Rz. 260
§ 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a AStG inkorporiert als erste Ausnahme von der Einordnung der Bezüge als aktiv das materielle Korrespondenzprinzip (§ 8b Abs. 1 S. 2 KStG). Dieses zielt darauf ab, eine Steuerfreiheit von Beteiligungserträgen zu versagen, wenn diese auf Ebene der leistenden Gesellschaft abziehbar waren und somit keine hinreichende Vorbelastung der ausgeschütteten Gewinne gegeben ist. Auf den Sinn und Zweck des § 8 Abs. 1 Nr. 7 AStG übertragen, soll bei fehlender Vorbelastung keine Aktivität der Bezüge gegeben sein. Bei Erfüllung einer der beiden Rückausnahmen bleibt es trotz Minderung des Einkommens der leistenden Gesellschaft bei einer Einordnung der Bezüge als aktiv.
Rz. 261
Die Ausnahme des § 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a Hs. 1 AStG ist erfüllt, soweit die Bezüge das Einkommen der leistenden Körperschaft "gemindert" haben. Der Wortlaut ähnelt dem des § 8b Abs. 1 S. 2 KStG. Damit kann einerseits auf die einschlägige Kommentierung verwiesen werden, andererseits werden damit auch die zu § 8b Abs. 1 S. 2 KStG bestehenden Auslegungsfragen in den Aktivkatalog "importiert". Dies betrifft zunächst die Frage, ob der Wortlaut nur echte "Minderungen" des Einkommens, oder auch "verhinderte Mehrungen" erfasst. Richtigerweise ist dies zu bejahen. Ein (vermeintlich) "eindeutiger Wortlaut" steht dem nicht entgegen. Dafür spricht schon der Vergleich zu § 8 Abs. 3 S. 2 KStG, der ebenfalls eine "Minderung" des Einkommens durch vGA ausschließt, zu denen auch verhinderte Vermögensmehrungen gehören. Schließlich wird auch im Rahmen des § 1 AStG als "Einkünfteminderung" die verhinderte Realisierung stiller Reserven angesehen. Für Zwecke der Feststellung, ob eine Minderung vorliegt, ist auf das tatsächlich der Besteuerung der leistenden Gesellschaft zugrunde gelegte Einkommen abzustellen. Nur "soweit" dieses gemindert ist, entfällt die Einordnung der Bezüge als aktiv. Voraussetzung ist ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Minderung des Einkommens und den Bezügen. Der Grund für eine (fehlende) Minderung des Einkommens ist ebenso unbeachtlich wie der Zeitpunkt der Minderung (keine Zeitraumkongruenz). Wird eine Minderung zu einem späteren Zeitpunkt rückgängig gemacht, stellt ist dies nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO zu berücksichtigen.
Rz. 262
Bedeutung hat die Ausnahme des § 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a AStG insbesondere für verdeckte Gewinnausschüttungen an die ausländische Gesellschaft. Dies macht eine eingehende Analyse der Einhaltung – der deutschen (!) – Verrechnungspreismaßstäbe (§ 1 AStG) im Auslandskonzern erforderlich. Bedeutung hat die Ausnahme darüber hinaus aber auch für hybride Finanzinstrumente.
Rz. 263
Gem. § 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a Hs. 2 AStG gilt "dies" – d. h. die Ausnahme von der Einordnung der Bezüge als aktiv – auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gem. § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG nicht Zwischengesellschaft ist. Diese Regelung setzt folglich die Rechtsfolgen der funktionalen Betrachtungsweise außer Kraft. Damit werden die Bezüge auch dann als nicht-aktiv, wenn sie funktional zu einer aktiven Tätigkeit gehören.
Die ausländische P-Ltd. ist produzierend i. S. v. § 8 Abs. 1 Nr. 2 AStG tätig. Die Ltd. hält eine Beteiligung an einer Tochterkapitalgesellschaft, der D-Ltd., welche für den Vertrieb der von der P-Ltd. hergestellten Güter zuständig ist. Die P-Ltd. erhält von der D-Ltd. eine Ausschüttung, die das Einkommen der D-Ltd. gemindert hat.
Infolge der Minderung des Einkommens liegen keine aktiven Gewinnausschüttungen nach § 8 Abs. 1 Nr. 7 AStG vor. Daran kann der Veranlassungszusammenhang der Beteiligung mit der aktiven Produktionstätigkeit nichts ändern.
Rz. 264
§ 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a S. 2 Doppelbuchst. aa AStG sieht eine Rückausnahme vor, bei deren Erfüllung – trotz Minderung des Einkommens der leistenden Gesellschaft – aktive Einkünfte vorliegen. Die Rückausnahme ist erfüllt, soweit die leistende Körperschaft mit den diesen Bezügen zugrunde liegenden Einkünften Zwischengesellschaft ist. Ist sie dies nicht – z. B. weil sie aktive Einkünfte erzielt, nicht niedrig besteuert ist, oder keine Beherrschung i. S. v. § 7 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 AStG vorliegt – kann die Rückausnahme nicht greifen. Die Ausnahme dient somit der Vermeidung einer Doppelerfassung der betroffenen Bezüge im Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung. Auf Basis der leistenden Gesellschaft kommen gem. § 10 Abs. 3 AStG nämlich auch die Korrekturen nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG zur Anwendung. Dementsprechend erfüllt eine ausländische Hinzurechnungsbesteuerung den Tatbestand nicht. Sofern die leistende Gesellschaft nicht ausschließlich Zwischeneinkünfte erzielt, kann eine Aufteilung der "zugrunde liegenden" Einkünfte erforderlich werden. Eine solche wird bei Vorliegen verdeckter Gewinnausschüttungen i. d. R. möglich sein, weil die zugrunde liegende Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung sich sachlich einer Tätigkeit zuordnen läss...