1 Allgemeines
1.1 Aufbau
Rz. 1
Die Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen nach § 16 AStG steht im 6. Teil des AStG unter der Überschrift Ermittlung und Verfahren. Es handelt sich um eine Verfahrensvorschrift zur Anforderung von Informationen für die Besteuerung im Falle von Auslandsbeziehungen. Die Vorschrift geht über die allgemeinen Mitwirkungspflichten des § 90 AO hinaus. Durch die Mitwirkungspflicht des AStG ist der Untersuchungsgrundsatz des § 88 AO – wonach das FA den Sachverhalt grundsätzlich von Amts wegen zu ermitteln hat – dahingehend eingeschränkt, dass das FA mit dem Benennungsverlangen das Erforderliche getan hat und der Nachweis dem Stpfl. aufgebürdet wird. Denn bei Auslandssachverhalten können die Ermittlungsmöglichkeiten des FA eingeschränkt sein. Das Recht des FA, den Sachverhalt anderweitig aufzuklären, bleibt unberührt.
Rz. 2
Durch den Verweis in § 16 Abs. 1 AStG auf das Benennungsverlangen in § 160 AO stellt die Mitwirkungspflicht eine umfängliche Offenlegungspflicht im Hinblick auf Beziehungen des Stpfl. zu ausländischen Geschäftspartnern bezüglich Zahlungen, für die der Stpfl. einen Abzug begehrt, dar. § 16 AStG schränkt die Anwendbarkeit von § 160 AO nicht ein. Vielmehr erweitert die im Ansatz auf inländische, deutsche Verhältnisse zugeschnittene Regelung des § 160 AO den § 16 Abs. 1 AStG unter der Voraussetzung einer Nicht- bzw. einer unwesentlichen Besteuerung.
Rz. 3
Kommt der Stpfl. den Mitwirkungspflichten nicht nach, kann ein Abzug der Schulden, anderer Lasten oder Betriebsausgaben/Werbungskosten nicht gewährt werden. Die Pflicht zur Mitwirkung erhält durch die drohende Nichtberücksichtigung eine effektive Ausgestaltung und Förderung des Ziels der Vermeidung von inländischen Steuerausfällen. Der Stpfl. muss die Sachverhalte aufklären und alle erforderlichen Beweismittel beschaffen; er muss vor allem auch seiner Pflicht zur Beweisvorsorge nachkommen. Eine Benennung des Empfängers kann auch verlangt werden, wenn er den Empfänger bisher noch nicht kannte und mittels der erhöhten Mitwirkungspflicht zur Erbringung von Nachweisen und Beschaffung sowie Vorlage von Beweismitteln verpflichtet wird. Anders als bei § 90 AO, der keine unmittelbaren Nachteile bei fehlender Mitwirkung vermittelt, besteht bei § 16 AStG eine Kopplung zwischen Pflichteinhaltung durch den Stpfl. und Gewährung der Vorteile für den Stpfl.
Rz. 4
Einen weiteren "Anreiz" zu wahrheitsgemäßen und vollständigen Übermittlung Angaben durch den Stpfl. – bestätigender Natur sowie zur Bekräftigung der Nichtbekanntheit von Tatsachen – gibt § 16 Abs. 2 AStG, wonach eine eidesstattliche Versicherung durch das FA verlangt werden kann. Durch die Versicherung an Eides statt droht bei Unrichtigkeit der Angaben nicht nur ein Vergehens-, sondern ein Verbrechenstatbestand.
1.2 Entstehungsgeschichte und Rechtsentwicklung
Rz. 5
Die Mitwirkungspflicht des Stpfl. nach § 16 AStG wurde durch Gesetz vom 8.9.1972 eingeführt. Damit ist § 16 AStG Bestandteil des AStG seit dessen Einführung. Die Änderungshistorie der 1972 eingeführten Vorschrift beschränkt sich auf redaktionelle Anpassungen. In der Fassung, welche bis zum 31.12.1976 Geltung hatte, verwies § 16 Abs. 1 AStG auf § 205a RAO und in § 16 Abs. 2 AStG auf § 174 RAO. Mit Einführung der Abgabenordnung vom 14.12.1976 wurden die Vorschriften der RAO außer Kraft gesetzt und die Verweisungen auf die AO mit Geltung zum 1.1.1977 angepasst.
Rz. 6
Bei den Tatbestandsmerkmalen wurden bis zur Einführung des Gesetzestextes 2 Änderungen vorgenommen. In sämtlichen Entwürfen der Vorschriften wurden nur die Geschäftsbeziehungen zu niedrig besteuerten ausländischen Gesellschaften als schädlich erfasst; durch Beratungen des Finanzausschusses wurden dann im Ausland ansässige Personen und Personengesellschaften gleichgestellt und die Lücke im Gesetz geschlossen. Bei Umschreibung des Merkmals der "unwesentlichen Besteuerung" wurde die weitere Anpassung vorgenommen. Der 1. und 3. Referentenentwurf nahm das Merkmal der niedrigen Besteuerung – wie in § 2 Abs. 2 AStG und § 8 Abs. 5 AStG – auf. Der 2. Referentenentwurf bezeichnete das Merkmal als unwesentliche oder Vorzugsbesteuerung. Der Kabinettsentwurf ging von keiner oder einer unwesentlichen Besteuerung aus. Die von den genannten Vorschriften des AStG abweichende Terminologie ist bei der Auslegung des nunmehr verwandten Merkmals der nicht oder unwesentlichen Besteuerung zu berücksichtigen.