3.4.1 Allgemeine Zuständigkeitsregelung nach § 19 AO
Rz. 481
Für die Zuständigkeit, Festsetzung und Erhebung der Einkommensteuer, zu der auch die Wegzugssteuer gehört, gelten grundsätzlich die allgemeinen Vorschriften in § 19 AO. Die Zuständigkeit richtet sich danach, ob der Stpfl. unbeschränkt (§ 19 Abs. 1 AO) oder beschränkt steuerpflichtig ist (§ 19 Abs. 2 AO). Maßgeblich sind dabei stets die Verhältnisse im Zeitpunkt des Verwaltungshandelns, nicht diejenigen im Vz. Daher gilt die Zuständigkeit mitunter auch für Vz, in denen die örtliche Zuständigkeit noch nicht gegeben war.
Verlegt der Stpfl. seinen Wohnsitz, bleibt es folglich für offene Veranlagungen nicht bei der Zuständigkeit des Finanzamts vor Wohnsitzwechsel, sondern wechselt die Zuständigkeit grundsätzlich insgesamt. § 6 AStG weicht von dieser zeitlichen Systematik insofern ab, als die Norm wiederholt eine – allerdings nur punktuelle – Zuständigkeit des Finanzamts regelt, "das im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 19 AO zuständig ist" (s. dazu im Einzelnen Rz. 486 f.).
Rz. 482
Die Wegzugsbesteuerung knüpft teilweise an die Aufgabe der unbeschränkten Steuerpflicht (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 AStG) an, teilweise greift die Wegzugsbesteuerung auch bei Fortbestand der unbeschränkten Steuerpflicht (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 AStG). Dies ist für Zwecke der Zuständigkeit gem. § 19 AO wie in den folgenden Randziffern dargestellt zu beachten.
Rz. 483
Erfolgt der Wegzug durch Aufgabe der unbeschränkten Steuerpflicht, so bestimmt sich die Zuständigkeit für das gesamte Besteuerungsverfahren regelmäßig nach § 19 Abs. 2 AO.
Die Veranlagung des Wegzugsjahrs könnte daher an ein anderes Finanzamt abzugeben sein. Da § 19 Abs. 2 S. 1 und S. 2 AO inländisches Vermögen oder eine inländische Tätigkeit voraussetzt, beides aber nach dem Wegzug nicht zwingend vorliegen muss, drohte die Vorschrift teilweise auch leerzulaufen.
§ 19 Abs. 2 S. 3 AO regelt daher als Spezialnorm die Zuständigkeit für das Wegzugsjahr. Danach bleibt das Finanzamt öftlich zuständig, das nach den Verhältnissen vor dem Wegzug zuletzt örtlich zuständig war, allerdings nur, wenn der Stpfl. im Wegzugsjahr keine Einkünfte i. S.V. § 49 EStG mehr erzielt. Dies ist regelmäßig das Wohnsitzfinanzamt.
Rz. 484
Erfolgt der Wegzug dagegen nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 oder Nr. 3 AStG, bleibt der Steuerpflichtige unbeschränkt steuerpflichtig. Es gilt dann die Zuständigkeit des Wohnsitzfinanzamts (§ 19 Abs. 1 AO) grundsätzlich fort. Zieht der Steuerpflichtige im Inland um, wechselt dem entsprechend die Zuständigkeit.
Rz. 485
einstweilen frei
3.4.2 Konflikte zwischen § 19 AO und Zuständigkeitsregelungen in § 6 AStG
Rz. 486
§ 6 AStG nimmt insgesamt fünfmal Bezug auf ein Finanzamt:
- § 6 Abs. 3 S. 3 AStG enthält eine Ermessensvorschrift, wonach "das Finanzamt, das im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 19 AO zuständig ist", die Rückkehrfrist um 5 Jahre verlängern kann.
- Gem. § 6 Abs. 4 S. 7 2. Halbs. AStG richtet sich die Stundung der Wegzugssteuer in einem Rückkehrfall nach der "vom Finanzamt eingeräumten Frist". Da hiermit auf die Fristverlängerung nach § 6 Abs. 3 S. 3 AStG abgestellt werden dürfte (s. dazu Rz. 235ff.), ist das Finanzamt i. S.V. § 6 Abs. 3 S. 3 AStG gemeint, also das "Finanzamt, das im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 19 AO zuständig ist".
- § 6 Abs. 4 S. 7 4. Halbs. AStG knüpft ein Fälligwerden der Wegzugssteuer an eine Mitteilung des Steuerpflichtigen "gegenüber dem Finanzamt". Da mit dieser Vorschrift nicht zwingend Fälle des § 6 Abs. 3 S. 3 AStG erfasst werden, nimmt die Norm allgemein auf das Finanzamt Bezug, das im Zeitpunkt der Mitteilung gem. § 19 AO zuständig ist.
- § 6 Abs. 5 S. 1 AStG ordnet eine Mitteilung gegenüber "dem Finanzamt, das im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 19 AO zuständig ist", an.
- § 6 Abs. 5 S. 3 AStG ordnet eine jährliche Mitteilungspflicht gegenüber dem Finanzamt i. S.V. § 6 Abs. 5 S. 1 AStG an und somit ebenfalls dem "Finanzamt, das im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 19 AO zuständig ist".
Rz. 487
In den vorstehend genannten Regelungen ordnet das Gesetz punktuell eine Zuständigkeit des letzten Wohnsitzfinanzamts an. Maßgeblich für die Beurteilung der Zuständigkeit nach den in § 6 AStG enthaltenen Sonderregeln ist der Zeitpunkt, in dem die Veräußerung nach § 6 Abs. 1 S. 2 AStG fingiert wird. Die Zuständigkeit richtet sich damit – anders als in § 19 AO (s. Rz. 481) – gerade nicht nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Verwaltungshandelns, sondern nach den Verhältnissen bei Wegzug. In Wegzugsfällen nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AStG weicht die Zuständigkeit insoweit regelmäßig von der sich gem. § 19 Ab...