Bei den Fallgruppen Elternzeit, Pflege und Krankheit differenziert § 38 Abs. 3 GmbHG die Anspruchsvoraussetzungen anhand der Dauer, für die der GF die Auszeit begehrt.
aa) Dauer der begehrten Auszeit
Auszeit bis zu drei Monaten: Wird eine Auszeit bis zu drei Monaten beantragt, ist eine Ablehnung aus wichtigem Grund möglich.
Auszeit zwischen drei und zwölf Monaten: Bei einer Auszeit zwischen drei und zwölf Monaten ist eine Ablehnung nach pflichtgemäßem Ermessen möglich. Ein wichtiger Grund kann insbesondere dann vorliegen, wenn der GF unabkömmlich ist, z.B. wenn während der Dauer einer Transaktion der mit der Durchführung der Transaktion allein befasste GF eine Auszeit beantragt. Beachten Sie: In Betracht kommt hier allerdings ggf. eine Verpflichtung der Gesellschaft, einen Interim-Manager zu beschäftigen, der den vorübergehenden Ausfall der fachlichen Kompetenz kompensiert.
Beraterhinweis Da die Sicherstellung eines Ersatzes entsprechende Auswahl- und Vorbereitungszeit erfordert, spricht auch dies für eine eindeutige Regelung des Antragsverfahrens, um durch eine entsprechende Antragsfrist die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft zu sichern.
Auszeit von mehr als drei Monaten bis zu zwölf Monaten: Das bei der Entscheidung über eine Auszeit von mehr als drei Monaten bis zu zwölf Monaten zugrunde zu legende freie Ermessen lässt der Gesellschafterversammlung einen deutlich weiteren Entscheidungsspielraum. Hier wird eine Unabkömmlichkeit des GF nicht erforderlich sein; vielmehr kann die Gesellschafterversammlung sachlich begründet den widerstreitenden Interessen ein entsprechendes Gewicht beimessen und so zu einer Entscheidung unter Berücksichtigung
- der Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls sowie
- der zu beachtenden Fürsorgepflicht gegenüber dem GF
gelangen.
Auszeit von über zwölf Monaten: Gesetzlich nicht vorgesehen ist eine Auszeit von über zwölf Monaten. Derartige Sachverhalte können sich insbesondere bei Krankheiten durchaus ergeben. Die Gesellschafterversammlung ist durch § 38 Abs. 3 GmbHG nicht gehindert, den GF auch für eine längere Zeit aus der Organstellung zu entlassen und auch eine Zusage auf Wiederbestellung mit der Abberufung zu verbinden.
bb) Reichweite der nur für Arbeitnehmer anwendbaren Gesetze
Auch der Bezug in § 38 Abs. 3 GmbHG auf Elternzeit, Pflege von Familienangehörigen und Krankheit beinhaltet keinen direkten Verweis auf die jeweils nur für Arbeitnehmer anwendbaren Gesetze
Dies ist aufgrund des Umstandes, dass diesen Normen der nationale Arbeitnehmerbegriffs zugrunde liegt, auch konsequent.
Leitbild der sozialrechtlichen Vorschriften: Wie weit reicht es für GF? Die sozialrechtlichen Vorschriften sollen nach dem Willen des Gesetzgebers lediglich als sog. Leitbild für das Recht auf zeitweisen Widerruf dienen. Wenn der Gesetzgeber den Verweis auf Elternzeit, Pflege und Krankheit als ledigliches Leitbild verstanden haben möchte, stellen sich entsprechend Fragen zur Reichweite dieses Leitbildes:
So normiert § 15 BEEG in den Abs. 1 und 2 die Voraussetzungen, die vorliegen müssen, damit ein Anspruch auf Elternzeit besteht – darunter auch die Elternzeit für die Betreuung eines Enkelkindes. Auch sieht Abs. 2 vor, dass ein Anteil von bis zu 24 Monaten in der Zeit zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr liegen kann. Wenn der Gesetzgeber lediglich von einem Leitbild spricht, stellt sich die Frage, ob auch die Auszeit bei der Betreuung von Enkelkindern gem. § 15 Abs. 1a BEEG sowie die Elternzeit bis zur Vollendung des achten Lebensjahres von diesem (gesetzlichen) Leitbild gedeckt ist oder ob es eher auf ein gesellschaftliches Leitbild der Betreuung eigener Kinder bis zum 3. Lebensjahr ankommt.
Beraterhinweis Es ist aufgrund des Ziels des Gesetzgebers, dem GF – angepasst an besondere, herausfordernde Lebenssituationen – eine Auszeit zu ermöglichen, jedoch davon auszugehen, dass hier auch in § 38 Abs. 3 GmbHG der gesetzliche Rahmen des § 15 BEEG hineinzulesen ist.
In Bezug auf die Pflege von Familienangehörigen ist zunächst einmal eindeutig, dass hiervon die "nahen Familienangehörigen" gem. § 3 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 3 PflegeZG umfasst sind. Nahe Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind gem. § 7 Abs. 3 PflegeZG Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Stiefeltern, Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, Geschwister, Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten, Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Lebenspartner, Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder, Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder des Ehegatten oder Lebenspartners, Schwiegerkinder und Enkelkinder. Diese müssen pflegebedürftig sein; der Nachweis der Pflegebedürftigkeit erfolgt über die Pflegekassen bzw. bei Priva...