Rz. 506
Basierend auf Artikel 7 Abs. 3 ATAD statuiert § 7 Abs. 5 S. 2 AStG eine Ausnahme vom Grundsatz des (partiellen) Vorrangs der Investmentbesteuerung, wenn die den Einkünften zugrundeliegenden Geschäfte zu mehr als einem Drittel mit dem Stpfl. oder ihm nahestehenden Personen betrieben werden (sog. Drittelregelung). In diesem Fall ist die reguläre Hinzurechnungsbesteuerung neben den Vorschriften des InvStG anwendbar.
Rz. 507
Ermittlung der Drittelgrenze
Die Rückausnahme des § 7 Abs. 5 Satz 2 AStG ist nur dann einschlägig, wenn die den Einkünften zugrunde liegenden Geschäfte zu mehr als einem Drittel mit dem Steuerpflichtigen oder ihm nahestehenden Personen betrieben werden.
Aus dem Wortlaut ergibt sich nicht eindeutig ob für die Ermittlung der Drittelgrenze auf die (Anzahl der) Geschäfte oder die (Summe der) Einkünfte abzustellen ist. Unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung sowie Artikel 7 Abs. 3 Unterabschnitt 2 ATAD sollte auf die Summe der (passiven) Einkünfte abgestellt werden.
Fraglich ist sodann, wie der Begriff der Einkünfte in § 7 Abs. 5 S. 2 AStG zu verstehen ist. Dabei könnte einerseits auf sämtliche Einkünfte, d. h. sowohl aktive als auch passive, oder andererseits nur auf die passiven Einkünfte des (Spezial-) Investmentfonds abgestellt werden. Für den Stpfl. nachteilhaft wäre letztere Interpretation, da hierdurch die Rückausnahme, d. h. die Anwendung der regulären Hinzurechnungsbesteuerung, leichter Anwendung findet.
Nach Auffassung der Verwaltung ist ausschließlich auf die Einkünfte abzustellen, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist. D.h. die Verwaltung stellt ausschließlich auf die passiven Einkünfte ab.
Die Auffassung der Verwaltung ist zutreffend. Die besseren Argumente sprechen dafür, ausschließlich auf die passiven Einkünfte des Investmentfonds abzustellen. Dafür spricht sowohl der Normenzusammenhang zu § 7 Abs. 5 S. 1 AStG als auch die ATAD. § 7 Abs. 5 S. 2 AStG rekurriert auf § 7 Abs. 5 S. 1 AStG. § 7 Abs. 5 S. 1 AStG umfasst ausschließlich solche Einkünfte, für die die ausländische Gesellschaft, d. h. der Investmentfonds, Zwischengesellschaft ist, und somit passive Einkünfte. Gem. Art. 7 Abs. 3 Unterabschnitt 2 ATAD kann sich der Mitgliedsstaat "dafür entscheiden, Finanzunternehmen nicht als beherrschte ausländische Unternehmen zu behandeln, wenn 1/3 oder weniger der Einkünfte des Unternehmens aus den Kategorien unter Art. 7 Abs. 2 Buchst. a [der ATAD] aus Transaktionen mit dem Stpfl. oder seinen verbundenen Unternehmen stammt." Die ATAD stellt somit für den Dritteltest auf Einkünfte aus den Kategorien unter Art. 7 Abs. 2 Buchts. a ATAD, d. h. passiven Einkünfte ab.
Mithin sind für Zwecke der Drittelgrenze im Zähler die Summe der passiven Einkünfte aus Geschäften mit dem Stpfl. und den nahestehenden Personen zu berücksichtigen. Im Nenner ist die Summe der passiven Einkünfte zu erfassen. Übersteigt der Quotient 1/3, findet die reguläre Hinzurechnungsbesteuerung Anwendung.
Rz. 508
Geschäfte
Der Begriff der "Geschäfte" wird weder im Gesetz noch in der Gesetzesbegründung weitergehend definiert bzw. konkretisiert. Die ATAD verwendet den Begriff "Transaktionen". Im Schrifttum wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass ausschließlich schuldrechtliche Beziehungen erfasst werden.
Nach Auffassung der Verwaltung kommen als "Geschäfte" jedwede synallagmatischen Rechtsbeziehungen – insb. Finanzierungsbeziehungen – mit dem Stpfl. oder ihm nahestehenden Personen in Betracht.
Unter synallagmatischer Rechtsbeziehung sind gegenseitige Verträge zu verstehen, bei denen der eine Vertragsteil eine Leistung gerade deshalb verspricht, weil auch der andere Vertragsteil sich zu einer Leistung verpflichtet (gegenseitige Abhängigkeit der beidseitigen Hauptleistungspflichten).
Demnach sollten gesellschaftsvertragliche Beziehungen (z. B. Gewinnausschüttungen) nicht berücksichtigt werden.
Kaufverträge über Anteile sind synallagmatisch und sollten daher als "Geschäft" qualifizieren. Diesbezüglich ist jedoch zu beachten, dass hier regelmäßig aktive Einkünfte vorliegen sollten (§ 8 Abs. 1 Nr. 8 AStG).
Rz. 509
Mit dem Stpfl. oder nahestehenden Personen
§ 7 Abs. 5 S. 2 AStG setzt weiterhin voraus, dass die Geschäfte mit dem Stpfl. oder ihm nahestehenden Personen betrieben werden. Demnach greift die Rückausnahme, wenn die Geschäfte mit dem (unbeschränkt) Stpfl. oder einer dem unbeschränkt Stpfl. nahestehenden Person betrieben werden. Ein Nahestehen zum Investmentfonds ist mithin nicht relevant. In der Praxis sollte der Anwendungsbereich der Vorschrift daher begrenzt sein, da Geschäfte zwischen dem Investmentfonds und den Anlegern selten vorkommen.
Rz. 510
Rechtsfolge
Ist die Rückausnahme des § 7 Abs. 5 S. 2 AStG erfüllt, gilt der Vorrang der Investmentbesteuerung gem. § 7 Abs. 5 Satz 1 AStG nicht und es kommt mithin zur parallelen Anwendung von Hinzurechnungsbesteuerung und Investmentsteuergesetz.
Wenn ein Investmentfonds aufgrund von § 7 Abs. 5 S. 2 als Zwischengese...