Rz. 290
Ein Entfallen der Wegzugssteuer bei Rückkehr ist schließlich nur insoweit möglich, als das Besteuerungsrecht Deutschlands hinsichtlich des Gewinns aus der Anteilsveräußerung mindestens in dem Umfang wieder begründet wird, wie es im Zeitpunkt der Beendigung der Steuerpflicht bestand. Streng genommen handelt es sich bei diesem Tatbestand nicht um einen "Ausschlussgrund", sondern eher um eine zusätzliche Voraussetzung für das Entfallen der Wegzugssteuer. Negativ formuliert ist die Rückkehr aber ausgeschlossen, soweit das Besteuerungsrecht nicht in einem vergleichbaren Umfang begründet wird. Durch § 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 AStG sollen Fälle ausgeschlossen werden, in denen der Steuerpflichtige zwar ins Inland zurückkehrt, das deutsche Besteuerungsrecht aber nicht in dem Umfang wiederbegründet wird, zu dem es vor dem Wegzug bestand. Mögliche Anwendungsfälle sind z. B. die im Ausland verbleibende DBA-Ansässigkeit, die zwischenzeitliche Einführung oder Änderung eines DBA mit geänderten Besteuerungsrechten oder die Umschichtung von Gesellschaftsvermögen in ausländische Immobilien.
Rz. 291
Wenngleich zusätzlich zur unbeschränkten Steuerpflicht im Inland oftmals auch die DBA-Ansässigkeit erforderlich ist, um ein deutsches Besteuerungsrecht zu begründen, ist die DBA-Ansässigkeit im Inland nicht zwingende Voraussetzung für die Erfüllung des § 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 AStG.
Dies muss schon gelten, weil der Wegzugsbesteuerung auch Nicht-DBA-Fälle unterfallen. Auch im DBA-Fall ist eine Erfüllung des § 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 AStG bei im Ausland fortbestehender DBA-Ansässigkeit denkbar.
Die natürliche Person X ist unter Verwirklichung eines Wegzugstatbestands nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AStG ins Ausland verzogen. Die Anteile i. S. v. § 17 EStG bestehen an einer inländischen Immobilienkapitalgesellschaft, für deren Veräußerung Deutschland ein vollumfängliches Besteuerungsrecht zusteht (Art. 13 Abs. 4 OECD-MA). X nimmt 3 Jahre nach Wegzug einen Zweitwohnsitz im Inland, bleibt aber im Ausland ansässig i. S. d. DBA.
Durch die rechtzeitige Wiederbegründung der unbeschränkten Steuerpflicht wird der Tatbestand des § 6 Abs. 3 S. 1 AStG erfüllt. Die DBA-Ansässigkeit im Ausland steht dem nicht entgegen, weil ein deutsches Besteuerungsrecht i. S. v. § 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 AStG unverändert fortbesteht.
Rz. 292
Wenn § 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 AStG auf das deutsche Besteuerungsrecht abstellt, ist – ebenso wie in § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AStG – auf das abstrakte Besteuerungsrecht abzustellen. Der abstrakte Umfang der Besteuerungshoheit muss im Zeitpunkt der Rückkehr (s. Rz. 256) dem abstrakten Umfang bei Wegzug entsprechen. Auf den konkreten Besteuerungsumfang im Einzelfall kommt es nicht an (s. dazu noch Rz. 295 f.). Maßgeblich ist grundsätzlich das Besteuerungsrecht nach DBA, im Nicht-DBA-Fall kommt es auf eine etwaige Beschränkung durch Anrechnung nach § 34c Abs. 1, § 34d EStG an.
Rz. 293
Der Umfang des Besteuerungsrechts kann grundsätzlich "unbeschränkt", "beschränkt" (zu den Begriffen s. Rz. 147) oder "ausgeschlossen" sein. Maßgeblich für § 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 AStG sind insbesondere erstere beiden Alternativen. War das Besteuerungsrecht bei Wegzug ausgeschlossen, waren bereits die Rechtsfolgen der Wegzugsbesteuerung durch das DBA versperrt (s. Rz. 40). Es kann auch dann allerdings zu einem Entfallen der Wegzugssteuer kommen.
Die natürliche Person X ist unbeschränkt Stpfl. i. S. v. § 6 Abs. 2 AStG. X gilt allerdings trotz unbeschränkter Steuerpflicht seit jeher als im Ausland ansässig. X hält Anteile i. S. v. § 17 EStG und gibt seine unbeschränkte Steuerpflicht für einen Zeitraum von 3 Jahren auf.
Die Aufgabe der unbeschränkten Steuerpflicht erfüllt den Wegzugstatbestand nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AStG. Die Wegzugsbesteuerung läuft aber angesichts der Ansässigkeit im DBA-Ausland ins Leere (Art. 13 Abs. 5 OECD-MA). Bei Wiederbegründung der unbeschränkten Steuerpflicht und fortbestehender DBA-Ansässigkeit im Ausland sind die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 S. 1 AStG erfüllt. Die innerstaatlich ausgelöste, aber abkommensrechtlich gesperrte Wegzugsbesteuerung entfällt. Dem steht das "ausgeschlossene" deutsche Besteuerungsrecht nicht entgegen, weil dieses bereits bei Wegzug in gleichem Umfang bestand. Das Entfallen der Wegzugsbesteuerung ist insbesondere für § 6 Abs. 2 S. 4 AStG relevant.
Rz. 294
Ausweislich des Gesetzeswortlauts muss das deutsche Besteuerungsrecht wiederbegründet "werden". Sprachlich setzt dies einen zwischenzeitlichen Ausschluss des Besteuerungsrechts voraus. Dabei hat der Gesetzgeber wohl den Regelfall des Art. 13 Abs. 5 OECD-MA vor Augen, der bei Wegzug ins Ausland das deutsche Besteuerungsrecht ausschließt. Allerdings greift die Wegzugsbesteuerung losgelöst von einer Beeinträchtigung des deutschen Besteuerungsrechts. War im Rückkehrfall das deutsche Besteuerungsrecht gar nicht ausgeschlossen, sondern bestand es unverändert fort, so muss § 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 AStG erfüllt sein. Auch insoweit wäre ein E...