Hat der Arbeitgeber vor Insolvenzeröffnung – und in der Regel vor dem Eingreifen von Insolvenzgeld – Lohn ausgezahlt und die LSt einbehalten, ohne diese an das FA abzuführen, muss die Finanzverwaltung ihre Forderung gem. § 42d Abs. 1 EStG als Insolvenzforderung zur Tabelle anmelden. Das Risiko der Nichtabführung der einbehaltenen LSt trägt der Staat,[45] weshalb die einbehaltene LSt dem Arbeitnehmer in dem späteren ESt-Veranlagungsverfahren auch dann anzurechnen ist, wenn diese tatsächlich nicht abgeführt wurde (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG).[46]Beachten Sie: Dies folgt aus der von dem Gesetzgeber geschaffenen Korrespondenz von

  • Einbehaltung und
  • Anrechnung

der LSt im Anrechnungsverfahren.[47]

Für den Arbeitnehmer kommt es daher auch nicht darauf an, ob der zur Insolvenztabelle angemeldete Haftungsanspruch der Finanzverwaltung gegen den Arbeitgeber aus § 42d EStG ganz oder quotal im Insolvenzverfahren bedient wird. Es ist für die Anrechnung der einbehaltenen LSt beim Arbeitnehmer auch nicht von Bedeutung, ob die Finanzverwaltung parallel gem. §§ 34, 69 AO oder § 61 InsO Ansprüche durchsetzen kann.

Ausnahme bei positiver Kenntnis des Arbeitnehmers von der Nichtabführung: Eine Ausnahme gilt, wenn der Arbeitnehmer gem. § 42d Abs. 3 S. 3 Nr. 2 EStG in Anspruch genommen werden kann, da er positive Kenntnis von der Nichtabführung der einbehaltenen LSt hat.[48] Wissen des Arbeitnehmers setzt positive Kenntnis voraus.[49] Vermutungen und selbst grob fahrlässige Unkenntnis reichen nicht aus.[50]Beachten Sie: Der Nachweis der positiven Kenntnis obliegt der Finanzverwaltung.[51]

[45] Krüger in Schmidt, EStG, 41. Aufl.2022, § 42d Rz. 19.
[47] Gosch in Kirchhof/Seer, EStG, 21. Aufl. 2022, § 36 Rz. 7a.
[48] BFH v. 1.4.1999 – VII R 51/98, EStB 1999, 235 (Hilbertz); Gosch in Kirchhof/Seer, EStG, 21. Aufl. 2022, § 36 Rz. 7a.

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