Werden Gewinnanteile auf Fremdkapitalkonten gutgeschrieben, ist ein Zufluss als Gewinnausschüttung unvermeidlich. Durch das bei der optierenden Gesellschaft anzuwendende Trennungsprinzip kann sich Gewinn (Eigenkapital) einer Kapitalgesellschaft nicht in Fremdkapital wandeln, ohne dem Gesellschafter (Anteilseigner) zugeflossen und danach der optierenden Gesellschaft als Darlehen zurückgewährt worden zu sein. Die spätere Auszahlung der Gewinnanteile von einem Fremdkapitalkonto ist eine Darlehenstilgung, die keine (erneute) Ausschüttungsbesteuerung auslöst.
Die Verbuchung von Gewinnanteilen auf einem Eigenkapitalkonto des Gesellschafters würde ohne eine Zuflussfiktion noch nicht zu einem Zufluss an den Gesellschafter führen, da dieses Vermögen die optierende Gesellschaft noch nicht verlässt. Ohne die gesetzliche Regelung in § 1a Abs. 3 S. 5 KStG (dazu gleich) wäre dem Gesellschafter in diesen Fällen erst dann eine Gewinnausschüttung zuzurechnen, wenn dieses Vermögen (Gewinnanteil) über das Eigenkapitalkonto tatsächlich entnommen wird. Solche Entnahmen wären den offenen Gewinnausschüttungen (§ 8 Abs. 3 S. 1 KStG) gleichzustellen und dem Anteilseigner nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zuzurechnen.
Modifikation durch § 1a Abs. 3 S. 5 KStG: Durch § 1a Abs. 3 S. 5 KStG werden die vorgenannten Grundsätze jedoch modifiziert. Es handelt sich um eine gegenüber § 11 EStG speziellere Regelung. Danach gelten Gewinnanteile als ausgeschüttet, wenn sie
- entnommen werden (erste Alternative) oder
- ihre Auszahlung verlangt werden kann (zweite Alternative).
Die Anweisung, dass Gewinnanteile als ausgeschüttet gelten, wenn ihre Auszahlung verlangt werden kann (erste Alternative), führt zu einer vorgezogenen Ausschüttungsbesteuerung. Hierdurch werden Gewinnanteile den Gesellschaftern schon vor dem handelsrechtlichen Vermögenstransfer (Entnahme) als Gewinnausschüttung zugerechnet, sobald der Gesellschafter (i.d.R. mit Feststellung des Jahresabschlusses) berechtigt ist, seinen Gewinnanteil zu erhalten.
Es wird m.E. nur klarstellend geregelt, dass Gewinnanteile nach § 1a Abs. 3 S. 5 KStG dann als ausgeschüttet gelten, wenn diese entnommen werden (zweite Alternative). Dies ergibt sich schon aus dem Trennungsprinzip bei Kapitalgesellschaften.
Durch § 1a Abs. 3 S. 5 KStG wird m.E. ausgeschlossen, dass die dem Gesellschafter zuzurechnenden Gewinnanteile teilweise als Einlagenrückgewähr qualifiziert werden. Insoweit
Denn nach dem Wortlaut der Norm gelten "Gewinnanteile als ausgeschüttet" (wenn sie entnommen werden oder ihre Auszahlung verlangt werden kann). Der Gesetzgeber benutzt den handelsrechtlichen Begriff des "Gewinnanteils", um dieses Vermögen von den Einlagen abzugrenzen.
Daher ist auch die Verwaltungsauffassung zutreffend, dass die Verbuchung der Gewinnanteile auf einem entnahmefähigen Eigenkaptalkonto nach dem Zufluss beim Gesellschafter (als Gewinnausschüttung) zur sofortigen Wiedereinlage führt und dieser Betrag danach seine Eigenschaft als "Gewinnanteil" verliert. Es handelt sich danach um "normale" Einlagen, deren spätere (tatsächliche) Entnahme der allgemeinen Verwendungsreihenfolge nach § 27 Abs. 1 KStG unterliegt.
Diese Verwaltungsauffassung zeigt sich auch in dem Beispiel zu BMF Rz. 77. Dort unterliegt der gesamte für das Vorjahr ausgezahlte Gewinnanteil der Kapitalertragsteuer, ohne eine Einlagenrückgewähr zu prüfen oder den sonst dafür relevanten ausschüttbaren Gewinn zu bestimmen.