§ 379 AO beinhaltet ein buntes Spektrum als Ordnungswidrigkeit zu ahndender Sachverhalte im Vorfeld einer Steuerverkürzung oder der Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile. Die Vorschrift hat in jüngster Zeit (zur Entstehungsgeschichte Dürr, BB 2016, 2140). durch die Aufnahme weiterer Tatbestände eine beachtliche Ausdehnung im Gleichlauf mit den Regelungen in §§ 138d ff. AO erfahren. Bekanntlich hatte der EU-Rat die Richtlinie (EU) 2018/822 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich des verpflichtenden automatischen Informationsaustauschs im Bereich der Besteuerung über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen v. 25.5.2018 – sog. DAC 6 (Directive on Administration Cooperation 6 => 6. Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden, ABl. EU Nr. L 139/1 v. 5.6.2018) – erlassen. Darin wurden die Mitgliedstaaten der EU verpflichtet, Regelungen zu schaffen, nach denen bestimmte grenzüberschreitende Steuergestaltungen den Finanzbehörden der Mitgliedstaaten mitzuteilen und dann zwischen den Mitgliedstaaten automatisch auszutauschen sind. Diese Informationen zielen darauf ab, die Finanzbehörden in die Lage zu versetzen, effektiv und zeitnah gegen schädliche Steuerpraktiken vorzugehen und ungewollte Gestaltungsspielräume zu schließen. In Deutschland wurde die Neuregelung am 21.12.2019 verabschiedet. Das Gesetz ist seit 1.1.2020 in Kraft (BGBl. I 2019, 2875). Die Tendenzen sind offenkundig: Die EU-Mitgliedstaaten wappnen sich gegen internationale Vermeidungsstrategien.
Mitteilungspflichten: An dieser Stelle sollen gleichwohl nicht sämtliche Modalitäten im Bereich der Mitteilungen von Auslandsbeziehungen vorgestellt werden. Vielmehr konzentrieren wir uns auf die seit langem bestehende Regelung in § 379 Abs. 2 Nr. 1 AO (vgl. auch Dürr, BB 2016, 2140). Diese Norm bezieht sich auf Verstöße gegen die in § 138 Abs. 2 S. 1 AO konzipierte Mitteilungspflicht. Danach müssen Steuerpflichtige mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt, Geschäftsleitung oder Sitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes (inländische Steuerpflichtige) dem für sie nach den §§ 18 bis 20 AO zuständigen FA mitteilen:
- die Gründung und den Erwerb von Betrieben und Betriebstätten im Ausland,
- den Erwerb, die Aufgabe oder die Veränderung einer Beteiligung an ausländischen Personengesellschaften,
- den Erwerb oder die Veräußerung von Beteiligungen an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse mit Sitz und Geschäftsleitung außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes, wenn damit eine Beteiligung von mindestens 10 % am Kapital oder am Vermögen der Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse erreicht wird oder die Summe der Anschaffungskosten aller Beteiligungen mehr als 150.000 EUR beträgt,
- die Tatsache, dass sie allein oder zusammen mit nahestehenden Personen i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG erstmals unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss auf die gesellschaftsrechtlichen, finanziellen oder geschäftlichen Angelegenheiten einer Drittstaat-Gesellschaft ausüben können,
- die Art der wirtschaftlichen Tätigkeit des Betriebs, der Betriebstätte, der Personengesellschaft, Körperschaft, Personenvereinigung, Vermögensmasse oder der Drittstaat-Gesellschaft.
Die genannten Mitteilungen haben gegenüber dem nach §§ 18 bis 20 AO für die jeweils betroffenen Steuerpflichtigen zuständigen FA zu erfolgen, werden von diesen jedoch turnusmäßig an das zuständige Bundeszentralamt für Steuern weitergeleitet (§ 5 Abs. 1 Nr. 6 FVG) und dort von der Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen (IZA) aufgrund der hierfür bestehenden Befugnisnorm, die entsprechenden Daten zu sammeln und zu speichern (§ 88a AO), gesammelt, ausgewertet und allen Finanzbehörden des Bundes und der Länder zur Verfügung gestellt (Talaska in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 379 AO Rz. 293 [Apr. 2021]; s.a. BMF v. 15.4.2010 – IV B 5-S 1300/07/10087, FMNR28b000010).
§ 379 Abs. 2 Nr. 1 AO sanktioniert ein Fehlverhalten i.S.d. § 138 Abs. 2 AO. Danach handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder leichtfertig der Mitteilungspflicht nach § 379 Abs. 2 S. 1 AO nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkommt. Anders als in § 379 Abs. 1 AO bedarf es in diesem Zusammenhang keiner objektiven Eignung im Sinne einer zumindest abstrakten Gefahr einer Steuerverkürzung. Verlangt wird indessen Vorsatz oder Leichtfertigkeit. Der Betroffene muss also wissen, dass eine entsprechende steuerliche Pflicht i.S.v. 138 Abs. 2 AO besteht, oder er muss bezogen auf eine entsprechende Pflichtverletzung zumindest leichtfertig handeln.
Im Folgenden sollen spezielle Fragen im Rahmen des § 379 Abs. 2 Nr. 1 AO angesprochen werden.