2.1.3.1 Hintergrund der Regelung
Rz. 183
Die Wegzugsbesteuerung setzt – jedenfalls außerhalb des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AStG – keine Beeinträchtigung des deutschen Besteuerungsrechts voraus und kann – bei Vorliegen einer "Beschränkung" auch in Fällen des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AStG – mit einem fortbestehenden deutschen Besteuerungsrecht einhergehen. Dies kann sowohl Fälle der fortbestehenden unbeschränkten Steuerpflicht als auch Fälle der beschränkten Steuerpflicht betreffen. In diesen Fällen ist es geboten, eine doppelte Besteuerung desselben Vermögenszuwachses zu vermeiden. Darauf zielt § 6 Abs. 1 S. 3 AStG ab.
Rz. 184
§ 6 Abs. 1 S. 3 AStG ist in folgenden Fällen von Bedeutung:
Als spätere "Veräußerung" ist insoweit auch die Verwirklichung einer Veräußerungsfiktion (§ 17 Abs. 1 S. 2, Abs. 4, Abs. 5 EStG) anzusehen.
Rz. 185
Wenngleich der Zweck der Regelung in § 6 Abs. 1 S. 3 AStG in der Vermeidung einer Doppelbesteuerung zu sehen ist, ist die Regelung dafür unzureichend ausgestaltet. § 6 Abs. 1 S. 3 AStG regelt nämlich nur den Fall der Realisierung späterer Beteiligungserträge in Form von Veräußerungsgewinnen. Für den Fall andersartiger späterer Beteiligungserträge (insbesondere Gewinnausschüttungen) fehlt eine Maßnahme zur Vermeidung der Doppelbelastung.
Eine solche Doppelbelastung lässt sich nach geltendem Recht nur durch Gestaltungsmaßnahmen vermeiden.
Rz. 186
Für die Praxis ist darüber hinaus die auf das deutsche Recht begrenzte Reichweite der Vorschrift zu beachten. Sinn und Zweck der Vorschrift ist die Vermeidung einer (nationalen) wirtschaftlichen Doppelbesteuerung. Eine internationale Doppelbesteuerung wird durch § 6 Abs. 1 S. 3 AStG nicht vermieden. Hierfür bedarf es abkommensrechtlicher Wegzugsklauseln, die eine Wertverknüpfung im Zuzugsstaat vorsehen, oder einer Verstrickung nach dem nationalen Recht des anderen Staates.
Rz. 187
einstweilen frei
2.1.3.2 Fiktion des Erwerbs zum gemeinen Wert
Rz. 188
§ 6 Abs. 1 S. 3 AStG vermied eine Doppelbelastung von Vermögenszuwächsen durch eine (Doppel-)Fiktion. Demnach gelten zunächst – dem Grunde nach – die Anteile als erworben und ferner – der Höhe nach – grundsätzlich zum gemeinen Wert. Die Fiktion gilt auf Ebene des Anteilseigner nach Durchführung der Wegzugsbesteuerung – d. h. in Fällen des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Nr. 3 AStG auf Ebene des Steuerpflichtigen und bei unentgeltlichen Übertragungen i. S. d. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AStG auf Ebene dessen Rechtsnachfolgers.
Eingeschränkt wird die Fiktion der Höhe nach, indem der Wertansatz an die tatsächliche Entrichtung der Steuer geknüpft wird. Bis zur (anteiligen) Entrichtung der Wegzugssteuer gilt zwar – dem Grunde nach – die Erwerbsfiktion fort, der Höhe nach gelten dann aber nur die historischen Anschaffungskosten als Erwerbspreis.
Rz. 189
Der Höhe nach ist der Wertansatz auf den gemeinen Wert, höchstens aber auf den Wert, für den die "auf den Veräußerungsgewinn" entfallende (Wegzugs-)Steuer entrichtet worden ist, begrenzt. Bei der auf den Veräußerungsgewinn entfallenden Steuer muss es sich folglich um die Wegzugssteuer handeln.
Diese Steuer muss entrichtet worden sein. Dies setzt nicht nur eine "Festsetzung" der Steuer, sondern auch deren Zahlung voraus. Diese ist jedenfalls insoweit nicht gegeben, als eine festgesetzte Wegzugssteuer nach § 6 Abs. 4 AStG gestundet ist. Bei Zahlung der Steuer in Raten liegt eine Entrichtung nur insoweit vor, als die Raten tatsächlich geleistet worden sind. Im Ratenzahlungsfall werden daher die Anschaffungskosten mit Entrichtung der Raten jährlich um 1/7 aufgestockt.
Eine "Entrichtung" der Steuer liegt bei Zahlung oder Aufrechnung vor. Die Wegzugssteuer ist auch dann gezahlt, wenn der fiktive Veräußerungsgewinn mit einem Verlustvor- oder Verlustrücktrag bzw. mit laufenden Verlusten ausgeglichen wird.
Rz. 190
In Stundungsfällen kann es – insbesondere im Fall einer Veräußerung der Anteile (§ 6 Abs. 4 S. 5 Nr. 4 AStG) – zu einer vorzeitigen, sofortigen Fälligkeit der gestundeten Steuer kommen. Die nachträgliche Entrichtung der Wegzugssteuer stellt ein rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO für einen dem Wegzug nachfolgenden Veräußerungsvorgang dar. Die Entrichtung der Steuer wirkt somit auf de...