Rz. 61
Keine vertragliche Vereinbarung einer sachgerechten Anpassungsregelung:
Die in Satz 2 normierte Rechtsfolge des § 1a AStG einer Verrechnungspreiskorrektur im achten Jahr nach dem Geschäftsabschluss tritt nur ein, wenn eine "solche Regelung nicht vereinbart wurde". Dabei bezieht sich eine "solche Regelung" auf die in Satz 1 erwähnte sachgerechte Anpassungsregelung. D. h. in Fällen, in denen eine sachgerechte Preisanpassungsklausel vertraglich vereinbart wurde, ist die Anwendung von § 1a AStG ausgeschlossen.
Daher ist es für den Steuerpflichtigen ratsam, insbes. in Funktionsverlagerungsfällen, eine individuelle und fremdübliche Anpassungsklausel vertraglich zu vereinbaren, weil dann die gesetzlich standardisierte Anpassungsklausel nicht zur Anwendung kommt (vgl. auch Rz. 88). Bei einer individuellen Preisanpassungsklausel können zudem nicht nur realistischere kürzere Anpassungszeiträume geregelt werden. Ferner kann eine Anpassung aufgrund einer individuell vereinbarten (fremdüblichen) Klausel – anders als nach § 1a AStG – auch zu Gunsten des Steuerpflichtigen wirken. Mit einer individuellen Preisanpassungsklausel kann nicht nur die Anwendung von § 1a AStG, sondern ggf. auch die damit verbundene Gefahr einer internationalen Doppelbesteuerung vermieden werden (s. Rz. 66). Um die Anwendung der gesetzlichen Anpassungsklausel des § 1a AStG auszuschließen, muss die individuelle Klausel allerdings "sachgerecht" sein (s. Rz. 62).
Rz. 62
Sachgerechtigkeit:
Was "sachgerecht" ist, bestimmt jedoch weder das Gesetz noch die VWG VP 2023. Beurteilungsmaßstab dafür, was als "sachgerecht" anzusehen ist, ist der Fremdvergleichsgrundsatz. Maßgeblich sind stets die Umstände des Einzelfalles. Eine Anpassungsklausel sollte regelmäßig sachgerecht sein, wenn sie hinsichtlich des Betrachtungszeitraums und der Art und Weise, wie die Preisanpassung ausgestaltet ist, den spezifischen Risiken und Unsicherheiten im Einzelfall Rechnung trägt. Die Fremdüblichkeit ("Sachgerechtigkeit") der zivilrechtlichen Vereinbarung sollte zudem (z. B. aus Branchenerfahrungen, zugrunde liegenden Produkt- oder Technologielebenszyklen, etc.) inhaltlich dokumentiert werden (zur Beweisvorsorge und den Dokumentationspflichten im Auslandsfall vgl. insbes. § 90 Abs. 2 und 3 AO).
Rz. 63
Rechtsfolge: Verrechnungspreiskorrektur im achten Jahr
Wurde a) zwischen den Vertragsparteien bei der Übertragung eines wesentlichen immateriellen Werts oder Vorteils keine sachgerechte Preisanpassungsregelung vereinbart und tritt b) in den ersten sieben Jahren nach Geschäftsabschluss eine erhebliche (Gewinn-)Abweichung auf (vgl. Rz. 69), legt Satz 2 als Rechtsfolge fest, nach § 1 Abs. 1 S. 1 AStG im achten Jahr nach Geschäftsabschluss einmalig ein angemessener Korrekturbetrag (vgl. Rz. 76) auf den Verrechnungspreis anzusetzen (= gewinnerhöhende außerbilanzielle Einkünftekorrektur). Der Verweis auf § 1 Abs. 1 S. 1 AStG hat zur Folge, dass eine Korrektur nur zulasten der Steuerpflichtigen möglich ist.
Rz. 64
Der Beobachtungszeitraum innerhalb dessen eine erhebliche Abweichung erfolgen muss, beträgt nunmehr 7 Jahre. Der Beobachtungszeitraum nach der alten Gesetzesfassung (§ 1 Abs. 3 S. 11 AStG a. F.) betrug indessen noch 10 Jahre.
Rz. 65
Weitere Gewinnsteigerungen in der Folgezeit (d. h. nach dem 7-Jährigen Betrachtungszeitraum) können nicht mehr von der Finanzbehörde durch eine auf § 1a AStG gestützte Einkünfteberichtigung berücksichtigt werden. Es steht auch nicht im Ermessen der Finanzbehörde, in dem Fall, dass die Anwendungsvoraussetzungen des § 1a AStG eingetreten sind, auf den Ansatz eines angemessenen Anpassungsbetrags zu verzichten, um dann in einem Folgejahr bei einer weiteren positiven Gewinnentwicklung einen höheren Anpassungsbetrag ansetzen zu können.
Rz. 66
Wegen der international nicht einheitlichen Ausgestaltung von Preisanpassungsregelungen kann die Norm zu unerwünschten Doppelbesteuerungen führen.
Sofern also keine individuelle Anpassungsklausel vereinbart wurde und v.a. keine der erwähnten Escape-Klauseln (s. Rz. 78 ff.) in Anspruch genommen werden kann, führt die Anwendung von § 1a AStG zu einer Korrektur des ursprünglich gewählten Verrechnungspreises und damit zu einer Erhöhung der inländischen Einkünfte. In einem solchen Fall müsste korrespondierend auch im jeweiligen Ausland eine Anpassung erfolgen, da anderenfalls eine Doppelbesteuerung eintritt. Sofern im Ausland keine entsprechende Gegenkorrektur vorgenommen wird, ist davon auszugehen, dass die Preisanpassungsklausel nicht selten auch zur Einleitung von Verständigungsverfahren führen wird. Mit einer individuellen Preisanpassungsklausel kann nicht nur die Anwendung von § 1a AStG, sondern ggf. auch die damit verbundene Gefahr einer internationalen Doppelbesteuerung vermieden werden.
Rz. 67-68
einstweilen frei