Zusammenfassung
Traditionell besteht die Verantwortung von Steuerberatern darin, rechtssicher, zuverlässig und streng vertraulich tätig zu sein. Die Digitalisierung verändert das Geschäftsmodell der Steuerberatung – automatisierbare Prozesse werden von Algorithmen übernommen, die Wertschöpfung entsteht zukünftig aus der Wissensgenerierung der Mandantendaten und Übernahme weiterer Dienstleistungen. Die digitale Steuerberaterkanzlei "veredelt" Datenflüsse zwischen Mandanten, Finanzbehörde und weiteren IT-Dienstleistern. Daraus entwickeln sich Geschäftsmodelle mit einer datenbasierten Wertschöpfung. Aus dem Daten-Lebenszyklus erwachsen über den Datenschutz hinaus ethische Fragen bezüglich Schadensvermeidung, Gleichheit und Selbstbestimmung. Zugleich besteht die Chance, eine inklusive und faire digitale Wirtschaft und Gesellschaft mit zu gestalten. Von Steuerberatungen wird eine vorbildliche Rolle bei der Wertschöpfung aus Daten erwartet, die ihrer Vertrauensposition entspricht. Corporate Digital Responsibility, die freiwillige digitale Unternehmensverantwortung, stellt Methoden und Wissen zur Verfügung, um Verantwortung in der Steuerberatung zu organisieren. Wesentliche Motivation für eine CDR ist der Erhalt desVertrauens von Mandanten und das Erzielen weiterer Wettbewerbsvorteile. Die Themen einer CDR-Agenda von Steuerberatungen mit datenbasierter Wertschöpfung werden dargestellt und beispielhaft skizziert. Schließlich werden Schritte und Maßnahmen zur Umsetzung von CDR vorgeschlagen, um die Kanzlei mit digitaler Verantwortung in die Zukunft zu führen.
1 Die traditionelle unternehmerische Verantwortung der Steuerberatung
Die unternehmerische Verantwortung bei der Beratung in steuerrechtlichen und betriebswirtschaftlichen Angelegenheiten liegt in der Rechtssicherheit, Zuverlässigkeit und strengen Vertraulichkeit. Kernprodukte sind die Erstellung von betrieblichen Steuererklärungen, Einkommensteuererklärungen, Lohn- und Gehaltsabrechnungen, Jahresabschlüsse sowie die Vertretung vor Finanzämtern und Gerichten. Betriebswirtschaftliche Beratungen nehmen in der Umsatzstruktur eher eine untergeordnete Rolle ein. Vertrauen ist dabei Geschäftsgrundlage.
"Gegenseitiges Vertrauen zwischen Kundschaft und Kanzlei ist für eine erfolgreiche Zusammenarbeit unerlässlich, da stets sensible Daten verarbeitet werden."
Als Dienstleister im Dreieck zwischen Finanzbehörde und Auftraggeber sind Steuerberatungsgesellschaften sind sie an strenge gesetzliche Vorgaben gebunden. Die elektronische Datenverarbeitung ermöglichte in den letzten Jahrzehnten den immer effizienteren Austausch der Informationen. Die Digitalisierung befördert diese Entwicklung.
2 Die digitale Transformation der Steuerberatungsbranche
Mit digitaler Transformation ist die Veränderung des individuellen Lebens, von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft durch digitale Vernetzung und Digitaltechnologien gemeint.
"Durch die technologischen Möglichkeiten wird die Netzwelt in die physische Welt (rück-) integriert. Die Folge: Wir gehen nicht mehr ins Netz – so wie es Ende der 90-Jahre hieß: „Ich bin drinnen.“ – sondern wir, die Dinge und unsere Umgebung sind Teil des Netzes, das alles durchdringt."
Digitale Transformation entsteht durch die grundlegenden Prozesse der Digitalisierung, d. h. die Übersetzung bislang analog vorliegender in maschinell lesbare Informationen, durch Datafizierung der (vernetzte) Zugriff und die Verarbeitung dieser Daten und durch die Algorithmisierung, die systematische maschinelle Problemlösung. Sie betreffen alle Teile der Wirtschaft und unterschiedlichste Branchen, jedoch nicht in gleichem Maß.
Eine Reihe von Transformationsimpulsen durch die Digitalisierung betrifft die Steuerberatung, so dass sie zu den stark betroffenen Branchen gerechnet werden kann.
"Dann kommt noch ein bisschen künstliche Intelligenz dazu und ich brauche den Steuerberater für diese Tätigkeiten nicht mehr."
Als wesentliche Impulse für die Umgestaltung der Steuerberater-Branche werden ausgemacht:
- Sehr hohes Automatisierungspotenzial für Jobs im Bereich Buchführung, Accounting und Auditing gemäß der Studie von Frey und Osborne aus dem Jahr 2013
- Rationalisierung der Vermittlungsprozesse zwischen Mandanten und Finanzbehörde
- Technologische Möglichkeiten mit "Big Data" enorme Datenmengen "in Echtzeit" zu verarbeiten und mit sog. "Künstlicher Intelligenz" zu verarbeiten und zu analysieren
- Neuerungen im Datenschutz mit der EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)...