Wie grotesk sich die Rechtslage insoweit darstellt, zeigt ein Blick auf die Behandlung leerstehender betrieblicher Grundstücke oder Grundstücksteile. Nach ganz überwiegender Auffassung ist bei einem punktuell am Bewertungsstichtag vorliegendem Leerstand nicht von einer Nutzungsüberlassung auszugehen, sogar wenn zu diesem Zeitpunkt eine spätere Vermietung schon geplant und später dementsprechend auch durchgeführt wird. Bei Leerstand wegen Mieterwechsel (also auch nach Beendigung eines Mietverhältnisses und vor Beginn eines neuen Mietverhältnisses), Renovierung oder Modernisierung liegt demnach kein Verwaltungsvermögen vor, vgl. Korezkij in BeckOK/ErbStG, 15. Ed., § 13b Rz. 124; Stalleiken in v. Oertzen/Loose, ErbStG, § 13b Rz. 108; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13b Rz. 259. Das FG Köln legte mit Urt. v. 10.6.2021 – 7 K 2718/20, EFG 2021, 1831 = ErbStB 2021, 324 [Knittel], bei seiner Beurteilung eines Parkhauses die Stichtagsbetrachtung so eng aus, dass es als Entscheidungskriterium zugrunde legte, ob das Parkhaus am Todestag und sogar genau zur Uhrzeit am Todestag geöffnet war.

Für Grundstücke des gewerblichen Grundstückhandels ergäbe sich damit die Option, diese etwa bei einer geplanten Schenkung zum Schenkungszeitpunkt einem Leerstand zuzuführen, da ja die Betrachtung zum Bewertungsstichtag entscheidend ist. In R E 13b.12 Abs. 2 Satz 1 bis 3 ErbStR 2019 wird diese totalitäre Betrachtung bestätigt, da für die Entscheidung, ob Verwaltungsvermögen vorliegt, allein die Verhältnisse beim Erblasser oder Schenker im Besteuerungszeitpunkt maßgebend sind und Veränderungen hinsichtlich der Zuordnung zum Verwaltungsvermögen, die nach dem Besteuerungszeitpunkt beim Erwerber eintreten, vorbehaltlich der Investitionsklausel unbeachtlich sind.

Nach Lorenz, ZEV 2020, 283, wäre es aber auch nach der veröffentlichen Verwaltungsauffassung unschädlich, wenn ein Gebäude bereits fertiggestellt, aber noch nicht vermietet und damit ungenutzt ist, da selbstgenutzte und nicht genutzte Grundstücke nicht zum Verwaltungsvermögen zählen. Der Verweis auf R E 13b.17 Abs. 2 Satz 3 ErbStR 2019 wirft jedoch erhebliche Fragen auf, weil es dort heißt:

„Ist ein zur Vermietung bestimmtes Grundstück oder ein dazu bestimmter Teil eines Grundstücks im Besteuerungszeitpunkt nicht vermietet, z.B. wegen Leerstands bei Mieterwechsel oder wegen Modernisierung, ist die Zweckbestimmung maßgeblich .”

Die Zweckbestimmung einer einzelnen Wohnung oder eines einzelnen Grundstücks im Kontext der R E 13b.17 Abs. 2 Satz 3 ErbStR 2019 zur begünstigten Grundstücksüberlassung i.R. eines Wohnungsunternehmens ist zwar nicht von so großer Bedeutung wie bei der Übergabe eines regelmäßig weitaus weniger Grundstücke umfassenden gewerblichen Grundstückhandels. Denn die begünstigende Ausnahme des § 13b Abs. 4 Nr. 1 lit. d ErbStG kennt – als absolute Ausnahme – keine individuelle Grundstückbetrachtung, sondern richtet sich danach, ob der Hauptzweck des Betriebs in der Vermietung von Wohnungen (i.S.d. § 181 Abs. 9 BewG) besteht. Dient der Betrieb danach im Hauptzweck – also bereits im überwiegendem Teil gem. R E 13b.17 Abs. 2 Satz 1 ErbStR 2019 – der Vermietung von eigenen Wohnungen, sind auch solche Grundstücke oder Grundstücksteile kein Verwaltungsvermögen, die nicht zu Wohnzwecken, sondern z.B. zu gewerblichen, freiberuflichen oder öffentlichen Zwecken genutzt werden.

Beraterhinweis Gesamtübertragung! Diese Ausführungen sind nicht dahingehend misszuverstehen, dass einzelne Grundstücke dann begünstigt übertragen werden können. Die Grundstücksübertragung muss immer i.R. einer begünstigten Gesamtübertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder ggf. Mitunternehmeranteils bzw. eines mindestens 25 %-Anteils (im Privatvermögen gehalten(!), ansonsten ja ohnehin schon Betriebsvermögen) an entspr. Kapitalgesellschaften erfolgen. Denn nach R E 13b.5 Abs. 2 Satz 1 ErbStR 2019 heißt es unmissverständlich:

"Grundstücke und Grundstücksteile sind Teil des begünstigungsfähigen Betriebsvermögens, soweit sie bei der Bewertung des Betriebsvermögens zum Umfang der wirtschaftlichen Einheit gehören und diese Eigenschaft auf den Erwerber übergeht."

Bekräftigt wird dies noch durch R E 13b.5 Abs. 3 Satz 1 bis 3 ErbStR 2019:

"Das Betriebsvermögen muss im Zusammenhang mit dem Erwerb eines ganzen Gewerbebetriebs, eines Teilbetriebs oder einer Beteiligung an einer Personengesellschaft auf den Erwerber übergehen. Diese Begriffe sind nach ertragsteuerlichen Grundsätzen abzugrenzen. Begünstigungsfähig ist nur der unmittelbare Übergang von Betriebsvermögen."

Folglich führt die isolierte Übertragung von Grundstücken regelmäßig sowohl im Ertragsteuerrecht als auch im Erbschaft-/Schenkungsteuerrecht zu unbegünstigten Übertragungen von Einzelwirtschaftsgütern.

Insoweit ist die Spezialnorm des § 13b Abs. 4 Nr. 1 lit. d ErbStG weit weniger streng als die Grundsatzregelung des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 ErbStG, die eine individuelle grundstücksbezogene Betrachtung postuliert. Insoweit ist fraglich, ob ...

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