Rz. 215
Gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 AStG liegt eine niedrige Besteuerung vor, wenn "die Belastung der Person durch die in dem ausländischen Geiet erhobene Einkommensteuer auf Grund einer gegenüber der allgemeinen Besteuerung eingeräumten Vorzugsbesteuerung erheblich gemindert sein kann". Hintergrund des Tatbestands in § 2 Abs. 2 Nr. 2 AStG ist die (bereits bei Einführung des AStG erkannte, derzeit zunehmende) Existenz von Sonderbesteuerungsregimen in Staaten, die keinen niedrigen Einkommensteuertarif haben. In diesen Fällen genügt das Abstellen auf den allg. Tarif nicht, um einen steuerlich motivierten Wegzug zu identifizieren.
Die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer entsprechenden Vorzugsbesteuerung ist ausreichend. Maßgeblich ist auch insoweit eine abstrakte Betrachtung.
Rz. 216
Ausweislich des Gesetzeswortlauts muss die Minderung aufgrund der Vorzugsbesteuerung möglich sein und sich auf die Belastung der Person durch die in dem ausländischen Gebiet erhobene Einkommensteuer beziehen. Die Vorzugsbesteuerung stellt somit eine Ausprägung der Einkommensteuer dar. Zwar gehen die im Rahmen von Sonderregimen gewährten Vorteile oftmals über die Einkommensbesteuerung hinaus. Dem kommt im Kontext des § 2 Abs. 2 Nr. 2 AStG aber keine Bedeutung zu. Was als Einkommensteuer anzusehen ist, bestimmt sich grds. nach den gleichen Kriterien wie in § 2 Abs. 2 Nr. 1 AStG (s. Rz. 206), wobei Abweichungen (auch im Hinblick auf die Bemessungsgrundlage "Einkommen") im Wesen einer Vorzugsbesteuerung liegen. Es muss insoweit ein weites Verständnis gelten.
Rz. 217
Gem. dem Wortlaut der Vorschrift liegt eine Vorzugsbesteuerung vor, wenn eine gegenüber der allgemeinen Besteuerung eingeräumte abweichende Besteuerung gewährt wird, die für den Steuerpflichtigen vorteilhaft ist, weil sie dessen Belastung mit Einkommensteuer mindern kann. Dies zielt auf eine Besserstellung von Zuwanderern gegenüber anderen, in dem ausländischen Gebiet allg. steuerpflichtigen Personen ab. Unstreitig muss es sich bei der Vorzugsbesteuerung um eine Vorteilsgewährung handeln, die an persönliche Merkmale geknüpft ist und nicht bloß an sachliche Merkmale, wie z. B. bestimmte Einkunftsarten. Die persönlichen Merkmale müssen zudem solche sein, die regelmäßig nur Zuzügler erfüllen. Staaten, die überhaupt keine Einkommensteuer erheben – wie z. B. die Vereinigten Arabischen Emirate oder Monaco-, sind daher nicht als Vorzugsbesteuerungsgebiete anzusehen. Auch in Staaten, die alle Steuerpflichtige nach dem Territorialitätsprinzip besteuern – wie z. B. Costa Rica, Israel oder Singapur-, ist keine Vorzugsbesteuerung gegeben.
Dies gilt auch, wenn die territoriale Besteuerung allg. an die Überweisung der Einkünfte in den Ansässigkeitsstaat geknüpft wird.
Rz. 218
Die Art der steuerlichen Privilegierung ist dagegen nicht von Bedeutung. Es kann sich um Steuerbefreiungen oder eine privilegierte Besteuerung handeln, ferner aber auch um Steuerverträge, Erlasse, usw., vorausgesetzt, die jeweilige Maßnahme steht speziell Zuziehenden zu. Auch der stillschweigende Nichtvollzug geltender Steuergesetze soll eine Vorzugsbesteuerung darstellen können, Letzteres ist allerdings schon deshalb problematisch, weil in diesen Fällen der Zuschnitt der Maßnahme auf Zuzügler regelmäßig fehlen wird. Gleiches gilt, wenn man die in einer Rechtsordnung angelegte Möglichkeit zum Abschluss individueller Steuerverträge stets als Vorzugsbesteuerung ansehen möchte. In diesen Fällen erscheint es allenfalls denkbar, die konkrete Inanspruchnahme entsprechender Maßnahmen als Vorzugsbesteuerung zu betrachten.
Rz. 219
Nicht geklärt ist, ob eine Vorzugsbesteuerung allg. allen Zuzüglern offenstehen muss, oder ob eine Vorzugsbesteuerung auch vorliegen kann, wenn diese nur bestimmte Einkünfte umfasst und somit nur für bestimmte Steuerpflichtige infrage kommt. Die Frage geht dahin, ob persönliche (Zuzügler betreffende) und sachliche (bestimmte Einkünfte betreffende) Merkmale gleichzeitig Voraussetzung für die Vorzugsbesteuerung sein können. Das BMF hält das Vorliegen einer Vorzugsbesteuerung nur bei bestimmten Berufsgruppen für denkbar, will dies aber an die Gewährung der Vorteile für "wesentliche Teile des Einkommens" knüpfen. Letzteres ist mangels Verankerung im Gesetzeswortlaut abzulehnen. Dies bedeutete, das Vorliegen einer Vorzugsbesteuerung beurteilt sich in Abhängigkeit der Tätigkeiten und Einkünfte des Steuerpflichtigen. Für ein solches Verständnis spricht der Gesetzeswortlaut, der auf die Belastung "der" (und nicht "einer") Person abstellt.
Rz. 220
Die nachfolgende Darstellung umfasst Informationen zu Staaten, deren Steuerrechtsordnung Sonderbesteuerungsregime bereithält, die abstrakt als Vorzugsbesteuerung i. S. v. § 2 Abs. 2 Nr. 2 AStG eingeordnet werden könne. Die Frage einer Einordnung als Niedrigsteuergebiet i. S. v. § 2 Abs. 2 Nr. 1 AStG ist für die genannten Staaten separat zu beurteilen.
Rz. 221
Belgien bietet Begünstigungen für hoch...