Rz. 376
§ 7 Abs. 1 S. 3 AStG entspricht mit Ausnahme von marginalen redaktionellen Änderungen der Vorschrift des § 7 Abs. 5 AStG a. F. vor ATAD-UmsG. Der Gesetzgeber hat die Vorschrift – systematisch zutreffend – in § 7 Abs. 1 AStG umgegliedert. Die Vorschrift modifiziert die Rechtsfolge (Hinzurechnungsquote) des § 7 Abs. 1 S. 1 AStG, in dem anstelle der Beteiligung am Nennkapital der Gewinnverteilungsmaßstab als Aufteilungsmaßstab herangezogen wird.
Rz. 377
Art. 8 Abs. 3 ATAD sieht vor, dass sich die in die Steuerbemessungsgrundlage einzubeziehenden Einkünfte nach der "Beteiligung" i. S. von Art. 7 Abs. 1 Buchst. a ATAD an dem beherrschten ausländischen Unternehmen richtet. Art. 7 Abs. 1 Buchst. a definiert drei Formen des Beherrschungstatbestands:
- (i) Beteiligung an den Stimmrechten,
- (ii) Beteiligung am Kapital und
- (iii) Anspruch am Gewinn der ausländischen Gesellschaft.
Der Begriff der Beteiligung wird in Art. 7 Abs. 1 nicht verwendet. Gleichwohl sollten in den Beherrschungsformen auch gleichzeitig die relevanten Beteiligungsformen i. S. d. Art. 8 Abs. 3 ATAD gesehen werden. In der Literatur wird daher darauf hingewiesen, dass im Zuge der ATAD Umsetzung Doppelerfassungen vermieden werden müssen und es mithin eine Rangfolge zwischen den Beteiligungsformen geben sollte. Im Rahmen der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung erfolgt eine strikte Trennung zwischen Beherrschungs- und Hinzurechnungsquote. Die ATAD sieht grundsätzlich einen "Gleichlauf" vor.
Rz. 378
Der deutsche Gesetzgeber hat sich dazu entschieden, dass die Gewinnverteilung für die Steuerpflicht maßgeblich ist, falls die Beteiligung am Nennkapital an der Zwischengesellschaft nicht den Maßstab für die Gewinnverteilung bildet. Die Stimmrechte wurden entgegen den Vorgaben der ATAD als Bezugsgröße für die Hinzurechnungsquote herausgenommen. Dadurch soll laut Gesetzesbegründung sichergestellt werden, dass es nicht zu Zurechnungsverwerfungen (etwa Hinzurechnung von über 100 %) kommen kann.
ForCo erzielt niedrigbesteuerte passive Einkünfte. M1-GmbH hält 60 % der Stimmrechte an ForCo und ist mit 40 % an deren Nennkapital beteiligt. M2-GmbH hält 60 % der Stimmrechte an ForCo und ist mit 40 % an deren Nennkapital beteiligt.
M1-GmbH und M2-GmbH beherrschen ForCo, da sowohl die Stimmrechte als auch die Anteile am Nennkapital für die Berechnung i. S. d. § 7 Abs. 2 AStG Berücksichtigung finden. Um eine Hinzurechnung von mehr als 100 % zu vermeiden, werden die Stimmrechte nicht für Zwecke der Hinzurechnungsquote berücksichtigt. Folglich sind der M1-GmbH 40 % und der M2-GmbH 60 % der passiven Einkünfte der ForCo hinzuzurechnen.
Rz. 379
In Abgrenzung zu § 7 Abs. 1 S. 1 AStG ist zu beachten, dass sich § 7 Abs. 1 S. 3 EStG nicht auf die Beherrschung iSd § 7 Abs. 1 S. 1 AStG i. V. m. § 7 Abs. 2 AStG auswirkt (strenge Trennung zwischen Beherrschungs- und Hinzurechnungsquote). § 7 Abs. 1 S. 3 AStG formt die "Steuerpflicht der Einkünfte" nach § 7 Abs. 1 S. 1 AStG aus und legt einen abweichenden Aufteilungsmaßstab der hinzurechnungspflichtigen Einkünfte zugrunde. S. 3 geht jedoch nicht so weit, als dass es zu einer Änderung des Hinzurechnungsbesteuerungssubjekts kommen kann. Wer Subjekt der Hinzurechnungsbesteuerung ist, bestimmt sich ausschließlich nach § 7 Abs. 1 S. 1 bzw. S. 4 AStG.
Rz. 380
§ 7 Abs. 1 S. 3 AStG findet Anwendung, wenn
- entweder die ausländische Gesellschaft über kein Nennkapital verfügt (Alt. 2) oder
- die Beteiligung am Nennkapital für die Gewinnverteilung der ausländischen Gesellschaft nicht maßgebend ist (Alt. 1).
Ist keine der beiden Tatbestandsalternativen des § 7 Abs. 1 S. 3 AStG erfüllt, bleibt es bei der Hinzurechnungquote gem. § 7 Abs. 1 S. 1 AStG.
Rz. 381
Kein Nennkapital vorhanden
§ 7 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AStG erfasst Fälle, in denen die ausländische Gesellschaft über kein Nennkapital verfügt. Somit soll sichergestellt werden, dass die Hinzurechnung nicht ins Leere läuft, wenn die ausländische Gesellschaft über kein Nennkapital verfügt. So verfügt bspw. ein Verein über kein Nennkapital. Der Verein kann aber als ausländische Gesellschaft i. S. d. § 7 Abs. 1 S. 1 AStG qualifizieren (vgl. Rz. 287). Die Zurechnung der Einkünfte orientiert sich in diesem Fall nach dem konkreten Gewinnverteilungsmaßstab der ausländischen Gesellschaft. In der Praxis sollte § 7 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AStG keine wesentliche Bedeutung zukommen.
Rz. 382
Keine Maßgeblichkeit der Beteiligung am Nennkapital
§ 7 Abs. 1 S. 3 Alt. 1 AStG modifiziert die Hinzurechnung der Einkünfte, sofern für die Gewinnverteilung der ausländischen Gesellschaft nicht die Beteiligung am Nennkapital maßgebend ist. D.h. § 7 Abs. 1 S. 3 Alt. 1 AStG setzt denklogisch voraus, dass eine Beteiligung am Nennkapital der ausländischen Gesellschaft besteht.
Ein solcher abweichender Gewinnverteilungsmaßstabs der ausländischen Gesellschaft ergibt sich grundsätzlich aus dem jeweils einschlägigen ausländischen Gesellschaftsrecht (ggf. i. V. m. dem Gesellschaftsvertrag / der Satzung)...