Im Ergebnis wird hier die Auffassung vertreten, dass auch nur kurzfristig Dritten überlassene Grundstücke (im zwingenden Umlaufvermögen) eines gewerblichen Grundstückhandels zum Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 4 Nr. 1 ErbStG zu zählen sind. Dies bedeutet wesensimmanent gleichermaßen, dass die ertragsteuerliche rückwirkende Änderung der Zuordnung von Grundstücken für die Erbschaft- und Schenkungsteuer grundsätzlich ebenfalls irrelevant ist. Entfällt also ein Grundstück ex tunc aus der Zugehörigkeit zu einem gewerblichen Grundstückhandel – etwa wegen Überschreitung der Zehn-Jahres-Frist – oder wird es rückwirkend zu dessen Betriebsvermögen – etwa wegen des Überschreitens der Objektgrenzen –, dann ändert dies trotz ggf. unterschiedlicher Kategorisierung in der schenkungsteuerlichen Belastung nichts. Denn in beiden Varianten – Privatvermögen oder Nutzungsüberlassung von Betriebsvermögen – liegt kein begünstigungsfähiges Vermögen vor, vgl. dazu Abschn. IV.4.
Anders ist jedoch die Lage, wenn die entspr. Grundstücke oder Grundstücksteile eines gewerblichen Grundstückhandels im Besteuerungszeitpunkt nicht Dritten zur Nutzung überlassen sind, etwa wegen Leerstand oder weil sie sich bspw. noch im Zustand der Bebauung befinden und dann grundsätzlich bei Betriebsvermögenszugehörigkeit auch begünstigungsfähiges Vermögen darstellen, vgl. Abschn. IV.5. Insbesondere ist hier auf die Konstellation einzugehen, dass ein zum Besteuerungszeitpunkt ursprünglich noch dem Privatvermögen zugeordnetes Grundstück rückwirkend Betriebsvermögen eines gewerblichen Grundstückhandels wird, was durch eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO (neue Tatsache) erfolgt, vgl. Abschn. III.4.
Beispiel
V verschenkt an S zum 1.7.2015 ein im Privatvermögen befindliches unbebautes leerstehendes Grundstück mit einem Grundbesitzwert von 750.000 EUR und Teilwert von 850.000 EUR. S veräußert dieses und andere Grundstücke in 2018 (ggf. im Zusammenwirken mit V) und begründet damit rückwirkend zum 1.7.2015 einen gewerblichen Grundstückshandel, so dass das Grundstück zum 1.7.2015 zu bilanzieren ist (ggf. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO).
Ertragsteuerlich sind nach Tz. 9 des BMF-Schreibens v. 26.3.2004 in die Prüfung des gewerblichen Grundstückshandels und damit der "Drei-Objekt-Grenze" Grundstücke, die im Wege der vorweggenommenen Erbfolge oder durch Schenkung übertragen und vom Rechtsnachfolger in einem zeitlichen Zusammenhang veräußert worden sind, mit einzubeziehen. In diesem Fall ist hinsichtlich der unentgeltlich übertragenen Grundstücke für die Frage des zeitlichen Zusammenhangs (vgl. Tz. 6, 20 BMF-Schreiben) auf die Anschaffung oder Herstellung durch den Rechtsvorgänger abzustellen. Werden im zeitlichen Zusammenhang durch den Rechtsvorgänger und den Rechtsnachfolger insgesamt mehr als drei Objekte veräußert, liegen gewerbliche Einkünfte beim Rechtsvorgänger hinsichtlich der veräußerten Grundstücke und beim Rechtsnachfolger hinsichtlich der unentgeltlich erworbenen und veräußerten Grundstücke vor. In diesen Fällen sind beim Rechtsnachfolger die Veräußerungen der unentgeltlich erworbenen Grundstücke für die Frage, ob er daneben Einkünfte aus einem eigenen gewerblichen Grundstückshandel erzielt, als Objekte i.S.d. "Drei-Objekt-Grenze" mitzuzählen. Diese Regelung ist verständlich, da ansonsten durch Grundstücksschenkungen innerhalb der Familie die Objektgrenzen beliebig weit ausgedehnt werden könnten.
Entsprechende unbebaute Grundstücke sind grundsätzlich mit den sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. Nr. 5 EStG (Einlage in das Betriebsvermögen bei Betriebseröffnung) ergebenden Teilwerten anzusetzen, die sich zu Beginn des gewerblichen Grundstückshandels ergeben, vgl. Tz. 34 BMF-Schreiben.
Fraglich ist, ob schenkungsteuerlich diese Rückwirkung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO auch eintritt. Das unbebaute Grundstück wurde als Privatvermögen zum 1.7.2015 übertragen und stellte somit kein begünstigungsfähiges Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 1 und 2 ErbStG dar, auch die Steuerbefreiungen für bebaute Familienheime i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 4 lit. a bis c ErbStG sind nicht einschlägig. Wie unter Abschn. IV.4. ausgeführt, gilt nach R E 13b.12 Abs. 2 Satz 1 bis 3 ErbStR 2019 grundsätzlich eine strikte Betrachtung der Verhältnisse beim Erblasser oder Schenker im Besteuerungszeitpunkt für die Entscheidung, ob Verwaltungsvermögen vorliegt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Finanzverwaltung hierbei nicht die singuläre Ausnahme der rückwirkenden Zugehörigkeit eines Grundstücks zum ertragsteuerlichen Betriebsvermögen i.R. eines ex tunc entstehenden gewerblichen Grundstückhandels gedacht hat. Die strikte Stichtagsbetrachtung soll nur sicherstellen, dass die Nutzung eines Grundstücks vor oder nach dem Besteuerungszeitpunkt irrelevant sein soll.
Allgemein begünstigungsfähig ist der Erwerb inländischen Betriebsvermögens i.S.d. § 12 Abs. 5 ErbStG, welches im Zeitpunkt der Steuerentstehung als solches vom Erblasser oder Schenker auf den Erwerber übergeht und in der Hand des Erwerbers in...