2.3.2.1.1 Vorübergehende Abwesenheit als temporärer Wegzug
Rz. 228
§ 6 Abs. 3 S. 1 AStG normiert auf Tatbestandsebene der Rückkehrregelung vermeintlich zwei – aufgrund des Wortes "und" kumulativ zu erfüllende – Voraussetzungen:
- Die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht muss auf einer nur vorübergehenden Abwesenheit des Stpfl. beruhen und
- der Stpfl. muss innerhalb von 7 Jahren seit Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht wieder unbeschränkt steuerpflichtig werden.
Ausweislich der Rechtsprechung des BFH liegt eine "nur vorübergehende Abwesenheit" vor, wenn der Stpfl. innerhalb des maßgeblichen Zeitraums wieder unbeschränkt steuerpflichtig wird. Diese zum nahezu identischen Wortlaut des § 6 Abs. 3 S. 1 AStG a. F. dürfte auf die aktuelle Gesetzesfassung übertragbar sein.
Im Ergebnis knüpft § 6 Abs. 3 AStG tatbestandlich somit nicht an 2 Voraussetzungen, sondern lediglich an die nur vorübergehende Abwesenheit, die durch eine rechtzeitige Rückkehr belegt wird.
Die natürliche Person X ist unbeschränkt Stpfl. i. S. v. § 6 Abs. 2 AStG. X hält Anteile i. S. v. § 17 EStG und verzieht ins Ausland. Bei seinem Wegzug hat X weder die Absicht, ins Inland zurückzukehren noch teilt er eine solche Absicht dem Finanzamt mit. 5 Jahre nach seinem Wegzug entscheidet sich X, ins Inland zurückzukehren und begründet eine unbeschränkte Steuerpflicht durch Wohnsitznahme im Inland.
Ungeachtet der zunächst fehlenden Rückkehrabsicht führt allein die tatsächliche Rückkehr innerhalb von 7 Jahren zur Erfüllung des § 6 Abs. 3 S. 1 AStG. Die Ausschlussgründe für ein Entfallen der Wegzugssteuer sind zu beachten (s. Rz. 256 ff.).
Rz. 229
Weil die Verwirklichung des Tatbestands des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AStG gem. § 6 Abs. 3 S. 1 AStG auf der (vorübergehenden) Abwesenheit "beruhen" muss, die Abwesenheit also den Wegzugstatbestand auslöst, ist eine "Abwesenheit" nur dann gegeben, wenn die unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 EStG nicht besteht. Diese Abwesenheit muss zudem nur "vorübergehend" sein, was erfüllt ist, wenn der Stpfl. innerhalb des maßgeblichen Zeitraums von 7 Jahren (s. zur Möglichkeit der Verlängerung des Zeitraums Rz. 235 ff.) wieder im Inland unbeschränkt steuerpflichtig wird.
Rz. 230
Die vorstehenden Grundsätze gelten ungeachtet einer im Wegzugszeitpunkt gegebenen Rückkehrabsicht des Steuerpflichtigen (s. Rz. 240 ff.).
Rz. 231
Auf Tatbestandsebene ist § 6 Abs. 3 S. 1 AStG daher schlichtweg daraufhin zu überprüfen, ob der Stpfl. innerhalb des Siebenjahreszeitraums nach Wegzug wieder unbeschränkt steuerpflichtig wird. Maßgeblich ist eine unbeschränkte Steuerpflicht i. S. v. § 1 Abs. 1 EStG. Zusätzlich darf keiner der Ausschlussgründe (s. Rz. 256 ff.) erfüllt sein. Zwar ist eine Antragstellung durch den Stpfl. nicht geboten, allerdings obliegt ihm der Nachweis über die fristgerechte Rückkehr.
Rz. 232
Verstirbt der Stpfl. während seiner Abwesenheit und gehen die Anteile von Todes wegen auf eine andere natürliche Person über, so liegt eine Rückkehr i. S. d. § 6 Abs. 3 AStG vor, wenn der unmittelbare oder – im Falle mehrere aufeinander folgender Erwerbe von Todes wegen – mittelbare Rechtsnachfolger die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 S. 1 AStG erfüllt. Die Rückkehrregel kann danach eröffnet sein, sowohl wenn der Erbe unbeschränkt steuerpflichtig ist als auch wenn der Erbe innerhalb des maßgeblichen Abwesenheitszeitraums wieder unbeschränkt steuerpflichtig wird.
Rz. 233-234
einstweilen frei
2.3.2.1.2 Verlängerung des Abwesenheitszeitraums
Rz. 235
Der Zeitraum für eine nur "vorübergehende" Abwesenheit beträgt gem. § 6 Abs. 3 S. 1 AStG grundsätzlich 7 Jahre. Gem. § 6 Abs. 3 S. 3 AStG kann das im Wegzugszeitpunkt zuständige Finanzamt die Frist für die Rückkehr ins Inland um höchstens 5 Jahre verlängern.
Rz. 236
Die Verlängerung des Abwesenheitszeitraums steht im Ermessen des Finanzamts, das im Zeitpunkt des Wegzugs nach § 19 AO zuständig war (für Einzelheiten s. Rz. 481 ff.). Wenngleich die Verlängerung des Abwesenheitszeitraums sowohl dem Grunde nach als auch der Höhe nach (s. Rz. 237) Ermessensentscheidung des Finanzamts ist, soll dem Antrag stattgegeben werden, wenn die fortbestehende Rückkehrabsicht gegeben ist.
Auf die Glaubhaftmachung der Rückkehrabsicht wird nunmehr verzichtet, stattdessen soll eine hinreichende Wahrscheinlichkeit genügen (s. auch Rz. 241). Die Rückkehrabsicht muss zwar "unverändert fortbestehen", auch insoweit soll allerdings hinreichende Wahrscheinlichkeit genügen. Aufgrund der geringen Anforderung an die Rückkehrabsicht sollte die Fristverlängerung regelmäßig unproblematisch sein.
Auf das Vorliegen beruflicher Gründe kommt es nach aktueller Regelungslage nicht mehr an.
Rz. 237
Auch der Höhe nach liegt die Fristverlängerung im Ermessen des Finanzamts. Der Abwesenheitszeitraum kann um höchstens 5 Jahre verlängert werde...