Rz. 280
§ 2 Abs. 3 Nr. 1 AStG definiert das Vorliegen wesentlicher wirtschaftlicher Inlandsinteressen aufgrund unternehmerischer Aktivitäten im Inland. Maßgeblich ist der Beginn des Vz, mithin jeweils der 1.1. eines Kalenderjahres innerhalb des Zehnjahreszeitraums. Veräußerungen und Hinzuerwerbe haben somit stets erst ab dem Folgejahr Bedeutung. Dies gilt gleichermaßen für das Jahr des Wegzugs.
Rz. 281
Ein wesentliches wirtschaftliches Inlandsinteresse wird stets begründet von einer Person, die Unternehmer oder Mitunternehmer (Ausnahme: Kommanditist, s. Rz. 283) eines im Inland belegenen Gewerbebetriebs ist. Das Vorliegen eines Gewerbebetriebs richtet sich nach § 15 Abs. 2 oder Abs. 3 EStG. Betriebe i. S. v. § 13 oder § 18 EStG begründen kein wesentliches Inlandsinteresse. Ein Gewerbebetrieb ist im Inland belegen, wenn eine inländische Betriebsstätte unterhalten wird, wobei allein auf das nationale Recht (§ 12 AO) abzustellen ist. Ein inländischer ständiger Vertreter (§ 13 AO) genügt hierfür nicht. Durch Abstellen auf "Unternehmer" und "Mitunternehmer" werden sämtliche Einzelunternehmer und Mitunternehmer, einschließlich atypisch stiller Gesellschafter, Unterbeteiligter und ggf. auch Nießbraucher oder Pächter erfasst. Dies gilt unabhängig von der Beteiligungshöhe. Es ist auch ohne Bedeutung, ob überhaupt Einkünfte erzielt werden. Vom Wortlaut der Norm nicht erfasst ist der Komplementär einer KGaA, weil dieser zwar wie ein Mitunternehmer gewerbliche Einkünfte erzielt (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG), aber weder Unternehmer noch Mitunternehmer ist. Beabsichtigt sein kann dessen Nicht-Erfassung allerdings nicht.
Rz. 282
Fraglich ist, ob § 2 Abs. 1 S. 2 AStG Auswirkungen auf die Begründung eines Inlandsinteresses i. S. v. § 2 Abs. 3 Nr. 1 AStG haben kann. Nach dieser Vorschrift wird unter gewissen Umständen eine inländische Geschäftsleitungsbetriebsstättte fingiert. Gleichwohl wird im Schrifttum davon ausgegangen, die Vorschrift entfalte keine Relevanz für die Begründung eines Inlandsinteresses i. S. v. § 2 Abs. 3 Nr. 1 AStG. Dem kann sich angeschlossen werden, wenn man § 2 Abs. 1 S. 2 AStG Bedeutung nur auf Rechtsfolgenseite zuspricht, weil § 2 Abs. 3 AStG den Tatbestand der Norm betrifft. Beurteilt man die Reichweite des § 2 Abs. 1 S. 2 AStG dagegen anders (s. zur Diskussion Rz. 177), dürfte die Norm auch ein Inlandsinteresse i. S. v. § 2 Abs. 3 Nr. 1 AStG begründen.
Rz. 283
Ein Kommanditist ist regelmäßig Mitunternehmer einer unternehmerisch tätigen KG. Unterhält die KG einen Gewerbebetrieb, so lägen grds. die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 Nr. 1 AStG vor. Die Kommandititstenstellung begründet aber an sich noch kein Inlandsinteresse, weil insoweit eine Sonderregelung in § 2 Abs. 3 Nr. 1 AStG Platz greift. Die Begründung eines wesentlichen wirtschaftlichen Inlandsinteresses wird insoweit auf Fälle beschränkt, in denen mehr als 25 % der Einkünfte i. S. v. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG auf die Person entfallen. Die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen ist dagegen irrelevant. Einkünfte i. S. v. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG umfassen neben dem Gewinnanteil auch das Sonderbetriebsergebnis. Dies gilt auch im Rahmen des § 2 Abs. 3 Nr. 1 AStG. Die Einkünfte der Person i. S. v. § 2 AStG sind somit ins Verhältnis zum steuerlichen Gewinn der Mitunternehmerschaft zu setzen. Dies ist regelmäßig erst nach Ablauf eines Wirtschaftsjahres möglich, weshalb die Voraussetzung zeitraumbezogen zu prüfen ist. Ob die Einkünfte einer in- oder ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind, ist unerheblich, solange die KG den notwendigen Inlandsbezug in Gestalt einer inländischen gewerblichen Betriebsstätte erfüllt. Die Sonderregelung gilt auch für einem Kommanditisten vergleichbare Gesellschafter ausländischer Rechtsformen. Sie ist nicht auf andere Mitunternehmer mit beschränkter Haftung anzuwenden, weil insoweit an der Erweiterung des Anwendungsbereich (wie z. B. in § 15a Abs. 5 EStG) fehlt.
Rz. 284
Ein wesentliches wirtschaftliches Inlandsinteresse liegt auch vor, wenn der Person eine Beteiligung i. S. v. § 17 EStG an einer inländischen Kapitalgesellschaft gehört. Da die Vorschrift nur "Anteile an Kapitalgesellschaften" erfasst, sollen Genossenschaftsanteile und Anteile an anderen Körperschaften insoweit nicht erfasst sein. Für Anteile an Genossenschaften, die gem. § 17 Abs. 7 EStG als Anteile i. S. v. § 17 Abs. 1 EStG und somit als Anteile an Kapitalgesellschaften gelten, ist dies jedenfalls nicht zwingend. Eine Beteiligung i. S. v. § 17 EStG muss zu Beginn des Vz bestehen, was aber nicht eine zu Beginn des Vz bestehende Beteiligung von 1 % voraussetzt. Eine inländische Kapitalgesellschaft ist gegeben, wenn sich deren Ort der Geschäftsleitung (§ 10 AO) und/oder Sitz (§ 11 AO) im Inland befinden. Dies ergibt sich einerseits im Umkehrschluss zu § 7 AStG. Ferner steht dies aber auch im Einklang mit § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e Doppel...