Der BFH hatte mit Urteil vom 8.12.2021 in einem Fall der Wegzugsbesteuerung zu entscheiden. In dem zugrunde liegenden Fall ging es um die Vorschrift des § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AStG a.F. – also die Übertragung an nicht unbeschränkt steuerpflichtige Personen –, die seit dem 1.1.2022 in § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AStG geregelt ist.
1. Sachverhalt
In dem dem Urteil zugrunde liegenden Ausgangssachverhalt übertrug eine in Deutschland ansässige Person (vorliegend der Vater) eine GmbH-Beteiligung an seinen in den USA ansässigen Sohn, der die US-amerikanische Staatsbürgerschaft besaß. Das Vermögen der übertragenen GmbH bestand im Wesentlichen aus in Deutschland belegenem Grundbesitz.
Das FA sah für diese Übertragung den Tatbestand der Wegzugsbesteuerung i.S.d. § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AStG a.F. als erfüllt an, da eine Übertragung an eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige Person – hier den Sohn – gegeben sei.
Dagegen führte die Klägerin (die Ehefrau des zwischenzeitlich verstorbenen Vaters) an, dass die Vorschrift des § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AStG teleologisch zu reduzieren sei, wenn – wie vorliegend infolge der Immobilienklausel des Art. 13 Abs. 1, 2 lit. b DBA USA – eine Entstrickung nicht gegeben sei.
Die dagegen gerichtete Klage beim FG Köln wurde als unbegründet abgewiesen.
2. Entscheidung des BFH
§ 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AStG a.F. = enge Wortlautauslegung: Der BFH entschied im Revisionsverfahren, dass die Vorschrift des § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AStG a.F. streng nach dem Wortlaut auszulegen sei und keinen Raum für
- eine teleologische Reduktion oder
- eine anderweitige systematische Auslegung
lasse.
Die von der Klägerin angeführte teleologische Reduktion auf solche Fälle, in denen das Besteuerungsrecht tatsächlich auch ausgeschlossen oder beschränkt würde, wurde seitens des BFH verworfen.
Dieser stellt indes allein auf die historische Entwicklung des Wortlautes der Vorschrift ab, wonach ein Ausschluss respektive eine Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts gerade nicht Tatbestand des § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AStG a.F. sei. Ferner sei aus systematischen Erwägungen heraus kein umgekehrtes Hereinlesen des Ausschlusses respektive der Beschränkung des Besteuerungsrechts aus § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 AStG a.F. in den Tatbestand der Nr. 1 geboten. Aus dieser historischen Auslegung heraus sei das "Darüberstülpen" des Entstrickungstatbestandes in alle Ersatzwegzugstatbestände nicht zwingend, da dieser schließlich nur für Fälle des § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 AStG implementiert worden sei.
Verfassungsrechtliche/europarechtliche Erwägungen führen zu keiner anderen Auslegung: Letztlich sei aus verfassungsrechtlichen sowie europarechtlichen Gründen keine anderweitige Auslegung des § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AStG angezeigt. Auch die Diskriminierungsklausel des Art. 24 Abs. 1 DBA USA respektive Art. XI des mit den USA geschlossenen Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrags v. 29.10.1954 führe vorliegend zu keinem anderweitigen Ergebnis.
3. Bewertung
Die Entscheidung ist nach der hier vertretenen Auffassung stringent. Durch eine Verknüpfung der Ersatzwegzugstatbestände mit einem "oder" sind die vorliegenden Tatbestände nebeneinander zu prüfen. Der Tatbestand des § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AStG a.F. verlangt allein die Übertragung auf eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige Person. Dieser Tatbestand war bei einer streng wortlautidentischen Auslegung erfüllt, so dass in der Folge die Wegzugsbe...