1. Der Antrag ist erfolgreich gestellt, wenn ...
Der Antrag auf Erlass des Teilabschlussbescheids ist erfolgreich, wenn er ordnungsgemäß gestellt wird (formelle Voraussetzungen, unter VI.1.) und der Steuerpflichtige sein erhebliches Interesse an dem Erlass glaubhaft macht (materielle Voraussetzungen, unter VI.2.).
2. Wer muss bis wann in welcher Form den Antrag stellen (formelle Voraussetzungen)?
Wer stellt den Antrag (Antragsteller)? Antragsberechtigt ist grundsätzlich derjenige, bei dem die Außenprüfung durchgeführt wird (= der geprüfte Steuerpflichtige). Bei Bevollmächtigung stellt regelmäßig der steuerliche Berater den Antrag (§ 80 Abs. 1 AO). In vermögensverwaltenden Personengesellschaftsstrukturen sind ggf. die Neuerungen durch das MoPeG zu beachten (vgl. Folgebeitrag, Teil 3).
Gegenüber wem ist der Antrag zu stellen (Adressat)? Der Antrag ist gegenüber dem FA, "das für den Bescheid örtlich zuständig ist, für den der Teilabschlussbescheid unmittelbar Bindungswirkung entfaltet" zu stellen, weil dieses Finanzamt den Teilabschlussbescheid erlässt (§ 17 Abs. 2 S. 1 FVG i.V.m. § 18 Abs. 1 Nr. 5 AO). Dies ist das FA, das für den Folgebescheid zuständig ist und rechtfertigt sich daraus, dass durch den Teilabschlussbescheid ein Teil aus dem Folgebescheid mit Bindungswirkung "herausgeschnitten" wird (Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 18 AO Rz. 15b [11/2023]).
Beraterhinweis Der Antrag auf Erlass des Teilabschlussbescheids ist somit gerade nicht gegenüber dem Prüfer/der prüfenden Finanzbehörde zu richten, sondern gegenüber dem "Veranlagungsfinanzamt" (= FA, das für den Folgebescheid zuständig ist). Diese Zuständigkeitsfriktion zwischen Veranlagungs- und Prüfungs-FA könnte die Umsetzung des Teilabschlussbescheids in der Praxis erschweren, weil sich das Veranlagungs-FA ggf. erst mit der prüfenden Finanzbehörde verwaltungsintern abstimmen muss (Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 18 AO Rz. 15b [11/2023]). Wird der Antrag (irrtümlich) gegenüber dem Prüfer gestellt (falsche Adressatenauswahl), muss aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit eine verwaltungsinterne Weiterleitung an den richtigen Adressaten erfolgen. Allerdings dürfte ein solcher Umstand im Zweifel zu Lasten des Antragstellers gehen (Risiko der "Verfristung", s. sogleich).
Wie ist der Antrag zu stellen (Form)? Der Antrag ist nicht formgebunden. Für Nachweiszwecke (Umfang, Zeitpunkt) wird empfohlen, den Antrag zumindest in Textform (§ 126b BGB) zu stellen und ggf. den Zugang zu dokumentieren (z.B. per Fax-Sendebericht oder beA- bzw. beSt-Übermittlungsprotokoll).
Bis wann ist der Antrag zu stellen (Frist)? § 180 Abs. 1a S. 2 AO bindet den Antrag grundsätzlich an keine Frist. Der Antrag kann jedoch nur so lange zulässig gestellt werden, wie
- der Prüfungsbericht i.S.d. § 202 Abs. 1 AO noch nicht ergangen ist sowie
- Feststellungsverjährung noch nicht eingetreten ist.
Im Rahmen der Feststellungsverjährung ist zu beachten, dass der Teilabschlussbescheid nur innerhalb der grundsätzlichen vierjährigen Feststellungsfrist erlassen werden kann (§§ 181 Abs. 1 S. 1, 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO). Es empfiehlt sich, die Feststellungsverjährung dabei wie folgt zu prüfen:
- Der Beginn der Feststellungsfrist knüpft grundsätzlich an den Abgabezeitpunkt der Feststellungserklärung an, §§ 181 Abs. 1 S. 2, 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO. Vorliegend ist – mangels einzureichender Feststellungserklärung – diejenige Steuer- bzw. Feststellungserklärung maßgebend "für deren Besteuerungszeitraum der Teilabschlussbescheid unmittelbar Bindungswirkung entfaltet", § 181 Abs. 1 S. 4 Halbs. 2 AO. Somit besteht ein Gleichlauf zwischen der Feststellungsfrist für den Teilabschlussbescheid und der Festsetzungs- oder Feststellungsfrist für seinen unmittelbaren Folgebescheid. Einer Anwendung des § 181 Abs. 5 AO bedarf es insoweit nicht (BT-Drucks. 20/3436, 89, 90).
- Der Ablauf der Feststellungsfrist wird grundsätzlich durch den Beginn der Außenprüfung gehemmt (§ 171 Abs. 4 S. 1 AO). § 171 Abs. 4 S. 3 AO regelt dabei eine neue zeitliche Grenze für die Ablaufhemmung. Diese beträgt fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde. Somit markiert die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung (nunmehr) den Beginn der Fünfjahresfrist. Wird die Außenprüfung nicht innerhalb von fünf Jahren nach der Bekanntgabe abgeschlossen, tritt die Festsetzungs- bzw. Feststellungsverjährung ein – es sei denn, eine weitere Ablaufhemmungsvorschrift greift ein. Der Teilabschlussbescheid muss somit innerhalb dieses Zeitrahmens erlassen werden.
Beraterhinweis Der Steuerpflichtige muss den Antrag auf Erlass des Teilabschlussbescheids rechtzeitig (d.h. innerhalb der Feststellungsverjährung) stellen, um die Besteuerungsgrundlagen, die für ihn günstig sein können, noch wirksam nach § 180 Abs. 1a AO gesondert feststellen lassen zu können.
Umgekehrt kann das FA, um eine drohende Verjährung zu verhindern, Besteuerungsgrundlagen i.S.d. § 180 Abs. 1a AO vorab durch Teilabschlussbescheid gesondert feststellen und so zumindest die vollständige Festsetzungs-/Feststellungsverjährung verhindern. Eine dahingehende Ermessensausübung dürfte ermessensfehlerfrei sein.
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