1. Die Ermittlung des gemeinen Werts der Gesellschaft
Für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer richtet sich die Bewertung nach § 12 ErbStG. Gemäß § 12 Abs. 1 ErbStG hat die Bewertung – soweit in den Abs. 2 bis 7 nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist – nach den Vorschriften des Ersten Teils des BewG und damit grundsätzlich mit dem gemeinen Wert (§ 9 BewG) zu erfolgen. Inländisches Betriebsvermögen ist demnach mit dem auf den Bewertungsstichtag festgesetzten Wert anzusetzen (vgl. § 12 Abs. 5 ErbStG).
Gemäß § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG ist der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer gesondert nach §§ 179 ff. AO festzustellen. Der Wert des Betriebsvermögens wiederrum ist gem. § 157 Abs. 5 Satz 2 BewG unter Anwendung von § 109 Abs. 2 i.V.m. § 11 Abs. 2 BewG zu ermitteln.
§ 11 Abs. 2 BewG sieht zur Ermittlung des gemeinen Werts eine festgelegte Reihenfolge vor (Kreutziger/Jacobs in Kreutziger/Schaffner/Stephany, BewG, 5. Aufl. 2021, § 11 BewG Rz. 23; BFH v. 5.2.1992 – II R 185/87, BStBl. II 1993, 266). Vorrangig ist der gemeine Wert aus Verkäufen zwischen fremden Dritten abzuleiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen (§ 11 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 BewG). Sofern dies nicht möglich ist, ist der gemeine Wert unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln (§ 11 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 BewG). Durch § 12 Abs. 2 Satz 4 BewG i.V.m. den §§ 199 bis 203 BewG wird der Anwendungsbereich des sog. vereinfachten Ertragswertverfahrens eröffnet – dies jedoch stets nur unter der Prämisse, dass dieses Verfahren nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt (vgl. hierzu detailliert Eisele in Rössler/Troll, BewG, 33. EL 1/2021, § 199 BewG Rz. 7 m.w.N.). Der Substanzwert als Mindestwert darf allerdings in keinem Fall unterschritten werden, vgl. § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG (zur Gesetzesbegründung Mannek in Stenger/Loose, BewG, 156. EL 9/2021, § 11 BewG Rz. 243).
2. Die Aufteilung des gemeinen Werts auf die Gesellschafter
a) Die Grundsätze des § 97 Abs. 1a BewG
Soweit ein Wirtschaftsgut mehreren Personen zusteht, ist sein Wert dennoch im Ganzen zu ermitteln und sodann auf die Beteiligten nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu verteilen (§ 3 BewG). Anteile an Personengesellschaften werden bewertungsrechtlich allerdings nicht als eigenständige Wirtschaftsgüter behandelt, die einer gesonderten Bewertung zugänglich sind. Stattdessen geht das BewG davon aus, dass die Personengesellschafter an den Wirtschaftsgütern der wirtschaftlichen Einheit des Betriebsvermögens der Mitunternehmerschaft beteiligt sind, § 109 Abs. 2 BewG (Eisele in Rössler/Troll, BewG, 33. EL 1/2021, § 97 BewG Rz. 26). Der in der Praxis bedeutsamste Fall von § 3 BewG ist daher die Aufteilung des Wertes von Betriebsvermögen bei Personengesellschaften gem. § 97 Abs. 1a BewG (Jochum in Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, 114. EL 7/2021, § 3 BewG Rz. 9).
§ 97 Abs. 1a BewG unterscheidet zwischen der Aufteilung des gemeinen Werts des der Personengesellschaft gehörenden Betriebsvermögens (sog. Gesamthandsvermögen, vgl. § 97 Abs. 1a Nr. 1 BewG) und den Wirtschaftsgütern und Schulden des Sonderbetriebsvermögens, vgl. § 97 Abs. 1a Nr. 2 BewG (das Sonderbetriebsvermögen soll jedoch nicht Gegenstand dieses Beitrags sein). Die Addition beider Positionen ergibt den Wert des Anteils eines Gesellschafters an der Personengesellschaft (§ 97 Abs. 1a Nr. 3 BewG).
Lediglich in Fällen, in denen der Wert des Anteils eines Gesellschafters am Gesamthandsvermögen aus Verkäufen abgeleitet oder unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Gesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode ermittelt wird (Gutachtenwert), ist eine Aufteilung nach § 97 Abs. 1a BewG nicht vorzunehmen (R B 97.4 Abs. 2 Satz 2 ErbStR 2019). Ist der Steuerpflichtige der Auffassung, dass der gemeine Wert des Anteils an der Personengesellschaft zu seinen Gunsten niedriger ausfällt, als sich aus der schematischen Aufteilung des § 97 Abs. 1a BewG ergibt, kann er einen niedrigeren gemeinen Wert somit entweder aus einem zeitnahen Verkauf ableiten oder – sollte ein zeitnaher Verkauf nicht vorliegen – durch ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen nachweisen, der den Wert unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Gesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode ermittelt (BFH v. 17.6.2020 – II R 43/17, DStR 2020, 2596 [2598] = ErbStB 2021, 1 [Halaczinsky]).
b) Die Aufteilung des Gesamthandsvermögens
Nach § 97 Abs. 1a Nr. 1 lit. a BewG sind die Kapitalkonten aus der Gesamthandsbilanz dem jeweiligen Gesellschafter vorweg zuzurechnen. Zum Kapitalkonto zählen neben dem Festkapital (regelmäßig das sog. Kapitalkonto I) auch der Anteil an einer gesamthänderischen Rücklage und die variablen Kapitalkonten, soweit es sich dabei ertragsteuerrechtlich um Eigenkapital der Gesellschaft handelt (regelmäßig das sog. Kapitalkonto II), R B 97.4 Abs. ...