Auf die Sachverhaltsaufklärung folgt die Beweiswürdigung, also die Wertung der durch die Sachverhaltsermittlung gewonnenen Erkenntnisse. Hier gilt § 96 Abs. 1 FGO – für das gerichtliche Verfahren unmittelbar und für das behördliche Verfahren entsprechend –, wonach die Finanzbehörde bzw. das Finanzgericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheidet. Bei dieser Wertung dürfen keine einzelnen Gesichtspunkte willkürlich herausgegriffen werden; vielmehr müssen alle Umstände, auch die den Steuerpflichtigen entlastenden, gewürdigt werden. Anerkannte Erfahrungssätze sind zu beachten, die Überzeugungsbildung muss logisch nachvollziehbar und unter Beachtung der anerkannten Natur- und Denkgesetze zustande gekommen sein.
Rechtsbehelfsverfahren: Im Falle eines nachfolgenden Rechtsbehelfsverfahrens ist die von der Finanzbehörde durchgeführte Beweiswürdigung für das Finanzgericht nicht bindend. Das Gericht darf die Beweise unabhängig von der Finanzbehörde erneut würdigen.
Beraterhinweis Die Beweiswürdigung ist zwingend zu begründen. Beispielsweise muss in der Einspruchsentscheidung dokumentiert werden, warum man der Aussage der Zeugin X mehr Glauben geschenkt hat, als der des Zeugen Y oder weshalb ein Sachverständigengutachten dem anderen vorgezogen wird.
Spezielle Beweisführungsregeln: In einigen Fällen gelten jedoch spezielle Beweisführungsregeln, die sich auf verschiedene Art und Weise auswirken. So sieht das Gesetz teilweise vor, dass ein Beteiligter etwas nachweisen oder glaubhaft machen muss, z.B. in § 110 Abs. 2 S. 2 AO. In anderen Fälle gilt eine Beweismittelbeschränkung, z.B. in § 64 Abs. 1 EStDV. Diese beiden Varianten haben Auswirkungen sowohl auf das Beweismaß als auch auf die Feststellungslast.
Nachweisregel für Werbungskosten: Die wichtigste einkommensteuerrechtliche und einzelsteuergesetzliche Beweislastregelung ist allerdings die aus dem Umkehrschluss des § 9a S. 1 EStG abzuleitende Nachweisregel für Werbungskosten. Hiernach sind für Werbungskosten Pauschbeträge abzuziehen, wenn nicht höhere tatsächliche Werbungskosten durch den Steuerpflichtigen nachgewiesen werden.
Für die hiervon nicht erfassten Werbungskosten und auch für Betriebsausgaben folgt die Beweislast des Steuerpflichtigen aus der bereits eingangs erwähnten Grundregel der objektiven Beweislast, wonach die Finanzbehörde grundsätzlich die Beweislast für steuerbegründende oder – erhöhende Tatsachen trägt und der Steuerpflichtige die Beweislast für steueraufhebende oder – mindernde Tatsachen.
Zahlreiche weitere Beweisführungsregelungen in den Einzelsteuergesetzen basieren auf der Beweislastgrundregel; entsprechende Regelungen des Einkommensteuergesetzes sind beispielsweise:
Nachweis- und Beweislastregelungen des Umsatzsteuergesetzes sind beispielsweise:
Aus anderen Einzelgesetzen sind etwa zu erwähnen: