Keine Mindest- oder Maximalfrist: In § 364b AO ist weder eine Mindest- noch eine Maximalfrist genannt, so dass die Dauer der eingeräumten Präklusionsfrist im pflichtgemäßen Ermessen des FA steht (§ 5 AO). Dies ist gesetzgeberisch nachvollziehbar, da dem FA damit ermöglicht wird, dass es eine angemessene Frist unter Berücksichtigung aller konkreten Sachverhaltsumstände gewährt. Hierbei gilt es zu beachten, dass eine unangemessen kurze Präklusionsfrist den Einspruchsführer in seinen Rechten verletzt, eine unangemessen lange Frist jedoch auch dem Normzweck der Vermeidung des Verfahrensmissbrauchs und der beabsichtigten Beschleunigung des Verfahrens widerstreben würde.
Monatsfrist als Gradmesser: In Anbetracht dessen, dass das Verfahrensrecht regelmäßig auf Monatsfristen abstellt (s. u.a. zur Antragstellung auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand § 110 Abs. 2 AO, zur Einspruchseinlegung § 355 Abs. 1 AO, zur Klageerhebung § 47 Abs. 1 FGO sowie zur Revisionseinlegung § 120 Abs. 1 FGO als vier verfahrensrechtlich praxisrelevante Fristen), erscheint eine Präklusionsfrist von (mindestens) einem Monat regelmäßig als sachgerecht und grundsätzlich nicht zu beanstanden. Ein Abstellen auf eine Monatsfrist entspricht im Wesentlichen auch der h.M. (exemplarisch hierzu Birnbaum in BeckOK/AO, § 364b AO Rz. 37; Rätke in Klein, AO, 17. Aufl. 2023, § 364b AO Rz. 12; Cöster in Koenig, AO, 5. Aufl. 2024, § 364b Rz. 22; AEAO zu § 364b Nr. 2).
Beraterhinweis Beträgt die Präklusionsfrist weniger als einen Monat, so bestehen auch hier gute Angriffspunkte, um die Ermessensfehlerhaftigkeit hinsichtlich der gewählten Fristdauer aufzuzeigen.
Kürzere Frist in besonderen Fällen denkbar: Seer weist in dem Zusammenhang jedoch in nachvollziehbarer Weise darauf hin, dass es im Einzelfall auch angemessen sein kann, wenn die Monatsfrist unterschritten wird, sofern der Einspruchsführer z.B. bereits mehrere Monate mit seiner Einspruchsbegründung in Verzug ist (Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 364b AO Rz. 23 [Feb. 2021]). Selbiges hat aus Verfassersicht auch dann zu gelten, wenn z.B. eine Steuererklärung seit mehreren Monaten säumig ist oder der Einspruchsführer gar offen mit einer Verzögerungsabsicht kokettiert. Grundsätzlich sollte eine Präklusionsfristsetzung unter einem Monat aber möglichst vermieden werden und bedarf einer besonders intensiven Begründung, weshalb diese unterschritten werden soll.
Auch hier gilt letztlich: Es ist vom FA eine abgewogene Einzelfallentscheidung zu treffen, bei der die Monatsfrist häufig sicherlich ein geeigneter erster Anhaltspunkt ist (aber z.B. auch gezielt länger angesetzt werden kann, wenn komplexe Sachverhalte betroffen sind, sich Beweismittel/Unterlagen im Ausland befinden o.Ä., solange eine überlange Frist nicht den Normzweck konterkariert und damit die Präklusionsfrist ad absurdum führt).