweck nicht gerecht, denn einerseits besteht i. d. R. kein solcher Rechtsanspruch, zum anderen reduzierte sich der Anwendungsbereich auf Ausnahmefälle. Ebenso wenig sind aufschiebende Bedingungen von Bedeutung. Entscheidend kann nur sein, ob der Stpfl. mit einer Zuwendung rechnen kann. Stellte der Rechtsanwender – wie die wohl h. M. im Schrifttum auf einen Rechtsanspruch ab, verengte sich der Anwendungsbereich der Vorschrift erheblich. Dies erscheint mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift unvereinbar, zumal neben einer Ausgestaltung als Anspruch auch die Ermessensentscheidung des Stiftungsvorstands denkbar ist. Im Ergebnis ist eine niedrigschwellige Berechtigungsschwelle anzunehmen, die dann erreicht ist, wenn der Stpfl. tatsächlich etwas erhält oder damit rechnen kann, begünstigt zu werden. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Person in den Stiftungsdokumenten als Begünstigter genannt wird.
Rz. 33
Das damit verbundene Risiko der möglichen Schädigung von Personen, die zu diesem Kreis der Bezugsberechtigten (insb. bei höherer Anzahl) zählen, ist nicht von der Hand zu weisen. In diesem Fall muss es der Person aber möglich sein, gegenüber der Stiftung unwiderruflich auf die mögliche Begünstigtenstellung zu verzichten. Denn auch im Fall einer Schenkung ist ein beiderseitiges Einvernehmen erforderlich. Ebenso kann der Erb-, Pflichtteils- und Vermächtnisverzicht vor dem Erbfall erklärt bzw. nach dem Erbfall das Erbe ausgeschlagen sowie auf den Pflichtteil bzw. das Vermächtnis verzichtet werden. Ein solcher Verzi...