Gerade aus diesem Grund ist darauf zu achten, sich in betroffenen Fällen alle rechtlichen Möglichkeiten offen zu lassen, um einer etwaigen Doppelbesteuerung erfolgsversprechend zu begegnen.
Zu beachten ist, dass sich gegen eine vermutete Doppelbesteuerung nur die Rentner wehren können. Ein "vorbeugender" Einspruch oder Klage von noch am Erwerbsleben teilnehmenden Rentenversicherten ist nicht möglich.
Vorläufigkeitsvermerk: Nach dem BMF-Schreiben v. 30.8.2021 ist ein Vorläufigkeitsvermerk bezüglich der Besteuerung von Leibrenten und anderen Leistungen aus der Basisversorgung nach § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG sämtlichen ESt-Festsetzungen für Veranlagungszeiträume ab 2005 beizufügen, in denen eine Leibrente oder eine andere Leistung aus der Basisversorgung nach § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG erfasst wird. Dementsprechend müssen derzeit keine Einsprüche gegen Einkommensteuerbescheide wegen einer etwaigen Doppelbesteuerung eingelegt werden, da der Bescheid in diesem Punkt ohnehin offenbleibt und nicht in Bestandskraft erwächst.
Im Hinblick darauf, dass eine mögliche Doppelbelastung von Alterseinkünften nach der Rspr. des BFH vom Steuerpflichtigen belegt werden muss, ist nach dem BMF-Schreiben v. 30.8.2021 darüber hinaus in den betroffenen Steuerbescheiden ein zusätzlicher Hinweis aufzunehmen, wonach bei entsprechender Entscheidung des BFH oder des BVerfG weitere Unterlagen vorzulegen sind und keine Änderung von Amts wegen erfolgt.
Beraterhinweis Einsprüche gegen Einkommensteuerbescheide, die entsprechend dem BMF-Schreiben vorläufig ergangen sind, sind nicht notwendig. Den betroffenen Steuerpflichtigen entsteht dadurch kein Nachteil.
Einsprüche gegen Einkommensteuerbescheide, die vor dem 30.8.2021 ergangen sind und demzufolge keinen entsprechenden Vorläufigkeitsvermerk enthalten, wurden seitens der Finanzverwaltung insb. daraufhin überprüft, ob ein Fall vorlag, der nach seiner konkreten Ausgestaltung dem Sachverhalt der dem BFH zur Entscheidung vorgelegten Fällen entsprach und ob eine Doppelbesteuerung im Einzelfall nachgewiesen wurde. Unter diesen Voraussetzungen konnten unter Verweis auf die vor dem BFH geführten Verfahren eingelegte Einsprüche nach § 363 Abs. 2 S. 1 AO aus Zweckmäßigkeitsgründen ruhend gestellt werden. Auch durch diese Verfahrensweise der Finanzverwaltung entstand den betroffenen Steuerpflichtigen kein Nachteil, da der Einspruch weiterhin bestehen blieb, lediglich seine Bearbeitung wurde bis zur richterlichen Entscheidung ausgesetzt.
Auch ruhenden Einsprüchen konnte – seit Einführung des Vorläufigkeitsvermerkes – mit Zustimmung des Einspruchsführers durch das Beifügen des Vorläufigkeitsvermerks abgeholfen werden. Die Finanzämter haben in solchen Fällen die Einspruchsführer angeschrieben und um entsprechende Zustimmung gebeten. Die Zustimmung konnte mit gutem Gewissen erteilt werden, da die Steuerpflichtige durch den Vorläufigkeitsvermerk weiterhin die Gewähr haben, dass der Einkommensteuerbescheid in diesem Punkt offenbleibt und im Falle einer günstigen höchstrichterlichen Entscheidung entsprechend geändert werden kann.
Einsprüche, die sich auf die Verfassungsbeschwerde mit dem Aktenzeichen 2 BvR 1457/20 (zum Urteil des BFH v. 6.4.2016, Aktenzeichen X R 2/15 und zum Beschluss des BFH v. 18.5.2020, Aktenzeichen X B 84/19) oder auf sonstigen inzwischen erledigten Verfahren stützen, können inzwischen nicht mehr ruhend gestellt werden, wenn nicht ohnehin durch Beifügen eines Vorläufigkeitsvermerkes abgeholfen wurde. Die Voraussetzungen für ein Ruhen des Verfahrens aus Zweckmäßigkeitsgründen liegen nicht mehr vor. Es ist davon auszugehen, dass die Bearbeitung der Einsprüche nach den vermutlich noch erforderlichen Abstimmungen auf Bundesebene wieder aufgenommen werden wird.