2.5.5.1 Hintergrund
Rz. 67
Nach Regelungslage der Hinzurechnungsbesteuerung i. d. F. vor dem ATADUmsG wurden in mehrstufigen Beteiligungsketten die Zwischeneinkünfte von nachgeschalteten Gesellschaften (sog. Untergesellschaften) der ausländischen Obergesellschaft, an der der Stpfl. i. S. d. § 7 AStG beteiligt war, zugerechnet (§ 14 AStG i. d. F. vor dem ATADUmsG). Diese Zurechnung galt nicht nur für positive Zwischeneinkünfte, sondern auch für negative Zwischeneinkünfte. Nach dieser Regelungslage wurden sämtliche Zwischeneinkünfte auf Ebene der Obergesellschaft verrechnet. Ein danach verbleibender Verlust unterlag der Regel des § 10 Abs. 3 S. 5 AStG i. d. F. vor dem ATADUmsG – konnte also zurück- oder vorgetragen werden. § 7 Abs. 1 AStG i. d. F. ATADUmsG ordnet eine Hinzurechnung von Zwischeneinkünften nunmehr auch aus mittelbaren Beteiligungen an. Eine Zurechnung bei der Obergesellschaft erfolgt nicht mehr. Wenn während der alten Regelungslage erwirtschaftete Verluste fortbestehen und in späteren Vz abgezogen werden sollen, ergibt sich folglich das Problem eines sog. "mismatch", soweit die Verluste bei einer Untergesellschaft entstanden sind, aber der Obergesellschaft zugerechnet wurden, weil in Zukunft der direkte Durchgriff auf die Zwischeneinkünfte von Untergesellschaften erfolgt.
Rz. 68
Inwieweit dieses "mitmatch" eine gesetzliche Regelung erforderlich macht, hängt davon ab, wie man die Technik des Verlustabzugs nach § 14 AStG i. d. F. vor dem ATADUmsG versteht. Bejaht man eine Zurechnung auch von negativen Einkünften von der Unter- zur Obergesellschaft, so sollte ein Verlustabzug nach § 10 Abs. 3 S. 5 AStG i. d. F. vor dem ATADUmsG ausschließlich auf Ebene der Obergesellschaft erfolgen können, denn dieser sind sämtliche Verluste zugerechnet worden.
Diese Sichtweise wird durch § 21 Abs. 4 S. 5 AStG bestätigt, denn danach ist der Verlust der Untergesellschaft nur auf Antrag zuzuordnen (Rz. 69ff.), was eine ohne diesen Antrag gegebene Zuordnung zur Obergesellschaft impliziert. Eine gesonderte gesetzliche Regelung wäre dann nicht zwingend erforderlich, denn die Berücksichtigung der Verluste wäre auf Ebene der Obergesellschaft weiterhin möglich – dann allerdings nur im Rahmen einer Verrechnung mit Gewinnen dieser Gesellschaft, nicht mit Gewinnen der Untergesellschaften. Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, noch nicht verrechnete Verluste wieder "zurück-zuzuordnen", um einen Ausgleich mit Gewinnen der Gesellschaft, die auch den Verlust erwirtschaftete, zu ermöglichen.
2.5.5.2 Regelungsinhalt (§ 21 Abs. 4 S. 5 1. Halbs.)
Rz. 69
§ 21 Abs. 4 S. 5 1. Halbs. AStG schafft für nach § 14 AStG i. d. F. vor dem ATADUmsG einer Obergesellschaft zugerechnete und dort noch nicht verrechnete Verluste die Möglichkeit, nämliche Verluste auf Antrag denjenigen Untergesellschaften zuzuordnen, durch deren Tätigkeit sie erwirtschaftet worden sind. Angesprochen sind nur "Verluste i. S. d. Satzes 2", mithin Altverluste, die weiterhin den bisherigen Verlustabzugsmöglichkeiten unterliegen (Rz. 54 ff.). Die Zuordnung (gemeint ist eine Zurechnung) der Verluste macht die ursprüngliche Rechtsfolge des § 14 AStG i. d. F. vor dem ATADUmsG rückgängig. Dadurch kann der Stpfl. bewirken, bei jeder ausländischen Gesellschaft zukünftige Gewinne mit früheren Verlusten zu verrechnen. Für Stpfl. ist dies vorteilhaft, weil dadurch eine Verlustnutzung zu einem früheren Zeitpunkt möglich wird.
Rz. 70
Das Gesetz regelt nicht, ab wann die Zuordnung greift. Dies muss jedoch zwingend ab dem ersten Vz, ab dem die Neuregelungen der Hinzurechnungsbesteuerung zur Anwendung kommen, der Fall sein. Dies ist regelmäßig der Vz 2022 und vor diesem Hintergrund erschließt sich auch die Antragsfrist, die mit der Frist zur Abgabe der Steuererklärung für den Vz übereinstimmt.
2.5.5.3 Antrag auf Verlustzuordnung
Rz. 71
Die Verlustzuordnung erfolgt nur auf Antrag des Stpfl. Der Antrag ist mangels gesetzlicher Vorgaben formfrei, weshalb er auch konkludent durch Abzug der Verluste in der Feststellungserklärung für die jeweilige ausländische Untergesellschaft gestellt werden können sollte. Allerdings ist der Antrag fristgebunden und muss bis spätestens 31.7.2023 gestellt werden. Sofern mehrere Stpfl. an der ausländischen Gesellschaft beteiligt sind, ist der Antrag einheitlich zu stellen (2. Halbs.).
2.5.5.4 Konsequenzen einer unterbliebenen Antragstellung
Rz. 72
Fraglich ist, welche Konsequenzen drohen, wenn der Antrag nicht gestellt wird. Die Gesetzesbegründung erweckt den Anschein, die Vorschrift des Satz 5 sei erforderlich, um die Altverluste "zu retten", weil die Verlustverrechnung im Fall nachgeschalteter Gesellschaften nach neuem Recht "nicht mehr möglich" sei. Auch im Schrifttum wird die Norm als für die weitere Verlustnutzung "erforderlich" verstanden. Nach hiesiger Auffassung ist dem nicht beizupflichten. Die Alt-Verluste sind grds. allesamt der Obergesellschaft...