Rz. 185
Das Gesetz sieht von den beiden Ausnahmetatbeständen für konzerninterne Handelstätigkeiten eine Rückausnahme vor. Diese ist erfüllt, wenn die ausländische Gesellschaft einen für derartige Handelsgeschäfte in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und die Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Handel (Vorbereitung, Abschluss und Ausführung der Geschäfte) ohne Mitwirkung eines solchen Stpfl. oder einer solchen nahestehenden Person ausübt. Es handelt sich um 2 kumulative Voraussetzungen. Der Stpfl. hat den Nachweis zu führen.
Rz. 186
Für die Erfüllung der Rückausnahme setzt das Gesetz zunächst einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb und eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr voraus. Ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb betrifft nur die Organisation der Gesellschaft. Da das Gesetz auf einen "für derartige Handelsgeschäfte in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb" abstellt, dürften an die Einrichtung keine besonderen Anforderungen gestellt werden. Die sachliche und personelle Ausstattung des Betriebs muss die Ausführung der Handelsgeschäfte ermöglichen. Es darf folglich keine über das für die jeweilige Tätigkeit erforderliche Maß hinausgehende Substanz verlangt werden. Dies entspricht dem Erfordernis einer funktionsadäquaten Substanz. Die Auslagerung von Funktionen steht dem Innehaben eines Geschäftsbetriebs nicht entgegen. Die Voraussetzung der "Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr" entspricht dem in § 15 Abs. 2 EStG maßgeblichen Verständnis. Nach allgemeinem Verständnis genügt es dafür, wenn Leistungen gegenüber einer oder mehreren Konzerngesellschaften erbracht werden. Eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr setzt folglich weder eine Tätigkeit außerhalb eines Konzerns voraus, noch steht es ihr entgegen, wenn eine Tätigkeit nur einem einzigen Marktteilnehmer angeboten wird. Die frühe BFH-Rechtsprechung zu § 8 Abs. 1 Nr. 5 AStG, wonach eine konzerninterne Dienstleistungserbringung keine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstelle, ist insoweit überholt. Die konzerninternen Vertriebs- oder Einkaufstätigkeiten werden diese Kriterium regelmäßig erfüllen, weil sie die von ihnen gehandelten Güter an Dritte verkaufen oder von Dritten einkaufen und insoweit auch am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnehmen. Das Auftreten am Markt nur auf beim Einkauf oder Verkauf ist insoweit ausreichend.
Rz. 187
Der Anwendung der Rückausnahme steht es ferner entgegen, wenn die zur Vorbereitung, dem Abschluss oder der Ausführung der Geschäfte gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung einer schädlichen Person (s. Rz. 178f.) erfolgen. Die im Gesetz beschriebenen Tätigkeiten umfassen sämtliche Funktionen im Zusammenhang mit der Handelstätigkeit im engeren Sinne. Die Mitwirkung ist auf Grundlage einer individualisierenden Betrachtung, d. h. unter Berücksichtigung der Funktionsverteilung im jeweiligen Einzelfall, zu prüfen. Übt eine schädliche Person Tätigkeiten im Zusammenhang mit den von der ausländischen Gesellschaft ausgeübten Funktionen aus, liegt eine Mitwirkung vor. Keine Mitwirkung beim Handel liegt vor bei der handelsüblichen Nebentätigkeiten (z. B. Werbekampagnen, Zulieferer), Bereitstellung von Rechenkapazitäten oder digitalen Plattformen, Monitoring, Compliance, Reporting, Mitunterschrift aus Repräsentationsgründen oder aufgrund der Existenz einer Konzernrichtlinie. Das Gesetz enthält keine Bagatellgrenze. Die Finanzverwaltung behandelt untergeordnete Hilfs- und Unterstützungsleistungen jedoch als unschädlich. Auch der BFH hat im Rahmen von § 8 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b AStG für die Erfüllung des Mitwirkungstatbestands eine Übernahme von Leistungen oder eine "wesentliche" Mitwirkung gefordert. Nicht jede noch so geringe Beteiligung des schädlichen Personenkreises darf daher schädlich sein. Andererseits steht es einer Mitwirkung nicht entgegen, wenn fremdübliche Entgelte hierfür vereinbart worden sind. Musterfälle zum Mitwirkungstatbestand wurden von der Finanzverwaltung mit den Spitzenverbänden der Wirtschaft erörtert und dienen insoweit als Interpretationshilfe.
Rz. 188
Der Nachweis über das Vorliegen der Voraussetzungen der Rückausnahme obliegt ausweislich des Gesetzeswortlauts dem Stpfl. Dies entspricht allgemeinen Grundsätzen, wonach den Stpfl. die Feststellungslast (objektive Beweislast) für alle ihn günstigen Tätigkeiten trifft. Es handelt sich hierbei um einen Nachweis i. S. v. § 90 Abs. 2 AO. Der Nachweis bezieht sich im Wesentlichen auf das Vorliegen eines qualifizierten Geschäftsbetriebs. Soweit die fehlende Mitwirkung betroffen ist, lässt sich ein Negativnachweis nicht führen. Der Stpfl. muss insoweit durch Darlegung der von der ausländischen Gesellschaft ausgeübten Funktionen deren Eigenständigkeit glaubhaft machen.
Rz. 189–...