Rz. 54
Bei § 2 AStG EStG handelt es sich um eine Vorschrift zur Erweiterung der beschränkten Steuerpflicht. Der Anwendungsbereich der Norm und der Anwendungsbereich der unbeschränkten Steuerpflicht schließen sich gegenseitig aus. Dies gilt gleichermaßen für die unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 EStG sowie nach § 1 Abs. 2 EStG, wenngleich die Aufgabe der erweiterten unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 2 EStG den Tatbestand des § 2 AStG nicht auslöst. Rechtsfolge des § 1 Abs. 2 EStG ist eine Besteuerung als unbeschränkt Steuerpflichtiger, d. h. insb. mit dem Welteinkommen und ohne Abgeltungswirkung des Steuerabzugs nach § 50 Abs. 2 EStG.
Die Rechtsfolgen des § 2 AStG bleiben dahinter zurück; einer Anwendung der Norm bedarf es nicht mehr. Wird eine natürliche Person innerhalb des rechtsfolgenseitigen Zehnjahreszeitraums wieder unbeschränkt steuerpflichtig, so entfällt die erweiterte beschränkte Steuerpflicht zugunsten der unbeschränkten Steuerpflicht.
Rz. 55
Die Anwendung der fiktiv unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG steht der Anwendung des § 2 AStG nicht entgegen. Wenngleich § 1 Abs. 3 EStG eine Behandlung "als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig" vorsieht, handelt es sich dabei dennoch um eine auf "inländische Einkünfte" beschränkte Steuerpflicht. Zwar wird das Verhältnis beider Normen als "völlig ungeklärt" bezeichnet. Beide Normen haben aber unterschiedliche Rechtsfolgen, die miteinander nur punktuell in Konkurrenz treten. Zwanglos mit Gesetzeswortlaut und Gesetzessystematik vereinbaren lässt sich die Erweiterung der steuerpflichtigen Inlandseinkünfte gem. § 2 Abs. 1 AtG auch im Anwendungsbereich der (nur) fiktiv unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG, denn § 1 Abs. 3 EStG trifft bezüglich des Umfangs der steuerpflichtigen Einkünfte keine Aussage. Die Zusatzeinkünfte nach § 2 Abs. 1 AStG erhöhen die der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte i. S. v. § 1 Abs. 3 S. 2 EStG. Unproblematisch ist m. E. ferner die Nichtanwendung des § 50 Abs. 1 EStG infolge der fiktiv unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG, auch bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 2 AStG, weil insoweit § 2 AStG an die allg. Regeln anknüpft (s. Rz. 164), welche von § 1 Abs. 3 EStG modifiziert werden. Die Anwendung des Progressionsvorbehalts ergibt sich aus beiden Normen (§ 2 Abs. 1, Abs. 5 AStG einerseits und § 1 Abs. 3, § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 EStG andererseits), weshalb insoweit kein Konflikt entsteht. Schließlich entfällt in Fällen des § 1 Abs. 3 EStG die Abgeltungswirkung des § 50 Abs. 2 EStG. Die Vorschrift in § 2 Abs. 5 S. 2 AStG wird insoweit hinfällig. Die Abgeltungswirkung entfällt somit – über Abs. 5 S. 2 hinaus – für sämtliche Einkünfte, die dem Steuerabzug unterlagen. Die Anwendung des § 1a EStG wird durch § 2 AStG ebenfalls nicht ausgeschlossen.
Rz. 56
Ausweislich der BFH-Rechtsprechung steht § 2 AStG zur "einfachen" beschränkten Steuerpflicht im Verhältnis der Spezialität. Diese Aussage hat der BFH zwar auf den Katalog des § 49 EStG bezogen. Im Schrifttum wird sie aber auf das Verhältnis von § 2 AStG zu § 1 Abs. 4 EStG übertragen. Es wird von "rechtstechnischer" lex specialis und einer Vedrängungswirkung ggü. § 1 Abs. 4 EStG gesprochen. Für das Verhältnis beider Normen stiften diese Aussagen mehr Verwirrung als Nutzen. § 2 Abs. 1 AStG verdrängt § 1 Abs. 4 EStG nicht, sondern baut auf dieser auf. Die einfache beschränkte Steuerpflicht wird durch § 2 Abs. 1 AStG sachlich "ausgedehnt" und im Übrigen modifiziert. Im Kern bleibt es aber bei der Besteuerung für beschränkt Steuerpflichtige (§ 1 Abs. 4, § 49 EStG), insb. mit Blick auf die Anwendung des § 50 Abs. 1 EStG (s. RZ. 164).
Rz. 57
§ 2 Abs. 1 AStG knüpft an die Systematik des § 2 EStG an. Dies gilt gleichermaßen für die Bestimmung des Umfangs des Steuerobjekts, die Ermittlung der Einkünfte und – unter Berücksichtigung des § 50 Abs. 1 EStG – des zvE. Auch der Dualismus der Einkunftsarten gilt in § 2 AStG. § 2 Abs. 7 S. 3 EStG ist zu beachten, weshalb im Wegzugsjahr die Besteuerung nach § 2 AStG im Rahmen der einheitlichen Veranlagung durchzuführen ist. Dabei entfällt die Abgeltungswirkung – über Abs. 5 S. 2 hinaus – wegen § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 EStG für sämtliche Einkünfte.
Rz. 58
Verlustausgleich und Verlustabzug sind zulässig, soweit sie nicht spezialgesetzlich ausgeschlossen werden. Im Hinblick auf den intraperiodischen Verlustausgleich ist nach hier vertretener Auffassung zweifelhaft, ob negative Zusatzeinkünfte i. S. v. § 2 Abs. 1 S. 1 AStG mit positiven Inlandseinkünften i. S. v. § 49 EStG verrechnet werden können (s. Rz. 165).
Rz. 59
Die Besteuerung gem. § 2 AStG erfolgt im Rahmen der Veranlagung (§ 25 EStG). Die Zusammenveranlagung von Ehegatten (§ 26b EStG) wird – wenn nicht die Voraussetzungen des § 1a EStG vorliegen – regelmäßig an der fehlenden unbeschränkten Steuerpflicht scheitern (§ 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG).
Rz. 60
Die Besteu...