Rz. 51
Weitere Voraussetzung des § 16 Abs. 1 AStG ist, dass die ausländische Gesellschaft nicht oder nur unwesentlich besteuert wird. Das Merkmal der nur unwesentlichen Besteuerung weist Probleme einer Definition auf. Die FinVerw sieht eine unwesentliche Besteuerung unter Rückgriff auf § 8 Abs. 5 AStG bei einer Belastung von unter 25 %. Aus der Gesetzeshistorie (s. Rz. 5 ff.) kann geschlossen werden, dass das Tatbestandsmerkmal keine niedrige Besteuerung i. S. d. § 8 Abs. 5 AStG meint. Der Gesetzgeber wählte nach unterschiedlichen Bezeichnungen in den Referentenentwürfen bewusst eine von der niedrigen Besteuerung abweichende Bezeichnung. Vorgeschlagen wird in der Literatur die unwesentliche Besteuerung durch eine Wertung zu den Vorschriften im AStG herzuleiten. Danach liegt die Grenze bei Belastungen von 10 % oder weniger.
Rz. 52
Die Unwesentlichkeitsgrenze mithilfe der Maßstäbe des AStG zu definieren ist eine rechtssystematisch stringente und nachvollziehbare Herleitung. Der Wortlaut der Norm steht einer zwingenden Auslegung mit Belastungen von unter 25 % gerade nicht nahe, da ansonsten das geschriebene Merkmal der niedrigen Besteuerung hätte verwendet werden können. Dieses Vorgehen hat der Gesetzgeber in § 13 Abs. 1 S. 1 AStG gewählt. Im Umkehrschluss kann bei Nichtvornahme der Verweistechnik wie in § 13 AStG davon ausgegangen werden, dass auf die 25 % gerade auch kein Bezug genommen werden sollte. Bereits sprachlich ist eine "niedrige Besteuerung" etwas anderes als eine unwesentliche Besteuerung. Die 10-%-Grenze wird im AStG in § 9 AStG zur Definition der Freigrenze bei Einkünften unter 10 % gezogen. In § 13 Abs. 1 S. 3 AStG führt hinsichtlich der Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter ebenso die 10-%-Grenze zum Ausschluss der Steuerpflichtigkeit. Eine nur unwesentliche Besteuerung liegt demnach bei einer Besteuerung der Einkünfte unter 10 % vor. Die Auffassung der FinVerw steht dem entgegen.
Rz. 53
Maßgeblich ist für die unwesentliche Besteuerung der Steuersatz im Ausland. Eine von der deutschen Steuerbemessungsgrundlage abweichende, niedrigere Bestimmung der Bemessungsgrundlage im Ausland kann im Regelfall nicht ausschlaggebend sein, da die Prüfung einer solchen einen nicht zu administrierenden Aufwand darstellt. Für die unwesentliche Besteuerung ist ferner nicht die generelle Steuerlast des Geschäftspartners, sondern nur diejenige in Bezug auf die mit der Geschäftsbeziehung in Zusammenhang stehenden Einkünfte. Abzustellen ist wegen möglicher Steuerprivilegien im Ausland auf die im Einzelfall tatsächlich erhobenen Steuern. Nach dem BMF ist für die Ermittlung der Besteuerungshöhe auf alle Ertragsteuern und diesbezügliche Nebenleistungen abzustellen, die auf die maßgeblichen Einkünfte jeweils zulasten des Transaktionspartners erhoben werden. Es ist die Ertragsteuerquote maßgebend. Dabei sind Ertragsteuern aller Art heranzuziehen, ggf. auch eine Gewerbeertragsteuer oder Quellensteuern. Es ist unerheblich, ob die ausländische Ertragsteuer der deutschen Einkommen- oder Körperschaftsteuer ähnlich ist. § 16 AStG stellt nicht darauf ab, ob die Steuern in einem bestimmten Staat erhoben worden sind, sodass auch Drittstaatensteuern (z. B. Steuern im Betriebsstättenstaat) zu berücksichtigen sind. In den Steuerbelastungsvergleich sind auch kantonale, Provinz-, Stadt- und Gemeindesteuern einzubeziehen.