Rz. 150
§ 2 AStG zieht im Wesentlichen zwei Rechtsfolgen nach sich: einerseits werden die im Inland steuerpflichtigen Einkünfte erweitert ("über die beschränkte Steuerpflicht hinaus"). Andererseits kommt es zur Anwendung des Progressionsvorbehalts (s. Rz. 331ff.). Gem. § 2 Abs. 1 S. 1 AStG ist eine die Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 AStG erfüllende Person über die beschränkte Steuerpflicht i. S. d. EStG hinaus beschränkt steuerpflichtig mit allen Einkünften, die bei unbeschränkter Steuerpflicht nicht ausländische Einkünfte i. S. d. § 34d EStG sind. Auf diese nicht-ausländische Einkünfte bezieht sich die Rechtsfolge des § 2 Abs. 1 S. 1 AStG.
Rz. 151
Es steht der Anwendung des § 2 Abs. 1 S. 1 AStG nicht entgegen, wenn Einkünfte zugleich inländische als auch ausländische Einkünfte sind (Doppelqualifizierung). In diesen Fällen führt die Einordnung als ausländische Einkünfte nicht der beschränkten Steuerpflicht der Einkünfte entgegen. Dies ergibt sich aus der Gesetzesformulierung, die eine Steuerpflicht "über die beschränkte Steuerpflicht hinaus" vorsieht. § 2 AStG will die Umfang der beschränkten Steuerpflicht lediglich erweitern und schließt somit die inländischen Einkünfte jedenfalls und ausnahmslos mit ein.
Im Ergebnis ist das Vorliegen nicht-ausländischer Einkünfte somit nur für solche Einkünfte zu prüfen, die nicht bereits inländische i. S. d. § 49 EStG sind.
Rz. 152
Die von der Erweiterung der sachlichen Steuerpflicht gem. § 2 AStG erfassten "Zusatzeinkünfte" sind solche, die nicht bereits inländische Einkünfte i. S. v. § 49 EStG sind und zugleich keine ausländischen Einkünfte darstellen. Nur diese werden nachfolgend dargestellt. Im Schrifttum finden sich dagegen zahlreiche Darstellungen, die als erweitert beschränkt steuerpflichtige Einkünfte auch die Inlandseinkünfte i. S. v. § 49 EStG umfassen. Auch diese werden den Rechtsfolgen des § 2 AStG unterworfen, allerdings nicht der sachlichen Erweiterung nach § 2 Abs. 1 S. 1 EStG, sondern den Rechtsfolgen im Hinblick auf den Steuersatz nach § 2 Abs. 5 AStG (s. Rz. 331ff.).
Rz. 153
Soweit in § 34d Nr. 6 und § 34d Nr. 8 EStG für die Qualifikation von ausländischen Einkünften der Schuldner bzw. der Verpflichtete relevant ist, liegen ausländische Einkünfte auch vor, wenn der Schuldner von Einkünften sowohl im Inland als auch im Ausland unbeschränkt steuerpflichtig ist. In diesen Fällen sind erweiterte Inlandseinkünfte nicht denkbar, sondern allenfalls regulär beschränkt steuerpflichtige Inlandseinkünfte i. S. v. § 49 EStG.
Rz. 154
Gem. § 2 Abs. 1 S. 1 AStG erstrecken sich die Rechtsfolgen der Norm auf Einkünfte, die bei unbeschränkter Steuerpflicht nicht ausländische Einkünfte sind. Die Prüfung der Ausdehnung der im Inland steuerbaren Einkünfte knüpft folglich an eine Situation, bei der unbeschränkte Steuerpflicht unterstellt wird. Zweck dieser Unterstellung soll es sein, infolge der unbeschränkten Steuerpflicht auch weitergehende Merkmale, wie z. B. den Wohnsitz, im Inland zu fingieren, um u. U. sogar eine dortige Betriebsstätte annehmen zu können. Dem entgegen ändert die unterstellte unbeschränkte Steuerpflicht nach der Rechtsprechung des BFH nichts an der Maßgeblichkeit der Tatsachen des jeweiligen Einzelfalls und erlaubt derlei Fiktionen nicht. Die Unterstellung der unbeschränkten Steuerpflicht dürfte in erster Linie die Anwendbarkeit des § 34d EStG sicherstellen, der infolge des Verweises auf § 34c EStG nur auf unbeschränkt Steuerpflichtige anzuwenden ist.
Rz. 155
Im Einzelnen ergeben sich für die Einkunftsarten des EStG folgende "Zusatzeinkünfte" aus § 2 Abs. 1 AStG. Diese bilden zusammen mit den inländischen Einkünften nach § 49 EStG die "erweiterten Inlandseinkünfte". Die nachfolgende Übersicht zeigt damit nur die durch § 2 Abs. 1 AStG normierte Ausdehnung der Steuerpflicht, nicht aber die insgesamt beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte.
Rz. 156
Land- und Forstwirtschaft kann entweder im Inland oder im Ausland betrieben werden. Ersterenfalls liegen inländische Einkünfte i. S. v. § 49 EStG vor, letzterenfalls ausländische Einkünfte i. S. v. § 34d EStG.
Da die Land- und Forstwirtschaft stets entweder im In- oder im Ausland betrieben wird, liegen stets entweder in- oder ausländische Einkünfte vor. § 2 AStG hat insoweit keine Bedeutung. Eine Ausnahme besteht nur für solche Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, die nach der sog. umgekehrten isolierenden Betrachtung einem anderen Tatbestand in § 34d EStG zugeordnet werden (z. B. Zinseinkünfte im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb).
Rz. 157
Im Inland steuerpflichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb werden durch § 2 AStG kaum erweitert.
Hintergrund ist die BFH-Rechtsprechung, wonach alle gewerblichen Einkünfte stets mindestens einer Betriebsstätte zuzuordnen sind. Es liegen somit stets entweder in- oder ausländische Einkünfte vor. Für § 2 AStG bleibt kein Raum. Dies gilt sowohl für aus dem Inland gezahlt Bürgschafts- und Avalprovisionen sowie für Fälle des § 34d...