1. Einführende Überlegungen
Der Tatbestand der Wegzugsbesteuerung erfordert nach Neufassung durch das ATADUmsG zunächst eine unbeschränkte Steuerpflicht. Diese ergibt sich aus der Definition in § 6 Abs. 2 AStG und verlangt dem Grunde nach
- eine unbeschränkte Steuerpflicht i.S.d. § 1 Abs. 1 EStG – d.h. einen inländischen Wohnsitz nach § 8 AO bzw. einen inländischen gewöhnlichen Aufenthalt nach § 9 AO –
- innerhalb der letzten 12 Jahre vor dem Wegzug
- für mindestens sieben Jahre.
- Daneben ist erforderlich, dass der Wegziehende einen Anteil nach § 17 EStG hält, sprich eine im Privatvermögen gehaltene mindestens 1%ige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft.
Schließlich muss die unbeschränkte Steuerpflicht durch Aufgabe des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts (§ 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AStG) enden.
Alternativ erfasst § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AStG die unentgeltliche Übertragung der vorgenannten Beteiligung auf eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige Person.
Subsidiär ist die Wegzugsbesteuerung in solchen Fällen relevant, in denen das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus einer späteren Anteilsveräußerung ausgeschlossen oder beschränkt wird (§ 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AStG ).
2. Rechtsfolge
Fiktion der Veräußerung zum gemeinen Wert: Als Rechtsfolge fingiert § 6 Abs. 1 S. 1 AStG die Veräußerung der Beteiligung zum gemeinen Wert, um als ultima ratio das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland zu sichern.
Vermeidungsstrategien im Wegzugszeitpunkt: In einigen Fällen lassen sich Vermeidungsstrategien im Wegzugszeitpunkt definieren, die das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland auch nach Wegzug sichern sollen. Beachten Sie: Soweit solche Strategien – etwa aufgrund der jeweiligen individuellen Verhältnisse oder unter Berücksichtigung der konkreten Prämissen – nicht zielführend erscheinen, so kann auf Antrag eine Stundung der Wegzugssteuer herbeigeführt werden.
Stundung auf Antrag: Seit dem ATADUmsG ist infolge der sog. One-Fits-All-Regelung eine einheitliche Stundung für sieben Jahre gem. § 6 Abs. 4 S. 1 AStG denkbar – unabhängig davon, ob ein Wegzug innerhalb der Europäischen Union respektive des Europäischen Wirtschaftsraums oder in Drittstaaten erfolgt. Beachten Sie: Diese Stundung
Beraterhinweis Neben der Stundung des § 6 Abs. 4 AStG kann in besonderen Situationen auch eine Argumentation über eine nur vorübergehende Abwesenheit nach § 6 Abs. 3 AStG relevant werden.